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Rekonstruktion der Guanylatkinase-Aktivität in SAP97-GK

5.6 Funktionelle Charakterisierung der GK-Domäne von SAP97 und hCASK

5.6.2 Rekonstruktion der Guanylatkinase-Aktivität in SAP97-GK

In einem weiteren Schritt sollte zunächst geklärt werden, ob ein einfacher Austausch jener Reste, welche offensichtlich an der Substrat-Bindung in der Guanylatkinase involviert sind, in der GK-Domäne jedoch Fehlen ausreichend ist, um die inaktive GK-Domäne wieder in ein aktives Enzym zu überführen. Eine Rekonstruktion der Guanylatkinase-Aktivität in SAP97-GK durch die Substitution einiger signifikanter Reste ist aus zwei Gründen aufschlußreich. Zum einen würde sie die Hypothese einer übereinstimmenden globalen Struktur und somit einer nahen Verwandtschaft der GK-Domäne zu den authentischen Guanylatkinasen bestätigen und zweitens ließen sich auf diesem, im Vergleich zu Mutagenese-Studien an dem aktiven Enzym, umgekehrten Weg wichtige Informationen über die funktionelle Signifikanz der mutierten Reste gewinnen.

Nach Vorlage der Hefe-Guanylatkinase wurde zunächst das P-Loop-Motiv in SAP97-GK und danach die aus dem GUK1⋅Kristallkomplex identifizierten Aminosäuren der GMP-Bindungsregion durch Mutagenese in SAP97-GK rekonstruiert. Weder die beiden Mutanten SAP97-GK(P-Loop), mit vollständigem ATP-Bindungsmotiv und SAP97-GK(P-Loop, ST), mit vollständigem P-Loop und den in allen Guanylatkinasen konservierten katalytischen Resten Ser15 und Thr16 der Hefe-GUK1 (korrespondieren mit Asp735 und Arg736 in SAP97) noch die Mutanten SAP97-GK(P-Loop, ST, S100D), mit Austausch des im GUK1⋅GMP-Komplex mit dem Guaninring interagierenden Asp100 (korrespondiert mit Ser818 in SAP97) und SAP97-GK(P-Loop, ST, P34S, S100D), mit vollständiger Rekonstruktion aller an der Substratbindung in der Hefe-GUK1 beteiligten Reste, zeigten im Enzym-Assay eine über dem Hintergrund liegende Guanylatkinase-Aktivität (siehe Tab. 4.6). Im Gegensatz zu den P-Loop-Mutanten waren die beiden P-Loop-Mutanten der GMP-Bindungsregion unter nativen Bedingungen nach Expression als GST-Fusionsprotein in E. coli unlöslich, sodaß zu ihrer Isolierung eine Denaturierungs-Renaturierungs-Strategie angewendet werden mußte. Die Wahl eines solchen Verfahrens zur Aufreinigung von Proteinen birgt das Problem in sich, daß denaturierte Polypeptidketten sich nicht unbedingt in ihre native Tertiärstruktur zurückfalten. Die Ursache für die Inaktivität von SAP97-GK(P-Loop, ST, S100D) und SAP97-GK(P-Loop, ST, P34S, S100D) im in vitro-Assay konnte folglich darin liegen, daß beide Mutanten nicht in ihrer enzymatisch kompetenten Konformation vorlagen. Aus diesem Grund wurde die Mutante SAP97-GK(P-Loop, ST, P34S, S100D) auch auf die Fähigkeit zur Komplementation des rezessiv letalen Phänotyps einer GUK1-defizienten haploiden Hefemutante überprüft. Sie war jedoch nicht in der Lage den Verlust der GUK1 zu supprimieren. In einem abschließenden

Schritt wurde eine Chimäre aus dem N-terminalen (Aminosäuren 1 bis 37), den P-Loop umfassenden Teil der GUK1 und dem C-terminalen Teil (Aminosäuren 38 bis 183) von SAP97-GK(P-Loop, ST, S100D) hergestellt. Die Chimäre GU97C besaß eine Übereinstimmung in der Aminosäure-Sequenz von 46% zur Hefe-GUK1. Dennoch zeigte sie die gleichen biochemischen und kinetischen Eigenschaften wie die beiden SAP97-GK-Mutanten der GMP-Bindungsregion. Weder war sie unter nativen Bedingungen löslich noch war das denaturierte und renaturierte Protein enzymatisch aktiv; auch konnte sie den letalen Phänotyp der GUK1-defizienten Hefemutante nicht supprimieren.

Wenngleich die Mutagenese-Experimente zur Rekonstruktion einer aktiven Guanylatkinase aus der inaktiven GK-Domäne von SAP97 nicht erfolgreich waren, so lassen sich aus ihnen dennoch wichtige Rückschlüsse ziehen. Eine einfache Rekonstruktion aller aus der Hefe-GUK1 bekannten an der Substratbindung und Katalyse beteiligten Aminosäuren ist demnach nicht ausreichend, um SAP97-GK in eine aktive Guanylatkinase zu überführen. Wenngleich in der Chimäre GU97C alle an der Substratbindung und der Katalyse der aktiven Hefe-GUK1 beteiligten essentiellen Aminosäuren vorliegen, so muß dies nicht bedeuten, daß diese auch in der dreidimensionalen Struktur korrekt zum Substrat positioniert sind. Wie der Sequenzvergleich mit der GUK1 beispielsweise zeigt (siehe Abb. 1.7), besitzt die GK-Domäne von SAP97 zwar zwei Arginine in der LID-Region (Arg132 und Arg139), diese sind jedoch im Vergleich zu den essentiellen katalytischen Arg136 und Arg147 der GUK1 näher zueinander angeordnet. Die Mutation der katalytischen Arginine der LID-Region in der Uridylatkinase führt zum vollständigen Verlust der enzymatischen Aktivität (Schlichting und Reinstein, 1997).

