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5.1 Studiendesign

5.2.4 Erkrankungen und Behandlung

5.3.3.1 pH-Wert und Base Excess (BE)

Der pH-Wert stieg von 7,21 ± 0,03 kurz nach der Geburt auf 7,40 - 7,45 ± 0,01 im weiteren Verlauf der Untersuchung. In der Literatur wurde direkt nach der Geburt bei vaginal geborenen Kälbern ein pH-Wert zwischen 7,30 - 7,40 festgestellt160, 165, 166. Kälber der Rasse Weißblaue-Belgier zeigten nach elektiver Sectio caesarea einen pH-Wert von 7,32160. In einer anderen Studie wurde bei ca. 1/3 der Tiere eine Azido-se (pH-Wert 7,09 ± 0,12) nach physiologischem Geburtsverlauf festgestellt165, die in den ersten zwölf Lebensstunden ausgeglichen wurde167. Bei Bleul et al.165 lag der pH-Wert zwölf Stunden nach der Geburt bei 7,42.

Der BE des extrazellulären Raums stieg in den ersten drei Lebenstagen von -4,04 ± 1,93 mmol/l auf 6,03 ± 0,31 mmol/ an. In Untersuchungen wird ein BE für neonatale Kälber im venösen Blut von -3 bis -1,5 mmol/l angegeben168, bzw. -3,22 mmol/l direkt nach der Geburt und nach einer Stunde nur noch -1,33 mmol/l169, sowie nach drei Wochen ein BE von 0,9 mmol/l170. Bleul et al.165 stellten initial einen BE von durchschnittlich 0,86 mmol/l und nach 24 h von 4,42 mmol/l fest. Vannucchi et al.169 stellten bei Dystokie wesentlich höhere BE von -9,10 mmol/l fest, nach einer Stunde zeigten diese Tiere jedoch ähnliche Werte wie Kälber nach Eutokie. Ein niedriger pH-Wert und BE post natum stellt eine ge-mischte respiratorische und metabolische Azidose dar und wird durch eine Hyper-kapnie, Hypoxämie und eine Minderdurchblutung von fetalem Gewebe verursacht171. Eine Sectio caesarea kann mit dem vermehrten Auftreten von Frühasphyxie assozi-iert sein160. Der niedrigere pH-Wert in dieser Arbeit im Vergleich zur Literatur kann durch die Dauer der Operation erklärt werden. Da die Sectio caesarea im Rahmen einer studentischen Übung durchgeführt wurde, ist die Dauer bis zur Entwicklung des Kalbes deutlich höher als bei einem indizierten Eingriff. Im weiteren Verlauf

ent-Diskussion

146

sprach der pH-Wert dem Referenzintervall aus der Literatur172. „Vaginal seeding“

zeigte keinen Einfluss auf den pH-Wert und den BE. Eine häufige Abweichung des pH-Wertes und des BEs in der neonatalen Phase bestehen in metabolischen Azido-sen infolge von Durchfallerkrankungen173, 174. Die auftretenden Durchfallerkrankun-gen in dieser Untersuchung waren anscheinend nicht ausgeprägt Durchfallerkrankun-genug, um zu ei-nem signifikanten Abfall des pH-Wertes und BEs zu führen. Es zeigte sich lediglich ein Einfluss der Herkunft des Kolostrums. Kälber, die maternales Kolostrum erhiel-ten, wiesen insbesondere präkolostral, aber auch im weiteren Verlauf ab T14 einen niedrigeren pH-Wert und BE auf. Da der Unterschied auch schon präkolostral be-stand kann er wohl als zufällig eingestuft werden.

5.3.3.2 Sauerstoffpartialdruck (pO2)

Der durchschnittliche pO2 im arteriellen Blut lag kurz nach der Geburt bei 57,75 ± 6,46 mmHg und ab T7 bei81,90 ± 1,21 mmHg. Auch in der Literatur wird direkt nach der Geburt ein pO2 von 45 - 60 mmHg angegeben165, 166. Uystepruyst et al.147 stellten bei per Sectio caesarea entwickelten Kälbern direkt nach der Geburt einen pO2 zwi-schen 30 - 35 mmHg fest, nach 15 min lag er aber bereits zwizwi-schen 35 - 60 mmHg.

