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Die Rolle der Entscheidungsbeeinflussung

Im Dokument PerformanceMeasurementim Einzelhandel (Seite 66-71)

3 Zielorientierung im Handelsmanagement-Prozess

3.3 Rolle von Performance Kennzahlen in der Verwendung

3.3.2 Die Rolle der Entscheidungsbeeinflussung

Unter Entscheidungsbeeinflussung versteht man die Rolle von Performance Mea-surement im Zuge von Incentivierung und Steuerung von Mitarbeiter/innen, die kognitive und motivierende Mechanismen bei den Verantwortlichen auslösen (Artz et al. 2012, 446). Dies spiegelt sich in erhöhter Informations-, Wissens- und Kreativitätsbereitschaft, die zuvor formulierten und kommunizierten Ziele zu erreichen, wider. Weiters erhöht sich das Engagement und die Akzeptanz hin-sichtlich Veränderungen innerhalb von Unternehmen, wenn Mitarbeiter/innen in den Prozess der Zielerreichung aktiv einbezogen werden (Manzoni 2010, 35;

54–55). Aus dieser Sichtweise lässt sich die verhaltensbeeinflussende Funktion von Kennzahlen erklären.

Die Umsetzung im Handelsalltag erfolgt mittels Anreizsystem (Wieseke et al.

2010; Zoltners et al. 2012). „Incentive compensation systems are unquestionably important in many organizations because they presumably provide the primary means by which organizations elicit and reinforce desired behaviors” (Jansen et al. 2009, 59). Bereits Eisenhardt (1985, 144) zeigt für unterschiedliche strategi-sche Ausrichtungen von Unternehmen, welche Form der Entlohnung im Handel gewählt wird, und unterscheidet zwischen verhaltens- und ergebnisorientierten Vergütungsformen. Leistungs- oder ergebnisbezogene Vergütungssysteme sind durch hohe Selbstverantwortung der Mitarbeiter/innen, eine geringere Überprü-fung derselben durch die Managementebene und durch objektive Kennzahlen, die in die Berechnung der Vergütung einfließen, charakterisiert. Im Gegensatz dazu stehen verhaltensbasierte Kontrollsysteme, die durch eine strenge Überwa-chung, Richtungs- und Weisungsvorgaben und subjektiven Einschätzungen des Managements zur Leistungsevaluierung geprägt sind (Zoltners et al. 2012, 177).

Aufgrund der Spezifika der Handelslandschaft haben sich leistungsbezoge-ne Entlohnungssysteme etabliert und sind gängige Praxis. Es gibt Unterschiede zwischen der Form, des Mix und der Häufigkeit der Vergütung (Zoltners et al.

2012, 173–174). Neben einem fixen Grundgehalt werden leistungsbezogene Be-standteile ausgeschüttet, deren Höhe entweder auf Basis subjektiver

Einschätzun-gen der Personalverantwortlichen oder auf Basis objektiver Kriterien festgelegt werden (Anderson et al. 2010, 96; Casas-Arce/Martínez-Jerez 2009, 1311). „Most of the firms seemed to base their largest incentives on a performance measure deemed to be “best” (in terms of risk, distortion, and lack of potential for manipu-lation). Some of the firms also used smaller second, and sometimes third, formula bonuses to rebalance multitask incentives when the “best” available measure, often net or gross profit, distorts the managers’ incentives” (Jansen et al. 2009, 60). Die Orientierung an finanziellen Kennzahlen wie Umsatzerlöse, Return on Invest-ment und Einheitskosten reichen oftmals nicht aus, um die Mulitdimensionalität der Aufgaben von Mitarbeiter/innen im Handel abzudecken. Die Erweiterung von Anreizsystemen um nicht-finanzielle Komponenten berücksichtigen externe Einflussfaktoren. Dabei gelten nicht-finanzielle Kennzahlen wie Kund/innenzu-friedenheit und Mitarbeiter/innenzuKund/innenzu-friedenheit als Frühwarnindikatoren und bieten die Möglichkeit, objektive Kriterien im Vergleich zu subjektiven Ratings von Manager/innen zu bilden (Banker/Mashruwala 2007, 783).

Bei der Implementierung von leistungsbezogenen Vergütungssystemen hat der Grad der Wettbewerbsintensität wesentliche Auswirkungen auf diese Kennzahlen (Banker et al. 1996, 940). Während Handelsunternehmen, die starker Konkurrenz ausgesetzt sind, von der Implementierung von nicht-finanziellen Kennzahlen profitieren, haben diese keine Auswirkungen auf die finanzielle Performance in Handelsunternehmen mit geringer Konkurrenz (Banker/Mashruwala 2007, 778).

