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Kinetische Eigenschaften von GUK1-Mutanten mit veränderter ATP- ATP-Bindungsstelle

3.19 Untersuchung von Protein-Ligand Wechselwirkungen

4.1.2 Kinetische Eigenschaften von GUK1-Mutanten mit veränderter ATP- ATP-Bindungsstelle

In S. cerevisiae ist die Expression der Purin-Synthese-Gene (ADE Gene, welche an der de novo Synthese von AMP beteiligt sind) in Gegenwart von extrazellulären Purinen (Adenin und Hypoxanthin) reprimiert (Daignan-Fornier und Fink, 1992). Kürzlich wurden S.

cerevisiae-A B C

Mutanten isoliert, in welchen die Purin-Synthese-Gene nicht mehr durch extrazelluläres Adenin reprimiert werden. Diese Mutanten wurden als bra (bypass of repression by adenine) bezeichnet, da sie durch eine Deregulation der de novo Purin-Synthese-Gene gekennzeichnet sind (Guetsova et al., 1997). Die bra-Mutanten können in mehr als zehn unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden. Wie durch Komplementations-Analyse gezeigt wurde, handelt es sich bei den identifizierten bra3-Mutanten um Allele des GUK1-Gens (Lecoq et al., 2000).

Nach Sequenzierung der GUK1-Gene aus bra3-Mutanten konnten drei verschiedene Punktmutationen im offenen Leserahmen der GUK1 identifiziert werden. Die jeweiligen bra3-Mutanten besitzen folgende Punktmutationen:

BRA3-1 (GUK1-1) ⇒ R132K

BRA3-2/ BRA3-4 (GUK1-2) ⇒ G12S

BRA3-3 (GUK1-3) ⇒ P10L

Der Phänotyp der drei bra3-Mutanten ist durch einen Wachstumsdefekt (30 - 40% erhöhte Generationszeit im Vergleich zum Wild-Typ) gekennzeichnet. Darüberhinaus beträgt die Guanylatkinase-Aktivität in Hefeextrakten der drei Mutanten nur noch weniger als 10% der Wild-Typ-Aktivität (Lecoq et al., 2000).

Bei näherer Betrachtung der drei Punktmutationen fällt auf, daß zwei von ihnen, nämlich P10L und G12S, Mutationen des Phosphat-Loops (P-Loops) (siehe Abb. 1.4) sind. Der P-Loop ist ein allen Kinasen gemeinsames Sequenzmotiv, welches an der Bindung des β- und γ-Phosphates von ATP (oder GTP) beteiligt ist (Saraste et al., 1990). Darüberhinaus sind alle drei Aminosäuren in den bisher bekannten Guanylatkinasen verschiedener Spezies konserviert (siehe Abb. 1.4). Im Gegensatz zur G12S-Mutation sind die P10L- und R132K-Mutationen konservative Substitutionen der jeweiligen Aminosäure. Sowohl Prolin (mit sekundärer Aminogruppe), als auch Leucin besitzen hydrophobe Seitenketten. Allerdings kann die cyclische Seitenkette des Prolins signifikante Auswirkungen auf die Tertiärstruktur der GUK1 haben. Die Aminosäuren Arginin und Lysin sind bei neutralem pH-Wert positiv geladen. Im Gegensatz dazu wird in der G12S-Mutante ein hydrophober Rest gegen einen Rest mit hydrophilem Charakter (Hydroxyl-Gruppe in Seitenkette des Serins) ausgetauscht. Da die bra3-Punktmutationen eine wesentliche Auswirkung auf die Aktivität der GUK1 haben, sollten im Folgenden alle drei Mutanten als rekombinant hergestellte Proteine biochemisch in vitro charakterisiert werden.

Die jeweiligen Punktmutationen wurden durch PCR-Mutagenese in die GUK1-Sequenz eingeführt. Als Template für alle folgenden PCR-Reaktionen fungierte das Plasmid pJC20-GUK1.1(∆NdeI), welches das GUK1-Gen ohne die natürlich vorkommende interne NdeI-Schnittstelle trägt. Zur Konstruktion der Mutanten P10L und G12S wurde das GUK1-Gen in einem Schritt mit den spezifischen Oligonukleotidpaaren OSP99/OSP118 und OSP37/OSP118 amplifiziert. Die Mutation R132K wurde mittels der sehr effizienten Methode der „Overlap-Extension“-PCR (siehe 3.8.1) in die GUK1-Sequenz eingeführt. Dazu wurden zunächst der 5´-Megaprimer, durch Amplifikation des GUK1-Gens mit den spezifischen Oligonukleotiden OSP116 und OSP103 sowie der 3´-Megaprimer, durch Amplifikation des GUK1-Gens mit den Oligonukleotiden OSP102 und OSP118, hergestellt.