Für Kälber im Alter von drei Wochen wird ein pO2 von 87 mmHg angegeben170, was über den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit liegt. Ein erniedrigter pO2 steht in Zu-sammenhang mit vermindertem Gasaustausch durch Veränderungen in der Lunge, dabei könne Art und Lokalisation der Läsionen in der Lunge die Aussagekraft des pO2 beeinflussen175. Ursächlich für erniedrigte pO2, sO2 und erhöhten pCO2 sind meist Früh- oder Spätasphyxien und Bronchopneumonien165, 176. Meist kommt es erst zu einer Verringerung des pO2 und sO2 und erst bei schwererem Verlauf zu einem Anstieg des pCO2.

Analog zu der Atemfrequenz zeigten Kälber mit bei Beginn der Sectio caesarea ge-schlossener Cervix an T0 einen niedrigeren pO2 als Kälber mit eröffneter Cervix.

Auch in der Studie von Uystepruyst et al.147 wurde festgestellt, dass direkt nach Ent-wicklung per Sectio caesarea der pO2 bei Tieren mit geöffneter Cervix höher war, insbesondere wenn auch die Eihäute eröffnet waren. Dieser Unterschied war, ähnlich

147

wie in der vorliegenden Studie, nach 24 h bei fast allen Tieren ausgeglichen, nur noch Tiere mit vollständig geschlossener Cervix wiesen einen niedrigeren pO2 auf.

Wie schon in Kapitel 5.2.3.2 in Zusammenhang mit der Atemfrequenz erwähnt führt eine fortgeschrittene Geburt bei Beginn der Sectio caesarea über Wehen und der Ausschüttung von Hormonen, vor allem Catecholaminen, zu einer verstärkten Aus-schüttung von Surfactant und zu einer verbesserten Aufnahme von Flüssigkeit in der Lunge und damit letztendlich zu einem besseren Gasaustausch. An T0 und T14 zeig-ten Kälber nach „Vaginal seeding“ mit eröffnezeig-ten Eihäuzeig-ten einen niedrigeren pO2 als Kälber der Kontrollgruppe mit eröffneten Eihäuten. Der initiale Unterschied zwischen Tieren nach „Vaginal seeding“ und der Kontrollgruppe bei eröffneten Eihäuten basiert höchstwahrscheinlich nicht auf „Vaginal seeding“, da der Abstand zwischen „Vaginal seeding“ und der Probenentnahme zu kurz war, um Effekte zu erwarten

5.3.3.3 Kohlenstoffdioxidpartialdruck (pCO2)

Innerhalb des ersten Tages nach der Geburt kam es bei allen Tieren zu einem Abfall des pCO2 von 54,58 ± 2,77 mmHg an T0 auf 44,41 ± 1,06 mmHg an T1, ab T3 lag der pCO2 durchschnittlich bei 48,62 ± 0,43 mmHg. Dies entspricht in etwa den Ergebnis-sen anderer Studien. Hier wurden kurz nach der Geburt pCO2 Werte zwischen 45,2 - 57,3 mmHg im arteriellen Blut gemessen, bedingt durch fetale aber auch ne-onatale Asphyxie165, 166 und in der dritten bzw. sechsten Lebenswoche wurden pCO2

Werte von 45,7 und 46,5 mmHg angegeben170 bzw. 44,5 - 46,8 mmHg in den ersten 15 Lebenswochen177. Die Gruppe, der Zustand der Eihäute und die Position der Klauen bei Beginn der Sectio caesarea zeigten in Kombination mit der Zeit einen Ein-fluss auf den pCO2. Allerdings konnte hier kein eindeutiger Trend einer Gruppe oder eines Einflussfaktors ausgemacht werden.

