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MAGUK-Proteine können mit jeder ihrer verschiedenen Domänen spezifisch mit Proteinen interagieren:

1.3.2.1 PDZ-Domäne

PDZ-Domänen sind Protein-Protein-Bindungsmotive von etwa 90 AS Länge, die zuerst in MAGUK-Proteinen entdeckt, mittlerweile allerdings als Bestandteile einer stetig anwachsenden Zahl von Proteinen identifiziert wurden (Fanning und Anderson, 1998; Garner et al., 2000). Der Bindungsmechanismus der PDZ-Domänen von MAGUK-Proteinen ist bisher im Vergleich zur SH3- und GK-Domäne am eingehendsten untersucht worden. PDZ-Domänen binden primär an den cytoplasmatischen C-Terminus von spezifischen Transmembran- und Ionenkanal-Proteinen.

Mit biochemischen und genetischen Methoden wurde beispielsweise die Bindung der ersten und zweiten PDZ-Domänen von Dlg-ähnlichen MAGUKs an den K+-Kanal nachgewiesen (Kim et al., 1995; Tejedor et al., 1997). Als weiterer Bindungspartner dieser Subfamilie wurde darüberhinaus der NMDA-Rezeptor identifiziert (Niethammer et al., 1996). PDZ-Domänen zeichnen sich einerseits untereinander durch eine hohe Sequenzähnlichkeit und einen übereinstimmenden strukturellen Aufbau aus, weichen andererseits dennoch derart signifikant voneinander ab, daß eine selektive Bindung an die spezifischen Zielproteine ermöglicht wird.

Durch Kristallstrukturanalysen (Cabral et al., 1996; Doyle et al., 1996) und mit biochemischen Bindungsassays (Songyang et al., 1997) konnte gezeigt werden, daß PDZ-Domänen an spezifische Sequenzmotive binden. Dlg-ähnliche MAGUK-Proteine favorisieren Bindungspartner mit einem C-terminalen E(S/T)X(V/I)-Motiv, während Lin-2-ähnliche MAGUKs bevorzugt an EYYV-Motive und p55-ähnliche MAGUKs an EYFI-Motive binden (Songyang et al., 1997). PDZ-Domänen können auch miteinander interagieren, wie durch den Nachweis der Hetero-Dimer-Bildung von der zweiten PDZ-Domäne von SAP90/PSD-95 und der PDZ-Domäne der neuronalen NO-Synthase nNOS gezeigt wurde (Brenman et al., 1996).

1.3.2.2 SH3-Domäne

SH3- (Src homology 3) Domänen sind kleine Protein-Protein-Bindungsmodule von etwa 60 Aminosäuren Länge, welche spezifisch an kurze (7-9 AS) prolinreiche Sequenzen binden. Sie wurden ursprünglich in Src-Tyrosinkinasen entdeckt, sind bis heute allerdings bereits in mehr als 50 verschiedenen intrazellulären Proteinen identifiziert worden, unter ihnen Kinasen, Lipasen und GTPasen (Pawson, 1995). SH3-Domänen können in unterschiedlicher Orientierung an prolinreiche Sequenzen binden. Deshalb werden die Liganden der SH3-Domäne allgemein in

2 Klassen unterteilt. Liganden der Klasse 1 besitzen die Consensussequenz RXLPPZP (X, jede Aminosäure; Z, Leu oder Arg), Liganden der Klasse 2 die Sequenz XPPLPXR (Feng et al., 1994). Durch Aufklärung der Kristallstrukturen mehrerer SH3-Domänen in Komplex mit prolinreichen Peptiden und Proteinen wurde der Mechanismus der SH3-Ligandenbindung weitestgehend aufgeklärt (Musacchio et al., 1992; Yu et al.,1994; Lee et al., 1996). Neben ihrer strukturellen Rolle als Liganden-Bindungsdomäne besitzt die SH3-Domäne eine wichtige regulatorische Funktion in Signalproteinen. In Src-Rezeptor-Tyrosinkinasen inhibiert sie im Zusammenspiel mit der SH2-Domäne die enzymatische Aktivität der C-terminalen Kinase-Domäne. Während die SH2-Domäne an das C-terminale Phosphotyrosin bindet, interagiert die SH3-Domäne mit einem untypischen Klasse 2-ähnlichen Polyprolin-Motiv der Linkerregion zwischen der SH2 und der Kinase-Domäne. (Sicheri et al., 1997; Xu et al., 1997 ; Moarefi et al., 1997). Durch intramolekulare Bindung der SH3- und SH2-Domänen an die Kinase-Domäne umgebende Sequenzen wird die Kinase-Aktivität reprimiert. Liganden-Bindung an die SH3-Domäne führt zur Aufhebung der intramolekularen Interaktion mit der Linkerregion und zu einer Reaktivierung der Kinase-Aktivität.