Abb. 4.12 Aufreinigung von GUK1(P10L) (A), GUK1(G12S) (B) und GUK1(R132K) (C) nach Expression in E.

coli. Proteinproben (jeweils 5-10 µl) der einzelnen Expressions- und Reinigungsschritte wurden in einem 12%igen SDS-Polyacrylamid-Gel elektrophoretisch aufgetrennt und die Proteine durch Coomassie-Brilliantblau R250 angefärbt. Spur 1, E. coli-Zellysat vor Induktion; Spur 2, E. coli-Zellysat nach 6stündiger Induktion; Spur 3, Proteinextrakt mit gesamten löslichem Protein; Spur 4, als His6-Fusionsprotein aufgereinigte GUK1-Mutante; Spur 5, Molekulargewichtsmarker (in kDa); Spur 6, aufgereinigte Wildtyp GUK1.

In einem darauffolgenden zweiten PCR-Schritt wurden die beiden überlappenden Megaprimer mit den spezifischen Oligonukleotiden OSP116 und OSP118 zu dem vollständigen Gen fusioniert. Alle drei PCR-Fragmente wurden über die Restriktions-Schnittstellen NdeI/BamHI in den Vektor pJC20[HisC] kloniert.

Die Proteine wurden anschließend in E. coli BL21(DE3) überexprimiert (siehe 3.10.2.1) und als His6-Fusionsproteine affinitätschromatographisch über eine Ni2+-NTA-Säule aufgereinigt. Wie die Abbildung 4.12 der SDS-PAGE-Gele zeigt, waren alle drei Mutanten löslich und konnten in hoher Homogenität aufgereinigt werden. Der Ertrag lag mit 1 (GUK1(P10L)) bis 4 (GUK1(G12S)) mg Protein aus einem Liter E. coli-Kultur jedoch weit unterhalb des Ertrags von

A B

C

aufgereinigter Wild-Typ GUK1 (>100 mg/l Kultur). Alle drei Mutanten zeigten im Vergleich zum Wild-Typ eine deutlich verringerte Guanylatkinase-Aktivität.

Abb. 4.13 Aktivitätskurven zur Bestimmung von KM(ATP) der Mutanten GUK1(P10L), GUK1(G12S), GUK1(R132K) sowie der Wild-Typ-GUK1. c(GMP) = 1 mM, c(WT) = 6 nM, c(Mutante) = 100-400 nM.

Die Umsatzrate (kcat) von GUK1(G12S) lag bei 7,8% und die Aktivitäten von GUK1(P10L) und GUK1(R132K) bei 5,7 bzw. 3,1% der Wild-Typ-Aktivität (siehe Tab. 4.1). Diese in vitro-gemessenen Aktivitäten der aufgereinigten Proteine stehen in Einklang mit den Ergebnissen der Aktivitätsmessung von bra3-Hefeextrakten (Lecoq et al., 2000). Da zumindest zwei der drei Mutationen Aminosäure-Substitutionen in einem Motiv der GUK1-Sequenz sind, welches für die Bindung des Substrates ATP von entscheidender Bedeutung ist, sollte als nächstes untersucht werden, ob die verringerte Aktivität möglicherweise die Folge einer veränderten Affinität der GUK1-Mutanten zum Substrat ATP (oder GMP) ist. Dazu wurden die Michaelis-Menten-Konstanten (KM) der drei Mutanten für die Substrate ATP und GMP bestimmt. Die hyperbolischen Kurven der Aktivitätsmessung (∆A340/min) der drei GUK1-Mutanten, sowie der Wild-Typ GUK1 als Referenz, in Gegenwart ansteigender Konzentration der Substrate ATP bzw. GMP sind in Abbildung 4.13 (ATP) und 4.14 (GMP) dargestellt. Der aus den Aktivitätskurven abgeleitete KM-Wert für ATP ist in allen drei Mutanten im Vergleich zum Wild-Typ drastisch erhöht. Während der KM(ATP) der GUK1(WT) 143,6 ±9,0µM beträgt, liegt

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µM bzw. 1827,8 ±247,3 µM. Demgegenüber zeigt die Mutante GUK1(G12S) sogar einen, gegenüber GUK1(WT), 23fach erhöhten KM(ATP) von 3156,7 ±300,1µM.