5.3.3.4 Sauerstoffsättigung (sO2)

Die sO2 stieg innerhalb des ersten Lebenstages bei allen Tieren von 71,50 ± 5,41%

auf 90,68 ± 1,87 an T1 an. Die initiale Sättigung deckt sich mit Werten aus der

Litera-Diskussion

148

tur von 55 - 64,2% direkt nach der Geburt bzw. 55 - 80% nach 15 min147, 165. Für Käl-ber im Alter von drei Wochen wird ein sO2 von 95% angegeben170, was etwas über den Werten der vorliegenden Untersuchung liegt. In Kombination mit der Zeit zeigte der Öffnungsgrad der Cervix einen Einfluss auf den sO2, was vor allem auf niedrige-ren Werten an T0 von Kälbern mit bei Beginn der Sectio caesarea geschlossener Cervix im Vergleich zu Kälbern mit geöffneter Cervix beruht. Dies ist vergleichbar mit den Ergebnissen von Uystepruyst et al.147, wo alle Tiere direkt nach der Sectio cae-sarea unabhängig vom Geburtsfortschritt ähnliche sO2 zeigten. Bereits nach 15 min erreichten Kälber mit bei Beginn der Sectio caesarea vollständig geweiteter Cervix eine Sättigung von über 80%, Tiere, mit bei Beginn der Sectio caesarea geschlosse-ner oder nicht vollständig geweiteter Cervix, erreichten dies erst nach drei bis sechs Stunden. Auch in der vorliegenden Studie war an T1 kein Unterschied mehr zwischen den Gruppen erkennbar. Wie bei den Unterschieden bei der Atemfrequenz und dem pO2 wird dies durch fehlende Wehen und Ausschüttung von Catecholaminen erklärt147.

5.3.3.5 L-Laktat

Die L-Laktat-Werte lagen an T0 bei 8,41 ± 1,22 und sanken innerhalb der ersten drei Lebenstage auf durchschnittlich 1,12 ± 0,10 mmol/l ab. In der Literatur werden für natürlich geborene Kälber im venösen Blut Laktat Werte von 6 - 7 mmol/l genannt, die innerhalb der ersten 24 h auf 4 - 5 mmol/l absinken168. Dabei korreliert eine län-gere Dauer der Geburt und ein höheres Geburtsgewicht mit höheren L-Laktat-Werten168. Für Kälber und Jungrinder wird ein Referenzbereich von 0,6 - 2,2 mmol/l angegeben104. L-Laktat entsteht bei anaerober Glycolyse durch Sauerstoffunterver-sorgung, z.B. bei Bronchopneumonie, Labmagenverlagerung, Volvulus, aber auch in Verbindung mit Dehydratation bei neonataler Diarrhoe178, 179. Die L-Laktat-Werte der vorliegenden Arbeit lagen an T0 höher als in der Literatur berichtet. Dies lässt sich wie auch bei den anderen Blutgasparametern durch die länger andauernde Sectio caesarea erklären. Kälber, die maternales Kolostrum erhalten hatten, zeigten an T0

und T1 höhere L-Laktat-Werte im Vergleich zu Kälbern, die mit tiefgefrorenem

Kolost-149

rum versorgt wurden. Da dieser Unterschied auch schon präkolostral bestand, kann er als zufällig eingestuft werden. Die Kombination aus Gruppe und Klauenposition bei Beginn der Sectio caesarea zeigte ebenfalls einen Einfluss auf die L-Laktat-Werte; eine eindeutige Tendenz konnte hier nicht erkannt werden.

5.4 Leukozytäre Subpopulationen und Antikörper im venösen Blut

5.4.1 Kälber nach Sectio caesarea zeigen niedrigere Lymphozytenzahlen, aber ähn-liche IgG-Konzentrationen im Vergleich zu natürlich geborenen Kälbern

Im Vergleich zu einer Studie, in der Kälber spontan vaginal geboren wurden (in den ersten drei Lebenswochen: PMN: 3,12 - 8,24 x 106 Zellen/ml; Leukozyten:

8,04 - 10,4 x 106 Zellen/ml; Monozyten: 0,4 - 2,2 x 106 Zellen/ml; Lymphozyten:

