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Kompetenzrahmen des DZLM

2.3 Facetten professioneller Kompetenzen

2.3.2 Professionswissen Stochastik: Fachdidaktische As- As-pekteAs-pekte

Unterrichts- und schülerbezogenes Wissen ist notwendig, um einen Wissenszu-wachs in einer fachinhaltlich orientierten Fortbildung Stochastik in unterricht-liches Handeln von Lehrkräften zu überführen. Aus diesem Grund richtet sich der Fokus nun auf das fachdidaktische Wissen.

In der ländergemeinsamen Vereinbarung zu inhaltliche Anforderungen für die Lehrerbildung (KMK, 2008) wird über alle Fächer hinweg ein grundsätzliches Verständnis von anschlussfähigem fachdidaktischen Wissen für die einzelnen Phasen der Lehramtsausbildung beschrieben:

Studienabsolventinnen und -absolventen

• haben ein solides und strukturiertes Wissen über fachdidakti-sche Positionen und Strukturierungsansätze und können fach-wissenschaftliche bzw. fachpraktische Inhalte auf ihre Bildungs-wirksamkeit hin und unter didaktischen Aspekten analysieren,

• sind in der Lage, komplexe Sachverhalte adressatengerecht, auch in einfacher Sprache darzustellen,

• kennen und nutzen Ergebnisse fachdidaktischer und lernpsy-chologischer Forschung über das Lernen in ihren Fächern bzw.

Fachrichtungen,

• kennen die Grundlagen fach- bzw. fachrichtungs- und anfor-derungsgerechter Leistungsbeurteilung,

• haben fundierte Kenntnisse über Merkmale von Schülerinnen und Schülern, die den Lernerfolg fördern oder hemmen kön-nen und darüber, wie daraus Lernumgebungen dierenziert zu gestalten sind (KMK, 2008, S. 3f.).

Im Vorbereitungsdienst erwerben Studienabsolventinnen und -absolventen Kom-petenzen, die die Unterrichtsplanung, -durchführung und Reexion des unter-richtlichen Handelns betreen (KMK, 2008, S. 3f.). Mit dem Eintritt in die Berufstätigkeit sollen sich Lehrerinnen und Lehrer durch Fort- und Weiter-bildung fachlich und persönlich in der Rolle als Lehrerin bzw. Lehrer weiter-entwickeln (KMK, 2008, S. 4). Damit wird die Kompetenzentwicklung in der

Fachdidaktik über das Studium hinaus unmittelbar mit der Unterrichts- und Berufstätigkeit verknüpft und als eine stetige persönliche Entwicklungsaufgabe für Lehrkräfte angesehen.

Im Fachprol Mathematik sind ergänzende fachdidaktische Aussagen zu nden (KMK, 2008, S. 38). Es sind die Studieninhalte, die Grundlage für die Ent-wicklung mathematikdidaktischer Kompetenz sind und über die jede Lehrkraft verfügen sollte, die Mathematik unterrichtet. Im Unterschied zum Fachwissen, werden in der Mathematikdidaktik keine spezischen Studieninhalte, die sich auf einzelne Themenfelder bzw. Lehrämter beziehen, ausgewiesen. Allerdings wird davon ausgegangen, dass es für die jeweilige Schul- bzw. Jahrgangsstufe unterschiedliche Ausformungen gibt.

[Studieninhalte] Mathematikdidaktik

• Themenfelder und Standards des Mathematikunterrichts

• Mathematikbezogene Lehr-Lern-Forschung (z. B. Motivation, individuelle Vorstellungen und Fehler der Schülerinnen und Schüler, Dispositionen, typische Verläufe und Hürden in Lern-prozessen, Aufbau und Wirkungen von Lernumgebungen)

• Fachdidaktische Diagnoseansätze, Lernstandbestimmung und darauf basierende Förderkonzepte

• Planung und Analyse dierenzierenden Mathematikunterrichts

• Formen der Kooperation mit sonderpädagogisch qualizier-ten Lehrkräfqualizier-ten und sonstigem pädagogischen Personal bei der Planung, Durchführung und diagnostischen Reexion in-klusiven Unterrichts. (KMK, 2008, S. 40)

In den Empfehlungen von DMV, GDM und MNU (DMV et al., 2008) wer-den verschiewer-dene fachdidaktische Kompetenzbereiche unterschiewer-den, in wer-denen sich die oben genannten Studieninhalte wiedernden: fachbezogene Reexi-onskompetenz, mathematikdidaktische Basiskompetenzen, mathematikdidak-tische diagnosmathematikdidak-tische Kompetenzen und unterrichtsbezogene Handlungskompe-tenzen in Mathematik. Die Kompetenzbereiche werden noch weiter ausdie-renziert und gelten für alle Themenfelder und Lehrämter. Auf diese Darstellung wird an dieser Stelle verzichtet.

Für eine Einschätzung von Unterrichtsentwicklungsprozessen kann auf eine in COACTIV vorgenommene Beschreibung des fachdidaktischen Wissens zurück-gegrien werden (Kunter et al., 2011, S. 37f.):

• Wissen über das didaktisch und diagnostische Potential, die kognitiven Anforderungen und impliziten Wissensvoraussetzungen von Aufgaben, ihre didaktische Sequenzierung und die langfristige curriculare Anord-nung von Stoen,

• Wissen über Vorstellungen (Fehlkonzeptionen, typische Fehler, Strategi-en) und Diagnostik von Schülerwissen und Verständnisprozessen,

• Wissen über multiple Repräsentations- und Erklärungsmöglichkeiten.

