• Keine Ergebnisse gefunden

Modulation der intrazellulären Tyrosinkinase-Inhibitor-Konzentration

Diskussion

[111]

5.5 Modulation der intrazellulären

Jordani-Diskussion

[112]

des et al. konnten in hämatopoetischen CML-Vorläuferzellen (CD34+-CML-Zellen) zei-gen, dass eine Konzentration von 5 µM Imatinib inhibitorisch auf ABCG2 wirkt und dass Imatinib nicht durch ABCG2 transportiert wird (Jordanides et al., 2006). Brendel et al. konnten in murinen hämatopoetischen Stammzellen zeigen, dass eine Konzent-ration von 1 µM Imatinib bereits eine Inhibition des ABCG2-Transporters auslöst (Brendel et al., 2007).

Um die Relevanz der beiden Transporterproteine ABCB1 und ABCG2 für den Imatinib-Efflux in der vorliegenden Arbeit zu klären, war es entscheidend die Transporter selek-tiv pharmakologisch hemmen zu können. Zur Inhibition von ABCB1 wurde daher PSC833 in einer Konzentration von 10 µM verwendet. Die Wirkung von PSC833 auf den ABCB1-vermittelten Transport konnte bereits in einer Vielzahl von Publikationen gezeigt werden (Hiwase et al., 2008, 2010; Davies et al., 2009; Hegedus et al., 2009).

Für die Inhibition des ABCG2-vermittelten Transports war Verapamil als Inhibitor gut charakterisiert (Scharenberg, 2002; Brendel et al., 2007; Dohse et al., 2010). Es zeigte sich, dass die Inhibition von ABCB1 durch PSC833 zu einer deutlichen Sensitivierung von K562-ABCB1 Zellen gegenüber einer Dauerinkubation von 0,25 µM Imatinib führt, während Verapamil keine Wirkung auf die Sensitivität der K562-ABCG2 Zellen gegen-über Imatinib erzielte (s. Abb. S. 87). Ein zytotoxischer Effekt von PSC833 auf K562 sowie auf K562-ABCB1 Zellen konnte ausgeschlossen werden (s. Abb. S. 87).

PSC833 wurde daher für die Inhibition des ABCB1-vermittelten Transports eingesetzt.

Die K562-ABCB1 Zellen wurden im weiteren Verlauf auf die Auswirkungen der Kurz-zeit-Inkubation von 25 µM Imatinib untersucht. In Gegenwart von PSC833 zeigten die K562-ABCB1 Zellen hohe Apoptoseraten, während in der Abwesenheit von PSC833 kaum apoptotische Zellen zu detektieren waren. In K562 Zellen zeigte die Inkubation von PSC833, wie erwartet keine Wirkung (s. Abb. S. 89). Diese Beobachtungen stim-men mit bereits publizierten Daten überein, die zeigen, dass die Expression eines ABC-Transporters die intrazelluläre Konzentration der Inhibitoren senkt und diese nach Inhibition des Transporters ansteigt (Brendel et al., 2007; Hiwase et al., 2008;

Davies et al., 2009).

Zur Quantifizierung der Reduktion der intrazellulären Akkumulation von Imatinib durch ABC-Transportproteine wurden K562-ABCB1, K562-ABCG2 sowie K562 Zellen für 2 Stunden mit 25 µM 14C-Imatinib inkubiert gefolgt vom Wash Out mit PBS. An ver-schiedenen Zeitpunkten nach dem Entfernen von 14C-Imatinib wurden sowohl die Zel-len als auch der Zellkulturüberstand auf die vorhandene 14C-Imatinib-Konzentration analysiert. Im Vergleich zu K562 Zellen wiesen sowohl ABCB1 als auch K562-ABCG2 Zellen zu jedem analysierten Zeitpunkt geringere intrazelluläre

Imatinib-Diskussion

[113]

Konzentrationen auf, was den Transport von Imatinib durch ABC-Transporter bestä-tigt. In den Zellkulturüberständen konnte für die K562-ABCG2 sowie für K562-ABCB1 Zellen zu jedem Zeitpunkt im Vergleich zu K562 Zellen eine niedrigere Konzentration detektiert werden (s. Abb. S. 92). Insgesamt ließen sich jedoch nur für die K562-ABCG2 Zellen bzw. für die Überstände dieser Zellen signifikante Veränderungen zu den K562 Zellen feststellen. Diese erhobenen Daten stehen im Einklang mit bereits publizierten Daten, die zeigen konnten, dass Imatinib sowohl über den ABCB1- als auch über den ABCBG2-Transporter aus den Zellen transportiert werden kann (Dai et al., 2003a; Mahon et al., 2003; Burger et al., 2004, 2005; Giannoudis et al., 2008;