2,27 - 4,36 x 106 Zellen/ml)94, zeigten die Ergebnisse der eigenen Untersuchung ähn-liche PMN-Zahlen (ab T3: 4,14 ± 0,14 x 106 Zellen/ml), geringere Leukozyten- und Monozytenzahlen (Leukozyten: 7,53 ± 0,17 x 106 Zellen/ml im Gesamtzeitraum; Mo-nozyten T0: 0,63 ± 0,06 x 106 Zellen/ml; T3: 1,32 ± 0,04 x 106 Zellen/ml) und etwa um die Hälfte verringerte Lymphozytenzahlen (T0: 0,90 ± 0,14 x 106 Zellen/ml; ab T7: 1,61 ± 0,06 x 106 Zellen/ml). Im Gegensatz dazu hatten bei Probo et al.160 per Sectio caesarea entwickelte Kälber höhere Leukozyten- (an T0: ca. 12 x 106 Zellen/ml; an T14: ca. 7,5 x 106 Zellen/ml), PMN- (an T0: ca. 8,5 x 106 Zellen/ml; an T14: ca.

4 x 106 Zellen/ml) und ähnliche Lymphozytenzahlen (an T0: ca. 3 x 106 Zellen/ml160; an T14: ca. 4,5 x 106 Zellen/ml) im Vergleich zu natürlich geborenen Kälbern. An T1

wiesen Lymphozyten und Monozyten einen leichten Abfall und anschließend einen bei Monozyten stärker ausgeprägten Anstieg auf. Einen ähnlichen zeitlichen Verlauf der Zellzahlen zeigte auch oben genannte Studie94. Auch Langel et al.16 beobachte-ten präkolostrale MNC-Zahlen von ca. 1,5 x 106 Zellen/ml und einen Anstieg auf 3,75 - 4,0 x 106 Zellen/ml an T3. In dieser Studie wurden spontangeborene Kälber mit maternalem Kolostrum gefüttert, das entweder direkt frisch verfüttert wurde oder zu-nächst in flüssigem Stickstoff schockgefrorenem und langsam wieder erwärmt wurde.

Das PMN zu Lymphozyten Verhältnis (NLR) war direkt nach der Geburt höher (an T0: 8,65 ± 1,19; ab T3: 2,88 ± 0,20) und im weiteren Verlauf ähnlich wie in einer anderen

Diskussion

150

Studie angegeben (2,89 ± 0,38 in den ersten 28 Lebenstagen)180.

Die CD4+ und CD8+ T-Zellzahlen in der vorliegenden Arbeit (CD4+T-Zellen ab T3: 0,23 ± 0,01 x 106 Zellen/ml; CD8+ T-Zellen ab T3: 0,12 ± 0,01 x 106 Zellen/ml) lagen bei ca. 1/3 der Werten aus einer anderen Untersuchung (CD4+T-Zellen:

0,5 - 1,0 x 106 Zellen/ml; CD8+ T-Zellen: 0,2 - 0,6 x 106 Zellen/ml)94. Die cM (T0: 0,40 ± 0,03 x 106 Zellen/ml; ab T3: 0,61 ± 0,01 x 106 Zellen/ml) waren im oder gering-gradig unter und die ncM Werte (T0: 0,02 ± 0,0 x 106 Zellen/ml; ab T3: 0,08 ± 0,0 x 106 Zellen/ml) geringgradig über dem Bereich der Werte von Hülsebusch94 (cM: 0,8 - 1,5 x 106 Zellen/ml; ncM: 0,025 - 0,1 x 106 Zellen/ml). Die IntM (T0: 0,05 ± 0,01 x 106 Zellen/ml; ab T3 0,25 ± 0,01 x 106 Zellen/ml) wiesen ähnli-che Werte wie Kälber einer Gruppe in der Studie von Hülsebusch94 (T0: 0,03 x 106 Zellen/ml; ab T3: 0,08 - 0,3 x 106 Zellen/ml) auf. Im Vergleich zu Langel et al.16 (CD4+T-Zellen präkolostral: 0,04 x 106 Zellen/ml; ab T3: 0,15 - 0,25 x 106 Zel-len/ml) lagen die Werte der vorliegenden Untersuchung in einem ähnlichen Bereich, aber deutlich unter denen von Kampen et al.105 (CD4+T-Zellen in der ersten Lebens-woche: 0,93 x 106 Zellen/ml; CD4+T-Zellen in der zehnten bis zwölften Lebenswoche:

1,8 x 106 Zellen/ml; CD8+ T-Zellen: 0,52 - 0,83 x 106 Zellen/ml). Kampen et al.105 be-schrieben in ihrer Studie lymphozytäre Subpopulationen und Funktion der PMN von Kälbern in den ersten sechs Lebensmonaten. Die zeitliche Entwicklung der Zellpopu-lationen war ähnlich wie in den genannten Studien16, 94, 105. Der Abfall der CD4+, CD8+ und CD4-/CD8- T-Zellen an T1 in dieser Arbeit konnte jedoch bei keiner der ge-nannten Studien nachvollzogen werden, der anschließende Anstieg dagegen schon.

Die überwiegend niedrigeren Zellzahlen aller leukozytären Populationen in der vor-liegenden Untersuchung im Vergleich zu natürlich geborenen Kälbern könnte ein Ef-fekt der Sectio caesarea sein. Allerdings beobachteten Probo et al.160 in einem direk-ten Vergleich bei Kälbern nach Sectio caesarea erhöhte Leukozydirek-ten- und PMN Wer-te, die Lymphozyten blieben unbeeinflusst. Sie erklärten dies mit einer Hyperkapnie und Hypoxie. Sie vermuten, dass der Anstieg der PMN ein Ausgleichsversuch des Immunsystems gegen die durch Stress eingeschränkte Aktivität sein könnte. Der Ab-fall der lympho- und monozytären Populationen an T1 beruht vermutlich auf einer Einwanderung der Zellen in das Gewebe, der anschließende Anstieg ab T3 auf einer

151

verzögerten Aufnahme von Zellen oder Wachstumsfaktoren aus dem Kolostrum über die offene Darmschranke. Da diese Mechanismen hier nicht weiter untersucht wur-den, bleibt dies jedoch spekulativ. Vergleichend zur vorliegenden Studie zeigten ins-besondere per elektiver Sectio caesarea entwickelte Kinder direkt nach der Geburt eine niedrigere Leukozytenzahl im Vergleich zu vaginal geborenen Kindern164. Hier wurden erhöhte Leukozytenzahlen mit einer respiratorischen bzw. metabolischen Azidose assoziiert164. Laut Collier et al.181 wiesen Kinder nach Sectio caesarea mit Wehen transient weniger Treg-Zellen als Babys nach elektiver Sectio caesarea auf.

Bei Mäusen, die per Sectio caesarea entwickelt wurden waren Treg-Zellen verringert, aber NK T-Zellen erhöht182. Jakobsson et al.38 stellten nach Sectio caesarea in den ersten zwei Lebensjahren nicht nur eine weniger diverse Mikrobiota, sondern auch weniger Th1 assoziierte Chemokine fest. Puff et al.183 konnten eine veränderte Zyto-kinantwort, tendenziell hypoinflammatorisch, bei Kindern nach Sectio caesarea im Alter von sechs Monaten nachweisen. Auch noch im Alter von zwei Jahren zeigten Kinder nach Sectio caesarea weniger CD45RO+CD4+ Gedächtnis T-Zellen und eine verminderte CD4+ T-Zellantwort auf Tetanus-Toxoid.

