• Keine Ergebnisse gefunden

2. Literaturübersicht

2.3 Prophylaxe-Programme

Durch präventive Maßnahmen kann die Entstehung von Karies und Parodontopathien verhindert werden. Die verschiedenen Möglichkeiten der Prävention werden eingeteilt in [vgl.

13, 19, 20]:

- Primär-Primärprävention: Maßnahmen für die Beratung von Schwangeren, die durch ihre gute Mundhygiene und Instruktionen keine Bakterien auf ihr Kind übertragen sollen

- Primäre Prävention: Maßnahmen, die das Auftreten von Erkrankungen verhindern oder verzögern sollen, durch z. B. Zähneputzen oder Fissurenversiegelungen

- Sekundäre Prävention: Früherkennung und -behandlung der Erkrankung um weitere Schäden zu vermeiden, z. B. minimal-invasive Frühbehandlung einer Karies

- Tertiäre Prävention: Rehabilitative Maßnahmen, um die vorhandenen Schäden zu behandeln und somit weitere Schäden zu verhindern, z. B. prothetische Versorgungen

Besonders die Primäre Prävention kann aktiv vom Patienten und vom Zahnarzt gestaltet werden. Der Zahnarzt kann seine Patienten in der Plaquereduktion unterstützen, indem er eine Prophylaxe-Sitzung anbietet. Die Prophylaxe beeinhaltet die professionelle Zahnreinigung (professional care) zur Entfernung der Beläge mittels Ultraschallgerät, Scalern, Küretten oder Air Flow, die Politur der Zahnflächen und deren Fluoridierung sowie ggf. der Versiegelung von Fissuren [21]. Zudem sollen dem Patienten die optimale Zahnputztechnik und die interdentale Reinigung erklärt werden, damit er selbst die Plaque entfernen kann (oral self

care) [22]. Der Patient wird zur Selbsthilfe befähigt und bemüht sich aktiv um seine Mundgesundheit, wohingegen er bei der professional care passiv bleibt [23]. Instruktionen über eine zahngesunde Ernährung sind ebenfalls Bestandteil einer Prophylaxe. Diese Maßnahmen lassen sich als die vier klassischen Säulen der Karies- und Parodontitisprophylaxe zusammenfassen [24]:

1. zahngesunde Ernährung 2. regelmäßige Fluoridierung 3. Fissurenversiegelung 4. effiziente Mundhygiene

Staehle [25] sieht die Individualprophylaxe als fundierte Grundlage für die mögliche lebenslange Erhaltung eines funktionsfähigen natürlichen Gebisses. Doch nicht nur die Funktionalität der Zähne hat einen Stellenwert in der Gesellschaft, sondern auch die Ästhetik.

Gesunde und schöne Zähne sind ein Teil der Persönlichkeit und gelten als erstrebenswert [26]. Die orale Gesundheit wirkt sich positiv auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität und die allgemeine Zufriedenheit aus [27].

Die Individualprophylaxe zur Karies- und Parodontitisvermeidung und zum Erhalt der Funktionalität und Ästhetik der Zähne wird in Zahnarztpraxen durchgeführt. Nach Schätzungen deutscher Zahnärzte lassen sich durchschnittlich nur ein Fünftel der Patienten für Prophylaxemaßnahmen gewinnen, wobei eine große Varianz dieses Wertes zwischen den einzelnen Zahnärzten vorliegt [28]. Nicht alle Patienten lassen sich zu Prophylaxeterminen überzeugen. Die Kosten der Individualprophylaxe werden von den gesetzlichen Krankenkassen nur für Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 18 Jahren übernommen und müssen von Erwachsenen selbst bezahlt werden. Hendriks und Schneller [29] konnten durch ihr Prophylaxe-Programm den Anteil der Patienten, die ihre Zähne weitgehend selbst gesund erhalten konnte, von 11% auf 24% anheben. Weitere 16% der Patienten ließen die Prophylaxe im empfohlenen Umfang durchführen. Doch insgesamt nahmen 60% der Patienten weniger Betreuung in Anspruch als empfohlen oder kamen nicht wieder. Daraus ergibt sich die Frage nach den Maßnahmen, die berücksichtigt werden müssen, um die Patienten zur Inanspruchnahme der Prophylaxe zu überzeugen. Dazu wurden Studien durchgeführt, die die Faktoren untersuchen, die für die Umsetzung einer guten Mundhygiene verantwortlich sind.

