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5. Ergebnisse

5.2 Studie 2: Schwellenversuche im Pilokarpin- und fokalen Kainsäure-Modell

5.2.2 Der PTZ-Schwellentest

In diesem Test sollten die Veränderungen der Hirnerregbarkeit nach einem SE, ermittelt als Veränderungen der individuellen PTZ-Krampfschwelle, untersucht werden. Fünf Tage vor SE-Induktion wurde bei allen Tieren eine Kontrollschwelle mittels PTZ-Infusionstest bestimmt (siehe Kapitel 4.6.4). Die Kontrollschwelle lag bei den Tieren bei etwa 20 mg/kg. In der Pilokarpin-Gruppe lag die Kontrollschwelle bei 19,6 ± 0,49 mg/kg, in der Kainsäure-Gruppe bei 18,8 ± 0,43 mg/kg. Drei Tiere aus der Pilokarpin-Gruppe starben nach der Kontrollschwellenbestimmung. Die Infusion von PTZ wurde bei dem Auftreten des ersten Myoklonus gestoppt. Bei den meisten Ratten kam es danach noch zu einem Klonus. Weitere Endpunkte nach dem Myoklonus wurden durch ein Score-System erfasst (siehe Kapitel 4.6.4 Score I). Für gewöhnlich zeigten die Tiere 3 bis 5 Minuten nach Schwellenbestimmung wieder normales Verhalten. Verhaltensänderungen nach Ende der PTZ-Infusion wurden durch ein Score-System erfasst (siehe Kapitel 4.6.4 Score II). Bei Tieren mit einer EEG-Ableitelektrode wurden die Schwellenversuche unter EEG-Kontrolle durchgeführt (siehe Abbildung 26). Der Myoklonus wurde von keinen spezifischen EEG-Ereignissen begleitet und war weder bei der hippokampalen noch bei der kortikalen Ableitung im EEG bzw. ECoG sichtbar (siehe Abbildung 26 A-E). Der auf den Myoklonus folgende Klonus ging mit paroxysmalen EEG-Veränderungen einher (siehe Abbildung 26). Das EEG-Bild zeigte ableitungsabhängig (kortikal versus hippokampal) keine Unterschiede. Es gab auch keine Unterschiede im EEG-Bild zwischen den SE-Tieren und Kontrollen (siehe Abbildung 26). Lediglich die Dauer der EEG-Veränderungen war bei den SE-Tieren verlängert (siehe Abbildung 26).

Dies entspricht dem durch das Score-System II beschriebenen klinischen Bild.

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1 mV

M K/V RB

PTZ

10 s

1 mV

M K K/V M (für 17 min)

PTZ

10 s

RB

PTZ M K

VT

1 mV 10 s

1 mV 10 s

PTZ M K

PTZ M K K/V

RB

1 mV 10 s

A

B

C

D

E

Abb. 26 (A-E): EEG-Ableitung während einer PTZ-Schwellenbestimmung. Der Pfeil zeigt den Anfang der PTZ-Infusion. Abkürzungen: M – Myoklonus, K – Klonus, K/V – Klonus mit Verlust der Stellreflexe, VT – Vorderbeintonus, RB – Running and bouncing. Paroxysmale

Veränderungen sind im EEG ab dem klonischen Anfall sichtbar.

Dargestellt sind PTZ-Schwellenbestimmungen im Pilokarpin-Modell (A, B, C) und im fokalen Kainsäure-Modell (D, E). Kortikale Ableitung 5 Tage vor sham SE (A). Hippokampale Ableitung 4 Tage nach sham SE (B). Hippokampale Ableitung 2 Tage nach pilokarpin-induziertem SE (C).

Hippokampale Ableitung 2 Tage nach sham SE (D). Hippokampale Ableitung 2 Tage nach kainsäure-induziertem SE (E).

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5.2.2.1 Schwellenveränderungen nach SE im Pilokarpin-Modell

Der PTZ-Schwellentest wurde in dieser Studie an 3 Tiergruppen durchgeführt. Die Ergebnisse aller Gruppen wurden kombiniert, um eine Gruppengröße zu erreichen, die eine statistische Aussage zulässt. Es gab Unterschiede in der Zahl der Schwellenbestimmungen in den einzelnen Tiergruppen. Die Schwellenbestimmung erfolgte 2, 4, 6, 9, 14 und 22 Tage nach SE in der 1. Gruppe und 2, 6 und 14 Tage nach SE in den beiden anderen Gruppen (siehe Kapiltel 4.6.1 Tabelle 5).

Veränderungen der Krampfschwelle in der Kontrollgruppe

Bei den Kontrollen mit sham SE (n=18) stieg die individuelle Krampfschwelle nach wiederholter Durchführung. Die dritte und sechste Schwelle war signifikant erhöht im Vergleich zur Kontrollschwelle (siehe Abbildung 27 A). Auch weitere Endpunkte während der Infusion (siehe Score I) und das Verhalten nach PTZ-Infusion (siehe Score II) änderten sich nach wiederholter Krampfschwellenbestimmung (siehe Abbildung 28). Die Ratten zeigten schwerere Anfälle (mehr weitere Endpunkte) im Anschluss an die PTZ-Infusion, die nach dem ersten Myoklonus gestoppt wurde. Für gewöhnlich folgte auf den Myoklonus ein Klonus. Nach der fünften und sechsten Schwellenbestimmung traten vermehrt Anfälle mit Verlust der Stellreflexe, „Running and bouncing“ und Vorderbeintonus auf (siehe Abbildung 28 A). Es traten auch Veränderungen im Verhalten nach Ende der PTZ-Infusion auf. Ab der vierten Schwellenbestimmung zeigten die Ratten Myoklonien nach Ende der PTZ-Infusion, dieser Unterschied wurde nach der fünften Schwellenbestimmung signifikant (siehe Abbildung 28 D). Diese Veränderungen sind womöglich eine Reaktion auf die wiederholte PTZ-Infusion in kurzen Zeitabständen. Eine Kontrollratte starb nach der zweiten Krampfschwellenbestimmung.