Vor der Kolostrumgabe wurden geringe IgG1- (1 ± 0,56 mg/ml) und IgG2-Konzentrationen (0,15 ± 0,08 mg/ml) festgestellt, was sich mit Beobachtungen aus der Literatur deckt16, 184. Nach Aufnahme von Kolostrum kam es an T1 bei allen Tie-ren zu einem deutlichen Anstieg der IgG1- (15,59 ± 1,64 mg/ml) und Konzentrationen (1,46 ±0,18 mg/ml) und eine Verschiebung des IgG1 zu IgG2-Verhältnisses auf 12,56 ± 0,55. Die IgG-Konzentrationen sind vergleichbar mit den Werten von Godden et al.185 (24h nach der Geburt IgG: 18,65 mg/ml), höheren IgG1- und ähnlichen IgG2-Konzentrationen von Langel et al.16 (am ersten Lebenstag IgG1 ca. 10 mg/ml; IgG2: ca. 1,5 - 2,0 mg/ml; IgG1/IgG2-Ratio: 5 - 6,7) oder Erhard et al.186 (nach zwölf Stunden IgG1: 9,3 mg/ml; IgG2: 0,8 mg/ml; IgG1/IgG2-Ratio: ca.

11,6), aber niedriger als bei Hülsebusch94 (nach 24 - 36 h IgG1: 17,1 - 22,9 mg/ml;

IgG2: 2,4 - 3,0 mg/ml nach 24 - 36 h; IgG1/IgG2-Ratio: ca. 7,1 - 7,6) und Hassig et al.184 (IgG: ca. 25 mg/ml am 2. Lebenstag). Ein Kalb unterschritt mit 8,42 mg/ml den Grenzwert für erfolgreichen passiven Transfer von Immunglobulinen aus dem Kolost-rum von 10 mg/ml187, mit 53 mg/ml lag es aber knapp über dem Grenzwert für

Ge-Diskussion

152

samteiweiß. Menge, Qualität und Applikationszeitpunkt des Kolostrums in der vorlie-genden Studie waren daher für eine adäquate Versorgung der Kälber mit Immunglo-bulinen ausreichend. Ab T7 lag die IgG1-Konzentration durchschnittlich bei 10 ± 0,39 mg/ml und die IgG2-Konzentration durchschnittlich bei 0,92 ± 0,04 mg/ml. Die IgG1-Konzentrationen sind damit im weiteren Verlauf höher als bei Erhard et al.186 (IgG1:

Abfall auf bis zu 4,9 mg/ml an T28; IgG2: 0,5 mg/ml an T11) und niedriger als bei Hassig et al.184 (IgG: 15mg/ml ab T17). Erhard et al.186 beschrieben unter anderem IgG1 und IgG2-Konzentrationen von Kälbern in den ersten 77 Lebenstagen. Hassig et al.184 untersuchten die Entwicklung von maternalen und endogenen IgG-Konzentrationen bei Kälbern in den ersten sechs Lebensmonaten.

5.4.2 Der Fortschritt der Geburt bei Beginn der Sectio caesarea beeinflusst die Zell-zusammensetzung des venösen Blutes und die IgG-Konzentrationen

Das Fortschreiten der Geburt wurde über die Parameter Öffnungsgrad der Cervix (geschlossen/ geöffnet), Zustand der Eihäute (intakt/ eröffnet) und Position der Klau-en (intrauterin/ intravaginal/ intravulvär) bei Beginn der Sectio caesarea bestimmt.

Um eine bessere Übersicht zu geben, werden oben genannte Parameter zusam-mengefasst und im Folgenden nur noch von fortgeschrittener bzw. nicht fortgeschrit-tener Geburt gesprochen.

Kälber mit nicht fortgeschrittener Geburt bei Beginn der Sectio zeigten an T10 und T17

mehr Monozyten und an T3 und T28 weniger Lymphozyten innerhalb der Kontroll-gruppe. Innerhalb der Gruppe der Kälber nach „Vaginal seeding“ waren bei nicht fortgeschrittener Geburt die Leukozyten an T1, T3 und T14 und ohne Aufteilung auf die Gruppen waren die PMN an T1, T3 und T10 und die CD4-/CD8- T-Zellen an T14, T15, T21 und T24 erhöht. Die IgG1-Konzentration war an T3 bei nicht fortgeschrittener Ge-burt höher und die IgG2-Konzentration zeigten numerisch höhere Werte in den ers-ten Tagen nach der Abkalbung als bei fortgeschriters-tener Geburt, hier insbesondere innerhalb der Kontrollgruppe. Pauschal kann zusammengefasst werden, dass Käl-ber, die bei einer nicht fortgeschrittenen Geburt per Sectio caesarea entwickelt wer-den, eher höhere Leukozytenzahlen bzw. IgG Konzentrationen aufwiesen als bei ei-ner fortgeschrittenen Geburt. Dies widerspricht den Ergebnissen eiei-ner

