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5. Diskussion

5.2.2 Ergebnisse der Stufeneinteilungen

Ein gutes bzw. optimales Mundhygieneverhalten wird in diversen Studien unterschiedlich definiert. In dieser Studie wurde das Verhalten quantitativ ähnlich definiert, wie Keller et al.

[36] dies in ihrer TTM-Studie zur Mundhygiene angewendet haben. Dadurch sind die Daten teilweise vergleichbar. In dieser Untersuchung befinden sich in der oral self care mehr Personen auf den Stufen der Vorbereitung und der Handlung und weniger auf der Stufe der Absichtslosigkeit als bei Keller et al. Es ist von einem höheren Mundgesundheitsbewusstsein auszugehen. Diese Unterschiede sind wahrscheinlich auf die Definition der Mundhygiene, dem Zeitpunkt der Untersuchung und den befragten Personen zurückzuführen [82]. Diese

Untersuchung berücksichtigt mit der Angabe der Putztechnik nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der Zahnpflege. Des Weiteren wurden Patienten in Zahnarztpraxen befragt, wohingegen Keller et al. [36] für ihre Studie Mitarbeiter/innen in Firmen befragt haben. In den Zahnarztpraxen sind wahrscheinlich mehr Personen an einer guten Zahnpflege interessiert als bei einer Befragung, die auch Personen erreicht, die nie oder selten zum Zahnarzt gehen.

Der Zeitpunkt der Untersuchung ist von Bedeutung, da durch die Einführung der Gesundheitsreform die Patienten schon im Jahr 2003 über den Wegfall von zahnärztlichen Leistungen aus dem Krankenkassenkatalog sowie die Einführung der Praxisgebühr aufgeklärt wurden. Dadurch hat eventuell der ein oder andere Patient mehr prophylaktische Leistungen in Anspruch genommen oder besser seine Zähne gepflegt, um Schäden und somit entstehende Folgekosten zu vermeiden. Die Untersuchung von Keller et al. fand wenige Jahre vorher statt und nicht vor dem Hintergrund solcher Umstrukturierungen.

Das untersuchte Antwortverhalten gibt Tendenzen von Einstellungen und Meinungen der Befragten der jeweiligen Stufen an. Die Unterschiede in den Einstellungen lassen sich mit statistischen Tests nachweisen. Die ANOVA gibt zu den meisten Fragen ein unterschiedliches Antwortverhalten an. Die Scheffé-Prozedur konnte allerdings nur bei wenigen Fragen Anwendung finden. Idealerweise würden sich die Antworten der Patienten einer Stufe von denen jeder anderen unterscheiden. Dieses Ergebnis kann aber nicht erwartet werden, da die Kritikpunkte des Modells bezogen auf die unterschiedlichen qualitativen und quantitativen Definitionen der Stufeneinteilung hier beachtet werden müssen [126]. Patienten der vierten und fünften Stufe unterscheiden sich nach der festgelegten Definition lediglich durch den Zeitraum, also seit wann sie das neu erworbene Verhalten durchführen. Es ist davon auszugehen, dass sie sich auch in ihren qualitativen Einstellungen und Meinungen zur Mundgesundheit nicht wesentlich unterscheiden.

Spezielle Problematik bei der Beantwortung von ausgewählten Fragen:

Die Frage, ob die Patienten Zahnprobleme haben, die sie durch eine besondere Zahnpflegetechnik verbessern könnten, wird sowohl von Befragten der ersten als auch der fünften Stufe der oral self care-Einteilung zu mehr als 50% mit „nein“ beantwortet (vgl. Abb.

17 auf S. 57). Eine mögliche Begründung dieses ähnlichen Antwortverhaltens für diese sehr unterschiedlichen Stufen könnte in der Sensibilität gegenüber Zahnproblemen liegen.

Personen der ersten Stufe denken möglicherweise nicht so intensiv über Zahnprobleme nach

und erkennen nicht, dass sie Zahnfleischbluten haben und wissen auch nicht, dass dieses ein Zeichen von Entzündung darstellt. Patienten der fünften Stufe sind möglicherweise besonders besorgt um ihre Zähne und nehmen schon kleinste Zeichen von Entzündungen als Problem wahr und möchten ihre Zähne durch eine besondere Putztechnik noch besser pflegen.

Idealerweise würde die Antwort „nein“ bei Personen der fünften Stufe wesentlich höher liegen als bei 50% und bei Personen der ersten Stufe wesentlich niedriger.