Dohse et al., 2010). Ebenso konnte bereits gezeigt werden, dass die Expression von ABCB1 die intrazelluläre Imatinib-Konzentration senkt (Widmer et al., 2003; Illmer et al., 2004). Eine Dauerinkubation von 25 µM 14C-Imatininb führte in K562-ABCB1 sowie in K562-ABCG2 Zellen zu einer geringeren intrazellulären Konzentration im Vergleich zu K562 Zellen (s. Abb. S. 94). Dieser Unterschied war ebenfalls nur für K562-ABCG2 Zellen signifikant. Aufgrund der Tatsache, dass für K562-ABCB1 Zellen keine Signifi-kanz festgestellt werden konnte, wurde untersucht in wie weit es zu einer konzentrati-onsabhängigen Inhibition des Transporters durch Imatinib kommt. Bereits bei der Be-trachtung der Dauerinkubation von 25 µM Imatinib auf K562-ABCB1 Zellen, wurde eine Hemmung des Transporters durch hohe Imatinib-Konzentrationen vermutet (s.

Abb. S. 86). Es konnte gezeigt werden, dass bei Konzentrationen von 2,5 µM sowie 0,25 µM 14C-Imatinib der ABCB1-Transporter in der Lage ist die Imatinib-Konzentration im Vergleich zu K562-Zellen effektiv zu senken. Bei einer Imatinib-Konzentration von 25 µM 14C-Imatinib konnten nur sehr geringe Unterschiede zwischen den beiden Zelllinien festgestellt werden (s. Abb. S. 95), was dafür spricht, dass diese Konzentra-tion eine inhibitorische Wirkung hat. Neben diesen Daten gibt es zahlreiche Publikati-onen, die belegen, dass es zu einer konzentrationsabhängigen Inhibition von ABCB1 sowie von ABCG2-Transportern durch Imatinib kommt (Hamada et al., 2003;

Jordanides et al., 2006; Brendel et al., 2007).

Insgesamt zeigen die Daten der Transporterprotein-überexprimierenden Zellen, dass die analysierten Transporter in der Lage sind die intrazelluläre Konzentration in den Zellen zu senken. Dies belegt zum einen, dass Imatinib ein Substrat der beiden Transporter ist. Zum anderen machen die Daten der Kurzzeit-Inkubation deutlich, dass die intrazelluläre Imatinib-Konzentration verantwortlich ist für die Apoptoseinduktion.

Es ist bekannt, dass auch Dasatinib und Nilotinib von ABC-Transporterproteinen transportiert werden können (Burger et al., 2004; Brendel et al., 2007; Giannoudis et al., 2008; Dohse et al., 2010; Hiwase et al., 2010). Aufgrund der begrenzten Verfüg-barkeit von 14C-Dasatinib und 14C-Nilotinib konnten die Experimente mit den

Trans-Ausblick

[114]

porterprotein-exprimierenden Zelllinien lediglich für Imatinib durchgeführt werden. Be-reits veröffentlichte Arbeiten lassen jedoch vermuten (Burger et al., 2004; Brendel et al., 2007; Hiwase et al., 2008; Hegedus et al., 2009), dass die Kurzzeit-Inkubation ho-her Dasatinib- bzw. Nilotinib-Konzentrationen zu vergleichbaren Ergebnissen geführt hätte. Auch hier könnte die erniedrigte intrazelluläre Konzentration der TKI durch die ABC-Expression erreicht werden, was ebenfalls in einer verminderten Apoptoserate nach Kurzzeit-Inkubation von hohen TKI-Konzentrationen resultieren würde. Dabei bleibt zu bedenken, dass Nilotinib als sehr potenter Inhibitor für ABCB1 und ACBG2 beschrieben ist (Dohse et al., 2010).

