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Die kürzlich in Arabidopsis identifizierten Guanylatkinase-Isozyme AGUK1 und AGUK2 sind die ersten Guanylatkinasen einer Pflanzen, welche bisher beschrieben wurden. AGUK1 und AGUK2 zeigen auffällige strukturelle Unterschiede zu den bisher bekannten echten Guanylatkinasen. Mit einem Molekulargewicht von 42,7 bzw. 42,5 kDa sind sie ungefähr doppelt so groß wie Guanylatkinasen aus E. coli (Gentry et al., 1993), der Hefe (Konrad, 1992) und Säugern (Brady et al., 1996). Im Gegensatz zu allen bisher bekannten Guanylatkinasen besitzen beide pflanzlichen Isozyme N- und C-terminale Verlängerungen, welche die zentrale GUK-Domäne (52 – 54%ige Sequenzidentität zu Säuger-Guanylatkinasen) umgeben. Diese N-und C-terminalen Sequenzen der AGUK1 sind mit einer Länge von 138- N-und 65 Aminosäuren ungleich länger als die aus den E. coli- und Säuger-Guanylatkinasen bekannten C-terminalen Verlängerungen. Obwohl das Vorhandensein N- und C-terminaler Verlängerungen ein typisches Merkmal von pflanzlichen Enzymen, u.a. der NDK und ATP-Sulfurylase zu sein scheint (Zimmermann et al., 1999; Logan et al., 1996), ist die biologische Funktion dieser Sequenzen in den genannten Enzymen bisher ungeklärt.

Durch Komplementationsanalyse in der Hefe wurde gezeigt, daß die zentrale GK-Domäne aus AGUK1 den Funktionsverlust der GUK1 komplementieren konnte. Zur Bestimmung der enzymatischen Aktivität der GUK-Domäne von AGUK1 sowie ferner zur Überprüfung eines möglichen regulatorischen Einfluß der N- und C-terminalen Verlängerungen auf die enzymatische Aktivität der zentralen GUK-Domäne wurde versucht die zentrale GUK-Domäne sowie das gesamte Protein rekombinant aus E. coli aufzureinigen. Im Gegensatz zu der GUK-Domäne aus AGUK1 war das vollständige Protein AGUK1 unter den gleichen Expressionsbedingungen als GST-Fusionsproteine unlöslich. Erst durch Expression als MBP-Fusionsprotein war es möglich AGUK1 aus E. coli aufzureinigen. Die N- und C-terminalen Sequenzen schienen demnach die Löslichkeit der zentralen enzymatischen Domäne negativ zu beeinflussen.

Die zentrale GUK-Domäne zeigte in dem Aktivitäts-Assay die höchste spezifische Aktivität mit den Substratpaaren ATP/GMP und ATP/(d)GMP. Diese war im Vergleich zu den weiteren getesten Substratpaaren um den Faktor 1000 erhöht. Die zentrale GUK1-Domäne aus AGUK1 besaß folglich die typische Substratspezifität einer Guanylatkinase. Unerwarteterweise war sie jedoch 50- bzw. 100fach weniger aktiv als die Guanylatkinasen von Säugern und der Hefe. Die Michaelis-Menten-Konstanten (KM) für die Substrate ATP und GMP waren im Vergleich zur Guanylatkinase der Hefe um den Faktor 3 (ATP) bzw. 8 (GMP) deutlich erniedrigt. Aus der

deutlich schwächeren enzymatischen Aktivität und den erhöhten Affinitäten für beide Substrate ergaben sich die Spezifitätskonstanten kcat/KM(ATP) und kcat/KM(GMP), welche um den Faktor 9 bzw. 4 kleiner als jene der Hefe-GUK1 waren. Die spezifische Aktivität der gesamten AGUK1 wich nicht signifikant von jener der zentralen GUK-Domäne ab, sodaß ein hypothetischer regulatorischer Einfluß der N- und C-terminalen Domäne auf die enzymatische Aktivität der zentralen GUK-Domäne ausgeschlossen werden konnte. Die Funktion der N- und C-terminalen Domänen in AGUK1 ist bisher nicht geklärt. In Analogie zur kurzen C-terminalen Sequenz der Guanylatkinase aus E. coli ist es denkbar, daß auch die zusätzlichen Sequenzen von AGUK1 die Oligomerisation des Proteins induzieren oder verantwortlich für eine mögliche kooperative Substratbindung sind, welche in der zentralen GUK1-Domäne nicht beobachtet wurde.

5.5.1 Die Arabidopsis-Guanylatkinase als evolutionäres Bindeglied zwischen aktiven Guanylatkinasen und inaktiven MAGUK-Proteinen

