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3.   Empirische Ergebnisse

3.3 Auswirkungen interkurrenter Erkrankungen auf die Wirksamkeit der

3.3 Auswirkungen interkurrenter Erkrankungen auf die Wirksamkeit der Maßnahmen

Die Evidenz der Qualitätsanalysen ergibt sich aus den Ergebnisqualitäten. Ohne ausreichende Effektivität kann die Durchführung und Finanzierung aufwendiger präventiver und rehabilitativer Maßnahmen nicht gerechtfertigt und aufrechterhalten werden. Daher wurde in dem Auswertungsmodell (s. Abb. 1) als letzter Analyseschritt die Kontrolle der Auswirkungen interkurrenter Erkrankungen auf die Wirksamkeit der Maßnahmen vorgesehen. Diese Fragestellung ist von hohem Interesse, einerseits für die betroffenen Einrichtungen und andererseits für die Krankenkassen und Rentenversicherungen.

Welche Auswirkungen von interkurrenten Erkrankungen sich sowohl auf kurz- als auch mittel- bzw. langfristige Effekte der Maßnahmen ergaben und ob sich diese Auswirkungen über längere Fristen verändern sind daher zentrale Fragen dieser Arbeit. Um diese Fragen zu beantworten, werden relativ vielschichtige Instrumente benutzt, die (1) auf subjektiven Einschätzungen der Mütter und (2) auf Einschätzungen der Therapeuten beruhen. So wurden Einschätzungen der Behandlungserfolge durch die Therapeuten zum Zeitpunkt (t4) für die zentrale Schwerpunktindikation der Mutter (spiprof) und des Kindes (kt2pi) in die Analysen einbezogen.

Darüber hinaus wurden auch einige Berechnungen auf der Grundlage von Prä- (t1=

Beginn der Maßnahme) und Post-Langzeitvergleichen (t4=6 Monate bzw. t5=12 Monate nach der Maßnahme) genutzt (z.B. auch die Effektstärkenmessungen ESprä).

Zuerst sollen Ergebnisse der subjektiven Effektstärkenmessungen vorgestellt werden. Hier wurden folgende Indikatoren benutzt: die beiden subjektiven

Einschätzungen zum Schweregrad der zentralen Schwerpunktindikation der Mutter vor und nach der Kur (spiprä t1/spipost t3), die beiden Kurerfolgseinschätzung durch die Mutter (erfolgprä t1/erfolgpost t3), die Veränderungen der Infektionsanfälligkeiten der Mütter 6 Monate nach der Maßnahme (infekm t1/t4) und ebenso die der Kinder (inffekk t1/t4).

Tab. 21 zeigt im Überblick die Einflüsse der interkurrenten Erkrankungen auf die Effektstärken anhand von gepaarten t-Tests. Die Einflüsse von interkurrenten Erkrankungen auf die Wirksamkeit der Maßnahmen im Rahmen von Effektstärken wurden in den bekannten vier verschiedenen Untergruppen berechnet. Da die Tabelle sehr komplex ausfällt, wurde die Legende ausführlich gestaltet.

Zunächst zeigen alle Ergebnisse in allen Gruppen deutliche positive Auswirkungen der Maßnahmen. Da die Erfolge die Anfangserwartungen übertrafen, sind auch die negativen Effektstärken der subjektiven Erfolgseinschätzung positiv zu werten. Die Effekte, gemessen in ESPRä, zeigen kleine (>0, 2) bis mittlere (> 0,5) Effektstärken. Die Prä-Post-Vergleiche (t1 zu t3 bzw. t1 zu t4) der Mittelwerte zeigen überall signifikant positive Entwicklungen, mit der Ausnahme, dass bei den interkurrent nicht erkrankten Familien (Mutter und Kind nicht erkrankt) - wie zu erwarten - kaum oder keine Verbesserungen der Infektanfälligkeiten festzustellen sind.

Nach den subjektiven Einschätzungen der Veränderung des zentralen Leidens der Mütter (subj. SPI), schätzen Mütter, die selbst und deren Kind nicht von interkurrenten Erkrankungen betroffen waren, ihre Effekte etwas höher ein als Mütter, die selbst oder deren Kind betroffen waren. Etwas geringere Effektstärken weisen vor allem Mütter auf, wenn deren Kind und sie selbst von interkurrenten Erkrankungen betroffen waren. Insgesamt werden die zentralen Beschwerden im Rahmen der Maßnahmen als effektiv verbessert eingeschätzt (ESprä >2= große Effekte).

Die subjektiven Erfolgseinschätzungen der Mütter (subj. Erfolg) zeigen, dass die Erfolge größer ausgefallen sind als sie anfänglich erwartet wurden (daher die negativen Vorzeichen in Tab.21). Hier liegen deutliche Effekte, die von den Müttern am höchsten eingeschätzt wurden, die selbst und ihr Kind nicht interkurrent erkrankt waren.

