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qualikationsheterogenen Lehrpersonengruppen

7.3 Ergebnisse der Betrachtung von individuellen Lernprozessenindividuellen Lernprozessen

7.3.2 Britta - fachfremd Freude an Mathematik neu ent- ent-deckenent-decken

Ausbildung

Britta hat ihre Lehramtsstudium 1997 in Bayern begonnen. Die Ausbildung umfasste Mathematik, Deutsch und Sport. Nach drei Semestern wechselte sie aus familiären Gründen nach Berlin. Hier konnte sie aufgrund der damaligen Studienordnung ihre Ausbildung in Mathematik nicht fortsetzen. Nach Ab-schluss des Lehramtsstudiums 2002 lieÿ sie sich an einem Förderzentrum zur Sonderpädagogin ausbilden.

Berufstätigkeit mit Bezug zu Mathematik

Nach Abschluss dieser Qualizierung war Britta für ein Schuljahr an einer Förderschule im Land Brandenburg tätig. Dann wurde sie schwanger und ging nach Berlin zurück. Sie war danach immer an Grundschulen tätig. Ihre erste Einsatzschule wurde geschlossen. Die nächste Grundschule verlieÿ sie aufgrund einer (Überhang)Umsetzung nach der Geburt ihres zweiten Kindes. Von An-fang an wurde sie an diesen Schulen auch phasenweise zur fachgerechten Ver-tretung im Mathematikunterricht eingesetzt.

Als sie sich in Vorbereitung des Schuljahrs 2013/2014 an ihrer jetzigen Einsatz-schule vorstellte, wurde ihr mit der Leitung einer 4. Klasse auch der Fachun-terricht in Mathematik übertragen (Zum Zeitpunkt des Interviews 6. Klasse, d. A.). Aufgrund fehlender Mathematiklehrkräfte an ihrer Grundschule geht Britta davon aus, dass sie weiterhin im Mathematikunterricht tätig sein wird.

Wege in eine Stochastik-Fortbildung

Britta wählt Fortbildungen vorrangig nach Interesse aus. Mit der Aussicht, kontinuierlich in den Mathematikunterricht einzusteigen, schaute sich Britta gleich nach Fortbildungen in Mathematik um. Sie erläuterte ihre Fortbildungs-auswahl wie folgt:

Welcher Bedarf ist gerade da? Interesse einfach. Wenn ich im son-derpädagogischen Bereich eine Fortbildung mache, dann habe ich oftmals auch Kinder vor Augen, wo ich denke: Mensch, das könnte bei denen sein. Da bin ich nicht rm und deswegen möchte ich da einfach auch sicherer werden.

Ja, und in Mathematik einfach dieses Feststellen, Grunddinge sind zwar noch da, aber ich bin mir nicht sicher, ich kann die Dinge nicht mehr genau erklären. Und die Antwort geben: das ist halt so, wäre mir nicht so angenehm.[...] Es ist einfach die Erkenntnis, dass ich in den Dingen nicht perfekt bin, und dass ich mich einfach fortbilden muss.

Die Stochastik-Fortbildung wurde ihr von zwei Kolleginnen, die diesen Kurs bereits absolviert hatten, empfohlen. Mit dem Einstieg in den Mathematikun-terricht ihrer 4. Klasse begann Britta die Fortbildung in Stochastik.

Erleben der Fortbildung

Britta hob hervor, dass sie sich in allen Phasen der Fortbildung gefordert fühlte.

[Durch die Aufträge] wirst du gezwungen, nicht nur da zu sitzen, sich berauschen und berieseln zu lassen, sondern man muss ja auch wirklich ganz aktiv werden. Das nde ich sehr gut an der Fortbil-dung.

Verschiedene Rollen

Auch Britta stellte das Erleben der Fortbildung aus verschiedenen Perspekti-ven dar, zunächst aus der Sicht der Mathematik-Lernenden.

Ja, das klingt ein bisschen seltsam, aber dieses Wieder-da-als-Schüler-sitzen. Ich fand diesen Perspektivwechsel wieder mal sehr span-nend. Dort zu sitzen praktisch als Schüler und dann wirklich aus Schülersicht sich noch mal die Problematik anzuschauen, selbst noch mal die Dinge anzugehen, auszuprobieren [...] oder auch mal scheitern, um dann aber Hilfestellung zu bekommen. Und was wirk-lich haften geblieben ist, es muss nicht immer die in Anführungs-zeichen perfekte Lösung sein sondern auch der Weg ist schon das Ziel.

Britta beschreibt damit wesentliche Details ihres Lernprozesses, aber schon mit Blick in Richtung Unterricht. Aus dem Blickwinkel Lehrkraft hob sie besonders die konzeptionelle Einbindung der Praxisphase in die Fortbildung hervor.

