• Keine Ergebnisse gefunden

Intramolekulare Interaktion der SH3/U5- und GK-Domäne in SAP97

Die konservierte Anordnung einer SH3-Domäne in direkter Nachbarschaft zu einer nachfolgenden Kinase-Domäne in allen Mitgliedern der MAGUK-Familie ist ein bekanntes

strukturelles Motiv von Rezeptor-Tyrosinkinasen der Src-Familie. In den Tyrosinkinasen Src und Hck bindet die SH3-Domäne im Zusammenspiel mit einer SH2-Domäne an die nachfolgende Kinase-Domäne und inhibiert deren Aktivität. Diese intramolekulare Interaktion wird wieder aufgehoben und die enzymatische Aktivität reaktiviert, wenn die SH3- oder die SH2-Domäne an einen Protein-Ligand in trans bindet (Moarefi et al., 1997; Sicheri et al., 1997;

Xu et al., 1997).

Durch Konstruktion eines Sensormoleküls, bestehend aus dem C-Terminus von SAP97, in welchem die GK-Domäne durch die aktive Guanylatkinase aus S. cerevisiae (GUK1) ersetzt wurde, konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, daß tatsächlich eine intramolekulare Interaktion zwischen der SH3/U5- und der GK-Domäne in SAP97 besteht. Die N- und C-terminale Fusion der SH3/U5-Domäne sowie der C-terminalen 12 Aminosäuren an die GUK1 hatte einen dramatischen Abfall der Guanylatkinase-Aktivität zur Folge. Die Aktivität der Chimären SAP97-SH3/GUK1 (in allen Aktivitätstests wurden mehrere Chimären getestet, siehe Abb.

4.44) betrug nur noch 3% der Wild-Typ-Aktivität. Interessanterweise scheinen die letzten 12 Aminosäuren von SAP97 eine wichtige regulatorische Rolle zu spielen, da die Guanylatkinase-Aktivität der C-terminal verkürzten Chimären SAP97-SH3/GUK1(∆C) nicht signifikant von jener der Wild-Typ-Aktivität abwich. Darüberhinaus deutet die Unlöslichkeit bzw. schwache Löslichkeit der Deletionsmutanten SAP97-SH3-GK(∆C) und SAP97-SH3/GUK1(∆C) nach heterologer Überexpression in E. coli daraufhin (siehe Tab. 4.8), daß die Präsenz der letzten 12 Aminosäuren sowohl in nativem SAP97-SH3/GK, als auch in SAP97-SH3/GUK1 vor der unspezifischen Zusammenlagerung und Aggregation der Proteine schützt, also eine wichtige Rolle in der Aufrechterhaltung der nativen Tertiärstruktur spielt. Die hier erhaltenen Resultate zeigen eindeutig, daß an der intramolekularen Wechselwirkung in SAP97 die GK-Domäne umgebende Sequenzen beteiligt sind. Darüberhinaus konnte durch Gelfiltration und Gleichgewichtszentrifuhation nachgewiesen werden, daß sowohl SAP97-SH3/GK2, als auch SAP97-SH3/GUK2 unter physiologischen Bedingungen als Monomere vorlagen und auch durch Zugabe von GMP oder ATP nicht in einen höheren Oligomerisierungszustand überführt wurden. Aus den Ergebnissen kann gefolgert werden, daß die intramolekulare Interaktion der SH3- und GK-Domäne in SAP97 unter physiologischen Bedingungen über eine mögliche intermolekulare Interaktion der beiden Domänen dominiert.

Einen weiteren eindeutigen Hinweis auf die signifikante strukturelle Rolle des C-Terminus lieferten Untersuchungen zum Migrationsverhalten der C-terminal verkürzten Proteinchimäre SAP97-SH3/GUK3(∆C). Die Deletionsmutante eluierte als eine Proteinspezies mit einem

Molekulargewicht von 54,3 kDa von der Gelfiltrations-Säule. Mit der Methode der Gleichgewichtszentrifugation konnte jedoch unter den gleichen experimentellen Bedingungen kein Dimer in PBS-Puffer nachgewiesen werden. Das im Vergleich zu den beiden vollständigen Proteinen SAP97-SH3/GK2 und SAP97-SH3/GUK2 untypische Migrationsverhalten konnte nur mit einer asymmetrischen, weniger kompakten Form des verkürzten Proteins erklärt werden. Diese Vermutung wurde durch die Ergebnisse der Sedimentationsanalyse bestätigt.

