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Quantitativer Tyrosinkinase-Inhibitor Nachweis mittels HPLC sowie LC-MS/MS

Die bisher erhobenen Daten (s. 4.4.3, 4.4.4, 4.5) deuten sehr stark daraufhin, dass Apoptose nach HD-TKI Kurzzeit-Inkubation durch residuelle TKI-Aktivität hervorgeru-fen wird. Dies kann einerseits durch inkomplette Entfernung des TKI im Rahmen eines möglicherweise insuffizienten Wash Outs begründet sein. Andererseits kommt auch eine intrazelluläre TKI-Akkumulation mit nachfolgender langsamer Freisetzung der TKI als Ursache in Frage. Insuffizientes Entfernen des TKIs würde dazu führen, dass der TKI sofort nach dem Waschen in hoher Konzentration im Zellkulturmedium nachweis-bar wäre. Bei einer intrazellulären Akkumulation mit anschließender Freisetzung hin-gegen wäre der TKI nach dem Wash Out zunächst nicht im Zellkulturmedium detek-tierbar und die TKI-Konzentration würde zeitabhängig zunehmen. Zur Analyse einer möglichen Freisetzung von TKIs ins Medium wurden HPLC-Messungen von Zellkultu-rüberständen, in Kooperation mit dem Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklini-kums Magdeburg, durchgeführt. Die HPLC Methode wurde bereits von mehreren Ar-beitsgruppen erfolgreich angewandt, um TKI-Konzentrationen genau zu quantifizieren.

Mittels HPLC konnten die Serum- und Plasma-Konzentrationen von Dasatinib und Nilotinib in CML-Patienten bestimmt werden (De Francia et al., 2009; Parise et al., 2009). Aber auch für die Bestimmung von TKI-Konzentrationen im Zellkultur-System ist die HPLC-Messung eine gut etablierte Methode (le Coutre et al., 2004; Hegedus et al., 2009).

4.7.1 Quantitative Bestimmung von Tyrosinkinase-Inhibitor-Konzentrationen in Zellkulturüberständen

Zur Quantifizierung von TKI-Konzentrationen wurde an verschiedenen Zeitpunkten nach HD-TKI Kurzzeit-Exposition und dem Wash Out, der Zellkulturüberstand auf frei-gesetzte TKI-Menge überprüft. Zunächst war eine Etablierung der Nachweismethoden für jeden TKI notwendig. Die Messparameter sowie die Details der Durchführung für die TKIs sind unter 3.4.1 und 3.4.2 zu finden. Auf die Etablierung einer Nachweisme-thode für Jak Inhibitor I wurde aus Kapazitätsgründen verzichtet. Für alle Proben wur-den 3 ml Zellkulturüberstand zunächst an Aktivkohle-Säulen gebunwur-den und aufgerei-nigt. Das Eluat der Säule wurde vollständig verdampft und anschließend in das etab-lierte HPLC-Laufmittel aufgenommen und in die HPLC-Anlage injiziert. Zur Konzentra-tionsbestimmung der Proben wurde eine Standardreihe mit definierten Konzentratio-nen mitgeführt.

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Zur Probengewinnung wurden zunächst onkogene Ba/F3-Zellen mit den entsprechen-den Tyrosinkinase-Inhibitoren für 2 Stunentsprechen-den behandelt, gefolgt vom Wash Out mit PBS und dem Zurücksetzen der Zellen in TKI-freies Medium (s. 3.3.2.2). Zu verschie-denen Zeitpunkten nach dem Mediumaustausch des TKIs (0, 15, 30, 60, 120 Minuten) wurden Proben für die Analyse gewonnen. Die Probe, welche unmittelbar nach dem Zurücksetzen der Zellen ins Medium analysiert wurde, diente als Kontrolle für mögli-che residuelle TKI-Mengen infolge eines möglimögli-chen inkompletten Entfernen des Inhi-bitors (0 Minuten). Als Kontrolle für das Vorhandensein von TKI im Medium diente In-kubationsmedium (S1), welches zu Beginn des Versuches mit TKI versetzt worden war. Zum jeweiligen Analyse-Zeitpunkt wurden 4 ml Zellsuspension entnommen, zent-rifugiert und der Mediumüberstand wurde zellfrei zur Messung verwendet. Im weiteren Verlauf wurden neben den Ba/F3-Zellen auch die humanen K562 Zellen, sowie primä-re mononukleäprimä-re Zellen von CML- bzw. AML-Patienten und angeprimä-reicherte hämatopoe-tische Vorläuferzellen (CD34+-positive Zellen) von Kontrollpersonen untersucht. Für die Verwendung von humanem Primärmaterial lag ein Votum der Ethik-Kommission des Universitätsklinikums Magdeburgs vor. Die Ergebnisse der Messungen sind in Abbildung 35 dargestellt .