Diese Picht, tatsächlich eine Aufgabenstellung im Unterricht auf-zugreifen. Und dann das auch eben vorzubereiten und auch nach-zubereiten bringt einen ja dazu, dass man sich auch wieder mehr Gedanken über die Dinge macht. Sich noch mal überlegt, wie kann ich das jetzt anbieten. Wie gehe ich das Ganze an? Es ist zwar mehr Arbeit, aber es ist gut.

Dabei geht sie darauf ein, dass diese Herangehensweise für sie zunächst schon mit Mehrarbeit verbunden ist, sich diese aber scheinbar lohnt.

Lernen in einer qualikationsheterogenen Lerngruppe

Britta ging von Anfang an davon aus, dass sie als fachfremd Unterrichtende in einer derartigen Fortbildung auch auf Fachleute trit und hat das auch von Beginn an wahrgenommen. Ihre Eindrücke aus Pausengesprächen beschrieb sie wie folgt:

Es kam durchaus auch als Resonanz heraus, dass es schön ist, diese Inhalte noch mal zu wiederholen. Sie [Fachlehrkräfte] mussten halt nicht viel und lange über die Antworten nachdenken, es kam eben ganz schnell. Während andere, unter anderem auch ich, dann länger brauchten, um wirklich dann auch die Nuss knacken zu können.

Aber gelangweilt hat sich, ich glaube niemand, mit denen ich da irgendwie zusammen war.

Britta fand die Heterogenität der Gruppe beügelnd, weil sie nicht nur in Mathematik dazugelernt sondern auch Anregungen mitgenommen hat, die ihre Unterrichtsgestaltung generell betreen.

Beschriebene Veränderungen

Zunächst hob Britta ihre wiederentdeckte Freude an Mathematik hervor.

Wunderbar. Das Knobeln noch mal entdecken [...] Bei der Sto-chastik, da war es wieder dieses: Boa, ja! (schnippt mit dem Fin-ger). Noch mal sich daran zu erinnern, Mathematik ist wirklich schön.(lachen) Kann eine wunderschöne spannende Sache sein.

Weitere Veränderungen beschrieb sie immer im Vergleich zu ihren in diesen Bereichen wahrgenommenen Deziten.

Wissenszuwachs und Selbstsicherheit

Obwohl Britta zu Beginn ihres Lehramtsstudiums drei Semester Mathematik absolviert hatte, schätzte sie ihr Vorwissen als rudimentär ein.

Ich habe mir die Inhalte des Rahmenlehrplanes angeschaut und ha-be festgestellt: Oh Gott, dazu weiÿ ich ja eigentlich gar nichts. [...]

das Thema wurde in meiner Schulzeit in der Oberstufe irgendwann mal behandelt.

Sie führte weiterhin aus, dass sie die Stochastik für sich inhaltlich neu entdeckt hat. In vielen Bereichen fühlt sie sich jetzt fachlich sicherer. Das bezog sich auf typische Arbeitsweisen der Stochastik und grundlegende Begrie wie Zufall und unterschiedliche Begrie für Wahrscheinlichkeit. Britta schätzte aber auch ein, dass das nur ein grundlegendes, aber nicht tiefgehendes Wissen ist. Sie betonte, dass sie in der Fortbildung ausreichende Hinweise und Literaturemp-fehlungen bekommen hat, um bei Bedarf nachzulesen. Abschlieÿend äuÿerte sie, dass sie eigentlich eine derartige Stochastikfortbildung in einigen Jahren und mit mehr Unterrichtserfahrung nochmals besuchen müsste, um die in der Fortbildung gegebenen Anregungen besser verarbeiten zu können.

Selbstvertrauen im Unterricht

Britta gab an, dass sie bis zur Fortbildung im Unterricht nur punktuell Dia-gramme zum Darstellen genutzt hat. Kombinatorische Aufgabenstellungen hat sie, auch in der Arithmetik nie bearbeiten lassen. Die Themen Zufall und Wahr-scheinlichkeit hat sie für die Umsetzung im Unterricht gar nicht in Betracht gezogen. Sie schätzte ein, dass sie nun keine Hemmungen mehr hat, sich dem entsprechenden Themenfeld im Rahmenlehrplan zuzuwenden und für den Un-terricht aufzubereiten. Auf Nachfrage zu diesem Wandeln und den Ursachen für das gewachsene Selbstvertrauen gab sie an, dass das an der Anlage der Fortbildung lag.

Die Ausgewogenheit zwischen fachlichem Input und eigenem fach-lichen Lernen und das Nachdenken über die Umsetzung, um auch meine Kinder zu faszinieren, zu begeistern.

Sie betonte, dass darüber hinaus der Fundus der anderen Lehrkräfte sie be-stärkt hat. Britta gab an, dass das (fachdidaktische) Vorgehen in der Fortbil-dung von ihr in den Unterricht übernommen wurde.