Demnach besitzt die Deletionsmutante SAP97-SH3/GUK2(∆C) im Vergleich zum vollständigem Protein SAP97-SH3/GUK2 einen um 15% verringerten Sedimentationkoeffizient. Aufgrund seines größeren hydrodynamischen Radius eluiert das Protein früher von der Gelmatrix. Der in der verkürzten Chimäre beobachtete Effekt konnte nicht direkt in einer der nativen Deletionsmutanten SAP97-SH3/GK(∆C) nachgewiesen werden, da alle C-terminal verkürzten nativen Konstrukte nach Expression in E. coli unlöslich waren.

Aus den Vergleichen des Assoziationsverhalten von SH3/GUK3(∆C) und SAP97-SH3/GUK2 sowie SAP97-SH3/GK2 und SAP97-SAP97-SH3/GUK2 ist zu erwarten, daß auch die Mutante SAP97-SH3/GK(∆C) aufgrund des Fehlens der C-terminalen 12 Aminosäuren in einer weniger kompakten Form vorliegt.

Das Ergebnis einer Reaktivierung der Kinase-Aktivität durch Verlust des C-Terminus in SAP97-SH3/GUK1-Chimären erinnert an Ergebnisse der Untersuchungen an Src-Tyrosinkinasen. Die katalytische Aktivität dieser Enzyme wird unter anderem durch die C-terminale Sequenz moduliert. Fehlt der C-Terminus, so ist die intramolekulare Interaktion aufgehoben und die Enzyme bleiben in einem aktiven Zustand (Moarefi et al., 1997). In Übereinstimmung zu Src-Tyrosinkinasen ist auch der C-Terminus in MAGUK-Proteinen physiologisch relevant. Die Deletion der C-terminalen Aminosäuren von Dlg hat die Tumorbildung in Drosophila zur Folge (Woods und Bryant, 1991). Die hier gezeigten Ergebnisse legen den Schluß nahe, daß der C-Terminus eine wichtige negativ regulatorische Funktion in den Dlg-ähnlichen MAGUK-Proteinen besitzt. Vermutlich führt sein Verlust zur Aufhebung der geschlossenen Konformation der SH3/GK-Region, sodaß beide Domänen wieder frei zugänglich für die intermolekulare Interaktion mit ihren spezifischen Bindungspartnern, wie z.B. GKAP oder SAPAPs, sind. Diese Analogie zur Familie der Src-Tyrosinkinasen läßt vermuten, daß auch die Funktion der SH3/U5- und GK-Domänen, genauer die Interaktion beider Domänen mit ihren jeweiligen spezifischen Bindungspartnern in trans, durch eine intramolekulare Wechselwirkung dieser beiden Domänen reguliert wird.

Im Verlauf dieser Arbeit wurde die intramolekulare Interaktion der SH3- und der GK-Domäne auch in den MAGUK-Proteinen PSD-95, hDlg, hCASK und p55 von drei unabhängigen Forschungsgruppen bestätigt ( McGee und Bredt, 1999; Shin et al., 2000; Nix et al., 2000). Sie scheint somit in allen MAGUK-Subfamilien konserviert zu sein.

5.8.1 Die intramolekulare SH3/GK-Interaktion in SAP97 verläuft über ein untypisches SH3-Bindungsmotiv

SH3-Domänen binden im Allgemeinen an spezifische kurze Peptidsequenzen, welche Polyprolin-Helices der Klasse I (Konsensussequenz RLXLPP(L/R)PXX, X steht für jede beliebige Aminosäure) und Klasse II (XXXPPLPXR) (Cohen et al., 1995) ausbilden. Sowohl SAP97, als auch allen anderen MAGUK-Proteine, in denen bisher eine intramolekulare SH3/GK-Interaktion identifiziert werden konnte, fehlt jedoch die minimale Konsensussequenz PXXP in der GK-Domäne. Aus diesem Grund wird vermutet, daß die SH3-Domänen der MAGUK-Proteine eine untypische Bindungsspezifität besitzen. In einer Mutagenese-Studie an PSD-95 wurde überdies gezeigt, daß der Austausch der Prolinreste von drei Klasse II-ähnlichen Sequenzmotiven XXXPXR/K der GK-Domäne, welche als hypothetische SH3-Bindungsmotive fungieren konnten, nicht zur Aufhebung der intramolekularen Interaktion führte (Shin et al., 2000).