Tab. 21 Berechnungen zum Zusammenhang von interkurrenten Erkrankungen und Effektstärken (ESprä) der Maßnahmen (gepaarter t-Test)

(unter Berücksichtigung der Altersgruppen der Mütter)

Variablen-Paar

Legende zu den Reihen: MW – Mittelwert der ersten Variablen des Paares (vorher),MW – Mittelwert der zweiten Variablen des Paares (nachher), ES – Effektstärke (prä) ESprä,N - Zahl der Fälle (missings wurden listenweise ausgeschlossen),p-zweiseitiges Signifikanzniveau des gepaarten t-Tests.

Legende zu den Variablenangaben: zunächst werden die Variablenkürzel zu den beiden MW aufgeführt, darunter folgt die Kurzbeschreibung der Variablen. Messzeitpunkte: t1=Beginn, t3= Ende der Maßnahme,

t4=6 Monate nach der Maßnahme.

Die Tabelle zeigt die Effektstärken der verschiedenen Erfolgsvariablen in Abhängigkeit von dem Maß der interkurrenten Erkrankung, wobei es vier Kategorien interkurrenter Erkrankungen (iK) gibt: keine iK / Kind ist ik / Mutter ist ik / Mutter + Kind sind ik /.Die Effektstärke ist definiert als: (Xprä – Xpost) / sprä

[Lit]; große Effekte haben ES > 0,8, mittlere Effekte ES ~ 0,5 und kleine Effekte sind durch ES < 0,2 charakterisiert.

Die Effektstärken des Kurerfolgs sind eher klein und nur bei der subjektiven Einschätzung des SPI-Schweregrads gibt es große Effekte, d.h. die Maßnahmen lindern die SPI-Beschwernisse ganz wesentlich. Der Einfluss der interkurrenten Erkrankung ist dagegen sehr viel geringer, denn die Effektstärken ändern sich (in der Tabelle von links nach rechts) merklich, aber nicht sehr stark. Die Größe p zeigt, ob die Effektstärke statistisch signifikant von 0 verschieden ist.

SPI-Schweregrad (1.Zeile): Eine interkurrente Erkrankung verkleinert die Effektstärke, mindert also den Kurerfolg.

Subj.Erfolg (2.Zeile): Wegen der anderen Skalenrichtung sind hier die Effektstärken negativ; auch hier vermindert sich die Effektstärke mit einer interkurrenten Erkrankung.

Infektanfälligkeit der Mutter (3.Zeile): Die Infektanfälligkeit wird hier gemessen mit der Zahl der Infektepisoden im letzten halben Jahr. Die Effektstärke wächst bei Auftreten interkurrenter Erkrankungen, weil dann die Zahl der Infektepisoden stärker abnimmt; das trifft auch dann zu, wenn die interkurrente Erkrankung nur das Kind betrifft.

Infektanfälligkeit des Kindes (4.Zeile): Die Effekte sind besonders groß, wenn sowohl Mutter und Kind

Die zweithöchsten Effekte haben Mütter, bei denen nur das Kind interkurrent erkrankt war; waren die Mütter selbst betroffen, so waren die Effekte deutlich geringer, und am geringsten waren die Effekte, wenn sowohl Mütter als auch ihre Kinder betroffen waren. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass interkurrente Erkrankungen sich deutlich negativ auf die Effekte auswirken, wenn man sie direkt am Ende der Maßnahme misst.

Betrachtet man die Entwicklung der Infektanfälligkeit der Mütter vom Zeitpunkt t1 (Beginn der Maßnahme) bis zu 6 Monaten nach der Maßnahme (t4), so zeigen sich bei den Müttern, deren Familien nicht von interkurrenten Erkrankungen betroffen waren, nunmehr sehr geringe Effekte im Gegensatz zu allen anderen betroffenen Müttern, bei denen sich Verbesserungen der Effekte deutlich abzeichnen. So konnte eine Effektstärke von >0,2 sowohl bei der Gruppe interkurrent erkrankter Mütter als auch bei der interkurrent erkrankter Kinder festgestellt werden. Im Vergleich dazu lag die Effektstärke bei der nicht erkrankten Gruppe von Mutter und Kind bei 0,074.