In der professional care-Stufeneinteilung antworten mehr als 50% der Patienten der fünften Stufe, keine Zahnprobleme zu haben (vgl. Abb. 25 auf S. 65). In den anderen Stufen wird diese Antwort nur von 35% bis 41% der Patienten gegeben, welches einen guten Zusammenhang zwischen der regelmäßigen Teilnahme an der Prophylaxe und dem mehrheitlich guten Zahngesundheitszustand darstellt. Es handelt sich jedoch bei dieser Frage aussschließlich um eine Selbsteinschätzung der Patienten. Die Antwort, dass vom Zahnarzt mitgeteilte Zahnprobleme vorhanden sind, wird häufiger in den Stufen drei bis fünf gegeben als in den ersten beiden Stufen. Möglicherweise liegen bei den Patienten der höheren Stufen der professional care- Einteilung Karies und parodontale Erkrankungen vor und sie sind deshalb vom Zahnarzt motiviert worden, regelmäßig an der Prophylaxe teilzunehmen. Diese Vermutung könnte auch die Erklärung für die nur geringe Korrelation zwischen den beiden Stufeneinteilungen sein. Patienten, die selbst unzureichend pflegen und daher an Karies und Parodontitis erkranken, gehen zur Prophylaxe um die Zähne reinigen zu lassen.

Die Frage nach den Kontrollbesuchen wird von den Patienten der ersten Stufe der oral self care zu 66,3% mit „regelmäßig“ beantwortet, welches ein höherer Wert ist als bei den Patienten der zweiten Stufe (vgl. Abb. 18 auf S. 58). Hier gleicht das Antwortverhalten der ersten Stufe eher dem der dritten Stufe als dem der zweiten. Eine mögliche Erklärung stellt die eher externale Kontrollüberzeugung von Personen dieser Stufe dar. Um ihr insuffizientes Verhalten zu kompensieren, nehmen sie mehr zahnärztliche Kontrollbesuche in Kauf und sehen durch diese Kontrollbesuche den Zahnarzt als Verantwortlichen ihrer Zähne. Durch die Einführung des Bonusheftes der Krankenkassen sind alle Patienten dazu angewiesen, Kontrollbesuche in Anspruch zu nehmen, weshalb sich zu dieser Frage nur eine Tendenz darstellt und die erste Stufe dieser Tendenz nicht entspricht.

Das Antwortverhalten der Patienten der professional care gliedert sich ähnlich dem der oral self care (vgl. Abb. 26 auf S. 66). Patienten der fünften Stufe gehen zu 94,6% regelmäßig zu

Kontrollen, wodurch bestätigt ist, dass sie ein hohes Mundgesundheitsbewusstsein haben.

Kein Patient dieser Stufe sucht den Zahnarzt nur bei Beschwerden oder Schmerzen auf.

Der Abstand der Kontrollbesuche lässt keine allzu deutlichen Unterschiede erkennen (vgl.

Abb. 19 auf S. 59). Lediglich die Tendenz, dass Patienten der höheren Stufen in kürzeren Abständen zu Kontrollbesuchen gehen, ist in der oral self care-Stufeneinteilung statistisch signifikant. Eine mögliche Begründung liegt in der externalen Kontrollüberzeugung der Patienten der unteren Stufen, den Zustand der Zähne oft kontrollieren zu lassen, weil sie selbst nicht ausreichend putzen. In der professional care-Einteilung sind keine signifikanten Unterschiede vorhanden.

Die Grafik der Inanspruchnahme der professionellen Zahnreinigung verdeutlicht, dass 70%

der schon optimal häuslich pflegenden Patienten diese in Anspruch nehmen (vgl. Abb. 20 auf S. 60). Das Mundgesundheitsbewusstsein dieser Patienten ist besonders hoch. Aber auch 40%

