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PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG

1. Problemstellung und Zielsetzung 1.1 Problemstellung

Immer wieder tauchen in den Medien Schreckensmeldungen über neue Legionellose-Ausbrüche auf. Während dieser Forschungsarbeit kam es in Deutschland zu 3 großen Ausbrüchen. In Warstein erkrankten 165 Personen im Sommer 2013 an einer Legionellose, 2 davon starben.

2014 kam es dann zu einem weiteren Ausbruch. In Jülich erkrankten 39 Personen an einer Legionellen-Infektion. Tote gab es hier glücklicherweise keine. 2015/2016 stand dann ein Ausbruch in Bremen im Fokus. Bei dieser Erkrankungswelle infizierten sich über 39 Menschen, 3 davon starben.

Es wird deutlich, dass die Legionellose-Ausbrüche in den letzten Jahren stark zugenommen haben. Das mag daran liegen, dass eine bessere Kommunikation mit den Behörden stattfindet, die Ärzte die auftretenden Symptome der richtigen Erkrankung und nicht der klassischen Lungenentzündung zuordnen. Andererseits ist das gehäufte Vorkommen von Legionellen in unser aller Umfeld daran nicht ganz unschuldig.

Seit der Novellierung der Trinkwasserverordnung im Jahr 2011 und den neuen Vorschriften zur Überwachung von Kühltürmen und legionellenhaltigen Bioaerosolen [VDI 2047, VDI 4250] im Jahr 2015 herrscht eine erhöhte Aufmerksamkeit für das Legionellenvorkommen sowohl auf behördlicher, als auch auf Bevölkerungsseite.

Legionellen kommen ubiquitär in vielen natürlichen, wasserführenden Systemen in kleiner Anzahl vor. In wärmeren, künstlich angelegten, aquatischen Umgebungen, wie z.B.

Wasserleitungen in großen Wohngebäuden, Fabriken oder Schiffen, finden sie optimale Wachstumsbedingungen vor. Das liegt zum einen an ihrer hohen Wärmetoleranz, zum anderen an der Existenz von Biofilmen im Inneren der Rohrleitungssysteme, in denen sich Legionellen häufig ansiedeln. Weiterhin herrschen dort oft ein Nährstoff-Überangebot sowie wärmere Temperaturen, sodass sich Legionellen sehr gut ausbreiten und vermehren können.

Der Mensch kann sich durch Inhalation von kontaminierten Aerosolen mit Legionellen infizieren.

Das passiert meist in Duschen [Bauer et al., 2008] und Schwimmbädern oder der Umgebung von evaporativen Kühlsystemen auf den Dächern von großen Gebäuden, sogenannten Kühltürmen [Ferré et al., 2009], Luftverneblern [Rhame et al., 1986] oder Verdunstungskühlern [Breiman et

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al., 1990]. Dabei tritt entweder das harmlose Pontiac-Fieber mit seinen grippeähnlichen Symptomen auf, wo ein Mensch nach Erkrankung innerhalb von einer Woche ohne Folgeschäden genesen kann. Möglich ist aber auch das Auftreten einer Legionellose, die mit einer schweren Lungenentzündung vergleichbar ist. Besonders ältere Menschen, die immunsupprimiert oder gesundheitlich vorbelastet sind, erkranken an dieser Form. Die höchste Infektionsgefahr geht hierbei von Legionella pneumophila (L. pneumophila) Serogruppe 1 aus [Fields et al., 2002]. Mehr als 90 % aller Ausbrüche sind dieser Subgruppe zuzuordnen.

Als Infektionsquelle für den Ausbruch in Warstein wurde die Rückkühlanlage eines Industriebetriebes als Quelle identifiziert. Weiterhin war jedoch auch die kommunale Kläranlage sehr hoch mit Legionellen belastet [Deutsches Ärzteblatt, 2013]. Das aufgereinigte Wasser aus der Kläranlage wird in den kleinen Fluss Wäster eingeleitet, aus diesem wurde das Kühlwasser für die Rückkühlanlage entnommen. Ob das die Ursache für den Ausbruch ist, konnte im abschließenden Gutachten nie eindeutig geklärt werden. Meist kann man in Deutschland jedoch von sporadischen, nosokomialen oder ambulanten Erkrankungen ausgehen.

Aufgrund des hohen Infektionsrisikos für viele Menschen wäre eine stetige Kontrolle von pathogenen Legionella-Spezies in Bioaerosolen für den Immissionsschutz wichtig.

1.2 Zielsetzung

Der aktuelle Goldstandard zur Detektion von Legionellen ist die Kultivierung von Wasserproben auf Selektivnährmedium mit anschließender Inkubation für 7 – 10 Tage bei 37 °C. Diese Methode ist zwar sensitiv, jedoch sehr aufwendig und vor allem zeitintensiv. Im Ausbruchsgeschehen ist ein erstes Ergebnis nach einer Woche nicht hilfreich. Aus diesem Grund ist die Entwicklung schnellerer Messmethoden wichtig.