Damit ist auch auf Erkenntnisse zum stochastischen Verständnis von Grund-schulkindern einzugehen. Im Unterricht sind Zugänge zu nden, um Auas-sungen der Kinder sichtbar werden zu lassen und Szenarien zu planen, um sich mit typischen Fehlvorstellungen bewusst auseinanderzusetzen. Das sollte mit dem Ziel erfolgen, bestehende Fehlvorstellungen zu verändern bzw. zumindest zu erschüttern.

Ein Blick in die Forschung zum stochastischen Denken zeigt, dass lange eine entwicklungspsychologische Perspektive (z. B. Piaget & Inhelder, 1951; Fisch-bein, 1975; FischFisch-bein, Sainati Nello & Scilis Marino, 1991) dominierte. In den letzten drei Jahrzehnten entwickelte sich zunehmend auch eine mathematik-didaktische Perspektive (vgl. u.a. Hawkins & Kapadia, 1984; Wollring, 1994, 2007; Martignon & Wassner, 2005; Lindmeier & Reiss, 2014).

Im Zentrum fachdidaktischer Forschung zum stochastischen Denken im Grund-schulalter standen in den letzten Jahrzehnten besonders Fehlvorstellungen von Kindern zu einzelnen Phänomenen sowie deren Auftreten in verschiedenen Altersgruppen (Fischbein, 1975; Green, 1983; Fischbein & Schnarch, 1997).

Fischbein (1975) beschreibt frühe Fähigkeiten durch intuitives (primäres) Wis-sen, das auf Erfahrungen basiert und keine systematische Grundlage hat. Mit Sekundärintuitionen bezeichnet er das aus diesem intuitivem Wissen umge-wandelte formale Wissen, das u. a. durch Unterricht erworben werden kann.

In den Studien wurde wiederholt beobachtet, dass manche Fehlvorstellungen mit dem Alter zunehmen und nicht, wie man es erwarten würde,

zurückge-hen. Als Erklärung wird angenommen, dass im Mathematikunterricht inad-äquate Sekundärintuitionen aufgebaut werden, z.B. durch eine Überbetonung deduktiv-deterministischer Denkweisen (vgl. u.a. Fischbein, 1975).

Neuere Studien (vgl. Shtulman & Carey, 2007; Zhu & Gigerenzer, 2006) deu-ten daraufhin, dass bei Kindern, bei geeigneter Wahl der Problempräsentation, schon sehr frühe stochastische Kompetenzen beobachtet werden können. Es wäre eigentlich erforderlich, diese näher zu untersuchen, um eine sachbezoge-ne Grundlage für die Implementation stochastischer Inhalte im Unterricht der Grundschule zu haben, wie sie in den KMK-Bildungsstandards (KMK, 2004a) gefordert werden.

In Bezug auf Stochastik handelt es sich bei Grundschulkindern in der Re-gel um emotional erworbenes Erfahrungswissen, das u. a. aus Spielen vor dem Schuleintritt erworben wird. Die auf diese Art und Weise entwickelten (Fehl)Vorstellungen sind sehr stabil ausgeprägt (vgl. Hawkins & Kapadia, 1984; Martignon & Wassner, 2005; Wollring, 1994). In ihren Einschätzungen beziehen sich Kinder immer wieder auf ihre häug erlebten Erfahrungssituatio-nen. So werden die Ergebnisse der wenigen selbst durchgeführten (Spiel)Versu-che als repräsentativ für die allgemeine Häugkeitsverteilung angesehen.

Studien belegen auch, auf welch vielfältige Art und Weise stochastisches Ver-ständnis durch die jeweiligen Situationsbedingungen mitbestimmt sein kann (vgl. Hawkins & Kapadia, 1984; Martignon & Wassner, 2005; Wollring, 1994).

Die Untersuchungen liefern allerdings uneinheitliche Befunde, so dass sie im Detail hier nicht näher betrachtet werden. Gemeinsam sind ihnen aber folgende Erkenntnisse:

• Die Kinder besitzen bereits bei Schuleintritt frühe Vorläuferfähigkeiten stochastischer Kompetenz (vgl. u.a. Martignon & Wassner, 2005).

• Frühe stochastische Kompetenzen werden in der Schule zu wenig ge-fördert bzw. so vorhanden, können sie sogar eher geschwächt werden bzw. sogar verloren gehen (vgl. u.a. Hawkins & Kapadia, 1984; Wollring, 2007).

Bisher ging es in den Ausführungen um den Kern professioneller Kompetenz von Lehrkräften, um die Facetten fachinhaltlichen und fachdidaktischen Wis-sens, die für die Behandlung stochastischer Problemstellungen im

Mathema-tikunterricht der Grundschule relevant sind. Das erfolgte auch mit dem Ziel, Lerngelegenheiten zu erkennen und zu nutzen, um auf mathematikbezogene Überzeugungen der Lehrkräfte einzuwirken.