Noch deutlicher zeichnet sich diese Ergebnisstruktur anhand der Reduzierung der Infektanfälligkeit bei den Kindern ab. Hier liegen prägnant höhere Effekte bei den von interkurrenten Erkrankungen betroffenen Familien im Gegensatz zu den nicht betroffenen vor: bei der Gruppe von interkurrent erkrankten Müttern und Kindern zeigt sich die höchste Effektstärke (0,566) im Vergleich zu der Gruppe ohne interkurrent Erkrankter (0,041). Dies kann so interpretiert werden, dass einige Effekte der Maßnahme (z.B. die Reduzierung der Infektanfälligkeit und die Verbesserung der Immunsituation) mittelfristig höher ausfallen, wenn interkurrente Erkrankungen auftraten.

Gerade auch die Kinder haben eine geringere Erkältungskrankheitshäufigkeit im Langzeitverlauf nach der Maßnahme (t4= 6 Monate nach der Maßnahme), so dass hier auch von mittelfristigen oder Langzeiteffekten der interkurrenten Erkrankungen in Bezug auf die Wirksamkeit der Maßnahme gesprochen werden darf (s. Abb. 26).

Abb.26: Vergleich Infektepisoden der Kinder t1-t4

Beginn d.Maßnahme t1

nein, k.A. gering anfällig etwas anllig ziemlich anllig sehr anllig

0 2 4 6 8 10

Zahl Infektepisoden (Kinder)

6 Monate nach der Maßnahme t4

nein, k.A. gering anfällig etwas anllig ziemlich anllig sehr anllig

Alter d.Mutter <= 30 J.

Alter d.Mutter 31 bis 39 J.

Alter d.Mutter >= 40 J.

Abszissenskala: Einschätzung der Infektanfälligkeit des Kindes durch die Mutter zu t1 Ordinate: Episoden pro Halbjahr, t1= Maßnahmenbeginn, N1= 4447, t4= nach 6 Monaten, N2=2884 Hier sind (wegen besserer Übersicht) zwei Mal die Zahl der kindlichen Infektepisoden in Abhängigkeit

zur mütterlichen Einschätzung der Infektanfälligkeit dargestellt. Wegen der Altersabhängikeit (das Alter der Mütter korreliert mit dem der Kinder) wurde diese Variable kontrolliert. Zur Zeit t1 sind

Anfälligkeitseinschätzung und Infektepisoden deutlich verknüpft. Gegenüber t1 haben die Infektepisoden zu t4 signifikant abgenommen (p<0,001). Nach 6 Monaten sind Zusammenhänge der

Anzahl von Infektepisoden und Anfälligkeitseinschätzung nicht mehr feststellbar und die Zahl der Episoden liegt bei 2-3. Grafik: STATISTICA 7.1/ Mittelwertvergleiche

Betrachtet man zunächst nur die Ergebnisse zum Abschluss der präventiven und rehabilitativen Maßnahmen (t3) für Mütter und ihre Kinder, so weist ein großer Teil der Effektmessungen signifikante Zusammenhänge zu interkurrenten Erkrankungen auf und zwar in die Richtung, dass Familien (Mütter und begleitende Kinder), die nicht von interkurrenten Erkrankungen betroffen waren, signifikant höhere Erfolge haben als Betroffene (s. zusammenfassende Tab. 22).

Langfristig, ein halbes Jahr (t4) und noch deutlicher ein Jahr (t5) nach den

Maßnahmen relativieren sich die negativen Einflüsse der interkurrenten Erkrankungen von Müttern und Kindern, die sich am Ende der Maßnahmen in den Zufriedenheits- und Effekteinschätzungen oder -messungen niedergeschlagen haben. Die zunächst von interkurrenten Erkrankungen betroffenen Mütter schätzen anhand der langfristigen Ergebnisse (s. a. Empowerment der Mütter, Verbesserung der psychischen und körperlichen Gesundheit der Kinder, s. Collatz, Sperlich 2006, Sperlich 2009) die Effektivität der Maßnahmen genauso oder besser ein als die nicht betroffenen Mütter (s. Tab. 23).

Während in Tabelle 22 die Erfolgswerte der interkurrent Erkrankten zu t3 (bis auf die GSI-Werte und emotionalen Belastungen) signifikant niedriger ausfallen als die der Nichterkrankten, fallen diese Unterschiede mittelfristig (t4) geringer aus und treten langfristig (t5) nicht mehr auf (s. Tab. 23). Nach den Angaben der Mütter handelt es sich bei diesen Ergebnissen um nachhaltige Auswirkungen der präventiven und rehabilitativen Maßnahmen9.