Bei einem Ausbruch ist die schnelle Identifizierung des verursachenden pathogenen Keims am wichtigsten, weswegen sich Testsysteme besonders eignen, welche eine gesicherte qualitative Aussage, eine sogenannte Ja/Nein-Antwort, in kürzester Zeit liefern. Mit weiteren Proben, die von Patienten und in der Umwelt gesammelt werden, kann anschließend durch alternative Messmethoden der Verdacht bestätigt werden. Anzustreben wäre also hier ein schnelles

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Verfahren, welches mit hoher Sensitivität und Selektivität Serogruppen von L. pneumophila nachweist. Ein Mikroarray-basiertes Verfahren ist daher sehr vielversprechend, weil aufgrund der Multiplex-Anordnung auf dem Messchip schnell verschiedene Antikörper immobilisiert werden können, welche über ein Signalmuster einzelne Serogruppen eindeutig nachweisen können.

In einem ersten Schritt wurde in der Doktorarbeit ein Messprogramm zur Detektion von L. pneumophila auf dem Mikroarray-Messgerät MCR 3 etabliert. Das Testprinzip beruht auf einem flussbasierten Chemilumineszenz-Sandwich-Mikroarray-Immunoassay (CL-SMIA). Dieses

„Schnellnachweisverfahren“ stellt die Grundlage dar, um eine vertiefende Typisierung auf Basis eines Panels an verschiedenen, möglichst selektiven und sensitiven monoklonalen Fänger-Antikörpern durchführen zu können.

Eine schnelle Zuordnung zu monoklonalen Subgruppen von L. pneumophila ist für das Ausbruchsmanagement von enormer Bedeutung, wenn es möglich ist, vergleichbare Ergebnisse in Patientenproben und Umweltproben zu erhalten.

Die angewandte Technologie basiert auf einem Antikörper-Mikroarray zur Detektion von Mikroorganismen in der flüssigen Phase, in Kombination mit einem automatisierten Mess- und Auslesesystem. Die anschließende Detektion erfolgte auf Basis einer Chemilumineszenzreaktion.

Verschiedene monoklonale und ein polyklonaler Antikörper gegen L. pneumophila dienten dabei als Fängermoleküle, die auf einer Diamino-polypropylenglykol-modifizierten (DAPPG) Glasoberfläche immobilisiert wurden. Mit einem Biotin-markierten Detektionsantikörper wurde der Sandwich-Immunoassay auf dem Mikroarray gebildet. Die Verwendung von Streptavidin-poly-HRP ermöglichte die anschließende Signalerzeugung. Das generierte Chemilumineszenzsignal der Reaktion von Luminol und H2O2 wurden mit einer CCD-Kamera aufgezeichnet. Das erhaltene CL-Signal wurde semilogarithmisch zur Bakterienkonzentration aufgetragen. Die Auswertung erfolgte anschließend über eine sigmoidale Fitfunktion.

Sobald das Nachweissystem etabliert war, sollten die verschiedensten Realproben damit getestet werden. Es sollte gezeigt werden, dass L. pneumophila in Abwasser-, Oberflächenwasser- und Leitungswasserproben nachweisbar sind. Luftproben, die mit dem Zyklonsammler Coriolis µ gesammelt wurden, sollten ebenso auf das Vorkommen von

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Bioaerosol-haltigen Legionellen untersucht werden. Eine weitere Möglichkeit war die Anwendung des CL-SMIA auf Urine von infizierten Patienten. Der Multiplex-Nachweis von Legionellen-Serogruppen direkt aus dem Urin sollte als neue Detektionsmöglichkeit auf Machbarkeit untersucht werden.

Die letzte Herausforderung bestand in der Entwicklung einer Bioaerosolkammer für die Generierung eines legionellenhaltigen Bioaerosols im Rahmen des Projektes. Mit einem Kammer-in-Kammer-Prinzip sollte es ermöglicht werden, ein Bioaerosol, welches pathogene Legionellen enthält, zu erzeugen, zu sammeln und anschließend zu detektieren.

Fernab dieses LGL-geförderten Projektes sollte in einem Nebenprojekt untersucht werden, ob die Übertragbarkeit des entwickelten Schnellnachweises auf Basis eines CL-SMIA auch auf andere lebensmittelrelevante Bakterien gewährleistet ist.

Im Rahmen des Projektes LEVERA sollte untersucht werden, ob Cronobacter sakazakii mit diesem Messprogramm detektiert werden kann. Es sollten Kalibrierkurven aufgenommen und die Kreuzreaktivität bestimmt werden. Die Endanwendung für Realproben auf Basis von Milch und Baby-Milchnahrung stellte den Abschluss des Nebenprojekts dar.