Der Grund für diesen moderierenden Effekt der Konkurrenzintensität auf die Beziehung zwischen nicht-finanziellen Kennzahlen und finanziellen Kennzahlen liegt im Kund/innenverhalten. In ländlichen Gebieten beispielsweise, in denen ein Handelsunternehmen für ein Gebiet eine „Monopolstellung“ einnimmt, wird selbst bei Unzufriedenheit der Kund/innen der Aufwand in die nächste Stadt zu fahren, um die Einkäufe zu erledigen, meist nicht auf sich genommen. Daher hat die Implementierung von nicht-finanziellen Kennzahlen hier keine Auswirkun-gen auf die Unternehmensperformance. Die Anpassung eines Vergütungssystems kann somit wesentliche Vorteile für Handelsunternehmen bringen, wenn die Wettbewerbsintensität hoch ist (Banker et al. 1996, 940).

Anderson et al. (2010, 103) zeigen, dass Manager/innen grundsätzlich bemüht sind, die vorgegebenen Ziele zu erreichen, diese jedoch nicht zu übertreffen („meet not beat“-Mentalität). Dabei spielt es eine wesentliche Rolle, wie genau diese Ziele veranschlagt werden. Die Auswahl der objektiven, zukunftsorientierten Kriterien zeigte eine wesentliche Verbesserung der Zielerreichung. Offen bleibt jedoch, wie die Zusammensetzung dieser Kriterien optimal für eine Entscheidungsfindung gebildet werden kann (Jansen et al. 2009, 81–82).

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3.4 Kritische Reflexion und zusammenfassende Darstellung

Mittlerweile stellt sich für Expert/innen in Wissenschaft und Praxis nicht mehr die Frage, ob Kennzahlen verwendet werden sollen, sondern welche Kennzahlen für ein Unternehmen als zentral angesehen werden und in die Entscheidungsfin-dung einfließen sollen (Petersen et al. 2009, 95). Die Funktion der EntscheiEntscheidungsfin-dungs- Entscheidungs-erleichterung steht daher in der vorliegenden Arbeit im Zentrum der Analyse.

Dennoch darf nicht angenommen werden, dass Manager/innen bei ihren Ent-scheidungen eine „Tabula Rasa“ vor sich haben, sondern über Vorwissen und vorgefasste Meinungen verfügen (Vera-Munoz et al. 2007, 1015). Performance Measurement ist kein „Einperiodenphänomen“, das wie eine Punktbetrachtung abgehandelt wird. Vielmehr gilt es, eine mehrere Perioden zu berücksichtigen und die Auswirkung von Entscheidung langfristig zu sehen. Durch den Einsatz flexibler Abfragesysteme, sog. OLAP-Datenmodelle, die Standard- und Ad-hoc-Analysen ermöglichen, können Manager/innen im Alltag bei der Entscheidungs-findung unterstützt werden. Im „Slice and Dice“-Verfahren können sie selbst die gewünschte Informationsaufbereitung bestimmen (Paul 2014, 48). Damit wäre es beispielsweise möglich, die Performance-Entwicklung einer Warengruppe oder aber auch eines einzelnen Artikels in einem relevanten Zeitraum „auf Knopf-durck“ zu evaluieren.

Daneben gibt es Manager/innen, die weniger kennzahlengestützt agieren, und sich mehr auf ihre Intuition bzw. auf ihr Bauchgefühl verlassen. Da die Qualität dieser Entscheidungen kritisiert werden (McAfee/Brynjolfsson 2012, 65–66), ist es von essentieller Wichtigkeit, Handelsmanager/innen die Vorteile von Perfor-mance Measurement aufzuzeigen, sodass sie Kennzahlen als objektive Informa-tionsquelle auch für Entscheidungen heranziehen.

Durch die Bereitstellung von Information werden Unsicherheiten im Entschei-dungsprozess reduziert, wodurch dem Verantwortlichen die Entscheidungsbil-dung erleichtert wird. Wird jedoch Performance Measurement von hierarchisch höher gestellten Personen dazu genutzt, die Leistung von Mitarbeiter/innen zu evaluieren, so kommt Performance Measurement eine beeinflussende Funktion zu. Mitarbeiter/innen werden ihr Verhalten verändern und an die Vorgaben an-passen (Demski/Feltham 1978, 337–338). Während ein Großteil der wissenschaft-lichen Literatur sich auf eine der beiden Rollen fokussiert, versuchen Grafton et al. (2010) die Wechselwirkung und das Zusammenspiel im Detail aufzuzeigen.

