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3.   Empirische Ergebnisse

3.2 Zusammenhangsanalysen

3.2.7 Zusammenhänge von strukturellen und prozessualen Qualitätsmerkmalen

3.2.7.2 Prozessqualitäten und interkurrente Erkrankungen

Im Auswertungsmodell (s.Abb.1) wurde den Struktur- und Prozessqualitäten eine intervenierende Wirkung zugemessen. Die wesentliche Frage lautet: Konnten mit entsprechenden Prozessqualitäten die Auswirkungen interkurrenter Erkrankungen eingeschränkt werden? Zu dieser Thematik werden Variablen zur Patientenzufriedenheit und zur Anzahl der Angebote als Indikatoren der Prozessqualität herangezogen. Dabei wurde die Zufriedenheit der Mütter mit Umfang und Qualität von medizinischer Versorgung, Kinderbetreuung und Unterbringung sowie mit der Verpflegung während der Maßnahme betrachtet. Für die Prozessqualität wurde der Zufriedenheitsfragebogen, mit dem die Mütter - wie eingangs beschrieben - zum Ende der Maßnahme befragt wurden, genutzt (36 Items), von denen sechs Items mit besondere Aussagekraft in Abb.25 dargestellt werden. Abbildung 25 zeigt Mittelwertvergleiche von diesen zentralen Items des

Zufriedenheitsfragebogens mit den bekannten vier Ausprägungen der Variablen interkurrente Erkrankungen.

Der Abb. 25 ist zu entnehmen, dass das Hausklima generell sehr zufriedenstellend bewertet wurde und diese Einschätzungen nicht durch interkurrente Erkrankungen beeinträchtigt wurden.

Die allgemeinen Zufriedenheitsangaben der Mütter fielen am Ende der Maßnahme, wenn interkurrente Erkrankungen die Familien betroffen hatten, annähernd linear ab (p<0,05). Dies war am stärksten mit dem Auftreten von Erkrankungen bei dem Kind verknüpft, weniger stark, wenn nur die Mutter oder Mutter und Kind betroffen waren.

Abb.25: Befragung zur Zufriedenheit und Interkurrente Erkrankungen

Hausklima

keine ikK nur Mutter ikK nur Kind ikK Mutter+Kind ikK

3,6

keine ikK nur Mutter ikK nur Kind ikK Mutter+Kind ikK

3,6

keine ikK nur Mutter ikK nur Kind ikK Mutter+Kind ikK

3,6

keine ikK nur Mutter ikK nur Kind ikK Mutter+Kind ikK

3,6

keine ikK nur Mutter ikK nur Kind ikK Mutter+Kind ikK

3,6

keine ikK nur Mutter ikK nur Kind ikK Mutter+Kind ikK

3,6

Legende: Außer Hausklima zeigen alle MW-Vergleiche signifikante Ergebnisse (p<0,05).Die Skalierung geht von 1 sehr unzufrieden bis 5 sehr zufrieden. Die Abbildungen verkürzen die weitgehend zum Zweck der Vergleichbarkeit vereinheitlichten Skalen! Das Zufriedenheitsniveau war generell sehr hoch. Während die Zufriedenheit sowohl allgemein als auch mit den Angeboten und der Kinderversorgung mit Eintreten von interkurrenten Erkrankungen sinkt, steigt sie bei der Einschätzung medizinischer Leistungen, wenn interkurrente Erkrankungen eintreten.

n1 (keine ikK)=1897, n2(nur Mutter ikK)=612, n3(nur Kind ikK)=1549, n4 (Mutter +Kind ikK)=1357

Dies könnte so interpretiert werden: Die Mütter wollten sich erholen und durch rehabilitative Maßnahmen wieder aufbauen. Interkurrente Erkrankungen passten absolut nicht in den Erwartungsrahmen. Daher war die Enttäuschung über die Erkrankung und die damit einhergehende Belastung zunächst groß. Insbesondere, da auch der Zugang zu den Angeboten durch die Erkrankungen erschwert war (p<0,05). Allerdings wuchs im Falle interkurrenter Erkrankung des Kindes oder der von Mutter und Kindern, die Zufriedenheit mit den Medizinischen Angeboten (p<0,05) und der Qualität medizinischer Leistungen signifikant (p<0,05). Diese beiden Ergebnisse können auch als Anerkennung von Prozessqualitäten bei Herausforderungen durch interkurrente Erkrankungen interpretiert werden.

Wenn ein Kind oder Kind und Mutter erkrankten, sank die Zufriedenheit mit der Kinderversorgung, weil zumeist die Mütter dann wieder sehr gefordert waren.

Erkrankte aber nur die Mutter, so stieg die Zufriedenheit deutlich an (p<0,05), vermutlich weil sich die Mütter dann weitgehend durch die Kinderbetreuung entlastet fühlten.

Andere Items des Zufriedenheitsfragebogens, z.B. Hausklima, also das sozialpsychologische Klima in der Einrichtung, zeigten keine Einwirkungen auf interkurrente Erkrankungen. Ebenso hatten interkurrente Erkrankungen keine Auswirkungen auf die Zufriedenheit mit den Angeboten und Qualitäten der psychosozialen Betreuung, der Physiotherapie, dem Klima unter den Patienten etc.