Abb. 4.14 Aktivitätskurven zur Bestimmung von KM(GMP) der Mutanten GUK1(P10L), GUK1(G12S), GUK1(R132K) sowie der Wild-Typ-GUK1. c(ATP) = 1 mM, c(Protein) = 6 nM, c(Mutante) = 100-400 nM.

Im Vergleich zu den KM-Werten für das Substrat ATP scheint der KM-Wert für GMP in allen drei Mutanten (siehe Abb. 4.14) weniger stark betroffen zu sein. In den Mutanten GUK1(R132K) (165,9 ±9,7 µM) und GUK1(G12S) (123,7 ±6,8 µM) ist er um den Faktor 3 und in der Mutante GUK1(P10L) (212,3 ±16,8 µM) um den Faktor 4 im Vergleich zur GUK1(WT) (46,9 ±2,8 µM) erhöht. Die geringe katalytische Effizienz der drei bra3-Mutanten, als Folge einer im Vergleich zum Wild-Typ deutlich schwächeren Affinität für das Substrat ATP wird insbesondere bei Betrachtung der Spezifizitätskonstanten kcat/KM(ATP) deutlich. Diese ist in allen drei Fällen um den Faktor 300 im Vergleich zum Wild-Typ erniedrigt (siehe Tab. 4.1).

Mit der Zielsetzung ein annähernd vollständiges Bild der Auswirkung von Punktmutationen im P-Loop der Hefe-Guanylatkinase zu erhalten, wurde neben den beiden zuvor beschriebenen Mutanten (P10L und G12S) noch eine dritte Aminosäure des P-Loops, der Lysinrest an Position 15, mutiert. Das konservierte Lysin ist eines der am Besten charakterisierten Reste des P-Loops von ATP- bzw. GTP-bindenden Proteinen. Die Mutation des konservierten P-Loop-Lysins in Adenylatkinasen und GTP-bindenden Proteinen hat eine zum Teil dramatisch reduzierte

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Affinität für das Substrat ATP bzw. GTP zur Folge (Reinstein et al., 1990; Tian et al, 1990;

Sigal et al., 1986). In der E. coli-Adenylatkinase beispielsweise führt die Mutation K13Q zwar nur zu einer schwachen Erniedrigung der Affinität zum Substrat ATP; diese hat jedoch einen drastischen Abfall der katalytischen Aktivität zur Folge (Reinstein et al., 1990). Im Guanylatkinasekomplex mit GMP bildet der Lysinrest des P-Loops eine Salzbrücke zum Aspartatrest an Position 98. Das Aspartat seinerseits bindet das für die Katalyse notwendige Mg2+ (Stehle und Schulz, 1992). Ebenso wie in der Adenylatkinase (Reinstein et al., 1990, Tsai und Yan, 1991) und der Thymidylatkinase (Lavie et al., 1998, Ostermann et al., 2000) scheint der Lysinrest eine wichtige Rolle in der Stabilisierung des Übergangszustandes während des Transfers des Phosphatrestes zu spielen.

Im Einklang mit den konservativen Mutationen der bra3-Mutanten sollte das essentielle P-Loop-Lysin gegen ein Arginin ausgetauscht werden. Die Mutation wurde wie bereits zuvor geschildert durch PCR-Mutagenese mit den spezifischen Oligonukleotid-Primern OSP53 und OSP117 in das GUK1-Gen eingeführt und das PCR-Produkt GUK1(K15R) dann über die Schnittstellen NdeI/BamHI in den Vektor pGEX-RB kloniert. In Abbildung 4.15 ist das SDS-PAGE-Gel zur Aufreinigung von GUK1(K15R) dargestellt. Die Mutante ließ sich nach Induktion mit 1 mM IPTG gut in E. coli BL21(DE3) überproduzieren (siehe Abb. 4.15, Spur 2).

GUK1(K15R) konnte nach Thrombinverdau direkt ohne GST-Anhang von der Sepharose 4B-Säule eluiert werden (Abb. 4.15, Spur 3) und wurde anschließend mit dem gekoppelten Enzym-Assay kinetisch untersucht.