der Patienten der ersten Stufe der oral self care lassen die professionelle Zahnreinigung durchführen. Wahrscheinlich wurden sie durch ihren Zahnarzt motiviert, weil durch ihre eigene insuffiziente Mundhygiene der Mundgesundheitszustand gefährdet ist. Patienten der ersten Stufe wählen demzufolge lieber den passiven Weg, die Zähne reinigen zu lassen, um selbst nicht aktiv werden zu müssen. 36% der Patienten dieser Stufe kennen die professionelle Zahnreinigung nicht oder möchten sie nicht durchführen lassen. Dieser Anteil ist doppelt so hoch wie bei den Patienten der fünften Stufe. Insgesamt ist der Zusammenhang zwischen gut häuslich pflegenden Patienten und einer regelmäßigen Teilnahme an der professionellen Zahnreinigung zu erkennen. Man könnte vermuten, dass diese Patienten durch die regelmäßige oder gerade begonnene Teilnahme an der professionellen Zahnreinigung zu einer guten oral self care motiviert wurden. Zu dieser Antwort gliedert die Scheffé-Prozedur zwei Untergruppen. Die eine Untergruppe bilden die aktiven Stufen drei, vier und fünf und die andere die inaktiven Stufen eins und zwei, wodurch die Kritik des Modells von Bandura [126], nämlich eine willkürliche Stufeneinteilung zum einen nach qualitativen Kriterien und zum anderen nach Zeitintervallen, bestätigt wird. Es wird deutlich, dass Patienten, die sich in der Stufeneinteilung nur nach Zeitintervallen unterscheiden, welches die Stufen drei bis fünf betrifft, die gleichen Einstellungen haben.

Eine Bestätigung der Motivierung durch den Zahnarzt liefert die Frage, durch wen die Patienten zu einer besseren Zahnpflege motiviert wurden (vgl. Abb. 23 auf S. 63). In der dritten und fünften Stufe wurde der „Zahnarzt“ am häufigsten genannt. In der vierten Stufe sind „eigene Erkenntnisse“ der häufigste Faktor für die Optimierung der Mundpflege. In allen Stufen ist die dritthäufigste Antwort „durch die Prophylaxeassistentin“. „Werbung“ und

„Verwandte und Bekannte“ spielen nur eine untergeordnete Rolle.

50% und mehr der Patienten aller oral self care-Stufen würden mit Sicherheit eine Putztechnik anwenden, mit der sie alle Zahnbeläge restlos entfernen könnten und keine Karies mehr bekommen würden (vgl. Abb. 21 auf S. 61). Der Anteil der Patienten in den ersten beiden Stufen ist sehr hoch, denn diese Patienten putzen nach keiner bestimmten Putztechnik, pflegen ihre Zähne nicht häufig genug oder wenden keine Interdentalpflegemittel an. Das Antwortverhalten zeigt, dass ein Interesse an einer optimalen Putztechnik bei vielen Patienten vorhanden ist. Die Umsetzung dieses Verhaltens in den Tagesablauf fehlt jedoch, entweder weil ihnen nie eine derartige Technik erklärt wurde oder sie davon ausgehen, dass es diese Technik noch nicht gibt. Statistisch grenzen sich die Stufen eins und zwei in ihrem Antwortverhalten von den Stufen vier und fünf ab, wodurch die unterschiedlichen Einstellungen der Patienten der inaktiven und der aktiven Stufen verdeutlicht werden.

Für die Mittelwerte der Summenscore über die Einstellungen zur Zahnpflege und Zahngesundheit sind statistisch signifikante Unterschiede in beiden Stufeneinteilungen zu verzeichnen. Die erste Stufe der oral self care bildet den niedrigsten Wert und die fünfte Stufe den höchsten, welches eine geringere Wertschätzung der Zahngesundheit in der ersten Stufe bedeutet (vgl. Abb. 22 auf S 62). Die dritte Stufe hat jedoch einen niedrigeren Wert als die zweite und gibt nicht die Tendenz an, dass das Zahngesundheitsbewusstsein mit der Höhe der Stufe ansteigt. In diesem Fall müssen Einschränkungen in der Anwendbarkeit der Stufeneinteilung des TTMs gemacht werden.

In der professional care-Stufeneinteiluung entspricht das Resultat der Erwartung auf einer niedrigen Stufe Patienten mit niedriger Wertschätzung ihrer Mundgesundheit anzutreffen und mit steigender Stufe auch eine höhere Wertschätzung vorzufinden (vgl. Abb. 27 auf S. 67).

Kein Wert der höheren Stufe liegt unter dem der niedrigeren Stufe. Dieses Ergebnis stützt die Annahme, dass eine Einteilung der Patienten in die Stufen der professional care vorgenommen werden kann, denn die Einstellungen unterscheiden sich von Stufe zu Stufe .

Die Frage, ob Zahnfleischbluten vorliegt, wurde von allen Patienten der oral self care-Einteilung und auch der professional care-care-Einteilung sehr ähnlich beantwortet. Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Patienten der einzelnen Stufen konnten somit nicht dargestellt werden. Eine mögliche Begründung liegt in der Eigenverantwortung der Patienten.