Ich habe die [Struktur] auch genutzt. Dass ich einfach eine Aufga-benstellung, ein Problem in eine Gruppe hineingegeben habe und dann habe ich die Schüler daran arbeiten lassen.[...] einfach damit dieses Entdecken wiederkommt.[...] aber auch [um] bei Schülern richtig zu sehen, (schnippt mit den Fingern) wie es im Kopf klick macht.

Sie ergänzte, dass das schon eine grundlegende Änderung in ihrem Unterricht ist, die sich auch im Lernverhalten der Kinder widerspiegelte.

[Ich] habe während der Durchführung des Themas in meinem Un-terricht festgestellt, dass ansonsten leistungsschwache Schüler plötz-lich über sich hinauswachsen. [...], dass das genau deren Thema ist, um auch ihre mathematischen Kompetenzen, zwar in einem ande-ren Themenbereich, zu zeigen.

Britta führte aus, dass sie früher im Unterricht die Dinge hauptsächlich vor-gegeben hat und ein Selbsterforschen durch die Schülerinnen und Schüler in Mathematik nicht für möglich hielt.

Erfahrungsberichte - Dokumentation der Unterrichtserprobungen Von Britta liegen zu allen Modulen Dokumente der Unterrichtserprobungen vor. Im Modul Zufall und Wahrscheinlichkeit hat sie gemeinsam mit ihrer Kurspartnerin auf Aufträge aus einem didaktischen Material zurückgegrien, das in der Auslage während der Fortbildung zugänglich war. Britta erprobte zwei Aufgaben im Unterricht einer 4. Klasse. Ein Erfahrungsbericht liegt nur zur Erprobung der zweiten Aufgabe vor. Zu beiden Aufgaben wurden Doku-mente aus dem Unterricht mitgebracht und in der Reexionsphase vorgestellt.

Britta hat in der Erprobung zunächst den sechsseitigen regulären Würfel expe-rimentell untersuchen lassen. Die Ergebnisse wurden genutzt, um den Begri Zufall zu klären. Danach lieÿ sie die Ergebnisse aller Gruppen zusammenfüh-ren und die Wahrscheinlichkeiten des Eintreens der einzelnen Augenzahlen abschätzen. Auf das empirische Gesetz der groÿen Zahlen wurde eingegangen, um den Kindern einen Weg zum Entdecken von Gesetzmäÿigkeiten zu zufälli-gen Ereignissen aufzuzeizufälli-gen.

In einer nachfolgenden Stunde wurden dann die Gewinnchancen an einem Glücksrad untersucht. Dafür wählte sie drei Arbeitsblätter mit verschiede-nen Gewinnregeln aus. Die Bedeutung von Gewinnregeln wurde zu Beginn der Stunde thematisiert. Danach konnten die Kinder mit einem Partner ent-scheiden, welche Regel sie untersuchen wollen. Es war experimentelles Arbeiten gefordert. Auf der Grundlage der dokumentierten Ergebnisse hatten die Kinder Gewinnchancen einzuschätzen und zu begründen. Die Ergebnisse der

Partner-arbeit wurden abschlieÿend in der Klasse vorgestellt und diskutiert.

Britta beschrieb, dass die Stunde wie geplant verlief. Sie hob hervor, dass al-le Kinder sofort einen Zugang zum Probal-lem fanden und ohne Zeitverzug mit der Arbeit begannen. Alle Kinder suchten auch nach Begründungen. Es äu-ÿerten sich Kinder, die ansonsten Schwierigkeiten in Mathematik haben. Die Begründungen der Kinder unterschieden sich im Umfang und qualitativ.

Impulse für die Arbeit in der Fachkonferenz

Britta nahm an dieser Fortbildung allein teil. Das hat die Schulleitung so ent-schieden, da bereits ein Tandem dieser Schule diese Fortbildung im Vorgänger-kurs durchlaufen hatte und ein Austausch mit diesen Kolleginnen gewünscht wurde. Sie hob hervor, dass die Schulleitung ihre Teilnahme an der Fortbil-dung immer ermöglicht hat, auch unter den komplizierten Bedingungen der Unterrichtssicherung.

Für die Kursdauer fand sich Britta mit einer Kollegin einer anderen Grund-schule zu einem Tandem zusammen. Die auch von der Schulleitung gewünschte Zusammenarbeit an der Schule beschränkte sich auf den Austausch von Auf-gaben. Sie sieht die Ursache u. a. im Einsatz der Lehrkräfte in verschiedenen Jahrgangsstufen, woraus sich wenige Anknüpfungspunkte in den alltäglichen Arbeitsabläufen ergaben.

Als Sonderpädagogin ist Britta in einem überschulischen Regionalverbund der Sonderpädagogen eingebunden und versuchte dort, ihre veränderte Sichtweise auf Förderung von Kindern in Mathematik einzubringen.