9Die Einwirkungen der Ausfälle bei den Fragebogen-Rückläufen (non response) auf diese Ergebnisse wurden vorab (s. S. 42) zur Diskussion gestellt

Tab.22: Einfluss der IKK auf den Erfolg am Ende der Maßnahme t3

Mütter (Mutter-Kind-Maßnahmen)

Erfolgsvariable Mittelwert

(keine ikk)

Erfolgsvariable Mittelwert

(keine kikk)

Legende: Gemessen wird der Erfolg am Ende der Maßnahme (t3). Ob die Differenz zwischen den Patientengruppen signifikant ist, wurde mit dem t-Test (gruppiert) überprüft. Es wurde der Mittelwert der Messvariable, N und die Standardabweichung angegeben. Die Messungen zeigen, dass Mütter und Kinder ohne IKK (Interkurrente Erkrankungen) teilweise signifikant höhere Therapieeffekte erzielen. Die Unterschiede zwischen den Patientengruppen sind nicht groß, aber manifest.

Tab. 23: Auswirkungen Interkurrenter Erkrankungen von Mutter und /oder Kind auf mittelfristige (t4) sowie langfristige (t5) Erfolgseinschätzungen

Indikator Kurerfolg Mütter interkurrente Erkrankung NEIN

Die subjektive Erfolgseinschätzung zur Zeit t4 (6 Monate nach der Maßnahme) und zur Zeit t5 (12 Monate nach der Maßnahme) beruht auf der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Mütter (Skala 1 bis 5) zu diesen Zeiten. Die statistische Differenz ergab dann die subjektive Erfolgseinschätzung t4 bzw.

t5; sie ist umso besser, je größer sie ist. Nach dieser Tabelle ist sie am Ende der Maßnahme und bei solchen Müttern, die interkurrent erkrankt waren (0,190 !) relativ groß. Nach sechs Monaten verliert sich dieser Effekt, so dass die Einschätzungen fast gleich sind (0,073 / 0,084 ANOVA bzw. Oneway).

Noch deutlicher werden die langfristigen Auswirkungen der Maßnahmen für interkurrent erkrankte Mütter und Kinder anhand des Rückgangs der Infektanfälligkeit sowohl bei den Müttern als auch den Kindern von t1 (Beginn der Maßnahme) zu t4 (6 Monate danach), während die nicht von interkurrenten Erkrankungen betroffenen Mütter und Kinder keine signifikanten Veränderungen aufweisen (s. Tab. 24).

Tab. 24: Einfluss der interkurrenten Erkrankungen auf die Entwicklung der Infektanfälligkeit von Müttern und Kindern (gepaarter t-Test)

Die Tabelle zeigt, dass die Zahl der Infekte bei interkurrent erkrankten Müttern und Kindern in der Maßnahme erhöht ist. Dieser Effekt geht aber ein halbes Jahr nach der Maßnahme (t4) weitgehend verloren; die verbleibende Differenz (1,70 gegen 1,94 bei den Müttern und 2,36 gegen 2,39 bei den Kindern) ist nicht signifikant (t-Test gruppiert). Der eigentliche Kureffekt – eine Verminderung der Zahl der Infekte von der Zeit t1 zur Zeit t4 – ist dagegen in jedem Fall signifikant.

Bei den Messungen zu t5 (ein Jahr nach der Maßnahme) verstärken sich diese Wirkungen noch. Möglicherweise beschreiben Mütter mit interkurrenten Erkrankungserfahrungen daher die Maßnahmen langfristig genau so erfolgreich wie Mütter ohne interkurrente Erkrankungen, nachdem sie die Enttäuschung über das Auftreten von Erkrankungen während der Maßnahme überwunden haben (s.

Zufriedenheit am Ende der Maßnahme) und nun die anhaltende Verbesserung des eigenen körperlichen Zustandes und vor allem auch der/ des Kinder/s erleben.

Die zentralen Fragen dieses Kapitels, ob es Auswirkungen von interkurrenten Erkrankungen auf kurz-, mittel- und langfristige Effekte der Maßnahmen gibt, können sowohl für die Mütter als auch für die Kinder bejaht als auch differenziert beschrieben werden. Die kurz-, mittel- und langfristigen Effekte müssen differenziert betrachtet werden. Kurzfristig, also am Ende des Maßnahmenprozesses weisen sowohl Mütter als auch Kinder, bei denen interkurrente Erkrankungen auftraten, in mehreren Indikatoren signifikant geringere Erfolge auf als nicht betroffene Mütter und Kinder.

Bereits mittelfristig, nach einem halben Jahr, nivellieren sich diese Effekte, und einige Indikatoren zeigen, dass nun die von interkurrenten Erkrankungen betroffenen Mütter und Kinder genau so starke oder sogar stärkere Verbesserungen aufweisen als die Nichtbetroffenen10. Langfristig, ein Jahr nach der Maßnahme, verstärken sich diese Auswirkungen noch. Interkurrente Erkrankungen führten langfristig dazu, dass sich unter anderem der Immunzustand der von interkurrenten Erkrankungen betroffenen Mütter, vor allem aber der Kinder, wesentlich stabilisiert hat.