humanmedizi-153

nischen Studie, wo die Anzahl an Leukozyten von Kindern nach Sectio caesarea be-sonders, wenn noch keine Wehen eingesetzt hatten, unter denen von natürlich gebo-renen Kindern lagen164. Während der Geburt kommt es durch die Wehen unter ande-rem zu einer Ausschüttung von Catecholaminen, die wiederum zu einer Leukozytose führen können188. Auch bei Kälbern setzt eine Sectio caesarea nach fortgeschrittener Geburt das Kalb den mechanischen und hormonellen Einflüssen der Wehen und damit verbunden vermehrtem Stress aus147. Jacob et al.82 stellten bei Kälbern eine negative Korrelation zwischen der Anzahl an Lymphozyten und der Cortisol Konzent-ration, als Indikator für Stress, fest. Das Fortschreiten der Geburt führt nicht nur zu vermehrtem Stress, sondern bedeutet auch ein Kontakt mit der maternalen vaginalen Mikrobiota. Die intestinale Mikrobiota ist maßgeblich an der Entwicklung des neona-talen Immunsystems beteiligt. In der Humanmedizin wurde nach Sectio caesarea eine verzögerte Besiedlung durch Lactobacillus spp., Bifidobacterium spp. und Bac-teroides spp. und eingeschränkte Diversität der Mikrobiota festgestellt3, 4. Bei Bact.

fragilis konnte eine Beeinflussung von Treg-Zellen und eine antiinflammatorische Wirkung nachgewiesen werden15, 66. Da die intestinale Mikrobiota in dieser Arbeit noch nicht untersucht wurde und zudem nur von humanen oder murinen Ergebnis-sen extrapoliert werden kann, sind hier keine eindeutigen Aussagen möglich.

In einigen Studien wurde ein Zusammenhang zwischen erniedrigten IgG-Konzentrationen und erhöhter Herzfrequenz, hohen Cortisol IgG-Konzentrationen, respi-ratorischer Azidose bzw. hohem pCO2 gefunden189-191, dies würde zu den niedrigeren IgG-Gehalten bei den Kälbern nach Sectio caesarea mit fortgeschrittener Geburt in der vorliegenden Untersuchung passen. Die Azidose wird allerdings nicht als Ursa-che für schlechte IgG Resorption angesehen. Diese Aussage wird dadurch unter-stützt, dass eine intravenöse Applikation von Natriumbicarbonat nicht die IgG Kon-zentration beeinflusste192. Die Gabe von Natriumbicarbonat in das Kolostrum in ver-schiedenen Studien dagegen führte zu höheren IgG Werten bei Kälbern192-194. Dieser Effekt wird mit der Beobachtung erklärt, dass zum einen die Zugabe von Natriumbi-carbonat eine hemmende Wirkung auf das Wachstum von E. coli im Kolostrum hat, zum anderen aber auch eine verringerte IgG Aufnahme bei vermehrten Vorhanden-sein von Bakterien im Darm, vermutlich durch unspezifische Pinozytose, beobachtet

Diskussion

154

wurde193, 195. Analog zu Beobachtungen zum Einfluss der kolostralen Mikrobiota könnte die frühe intestinale Mikrobiota zu Bindung von IgG, Störung der IgG Rezep-toren und Verlust resorptionsfähiger Enterozyten führen158, 196, 197. Daher können die Unterschiede in den IgG1-Konzentration in Abhängigkeit von Klauenposition und Öffnungsgrad der Cervix über einen intensiveren Kontakt mit der maternalen Vagi-nalflora und damit eine frühere und stärkere Besiedlung des Kälber Darms erklärt werden.

5.4.3 Die Herkunft und Qualität des Kolostrums beeinflusst die