In allen untersuchten Zellsystemen zeigte sich nach dem Wash Out des jeweiligen Inhibitors ein Anstieg der TKI-Konzentration über die Zeit. In allen Fällen erreichte o-der überschritt die freigesetzte TKI-Konzentration die jeweilige IC50-Konzentration. Der deutlichste Konzentrationsanstieg im Überstand fand sich zwischen 15 und 30 Minu-ten nach dem Wash Out. Danach erreichMinu-ten die TKI-Konzentrationen in den Zellkultu-rüberständen ein Plateau und die Anstiege der Konzentration waren nur noch gering.

Für Imatinib und Dasatinib lag die untersuchte Probe zum Zeitpunkt 0 Minuten, unter-halb der Sensitivitätsgrenze der Messmethode. Dies deutet daraufhin, dass mit der angewendeten Waschprozedur der TKI effizient entfernt wird. Der Übertrag vom Zell-kulturmodell auf primäres Patientenmaterial machte deutlich, dass die beobachteten Effekte auch in der Klinik von Relevanz sein könnten und die primären Zellen auch Konzentrationen von klinischer Bedeutung freisetzten. Diese Daten deuten an, dass Zellen nach HD-TKI Kurzzeit-Exposition in der Lage sind, massive TKI-Konzentrationen zurückzuhalten und wieder freizusetzen. Die Exposition mit dem TKI nach HD-TKI Kurzzeit-Behandlung ist somit nicht kurzfristig, sondern resultiert durch das Rückwirken der TKIs nach der Freisetzung auf die Zellen, in einer kontinuierlichen TKI-Exposition. Diese Daten implizieren die Frage, in welchem Maße die Zellen den TKI aufnehmen und ob eine Akkumulation der TKI vorliegt.

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Abbildung 35: Die TKI-Konzentrationen im Zellkulturmedium steigen über die Zeit nach Wash Out an.

Es wurden 5x104 Zellen pro ml für 2 Stunden mit dem entsprechenden TKI behandelt. Für das Entfernen der Inhibitoren wurde PBS verwendet. Die Zellen wurden anschließend in TKI-freies Medium überführt.

Die Analyse der Überstände erfolgte zum angegeben Zeitpunkt. S1 diente als Kontrolle für das Vorhan-densein von TKI. Die rote Linie zeigt die IC50-Konzentration auf Ba/F3 Zellen für den jeweiligen Inhibitor an. In A wurden die Zellen mit 25 µM Imatinib, in B mit 100 nM Dasatinib und in C mit 1 µM Nilotinib und in D mit 3,5 µM Midostaurin behandelt. Als MNCs werden mononukleäre Zellen bezeichnet. Für Ba/F3 und K562 Zellen sind die Mittelwerte aus 3 unabhängigen Messungen +SEM angegeben. Für die pri-mären humanen Zellen wurde ein repräsentatives Ergebnis zur Darstellung ausgewählt.

4.7.2 Bestimmung der Tyrosinkinase-Inhibitor-Konzentrationen in Zelllysaten

Die bereits gewonnenen Erkenntnisse zur Ursache der Apoptoseinduktion nach HD-TKI Kurzzeit-Exposition machen deutlich, dass diese Art der experimentellen HD- TKI-Exposition letztendlich mittels protrahierter TKI-TKI-Exposition zu einer kontinuierlichen Kinaseinhibition führt. Dies ist nur möglich, wenn die behandelten Zellen unter TKI-Inkubation diese massiv intrazellulär anreichern und nach Beendigung der Exposition langsam wieder freisetzen. Es zeigte sich, dass es nach dem Wash Out der Inhibito-ren zu einer Zunahme der TKI-Mengen im Zellkulturüberstand kommt (s. 4.7.1). Die Arbeitsgruppe von le Coutre konnte bereits vor einigen Jahren mittels HPLC-Messungen nachweisen, dass HL-60 Zellen Imatinib dosisabhängig, um ein Vielfaches der extrazellulären Konzentration, intrazellulär anzureichern (le Coutre et al., 2004).

Über die intrazelluläre TKI-Konzentration in Zellen nach HD-TKI Kurzzeit-Inkubation ist bislang nichts bekannt.