Veränderungen der Krampfschwelle in der SE-Gruppe

In der SE-Gruppe (n=15) gab es keine Veränderungen der Krampfschwelle, wenn die Ergebnisse mit einer Varianzanalyse untersucht wurden. In der Varianzanalyse gab es einen Trend (p=0,95). Daraufhin haben wir einen direkten Vergleich der Schwelle 2 Tage nach SE mit der Kontrollschwelle mittels Student`s t-Test durchgeführt. Wenn man die 2-Tage-Schwelle gegen die Kontrollschwelle testete, so war sie signifikant

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niedriger (p=0,0183) (siehe Abbildung 27 B). Die gesteigerte Empfindlichkeit gegenüber PTZ drückte sich nicht nur in einer gesenkten Krampfschwelle aus, die SE-Tiere zeigten nach der PTZ-Infusion deutliche Verhaltensänderungen. Während bei den Kontrolltieren erst nach wiederholter PTZ-Infusion Verhaltensänderungen auftraten, hatten die Pilokarpin-Ratten ab der ersten Schwellenbestimmung nach SE (nach 2 Tagen) deutliche Verhaltensänderungen (Myoklonien, generalisierte Anfälle, Stereotypien etc.), die bis zu 1 Stunde nach Infusion anhielten (siehe Abbildung 28 E). Die Schwere der Anfälle im Anschluss an die PTZ-Infusion (weitere Endpunkte Score I) änderte sich im Gegensatz zu den Kontrolltieren nicht (siehe Abbildung 28 B). Wenn man die Pilokarpin-Tiere mit den Kontrollen vergleicht, so ist die Krampfschwelle bei den post SE-Tieren zu allen Zeitpunkten signifikant niedriger als bei den Kontrolltieren, obwohl es keinen Unterschied in der Kontrollschwelle (fünf Tage vor SE) zwischen den beiden Gruppen gab (siehe Abbildung 27 C). Da PTZ seinen Wirkungsort am GABAA-Rezeptor hat, lassen die Ergebnisse auf Veränderungen des GABAergen Systems nach einem pilokarpin-induzierten SE schließen. Die Ratten, die trotz Pilokarpin-Gabe keinen SE hatten, wurden vom Versuch ausgeschlossen.

5.2.2.2 Schwellenveränderungen nach SE im fokalen Kainsäure-Modell

Der PTZ-Schwellentest wurde in dieser Studie an einer Tiergruppe durchgeführt. Die Schwellenbestimmung erfolgte 2, 4, 6, 9, 14 und 22 Tage nach SE. Keine der Ratten starb während oder nach einem PTZ-Schwellentest.

Veränderungen der Krampfschwelle in der Kontrollgruppe

Die individuelle Krampfschwelle blieb bei den Kontrollratten (n=15) über den gesamten Zeitraum unverändert im Vergleich zur Kontrollschwelle (siehe Abbildung 29 A).

Was die Schwere der Anfälle nach PTZ-Infusion betrifft (weitere Endpunkte Score I), so hatten die Tiere nach der letzten Schwellenbestimmung tendenziell häufiger Klonus mit Verlust der Stellreflexe, „Running and bouncing“ und Vorderbeintonus im Vergleich zur Kontrollschwelle, was jedoch durch die große Streuung der Daten nicht signifikant war (siehe Abbildung 30 A). Nach sieben Schwellenbestimmungen kam es

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bei den Kontrolltieren zu Verhaltensänderungen (Myoklonien, siehe Score II), die nach dem letzten PTZ-Schwellentest signifikant wurden (siehe Abbildung 31 A).

Veränderungen der Krampfschwelle in der SE-Gruppe

Die individuelle Krampfschwelle war bei den SE-Tieren (n=19) an Tag 2, 9 und 22 post SE signifikant niedriger im Vergleich zur Kontrollschwelle (siehe Abbildung 29 B). Wenn man die Tiere direkt mit den Kontrollen vergleicht, so haben die SE-Tiere zu fast allen Zeitpunkten eine signifikant niedrigere Krampfschwelle. Die einzige Ausnahme ist die Schwelle 6 Tage nach SE (siehe Abbildung 29 C). Die Schwere der Anfälle nach PTZ-Infusion war am Tag 4 nach SE signifikant niedriger im Vergleich zur Kontrollschwelle (siehe Abbildung 30 B). Ansonsten variierte sie nicht signifikant von Schwellenbestimmung zu Schwellenbestimmung. Im direkten Vergleich beider Gruppen sieht man ebenfalls, ausser bei der Schwelle 4 Tage nach SE, keine Unterschiede (siehe Abbildung 30 C). Im Gegensatz zu den Kontrolltieren, die für gewöhnlich 3 bis 5 Minuten nach Versuchsende wieder Normalverhalten zeigten, kam es in der SE-Gruppe zu Verhaltensänderungen nach Infusion. Das Verhalten nach Ende der PTZ-Infusion (Score II) war bereits 2 Tage nach SE stark verändert. Die Tiere zeigten Myoklonien, verminderte Ansprechbarkeit und Stereotypien, die bei einigen Tieren, ähnlich wie in der Pilokarpin-Gruppe, bis zu 1 Stunde nach Versuchsende anhielten (siehe Abbildung 31 B). Im direkten Vergleich zeigen die SE-Tiere 2 und 6 Tage nach SE signifikant stärkere Verhaltensänderungen im Vergleich zu Kontrollen (siehe Abbildung 31 C).