Die sehr geringe spezifische Guanylatkinase-Aktivität sowohl des gesamten Proteins AGUK1, als auch der GUK-Domäne erscheint auf den ersten Blick überraschend. Aufgrund der hohen Aminosäuresequenz-Identität mit Säuger-Guanylatkinasen und strenger Konservierung der für die Substratbindung und Katalyse essentiellen Reste, war zunächst eine höhere spezifische Aktivität erwartet worden. Da die die zentrale GUK-Domäne der AGUK1 in E. coli sehr gut löslich war, kann die schwache enzymatische Aktivität nur schwer mit einer möglichen falschen Faltung der Tertiärstruktur des Enzyms erklärt werden. Der Grund für die schwache Aktivität ist deshalb vermutlich weniger in der Strategie der Aufreinigung, sondern vielmehr in der Struktur des Proteins an sich zu suchen. Die Situation der AGUK steht in Analogie zur menschlichen Thymidylatkinase (TMPK). Die menschliche TMPK ist in vitro 50fach weniger aktiv als die TMPKs von S. cerevisiae und E. coli (Brundiers et al., 1999, Lavie et al., 1997b; Lavie et al., 1998). Es wurde deshalb vermutet, daß in der Zelle ein Cofaktor existiert, welcher mit der menschlichen TMPK interagiert und das Enzym durch strukturelle Veränderung in den katalytisch kompetetenten Zustand überführt (Ostermann et al., 2000). Dieser Cofaktor könnte in der AGUK Calmodulin sein. Der N-Terminus besitzt eine 46%ige Sequenz-Ähnlichkeit zu einem möglichen Calmodulin (CaM)-bindenden Protein (NCBI Zugangs-Nummer 2980766).

Calmodulin ist ein Ca2+-bindendes Protein und sowohl in Säugern, als auch in Pflanzen an der Modulierung zellulärer Signal-Transduktions-Prozesse beteiligt (Snedden und Fromm, 1998).

Pflanzen besitzen eine hohe Anzahl an CaM-bindenden und CaM-regulierten Proteinen. Eine zur Bindung von Calmodulin charakteristisches Konsensussequenz konnte bisher noch nicht identifiziert werden. Es ist nur bekannt, daß Calmodulin mit sehr hoher Affinität an Regionen

mit einer Länge von 17 bis 25 Aminosäuren, welche eine amphipatische α-helicale Sekundärstruktur ausbilden, bindet (Crivici et al., 1995; Rhoads und Friedberg, 1997). In der Pflanze sind bisher einige Enzyme bekannt, deren Aktivität durch Calmodulin in Gegenwart von Ca2+ reguliert wird. So wird beispielsweise die spezifische Aktivtität der NAD-Kinase durch Ca2+/CaM moduliert und auch die Aktivität von rekombinanter Glutamat-Decarboxylase konnte annähernd um das 100fache in Gegenwart von Ca2+ und CaM stimuliert werden (Lee et al., 1997; Baum et al., 1996).

Zur Überprüfung eines hypothetischen regulatorischen Einflusses von Calmodulin wurde die spezifische Aktivität von AGUK1 in Gegenwart verschiedener millimolarer (1-5 mM) Konzentrationen an Calcium und mikromolarer (1-5 µM) Konzentrationen an Calmodulin (aus Spinat) bestimmt. Eine signifikante Erhöhung der spezifischen Guanylatkinase-Aktivtät von AGUK1 in Abhängigkeit von Ca2+/CaM wurde unter den gewählten Bedingungen (pH 7,5, 25°C) jedoch nicht beobachtet. Das negative Ergebnis muß einen möglichen modulierenden Einfluß von Calmodulin auf die Aktivität der AGUK1 dennoch nicht ausschließen. Dazu müßte zunächst geklärt werden, ob das aus der Spinat-Pflanze isolierte artfremde Calmodulin überhaupt an die N-terminale Sequenz der AGUK1 binden kann. Darüberhinaus besitzen gerade Pflanzen besitzen eine große Vielfalt an Calmodulin- und Calmodulin-ähnlichen Proteinen (Sneddon und Fromm, 1998).

Sollte sich die Fähigkeit zur Bindung von Calmodulin bewahrheiten so ließe sich daraus eine Verwandtschaft der vollständigen AGUKs zu Mitgliedern der Familie Membran-assoziierter Guanylatkinasen (MAGUKs) ableiten (siehe 1.2). In vorangegangenen Studien wurde gezeigt, daß die C-terminale Guanylatkinase-ähnliche Domäne, welche enzymatisch nicht mehr aktiv ist (Kuhlendahl et al., 1998) in MAGUK-Proteinen eine neuartige strukturelle Rolle als Protein-Bindungsdomäne besitzt (siehe 1.3.2.3). Darüberhinaus besitzt auch die N-terminale Domäne von Mitgliedern der Lin2-ähnlichen MAGUK-Subfamilie eine hohe Sequenzähnlichkeit zur Ca2+/CaM-abhängigen Proteinkinase II (CaMKII; Hoskins et al., 1995; Hata et al., 1996).

Ebenso wie die C-terminale GK-Domäne ist auch die N-terminale CaMKII-Domäne katalytisch nicht aktiv, besitzt allerdings noch die Fähigkeit zur Bindung von Calmodulin. Der Aufbau der Arabidopsis-Guanylatkinasen aus multiplen Domänen ähnelt jenem der Lin2-ähnlichen MAGUK-Proteine und könnte ebenfalls auf eine strukturelle Rolle der pflanzlichen Guanylatkinasen ähnlich jener von MAGUK-Proteinen als Gerüstproteine hindeuten. Sollte sich dies bestätigen könnten die pflanzlichen Guanylatkinasen als evolutionäres Bindeglied zwischen den kleinen, enzymatisch aktiven Guanylatkinasen und den großen, Multidomänen

MAGUK-Proteinen, welche ihre Guanylatkinase-Aktivität verloren haben, eingeordnet werden.

Zum gegenwärtigen Stand der Forschung kann über eine neuartige Funktion der enzymatisch aktiven Pflanzen-Guanylatkinasen nur spekuliert werden. Auffällige strukturelle und kinetische Besonderheiten deuten diese neuartige Funktion jedoch zumindest an.

5.6 Funktionelle Charakterisierung der GK-Domäne von SAP97