Im Gegensatz zu den Signalproteinen ist die Funktion der SH3-Domäne in MAGUKs noch nicht ausreichend erforscht. Bisher wurde mit der Kainatrezeptor-Untereinheit KA2 erst ein Bindungspartner der SH3-Domäne von SAP90/PSD-95 identifiziert (Garcia et al., 1998). Die charakteristische Anordnung der SH3-Domäne in direkter Nachbarschaft zur GK-Domäne in MAGUK-Proteinen kann ein Hinweis dafür sein, daß in diesen Proteinen ein ähnlicher intramolekularer Regulationsmechanismus existiert.

1.3.2.3 GK-Domäne

Die C-terminale GK-Domäne der MAGUK-Proteine besitzt eine hohe Sequenzähnlichkeit zu den authentischen, kleinen Guanylatkinasen von Säugern. Der Sequenzvergleich mit enzymatisch aktiven Guanylatkinasen zeigt jedoch, daß die GK-Domäne der MAGUK-Proteine in den Motiven der Substratbindungsregion zum Teil signifikant von den Enzymen abweicht (siehe Abb. 1.7). Auch Mitglieder der verschiedenen Subfamilien untereinander zeigen eine auffällige Divergenz insbesondere in der ATP-Bindungsregion, dem P-Loop. Während die p55-ähnlichen und die Lin-2-p55-ähnlichen MAGUK-Proteine auf den ersten Blick vollständig konservierte ATP- und GMP-Bindungsregionen zu besitzen scheinen, sind in dem P-Loop von Dlg- und ZO-1-ähnlichen MAGUK-Proteinen drei Aminosäuren deletiert. Im Vergleich zu den Dlg-ähnlichen MAGUKs fehlen der Gruppe ZO-1-ähnlicher MAGUKs darüberhinaus

authentischen Guanylatkinasen, insbesondere des Fehlens von für die Katalyse essentiellen Aminosäuren muß eine enzymatische Funktion der MAGUKs in Frage gestellt werden. Von den bisher untersuchten MAGUK-Proteinen konnte auch einzig in rekombinant in Bakterien überexprimiertem GST-p55 Fusionsprotein eine schwache katalytische Guanylatkinase-Aktivität nachgewiesen werden. Diese war jedoch um den Faktor 190 schwächer als jene von Säuger-Guanylatkinasen (Marfatia und Chisti, 1995).

LIN2A-GK 1 MRKTLVLLGAHGVGRRHIKNTLIHRHPNRFAYPIPHTTRPPRKDEVDGKHYYFVT-NEQM hCASK-GK 1 MRKTLVLLGAHGVGRRHIKNTLITKHPDRFAYPIPHTTRPPKRDEENGKNYYFVS-HDQM p55-GK 1 MRKTLVLIGASGVGRSHIKNALLSQNPEKFVYPVPYTTRPPRKSEEDGKEYHFIS-TEEM SAP97-GK 1 MTRPVIILGP---MKDRVNDDLISEFPDKFGSCVPHTTRPKRDYEVDGRDYHFVTSREQM Dlg-GK 1 MTRPVIILGP---LKDRINDDLISEYPDKFGSCVPHTTRPKREYEVDGRDYHFVSSREQM GUK1 1 MSRPIVISGPSGTGKSTLLKKLFAEYPDSFGFSVSSTTRTPRAGEVNGKDYNFVS-VDEF consensus 1 M G L P F TTR E G Y F

Ο

LIN2A-GK 60 MADIQNNEYLEYGTHEESMYGTKLETIRNIHKSGKIAILDVEPQALKVLR-TAEYSPFV hCASK-GK 60 MQDISNNEYLEYGSHEDAMYGTKLETIRKIHEQGLIAILDVEPQALKVLR-TAEFAPFV p55-GK 60 TRNISANEFLEFGSYQGNMFGTKFETVHQIHKQNKIAILDIEPQTLKIVR-TAELSPFI SAP97-GK 58 EKDIQEHKFIEAGQYNNHLYGTSVQSVRAVAEKGKHCILDVSGNAIKRLQ-IAQLYPIS Dlg-GK 58 ERDIQNHLFIEAGQYNDNLYGTSVASVREVAEKGKHCILDVSGNAIKRLQ-VAQLYPVA GUK1 60 KSMIKNNEFIEWAQFSGNYYGSTVASVKQVSKSGKTCILDIDMQGVKSVKAIPELNARF consensus 61 I E G LD K