(diese Kriterien wurden in die Abb. 25 nicht aufgenommen).

Letzteres kann als Prozessqualität interpretiert werden, d.h. die Einrichtungen können die Auswirkungen der interkurrenten Erkrankungen in vielen Angebotsbereichen weitgehend auffangen.

Zusammenfassend kann man aus den Zufriedenheitsergebnissen ableiten, dass die Ausgangsannahme zutrifft und die Mütter durch die eigenen interkurrenten Erkrankungen oder die ihrer Kinder so tangiert sind, dass sie zunächst am Ende der Maßnahmen im Vergleich zu den nicht tangierten Müttern deutlich geringere allgemeine Zufriedenheit äußern, was auch auf die Einschätzung einiger anderer

Bereiche Auswirkungen hat. Allerdings differenzieren sich diese Äußerungen; so werden z.B. medizinische und andere Angebote und Qualitäten mit Auftreten interkurrenter Erkrankungen höher gewertet. Die Erfahrungen zeigen, dass so differenzierte Fragen notwendig sind und zu allgemeine Fragestellungen zur Zufriedenheit, wie sie häufig (z.B. im Auftrag von Krankenkassen) Anwendung fanden und finden8, diese Differenzierungen nicht wiedergeben. Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist zu beachten, dass das Zufriedenheitsniveau insgesamt sehr hoch war.

Ein anderer Zugang zu einer wesentlichen Prozessqualität stellt die Analyse des Zusammenhangs von der Zahl der Angebote und dem Auftreten interkurrenter Erkrankungen dar. Die Zahl der Angebote differierte in den Dokumentationen der Einrichtungen stark. Einige Extremwerte (Angebote >30), die den Verdacht auf Dokumentationsfehler nahelegten, wurden selektiert. Die Zahl der Angebote wurde auf 5 bis 30 beschränkt.

Tabelle 19 zeigt zunächst, dass die Zahl der Angebote deutlich mit den Maßnahmeerfolgen verknüpft ist (p<0,01). Hierzu wurden die Veränderungen der Einschätzungen des Schweregrades des Hauptleidens (SPI1) der Mütter zu den Zeitpunkten t1 (Anfang) und t3 (Ende der Maßnahme) den Mittelwerten der Angebote gegenübergestellt.

Die Gegenüberstellung der Testergebnisse zur psychischen Symptombelastung (des GSI-K-9 Global Serviety Index) von t1 zu t3 fallen ähnlich aus, die Zahl der Angebote ist hoch signifikant mit der Veränderung der GSI-K-9-Werte in Richtung Verbesserung verknüpft (p<0,01). Die von den Müttern genutzte Quantität der Angebote ist also vielschichtig mit den Effekten der Maßnahmen verknüpft und spiegelt sich sowohl in den eingeschätzten als auch gemessenen Ergebnissen wider.

8Nach Aussagen von einigen Chefärzten der Mutter-Kind-Kliniken 2011-05-13, siehe auch 5.5

Mit der Forschungsfrage 6.6 wurde die Frage aufgeworfen, ob interkurrente Erkrankungen der Mütter bzw. der sie begleitenden Kinder zu einer Einschränkung der Nutzung von Angeboten führte oder ob Kompensationsmöglichkeiten gegeben waren. Führt man mit der Zahl der Angebote einen Mittelwertvergleich zwischen den bekannten Gruppen interkurrenter Erkrankungen durch, so ergibt die Analyse nach ANOVA einen hoch signifikanten Unterschied (p<0.01). Tabelle 20 zeigt, dass vor allem die interkurrenten Erkrankungen von Mutter und Kind oder der Mutter zur Abnahme der Nutzung von Angeboten führten, während die Erkrankungen der Kinder etwas besser aufgefangen werden konnten.

Tab. 20: Interkurrente Erkrankungen und Zahl der genutzten Angebote Interkurrente

Erkrankungen

Zahl der Angebote (Mittelwert)

Zahl der der Mütter ( N)

Standard abweichung

Keine IKK 11,92 1473 5,058

Nur Kind 10,97 1323 4,936

Nur Mutter 10,68 518 4,660

Mutter u. Kind 10,55 1169 4,803

Insgesamt 11,04 4447 4,915

Die Tabelle zeigt, dass die Zahl der Angebote, die von der Mutter genutzt werden von einer

interkurrenten Erkrankung beeinflusst wird – egal, ob eine solche Erkrankung die Mutter oder ein Kind oder beide betrifft. Die Tendenz, dass die Zahl genutzter Angebote dann niedriger ist, wenn die Mutter oder Mutter + Kind erkrankt sind, ist signifikant (p<0,01).

Die eingangs formulierten Annahmen, dass die Patientenzufriedenheit und die Nutzung von Angeboten durch interkurrente Erkrankungen tangiert sind, treffen somit zu und werfen die Frage nach den Auswirkungen der geringeren Nutzung von Angeboten durch interkurrent erkrankte Mütter auf den Erfolg oder die Effektivität der