Darüberhinaus deutet insbesondere die äußerst geringe Sequenz-Identität von unter 20% in den C-terminalen 80 Aminosäuren von SAP97-GK und GUK1 (Zum Vergleich: Säuger-Guanylatkinasen besitzen eine über 50%ige Sequenz-Identität zur GUK1 in dem gleichen Bereich) an, daß die Tertiärstruktur der GK-Domäne wahrscheinlich doch in größerem Maße von der dreidimensionalen Struktur der Guanylatkinase abweicht. Diese strukturelle Abweichung ist vermutlich nicht durch den Austausch einzelner C-terminaler Aminosäuren zu kompensieren.

5.7 Nukleotidbindungs-Eigenschaften von SAP97-GK

Die GK-Domänen der beiden MAGUK-Proteine SAP97 und hCASK sind katalytisch nicht aktiv. Aufgrund des hohen Konservierungsgrades von Aminosäuren, welche in der Kristallstruktur der Hefe-GUK1 mit GMP interagieren (Stehle und Schulz, 1992), lag die

Guanosinnukleotide nicht verloren hatten. Zur Untersuchung der Nukleotid-Bindungseigenschaften der GK-Domäne von SAP97 wurde neben klassischen biochemischen Bindungs-Assays die neue Methode der Nano-Elektrospray-Massenspektrometrie (Nano-ESMS) eingesetzt. Bereits in einer früheren Studie unserer Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit H. Prinz (MPI für molekulare Physiologie, Dortmund) konnte am Beispiel der Guanylatkinase und der GTPase p21ras gezeigt werden, daß die Methode zur Untersuchung der Nukleotidbindung an Proteine geeignet ist (Prinz et al., 1999; siehe Punkt 4.1.3.3). Mit Hilfe der Nano-ESMS konnten SAP97-GK-Nukleotid-Komplexe in wässriger Lösung identifiziert werden. Im einzelnen war eine Bindung der Purin-Nukleotide GMP, cGMP, GDP, ADP, ATP und GTP an SAP97-GK zu beobachten. Im Gegensatz dazu war keine Bindung von AMP bzw.

cAMP nach Zugabe in äquimolaren Konzentration an SAP97-GK nachweisbar. Darüberhinaus konnte auch eindeutig zwischen der unspezifischen Bindung von UTP im Vergleich zu ATP und GTP unterschieden werden. Mit Ausnahme der Bindung von cGMP ähneln die Bindungseigenschaften der GK-Domäne jener von aktiven Guanylatkinasen (Prinz et al., 1999).

Aufgrund der strukturellen Besonderheiten der GK-Domäne überrascht die Bindung an ein derart breites Spektrum von Nukleotiden. Wenngleich die Bindung von GMP und auch GDP aufgrund der konservierten GMP-Bindungsregion von SAP97-GK nachvollzogen werden konnte, so war eine Interaktion von SAP97-GK mit ATP aufgrund der partiellen Deletion des P-Loops zunächst nicht erwartet worden. Das Fehlen essentieller Reste der ATP-Bindungsregion läßt auf eine veränderte Faltungstopologie des P-Loops schließen. Insofern muß davon ausgegangen werden, daß ATP im Vergleich zur Guanylatkinase in anderer Weise und vermutlich mit einer verringerten Affinität an die GK-Domäne bindet.

In allen Fällen konnten neben den erwarteten SAP97-GK-Nukleotid-Komplex-Peaks zusätzliche der Bindung von SO42--Ionen entsprechende Peaks im jeweiligen Massenspektrum identifiziert werden. Die Bindung von SO42--Ionen ist ein charakteristisches Merkmal Nukleotid-bindender Proteine. Beispielsweise wurden in den Kristallstrukturen von Hefe-Guanylatkinase und p21ras gebundene SO42--Ionen identifiziert, welche in der positiv geladenen ATP-Bindungstasche (gebildet unter anderem aus Resten des P-Loops und den katalytischen Argininen der LID-Region) lokalisiert waren und dort vermutlich zur Stabilität der Nukleotid-freien Konformation des Proteins beitragen (Stehle und Schulz, 1992; Scheffzek et al., 1999).

In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der früheren Studie an der Guanylatkinase und p21ras (Prinz et al., 1999) war auch in SAP97-GK eine gemeinsame und keine konkurrierende Interaktion von Purin-Nukleotiden und SO42--Ionen zu beobachten. Die Identifizierung von

gebundenen SO42--Ionen an SAP97-GK ist ein weiteres Hinweis dafür, daß die bisher in den Kristallstrukturen bekannter ATP- oder GTP-bindender Proteine identifizierte positiv geladene Substrat-Bindungstasche (das sog. giant anion hole in Adenylat- und Guanylatkinasen; Stehle und Schulz, 1992) in ähnlicher Konformation auch in der GK-Domäne von SAP97 konserviert sein muß.