• Keine Ergebnisse gefunden

2. Theoretische Grundlagen

2.3. Nachweis von Legionellen

2.3.4. Molekularbiologische Methoden

2.3.4.1. Polymerase-Kettenreaktion

Bei der Polymerase-Kettenreaktion (engl.: polymerase chain reaction, PCR) handelt es sich um ein Verfahren, um einzelsträngige DNA zu vervielfältigen und anschließend zu identifizieren.

Einsträngige, synthetisch hergestellte DNA-Endstücke, auch Primer genannt, liegen während einer PCR im Überschuss vor und lagern sich an einem komplementären DNA-Einzelstrang an.

Durch die verwendeten Primer wird der Startpunkt der Vervielfältigung, der sogenannten Amplifikation, bestimmt. Die Synthese des komplementären DNA-Stranges wird durch ein Enzym katalysiert. Die thermostabile DNA-Polymerase stammt aus dem thermophilen Bakterium Thermus aquaticus und wird häufig auch Taq-Polymerase genannt. Für die Durchführung einer PCR ist meist schon eine sehr geringe Menge an Ausgangssubstanz ausreichend. Die Polymerase-Kettenreaktion läuft grundsätzlich in mehreren Schritten ab:

Zuerst erfolgt eine Aufschmelzung der DNA-Doppelhelix bei 95 °C, die sogenannte Denaturierung. Anschließend lagern sich die Primer an die DNA-Einzelstränge an. Dieser Hybridisierungsschritt findet immer bei dem Temperaturoptimum des verwendeten Primers statt. Meist sind dann Temperaturen zwischen 55 °C und 65 °C vorherrschend. Das Temperaturoptimum wird von der Sequenz und der Länge des verwendeten Primers bestimmt.

Das gewählte Temperaturoptimum verhindert unspezifische Anlagerung an der Zielsequenz. Im nachfolgenden Replikationsschritt (Elongation) wird der DNA-Einzelstrang bei ca. 72 °C repliziert. Der vorliegend DNA-Einzelstrang wird dann am 3´-Ende des Primers beginnend mit komplementären Basen aufgefüllt. Nach ca. 50 Zyklen ist die DNA-Vervielfältigung abgeschlossen.

Mittlerweile gibt es bei der PCR verschiedene Durchführungsvarianten, die sich entweder durch alternative Detektionsmethoden oder Nachweisstrategien unterscheiden. Besonders häufige Anwendung findet unter anderem die quantitative PCR (qPCR). Bei der qPCR lässt sich die Amplifikation der DNA direkt verfolgen, weil aufgrund einer Fluoreszenz-Markierung, z.B. mit SYBR®Green, die Beobachtung der gesamten Reaktion in Echtzeit möglich ist. Der Farbstoff interkaliert in die doppelsträngige DNA des Gens des Zielorganismus. Bei jedem Zyklus der Replikation entsteht mehr doppelsträngige DNA, sodass mehr Farbstoff eingebaut und damit das Fluoreszenzsignal gesteigert wird. In dieser Form kann die erfolgte Amplifikation je Zyklus

THEORETISCHE GRUNDLAGEN

über die entstehende Fluoreszenz mitverfolgt werden. Durch die Verwendung von Kalibrierstandards werden Kalibrierkurven erzeugt, welche einen quantitativen Nachweis von Bakterien ermöglichen. Je nach verwendetem Kalibrierstandard wird die Konzentration in der Einheit genomische Einheiten, Kolonien oder Kopienzahl angegeben. Diese Einheiten korrelieren nicht miteinander. Es konnten Nachweisgrenzen zwischen 6,85 Kopien pro Well und 7,5 koloniebildenden Einheiten pro Milliliter [Yanez et al., 2005; Yang et al., 2010] erreicht werden.

Die Detektion und Quantifizierung per qPCR wird dann über qPCR-Analyseplattformen, wie z.B.

dem Lightcycler (Roche), durchgeführt.

Eine andere Detektionsmöglichkeit basiert auf dem Einsatz von FRET-Sonden (engl. fluorescence resonance energy transfer), die aus zwei verschiedenen Fluoreszenz-Farbstoffen bestehen. Der erste Farbstoff wird angeregt und daher als Donor eingesetzt. Es erfolgt ein strahlungsloser Energietransfer auf einen zweiten Farbstoff, den Akzeptor. Der Transfer findet statt, wenn sich beide Moleküle sehr nahe (Abstand im Nanometerbereich) beieinander befinden. Der Akzeptor-Fluoreszenzfarbstoff emittiert nun Photonen bei einer höheren Wellenlänge. Am häufigsten wird hierfür das Donor/Akzeptor-Paar Fluorescein und Rhodamin eingesetzt [Didenko et al., 2001].

Legionellen können über das dotA- und mip-Gen sowie die 16S rRNA und 23S rRNA nachgewiesen werden [Yanez et al., 2005; Bauer et al., 2008; Huang et al. 2011; Haroon et al., 2012; Wellinghausen et al., 2001]. Das dotA (defective organelle trafficking)-Gen wird als Verursacher der Virulenz von Legionella spp. vermutet, wohingegen das mip (macrophage infectivity potentiator)-Gen als Grund für die erhöhte Infektiösität von L. pneumophila angesehen wird. Sowohl das mip-Gen, welches spezifisch für L. pneumophila ist, als auch das essentieller Virulenzfaktor agiert. Es erleichtert den Legionellen das Eindringen und Verschanzen in Amöben sowie das Einnisten in die Makrophagen der Lunge.

THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Für die Detektion von Legionellen in Trinkwasser- und Bioaerosolproben findet man sowohl für die PCR als auch für deren Varianten (z.B. qPCR) sehr viele Versuchsbeschreibungen. Die Quantifizierung erfolgt meist mittels Kalibrierlösungen, die bei jedem Experiment mitlaufen.

Ebenso ist die Verwendung eines internen Standards möglich [Welsh et al., 1990; Williams et al., 1990].

Um diese Methoden zu vereinfachen, wurde in Frankreich erstmals eine Norm erarbeitet, die für den molekularbiologischen Nachweis von Legionella spp. und L. pneumophila im Wasser verwendet werden kann [AFNOR, 2006]. Ebenso kann sie als Grundlage für die Entwicklung von PCR-basierten Testsystemen zum Nachweis von Legionellen dienen. Die Anforderungen an kommerziell erhältliche PCR-Kits wurden mit der AFNOR NF T90-471 in puncto Durchführung, Zusammensetzung und Bewertung normiert.

Einige kommerziell erhältliche molekularbiologische Nachweissysteme für L. pneumophila und Legionella spp. sind nach der AFNOR NF T90-471 validiert worden. Diese vereinen einen Filtrations- und Extraktionsprozess sowie eine nachgeschaltete Nachweismethode, sodass eine Detektion im Trinkwasser möglich ist. Anbieter von diesen Verbundverfahren sind z.B. Pall oder BioRad. Bei BioRad ist das DNA-Extraktionskit unabhängig vom Detektionsequipment erhältlich, wogegen das System bei Pall® als Gesamt-Set angeboten wird [Dussere et al., 2007]. Die Gewinnung des Analyten funktioniert bei beiden Systemen gleich und basiert auf einer Filtration der genommenen Wasserprobe durch einen Membranfilter angeschlossen an eine Vakuumpumpe. Die anschließende DNA-Extraktion des Analyten kann mit standardmäßigen DNA-Extraktionskits erfolgen (z.B. Aquadien® DNA extraction kit von BioRad®). Hierbei wird die DNA des Analyten auf dem Filter mittels eines Lysepuffers freigelegt und befindet sich dann frei im Puffer. Anschließend wird die DNA denaturiert und mit der vorliegenden einsträngigen DNA kann die PCR durchgeführt werden. Mit dem BioRad® Testsystem iQ-Check® und der Kombination aus Filtration und Detektion über die GeneDisc® von Pall® können Wasserproben gemäß AFNOR untersucht werden.

In einem europäischen Ringversuch in 6 Ländern wurden verschiedene Realproben auf Legionella spp. untersucht und je nach untersuchter Wasserprobe wurden Nachweisgrenzen von 190 genomischen Einheiten pro Liter (für Wasser aus Kühltürmen) bis zu 750 genomischen Einheiten pro Liter für Trinkwasser aus Warm- und Kaltwasseranschlüssen bestimmt [Lee et al.,

THEORETISCHE GRUNDLAGEN

2011]. Die Grenzen einer PCR liegen unter anderem auch in der fehlenden Möglichkeit, lebende von bereits toten Bakterien in einer untersuchten Probe zu unterscheiden. Auch wenn von einer toten Legionelle keine Infektionsgefahr mehr für den Menschen ausgeht, wird ihre DNA dennoch mit amplifiziert. Dieses Amplifizieren von „toter DNA“ liefert in einer PCR falsch-positive Ergebnisse und kann zu einer Überschätzung der Anzahl führen. Eine Möglichkeit zur Unterscheidung von lebenden und toten Zellen ist hierbei die Behandlung der Probe vor der DNA-Extraktion mit einem der DNA-interagierenden Farbstoffe, an die eine Azidgruppe gekoppelt wurde, um photochemisch die Amplifikation der Ziel-DNA zu inhibieren [Qin et al., 2011]. Die bekanntesten Moleküle sind Propidium-Monoazid (PMA) bzw. Ethidiumbromid-Monoazid (EMA). Die Probe wird mit einer der Reagenzien inkubiert und mehrere Minuten mit blauem Licht bestrahlt. Das Reagenz kann die intakte Zellmembran der lebenden Zellen nicht durchdringen. Somit werden bei der nachfolgenden PCR nur lebende Zellen detektiert. Wenn vorab eine Gesamtquantifizierung durchgeführt wurde, lassen sich sowohl Aussagen über die Gesamtanzahl an Bakterien sowie die noch intakten, lebenden treffen. Somit sind auch erste Aussagen über Infektiösität und VBNC-Status möglich. In der nachfolgenden Tabelle 2 sind alle hier verglichenen PCR-Methoden für Legionella spp. und L. pneumophila mit den verwendeten Abschnitten und Nachweisgrenzen/Wiederfindungen aufgeführt.

Tabelle 2: PCR für Legionella spp. und L. pneumophila im Überblick

Detektierte

Spezies Abschnitt Nachweisgrenze Literaturzitat

Legionella spp.

L. pneumophila

16S rRNA

mip-Gen 23 KBE/ 100 mL Wellinghausen et al., 2001 L. pneumophila dotA-Gen L. pneumophila dotA-Gen 6,85 Kopien pro Well Yanez et. al., 2005

Legionella spp.

THEORETISCHE GRUNDLAGEN