Patienten, die sehr auf ihre Zähne achten, kontrollieren eventuell genauer, ob nach dem Zähneputzen Zahnfleischbluten auftritt. Patienten mit wenig Mundgesundheitsverantwortung bemerken das Zahnfleischbluten womöglich nicht, da sie nicht darauf achten. Die Frage, wie die Patienten putzen nachdem sie Zahnfleischbluten bemerkt haben, gibt keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Stufeneinteilungen der oral self care und der professional care an. Eine optimale Antwort wäre gewesen, diesen Bereich gründlicher zu putzen auch wenn es dadurch stärker blutet. Es wurde erwartet, dass diese Antwort von Patienten der hohen Stufen der professional care-Einteilung gegeben wird, da bei der Mundhygiene-Beratung und dem Zahnpflege-Training dieses Verhalten erklärt werden sollte.

Eine mögliche Begründung wäre, dass die Beratung des Patienten nicht optimal war.

Besonders deutlich sind die Unterschiede in der Anzahl der zusätzlich zur Zahnbürste verwendeten Pflegemittel in der professionl care-Stufeneinteilung (vgl. Abb. 28 auf S. 68). Je höher die Stufe, desto mehr zusätzliche Pflegemittel werden verwendet. Dieser Zusammenhang könnte dadurch entstanden sein, dass Patienten die regelmäßig die Prophylaxe in Anspruch nehmen, zu einer besseren häuslichen Zahnpflege motiviert werden, indem ihnen der Umgang mit den genannten Mundpflegemitteln gezeigt wird. Daher könnte die Prophylaxe als Motivierung des Patienten zu einer guten häuslichen Zahnpflege gesehen werden und als Ursache für diese optimale oral self care dienen. Statistisch werden durch die Scheffé-Prozedur drei Untergruppen ermittelt. Eine Untergruppe bilden die Stufen eins und zwei, die nächste die Stufen zwei und drei und die dritte Untergruppe die Stufen vier und fünf.

Der Zusammenhang zwischen einem verbesserten Mundgesundheitsverhalten und einer höheren Stufe der professional care wird bei der Betrachtung deutlich, dass 83% der Patienten der fünften Stufe ihr Pflegeverhalten vor längerer Zeit als einem halben Jahr verbessert haben (vgl. Abb. 29 auf S. 69). Dieses Ergebnis bekräftigt die Vermutung, durch Prophylaxe in der Zahnarztpraxis das oral self care-Verhalten verbessern zu können. 59,2%

der Patienten der ersten Stufe geben an, ihr insuffizientes oral self care-Verhalten nicht

geändert zu haben. Statistisch unterscheiden sich die Patienten der Stufen voneinander, wobei benachbarte Stufen jeweils eine der vier Untergruppen bilden.

Insgesamt können die Unterschiede in den Verhaltensweisen und in den Einstellungen zur Mundgesundheit in den verschiedenen Stufen durch die statistischen Tests belegt werden.

Deutlich unterscheiden sich die Patienten in der professional care-Einteilung in der Verbesserung ihres Zahnpflegeverhaltens und der Anzahl der zusätzlich zur Zahnpflege angewendeten Pflegemittel. Daraus lässt sich folgern, dass eine Einteilung der Patienten in die Stufen des TTMs sinnvoll erscheint.

Eine signifikante Korrelation besteht zwischen der oral self care-Einteilung und der professional care-Einteilung. Allerdings handelt es sich nur um eine geringe Korrelation. Wie oben erwähnt, könnte die Prophylaxe durch die Motivierung seitens des Zahnarztes oder der Prophylaxeassistentin die Ursache für ein gutes oral self care-Verhalten sein. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass gut pflegende Patienten nicht aufgrund einer Prophylaxesitzung gut pflegen, sondern aus Eigeninitiative. Diese Patienten könnten zusätzlich aus eigener Überzeugung auch Prophylaxe in Anspruch nehmen. Eine Erklärung für das geringe Ausmaß der Korrelation wäre, dass Patienten, die selbst gut pflegen, von ihrem Zahnarzt nicht für die Teilnahme an der Prophylaxe motiviert werden und somit die Prophylaxe nicht kennen. Sie stehen auf einer niedrigen Stufe der professional care-Einteilung und auf einer hohen Stufe der oral self care-Einteilung.

5.2.3 Erkenntnisse über die Prophylaxe in den Zahnarztpraxen/ Stufeneinteilungen der