Sie kommen zu dem Ergebnis, dass aggregierte Finanzkennzahlen eher zur Ent-scheidungsbeeinflussung herangezogen werden, während Kund/innenkennzah-len oder Abweichungsanalysen eher zur Entscheidungsvereinfachung dienen (Grafton et al. 2010, 698).

Abbildung 13: Rolle von Performance Measurement

Entschiedungsvereinfachung

PM unterstützt bei Problemidentifikation, Implementierung von Maßnahmen und Strategie und dient als Informationsquelle

Umsetzung im Projekt: Analyse von Entscheidungsbereichen und der Relevanz von Kennzahlen auf der Store Ebene

Entscheidungsbeeinflussung

PM wird zur Motivation und Steuerung der Aktivitäten eingesetzt

Umsetzung im Projekt: Analyse von Maßnahmen auf der Store Ebene, um Verhalten zu steuern (Feedback, Entlohnung, Schulung)

Für eine optimale Entscheidungsfi ndung steht die Information, die Manager/

innen benötigen würden, nicht immer zu 100 % zur Verfügung. Durch die technische Weiterentwicklung der letzten Jahre ist es zwar möglich, eine große Datenmenge automationsgestützt zu generieren, jedoch gibt es noch immer tech-nische Grenzen (McAfee/Brynjolfsson 2012, 62). Weiters ist aus Kosten-Nutzen-Überlegungen heraus eine umfassende Implementierung nicht immer sinnvoll.

Unternehmen können daher die technischen Möglichkeiten nicht zur Gänze ausschöpfen. Als Konsequenz haben Manager/innen nur eine Schnittmenge aus benötigter Information, technologischen Möglichkeiten und bereitgestellten Da-ten zur Verfügung (Abbildung 14).

Abbildung 14: Herausforderung an die Informationsbereitstellung (Bouwens/Abernethy 2000, 225)

Zur Verfügung stehende Daten

Information Technologische

Möglichkeiten der Datenerfassung

Benötigte

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Die vorliegende Arbeit adressiert die Herausforderungen an die Informations-bereitstellung wie folgt: Die qualitative Auseinandersetzung gibt Einblicke in die generell zur Verfügung stehenden Kennzahlen im Einzelhandelskontext.

Weiters zeigt die kontingenztheoretische Verortung den Einsatz von tech-nologischen Möglichkeiten und deren Konsequenzen für die Unternehmen-sperformance auf. Die Frage, welche Information von Handelsmanager/innen tatsächlich benötigt werden, oder besser gesagt, welche Informationen von die-sen als nützlich angesehen werden, wird im Zuge der empirisch quantitativen Erhebung (Kapitel 7) erörtert.

4 Charakteristika und Struktur der

Handelsbranche in Österreich und den USA

„Dieser „Tausch- oder Handelsbetrieb“ der Menschen hörte niemals auf zu existieren“ (Zentes 2006, 6)

Die Charakteristiken und Zielsetzungen von Handelsunternehmen bringen auch spezifische Anforderungen an die Ausgestaltung von Performance Measurement mit sich (Buttkus 2012, 16). Vor allem komplexe Organisationsstrukturen und Heterogenität der Serviceleistungen sind Grund dafür, dass sich im wissenschaft-lichen Kontext ein Forschungsstrang speziell damit beschäftigt, die Unterschie-de von HanUnterschie-dels- und Industrieunternehmen im Bezug auf das Performance Measurement-Konzept zu erarbeiten und damit die Bedürfnisse und Spezifi-ka der Handelsbranche gesondert zu analysieren (Gunjan/Rambabu 2011, 258;

Oke 2007, 565).

Um die Eigenschaften, die Handelsunternehmen charakterisieren, darzustel-len, werden im folgenden Kapitel zuerst Handelsfunktionen im funktionalen und institutionellen Sinne definiert. Darauf aufbauend werden die Strukturdaten der österreichischen und U.S. amerikanischen Handelslandschaft aufbereitet und kritisch diskutiert. Dies ist notwendig, um die Spezifika im nationalen und im internationalen Kontext beleuchten und vergleichen zu können. Im letzten Schritt werden die Auswirkungen der Handelsmarketinginstrumente auf die Ausgestal-tung von Performance Measurement reflektiert.

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