Albandar et al. [30] führten eine Studie zur Verbesserung der Plaqueeliminierung und Gingivitis mit Jugendlichen durch. Eine Gruppe der Jugendlichen bekam ein

Prophylaxe-Training mit Erklärungen zur Ursache und Vermeidung von Karies und Gingivitis sowie Demonstrationen zur Zahnpflege. Eine zweite Gruppe wurde lediglich in der richtigen Zahnputztechnik unterrichtet und die Kontrollgruppe erhielt keine Instruktionen. Die erhobenen Indizes der Jugendlichen mit dem ausführlichen Prophylaxe-Training waren signifikant besser als die der anderen beiden Gruppen, die sich nicht signifikant voneinander unterschieden. Somit konnte der Erfolg eines umfassenden Prophylaxe-Programms mit Ursachenerklärung und Instruktionen bestätigt werden.

Ähnliche Untersuchungen bei Erwachsenen wurden von Fiebranz et al. [31] durchgeführt.

Eine Experimentalgruppe wurde nach einem speziellen verhaltenstherapeutischen Plan und einer Parodontitis-Vorbehandlung therapiert. Die Kontrollgruppe bekam lediglich die Parodontalbehandlung. Am Beginn der Behandlungen waren die Entzündungsindizes und Plaquewerte bei der Experimentalgruppe schlechter. Nach Abschluss der Behandlung lag eine signifikante Verbesserung der Experimentalgruppe gegenüber der Kontrollgruppe vor. Dieses Ergebnis konnte auch durch eine Kontrollsitzung nach sechs Monaten bestätigt werden.

Lediglich Erklärungen zur Putztechnik oder die Reinigung der Zahnflächen sind demzufolge für eine optimale Mundhygiene der Patienten nicht ausreichend. Es werden spezielle präventivorientierte Programme und Modelle benötigt, die psychologisch aufgebaut sind und den Patienten zu einem optimalen Mundhygieneverhalten motivieren können [27, 32, 33].

Unter optimaler Mundhygiene wird das mindestens zweimalige tägliche Zähneputzen [vgl.

34] und die Interdentalraumreinigung, die dreimal oder häufiger in der Woche durchgeführt werden soll, verstanden [35, 36, 37, 38]. Für die Interdentalraumpflege können Zahnseide, Superfloss, Zahnhölzchen oder Interdentalbürstchen verwendet werden. Schmage et al. [39]

konnten die Effektivität der Zahnzwischenraumpflege mit einer Studie belegen. Patienten reinigten täglich mit Zahnseide oder Interdentalbürstchen und erzielten nach vier Wochen signifikant bessere Plaque- und Entzündungsindizes als die Kontrollgruppe. Das Handling von Interdentalbürstchen wurde seitens der Probanden besser bewertet als Zahnseide.

Die Kombination von regelmäßigem Zähneputzen, Interdentalraumpflege und jährlicher Prophylaxe-Sitzung führt zu einer zeitlich längeren Zahnerhaltung [40].

Die Umsetzung einer optimalen Mundhygiene seitens des Patienten und die Teilnahme an Prophylaxe-Programmen erfordern psychologische Kompetenzen und Strategien in der Beratung. Besonders bedeutsam ist die kompetente Gesprächsführung des Zahnarztes und der Assistentin, um den Patienten zu motivieren [41]. Die moderne Prophylaxe-Praxis betreut ihre Patienten nach einem strategischen Konzept [42]. Im folgenden Kapitel

werden die Grundlagen für psychologisch aufgebaute Präventionsprogramme, die den Patienten zu einer optimalen Mundhygiene leiten sollen, beschrieben.