Durch molekulare Modellierung von SAP97 wurde kürzlich nachgewiesen, daß die SH3-Domäne eine zur ATP-Bindungstasche der aktiven Guanylatkinase kompatible dreidimensionale Struktur aufweist (Wu et al., 2000). Deshalb wurde von den Autoren vorgeschlagen, daß die Bindung der SH3-Domäne nicht über ein spezifisches Sequenzmotiv, sondern über eine Interaktion mit der Oberfläche der ursprünglichen ATP-Bindungsregion verläuft (siehe Abb. 5.1). Die Ergebnisse der hier durchgeführten Nukleotid-Bindungsstudien an der GK-Domäne von SAP97 stützen diese Hypothese aus zwei Gründen: Erstens bindet die GK-Domäne von SAP97 nicht mehr spezifisch an ATP und zweitens deutet die Detektion von SAP97-GK-SO42--Komplexen im Massenspektrum an, daß eine positiv geladene rudimentäre ATP-Bindungstasche in der GK-Domäne (welche aufgrund der angesprochenen strukturellen Besonderheiten jedoch vermutlich signifikant von jener der authentischen Guanylatkinase abweicht) noch zu existieren scheint. All diese Beobachtungen gehen mit der derzeitigen grundlegenden Annahme konform, daß die GK-Domäne aus der aktiven Guanylatkinase hervorgegangen ist und in Mehrzellern nur noch eine strukturelle Funktion besitzt.

In den Tyrosinkinasen Src und Hck bindet die SH3-Domäne an ein unvollständiges TypII Polyprolin-Segment (Feng et al., 1994; ebenfalls ohne minimale Consensussequenz PXXP, X

steht für jede beliebige Aminosäure) des SH2-Kinase-Linkers und interagiert zusätzlich direkt mit der Kinase-Domäne. Die SH2-Domäne bindet ihrerseits an ein Phosphotyrosin des, der Kinase-Domäne folgenden, C-Terminus. In Analogie zu den Tyrosinkinasen deuten die Ergebnisse dieser Arbeit an, daß an der intramolekularen Interaktion in SAP97-SH3/GK sowohl interne Regionen der GK-Domäne, als auch die der GK-Domäne nachfolgende C-terminale Sequenz beteiligt sind. Wu et al. (2000) wiesen in ihrer Studie zur intramolekularen Interaktion in SAP97 nach, daß sowohl die SH3-Domäne, als auch das I3-Insert der U5-Helix mit der GK-Domäne interagiert.

Abb. 5.1 Modell der Interaktion von SH3- (blau) und GK-Domäne (gelb) in SAP97. Die SH3-Domäne bildet einen Loop, welcher direkt in die ursprüngliche ATP-Bindungstasche hineinragt. Die SH3-Domäne wurde nach Vorlage der SH3-Domäne des growth factor bound protein 2 (1GRI) und die GK-Domäne nach Vorlage der Hefe-GUK1 (1GKY) modelliert. Abkürzungen 1GRI und 1GKY siehe Brookhaven Protein-Datenbank.

Die hier vorliegenden Ergebnisse lassen den Schluß zu, daß die geschlossen Konformation der SH3/GK-Region über mindestens zwei Bindungen erreicht wird. Die erste Interaktion verläuft über die SH3-Domäne und eine interne Region der GK-Domäne, dies könnte die ursprüngliche ATP-Bindungstasche sein. Darüberhinaus existiert vermutlich eine zweite Interaktion zwischen der U5-Sequenz und dem C-Terminus von SAP97. Diese Hypothese wird auch zusätzlich durch

das Modell von SAP97 gestützt, in welchem die U5-Helix der C-terminalen Sequenz sehr nahe kommt (Wu et al., 2000).