Ergebnisse

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Um das Ausmaß der intrazellulären Akkumulation von TKIs nach HD-TKI Kurzzeit-Exposition bestimmen zu können, wurden dieselben HPLC-basierten TKI-Nachweise verwendet, wie für die TKI-Quantifizierung (s. 4.7.1). Um die Ergebnisse interpretieren zu können, musste zu Beginn das zelluläre Volumen bestimmt werden. Dazu wurde der Durchmesser von 100 Zellen mikroskopisch mittels der MetaMorph-Software be-stimmt. Aus dem Radius wurde unter der Annahme einer kubischen Form das Volu-men der Zellen nach folgender Formel berechnet: V Zellen = 4/3 x π x r3

Anschließend wurden HPLC-Messungen von Zelllysaten durchgeführt. Die Zellen wurden für 2 Stunden mit HD-TKI inkubiert und anschließend wurde das Inkubations-medium zum Entfernen des TKI zweimal durch PBS ersetzt, gefolgt von der Zelllyse.

Die genauen Bedingungen für die Lyse sind unter 3.4.3 aufgeführt. Nach der Lyse wurde das Lysat von Zelltrümmern geklärt und nach der Verdünnung in Zellkulturme-dium zur Messung verwendet. Als Kontrolle für die TKI-Zugabe wurde der Zellkultu-rüberstand 2 Stunden nach TKI-Zugabe ebenfalls analysiert. Die bestimmte Konzent-ration wurde anschließend in die folgende Formel zur Berechnung der intrazellulären TKI-Konzentration eingesetzt: CTKI intrazellulär = C-TKI Überstand x VÜberstand x 1/VZellen

Die Ergebnisse sind in Tabelle 9 aufgelistet.

Tabelle 9: Intrazelluläre Anreicherung von TKI in Ba/F3 und K562-Zellen.

Der mittlere Zelldurchmesser ±SD von 100 gemessenen Zellen ist in (A) angegeben. Das zelluläre Volu-men wurde nach der im Text beschriebenen Formel berechnet. (B) Intrazelluläre Konzentrationen nach TKI Kurzzeit-Exposition. Als Positiv-Kontrolle diente Zellkulturüberstand 2 Stunden nach Zugabe des TKIs (S1). Die in der HPLC gemessene Konzentration ist unter Lysat angegeben. Die intrazelluläre Konzentra-tion wurde nach der im Text erklärten Formel berechnet. Dargestellt ist das Ergebnis aus 3 unabhängigen Messung ±SEM.

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Es zeigte sich sowohl bei den Ba/F3-BCR-ABL als auch bei den K562 Zellen eine massive intrazelluläre Anreicherung der Tyrosinkinase-Inhibitoren. Dabei erreichten Ba/F3-BCR-ABL Zellen eine stärkere Anreicherung als K562 Zellen. Ba/F3-Zellen zeigten für Imatinib eine Konzentration von 10947 µM und für Nilotinib 964 µM, was einer Anreicherung um den Faktor 438 für Imatinib und um den Faktor 964 für Nilotinib entspricht. K562 wiesen für Imatinib eine Konzentration von 6514 µM, für Nilotinib 262 µM sowie 4,6 µM für Dasatinib auf. Es wurde eine Anreicherung um den Faktor 260 für Imatinib, 260 für Nilotinib sowie 46,89 für Dasatinib erzielt. Zur Kontrolle, ob es sich bei den gemessenen Imatinib-Konzentration auch um intrazelluläre Konzentrationen handelt und nicht um Anlagerungen an die äußere Plasmamembran, wurden die Zell-trümmer nach Abnahme des Lysats im TKI-freien Medium für 2 Stunden inkubiert.

Anschließend wurde die Lösung ebenfalls geklärt und auf vorhandene Imatinib-Konzentrationen mittels HPLC analysiert. Es konnte keine Imatinib-Konzentration nachgewiesen werden. Es ist somit davon auszugehen, dass es sich bei den gemes-senen Imatinib-Konzentrationen um intrazelluläre Konzentrationen handelt.

Insgesamt zeigte sich eine ausgeprägte Akkumulation von TKI in den Zellen, was zu-sammen mit der darauffolgenden verzögerten Freisetzung der TKI die Ursache des HD-TKI Effektes darstellt. Nach Wash Out der Inhibitoren waren die intrazellulären Konzentrationen sehr hoch. Es wird somit deutlich, dass diese Art der experimentellen Behandlung von Zellen letztlich mittels protrahierter TKI-Exposition zu einer kontinuier-lichen Kinaseinhibition führt.