Zusammengefasst zeigt das hier vorgestellte in vitro Modell der HD-TKI Kurzzeit-Inkubation ein bislang nicht bekanntes pharmakokinetisches Zusammenspiel zwischen der Konzentration im extrazellulären Medium und der intrazellulären TKI-Konzentration. Die in diesem Teil der Arbeit erhobenen Daten belegen, dass die Ursa-che der Apoptoseinduktion nach kurzzeitiger Hochdosis TKI-Inkubation die intrazellu-läre Akkumulation der Inhibitoren ist. Die protrahierte zelluintrazellu-läre TKI-Exposition resultiert in einer kontinuierlichen Kinaseinhibition verbunden mit einer langsamen Freisetzung der TKI in das Zellkulturmedium, was zur Induktion von Apoptose führt. Die von Shah et al. aufgestellte Hypothese, dass eine potente transiente Inhibition der Onkogen-mutierten Kinase ausreichend ist, um Apoptose in den Zellen auszulösen (Shah et al., 2008b), erscheint somit widerlegt.

6 Ausblick

Die in diesem Teil der Arbeit erhobenen Daten liefern die Rationale für das Design von Inhibitoren, die in der Zelle akkumulieren und zurückgehalten werden. Zukünftig könn-ten daher auch Inhibitoren trotz kurzer Serumhalbwertszeit Eingang in die Therapie maligner Erkrankungen finden, wenn sie in der Lage sind langanhaltende intrazelluläre Wirkspiegel zu erreichen. Eventuell sollte bereits in frühen klinischen Phasen ein brei-tes Spektrum an Dosierungen und Dosierungsintervallen in Betracht gezogen werden, besonders wenn aufgrund von pharmakokinetischen Profilen eine kontinuierliche Me-dikamentenexposition nicht erreichbar erscheint. Erst kürzlich konnte gezeigt werden, dass Substanzen mit kurzen Serum-Halbwertszeiten nicht notwendigerweise eine schlechte klinische Effektivität besitzen (Shah et al., 2008a). Aufgrund der vorliegen-den Daten wäre es weiterhin vorliegen-denkbar, eine Kombination von Tyrosinkinase-Inhibitoren und Substanzen, welche in der Lage sind die Inhibitoren intrazellulär zu retinieren, präklinisch und klinisch zu testen. Im Bereich der Infektionsbehandlung konnte nach-gewiesen werden, dass die einmal tägliche hochdosierte Behandlung mit

Aminoglyko-Ausblick

[115]

siden im Vergleich zur mehrmals täglichen Gabe in Bezug auf die Bakterizidie mindes-tens gleich effektiv ist und zudem mögliche Toxizitäten minimiert (Nicolau et al., 1995).

Hochdosis Applikationen von Tyrosinkinase-Inhibitoren können ebenfalls die auftre-tenden Nebenwirkungen reduzieren. Es konnte bereits gezeigt werden, dass hohe TKI-Konzentrationen Nebenwirkungen wie hämatologische und gastrointestinale Ef-fekte, Pleura-Ergüsse und Kopfschmerzen minimieren (Talpaz et al., 2006; Shah et al., 2008a). Die Daten dieser Arbeit liefern somit neue Hinweise für die zukünftige kli-nische Entwicklung sowie die Evaluation von Inhibitoren in der Behandlung von CML und anderen hämatologischen Erkrankungen. Dabei sollten Daten sowohl zur Phama-kokinetik im Plasma, als auch zur intrazellulären TKI-Konzentration erhoben werden.

Letztlich ist die effektiv erreichbare Konzentration einer Substanz in der Zelle ent-scheidend für die zu erzielende therapeutische Wirkung.

Die Teil I der Arbeit erhobenen Daten lassen weiterhin die Möglichkeit zu, dass für das Monitoring von Patienten unter TKI-Therapie im Rahmen klinischer Studien zukünftig die Phosphorylierung von STAT5 als Surrogatparameter für die Onkogenaktivät ver-wendet werden könnte. STAT5 erwies sich in dieser Arbeit als sensitiver Marker für die Präsenz von TKI und das Überleben von Zellen unter TKI-Therapie. Weiterhin ste-hen für den Nachweis der Phosphorylierung von STAT5 gute Antikörper zur Verfü-gung, die eine schnelle Analyse mittels Durchfluss-Zytometrie ermöglichen.

Die erhobenen Daten wurden kürzlich als Manuskript mit dem Titel „Intracellular re-tention of ABL kinase inhibitors determines commitment to apoptosis in CML cells“ zur Veröffentlichung eingereicht.

____________________________________________________________________