Die K15R Substitution in GUK1 hatte einen dramatischen Abfall der enzymatischen Aktivität zur Folge. Die Umsatzrate von GUK1(K15R) fiel auf einen mit dem gekoppelten Assay kaum mehr detektierbaren Wert von 0,02 ±0,01 U/mg (die eingesetzte Proteinkonzentration war gegenüber dem WT-Protein etwa 1000fach erhöht) ab. Dies entsprach 0,02 - 0,03% der

Wild-Abb. 4.15 Aufreinigung von GUK1(K15R) nach Expression in E. coli. Spur 1, E. coli-Zellysat vor Induktion; Spur 2, E. coli-Zellysat nach 6stündiger Induktion; Spur 3, nach Thrombinverdau aufgereinigte GUK1(K15R); M, Molekulargewichtsmarker (in kDa)

Typ-Aktivität. Die Mutationen im Phosphat-Loop haben einen drastischen Einfluß auf die Bindung des Substrats ATP. In der Mutante GUK1(K15R) stieg der KM-Wert für ATP beinahe um den Faktor 10 und der KM-Wert für GMP um das doppelte im Vergleich zur Wild-Typ-GUK1 an (siehe Tab. 4.1). Die kinetischen Parameter der K15R-Mutante zeigen folglich die gleiche Tendenz wie die zuvor getesteten P-Loop-Mutanten P10L und G12S. In allen vier Fällen war die Affinität der Mutante zum Substrat ATP zum Teil deutlich erniedrigt. Die schwache Affinität für beide Substrate ist vermutlich die Ursache für den dramatischen Abfall der enzymatischen Aktivität.

Tab. 4.1 Kinetische Parameter der GUK1-Mutanten

Mutante kcat

[s-1]

KM(GMP)+

[µM]

KM(ATP)

[µM]

kcat/KM(GMP)

[sµM]-1

kcat/KM(ATP)

[sµM]-1

P10L 3,1 ±0,1 212,3 ±16,8 1849,1 ±442,9 1,5 ±0,2⋅10-2 0,2 ±0,0⋅10-2

G12S 7,8 ±0,2 123,7 ±6,8 3156,7 ±300,1 6,3 ±0,5⋅10-2 0,3 ±0,0⋅10-2

R132K 5,7 ±0,1 166,0 ±9,7 1827,8 ±247,3 3,4 ±0,2⋅10-2 0,3 ±0,0⋅10-2

K15R 0,02 ±0,01 103,7 ±31,3 1168,4 ±559,2 2⋅10-4 5⋅10-5

WT 100,8 ±1,8 46,9 ±2,8 143,6 ±9,0 2,15 ±0,17 0,70 ±0,06

+c(ATP) = 2 mM, c(GMP) = 1 mM

Neben den zuvor charakterisierten bra3-Mutanten wurde kürzlich in der Hefe eine weitere natürliche Mutation des GUK1-Gens entdeckt. Die temperatursensitive Hefemutante nes25 (neomycin-sensitive) gehört zu einer Gruppe von 15 isolierten nes-Mutanten, die eine verringerte Resistenz gegenüber dem Antibiotikum Neomycin aufweisen (Shimma und Uno, 1990). Durch Komplementationsanalyse wurde NES25 als GUK1-Allel identifiziert. Mutanten der nes-Komplementationsgruppen besitzen einen Glykosylierungsdefekt, der wahrscheinlich auf einen Mangel an GDP-Mannose zurückzuführen ist (Shimma et al., 1997).

In dieser Arbeit sollte die GUK1(NES25) ebenfalls als rekombinantes Protein isoliert und biochemisch charakterisiert werden. Dazu wurde das GUK1(NES25)-Gen zunächst mit den spezifischen Guanylatkinase-Primern OSP116 und OSP117 und den internen

Oligonukleotid-Primern OSP38 und OSP39 sowie dem Plasmid pCR2.1-nes25-1 (B. Daignan-Fornier) als Template durch „Overlap-Extension“-PCR amplifiziert. Durch Sequenzanalyse konnte eine Punktmutation an Position Glu139 der GUK1-Sequenz identifiziert werden. Das Glutamat ist in NES25 durch Lysin substituiert. In der Tertiärstruktur der GUK1 liegt die Aminosäure Glu139 an der Peripherie, ist also dem Lösungsmittel zugewandt und nicht Bestandteil der aktiven Domänen. Der Austausch einer negativ geladenen Aminosäure gegen eine positiv geladene sollte drastische Auswirkungen auf die strukturelle Integrität der Guanylatkinase haben.

Die Mutante GUK1(E139K) wurde wie zuvor die BRA3-Mutanten rekombinant in E. coliBL21(DE3) überproduziert. GUK1(E139K) wurde gut als GST-Fusionsprotein überproduziert. Im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen BRA3-Mutanten war jedoch eine Isolierung von NES25 weder als GST-Fusionsprotein noch durch Wahl anderer Aufreinigungssysteme (Überexpression als Fusionsprotein mit Histidin- oder Maltose-Bindeprotein(MBP)-Anhang) möglich. In allen Fällen bildete das gesamte exprimierte Protein Einschlußkörper.