LIN2A-GK 118 V FIAAPNLQGMQDPD---GSLEKLLNESDVLRQAFGHL--FDFIITNSDIDDTIA hCASK-GK 118 V FIAAPTITPGLNED---ESLQRLQKESDILQRTYAHY--FDLTIINNEIDETIR p55-GK 118 V FIAPTDQG---TQT---EALQQLQKDSEAIRSQYAHY--FDLSLVNNGVDETLK SAP97-GK 116 I FIKPKSMENIMEMN--KRLTDEQARKTFERAVRLEQEFTEH--FTAIVQGDTLEDIYN Dlg-GK 116 V FIKPKSVDSVMEMN--RRMTEEQAKKTYERAIKMEQEFGEY--FTGVVQGDTIEEIYS GUK1 119 L FIAPPSVEDLKKRLEGRGTETEESINKRLSAAQAELAYAETGAHDKVIVNDDLDKAYK consensus 121 FI

LIN2A-GK 168 QL ERLVEKLPAYPQWLPVTWVY hCASK-GK 168 HL EEAVELVCTAPQWVPVSWVY p55-GK 165 KL QEAFDQACSSPQWVPVSWVY SAP97-GK 171 QV KQIIEEQSGPYIWVPAKEKL Dlg-GK 171 KV KSMIWSQSGPTIWVPSKESL GUK1 178 EL KDFIFAEK---consensus 181

Abb. 1.7 Sequenzvergleich von GK-Domänen verschiedener MAGUK-Proteine. Der P-Loop ist das ATP-Bindungsmotiv, welches mit dem β- und γ-Phosphat des Substrats ATP interagiert. Aminosäuren, die mit dem Guaninring (), der Phosphatgruppe ( ) von GMP und dem komplexierten Mg2+-Ion (O) interagieren, sind markiert. Die Konsensus-Sequenz gibt diejenigen Aminosäuren an, die in allen dargestellten Sequenzen konserviert sind. Schwarze Box, identische Aminosäuren; graue Box, konservative Substitutionen.

Als GST-Fusionsproteine aus Bakterien aufgereinigte Dlg-ähnliche MAGUKs SAP90, SAP97 und hDlg sind hingegen enzymatisch inaktiv (Kistner und Garner, 1995; Kuhlendahl et al., 1998). Darüberhinaus wurde in weiteren Arbeiten gezeigt, daß SAP97 den Verlust der Guanylatkinase in S. cerevisiae in vivo nicht komplementieren kann (Kuhlendahl et al., 1998;

P-Loop

Spangenberg, 1997). Die physiologische Bedeutung der Guanylatkinase-Aktivität von p55 ist bisher nicht bekannt. Einiges spricht jedoch dafür, daß die hypothetische schwache Guanylatkinase-Aktivität für die Funktion der p55-ähnlichen MAGUK-Proteine von eher untergeordneter Rolle ist. So konnten Hoskins et al. (1996) beispielsweise zeigen, daß eine Mutante von Lin-2, in der mehrere an der Bindung von GMP beteiligte hochkonservierte Aminosäuren in der GK-Domäne ausgetauscht wurden, weiterhin während der vulvalen Differenzierung in C. elegans funktionell blieb.

Die Entdeckung von Bindungspartnern der GK-Domäne von SAP90/PSD-95 und weiteren Mitgliedern der Dlg-ähnlichen Subfamilie führte zu einer vollkommen veränderten Definition ihrer Rolle in MAGUK-Proteinen. Zu diesen Interaktionspartnern zählen die Mitglieder der GKAP/SAPAP/DAP1 Familie, die durch Hefe-Zwei-Hybrid-Screen als spezifische Bindungsproteine der GK-Domäne von SAP90/PSD-95 von drei Forschungsgruppen unabhängig identifiziert wurden (Kim et al., 1997; Takeuchi et al., 1997; Satoh et al., 1997).

Alle Mitglieder sind im postsynaptischen cortikalen Cytoskelett neuronaler Zellen lokalisiert und haben wahrscheinlich ebenfalls die Funktion von Gerüstproteinen, welche ihrerseits makromolekulare Komplexe mit dem Cytoskelett oder cytosolischen Signalproteinen verknüpfen. Weitere Bindungspartner der GK-Domäne von MAGUK-Proteinen der Dlg-ähnlichen Subfamilie sind das an Mikrotubuli dendritischer Zellen assoziierte Protein MAP1A (Brenman et al., 1998) und das im Säugerhirn lokalisierte Protein BEGAIN (Deguchi et al., 1998), dessen Funktion bisher noch ungeklärt ist. Die Entdeckung von Interaktionspartnern der GK-Domäne läßt den Schluß zu, daß diese in MAGUKs eine evolutive Veränderung vollzogen hat, in deren Verlauf sie ihre ursprünglich enzymatische Funktion verloren und sich zu einer Domäne mit struktureller Funktion entwickelt hat.