• Keine Ergebnisse gefunden

Einflussfaktoren auf die humane enterische Mikrobiota

2.2 Humane enterische Mikrobiota

2.2.2 Einflussfaktoren auf die humane enterische Mikrobiota

Einflussfaktoren auf die enterische Mikrobiota des Babys sind während der Schwan-gerschaft unter anderem die Genetik, maternale Ernährung und Körpergewicht, Ein-satz von Antibiotika, Stress, Rauchen und Zahnstatus der Mutter4, 39, 41. Eine fettrei-che Ernährung der Mutter führt unter anderem zu einer Reduktion von Bacteroi-des spp. und einer Zunahme von Enterococcus spp. im Mekonium37. Chu et al.42 konnten zeigen, dass diese Veränderungen bis zur vierten bis sechsten Lebenswo-che bestehen bleiben. Das enterisLebenswo-che Mikrobiom von übergewichtigen Schwangeren ist im Vergleich zu normalgewichtigen deutlich verändert, insbesondere die Zunahme von E. coli und Abnahme von Bifidobacterium spp. ist auffällig37. Kinder übergewich-tiger Mütter zeigen eine veränderte intestinale Mikrobiota mit einer Verschiebung zu Bacteroides spp. und Staphylococcus spp. im ersten und sechsten Lebensmonat, erniedrigte Gammaproteobacteria in der zweiten Lebenswoche bzw. Proteobacteria am zweiten Lebenstag, was u. a. auf einen Mangel an Mikronährstoffen (z.B. Eisen)

Literatur

8

zurückgeführt wird37. Die veränderte Mikrobiota dieser Babys bleibt bis zum Klein-kindalter bestehen37.

Bei Mäusen konnte gezeigt werden, dass Stress während der Trächtigkeit die Menge an Lactobacillus spp. in der maternalen Vaginalflora verändert und damit durch verti-kale Übertragung auch die Darmflora der Nachkommen43.

2.2.2.2 Peripartaler Zeitraum

Unabhängig von der Art der Entbindung kommt es peripartal durch hormonelle Ver-änderungen, besonders Abnahme von Östrogen, zu einer Änderung der Mikrobiota der Mutter44. Die Artenvielfalt der intestinalen Mikrobiota der Mutter nimmt insgesamt ab und das Vorkommen von Proteobacteria und Actinobacteria nimmt zu45. Auch das vaginale Mikrobiom der Mutter wird weniger divers46. Andere Studien zeigten, dass sich lediglich die Vaginalflora im peripartalen Zeitraum verändert47.

Der Geburtszeitpunkt beeinflusst die Mikrobiota. Bei prämatur geborenen Babys ist die Besiedlung des Darms mit Bacteroides spp. und Bifidobacterium spp. stark ver-zögert bzw. Staphylococcus spp. und Clostridium spp. treten verstärkt auf. Bedingt wird dies vor allem dadurch, dass diese Kinder meist per Kaiserschnitt geboren, kurz nach der Geburt in sehr keimarme Umgebung gebracht werden und häufig Antibioti-ka erhalten18, 48

Die Art der Entbindung hat einen entscheidenden Einfluss auf die Mikrobiota des Kindes3, 30. Der deutlichste Unterschied im Mikrobiom wurde zwischen vaginaler Ge-burt und elektivem Kaiserschnitt ohne vorhergehende Wehen festgestellt19. Während einer natürlichen Geburt hat das Kind Kontakt zur vaginalen und intestinalen Mikro-biota der Mutter, was zu einer Kolonisierung des Darms insbesondere mit Lactobacil-lus spp., Prevotella spp. und Bifidobacterium spp. führt30. Diese Übertragung der Mik-robiota fehlt während eines Kaiserschnitts. Hier wird der Darm der Babys durch Um-weltkeime, besonders durch Vertreter der Mikrobiota der Haut, wie Staphylococcus spp., Streptococcus spp. und Propionibacterium spp., besiedelt. Die Besiedlung durch Lactobacillus spp., Bifidobacterium spp. und Bacteroides spp. ist verzögert und der Reichtum bzw. die Diversität der Mikrobiota stark eingeschränkt. Weiterhin

kom-9

men weniger gesundheitsfördernde und vermehrt pathogene Keime in der Mikrobiota bei Babys nach Sectio caesarea vor1-4, 30. In einigen Studien konnte initial im Meko-nium kein Unterschied festgestellt werden, zeitlich verzögert traten jedoch Unter-schiede zwischen vaginal und per Sectio caesarea entwickelten Kindern auf. Bei Wampach et al.49 war dies ab dem dritten Lebenstag erkennbar. Häufig nehmen die-se Unterschiede mit zunehmendem Alter der Kinder ab. Nach die-sechs Wochen19, vier Monaten50 bzw. sechs Monaten51 gleichen sich die intestinalen Mikrobiota von vagi-nal und per Sectio caesarea entwickelten Kindern. Bei Stokholm et al.52 waren nach einem Monat Unterschiede weniger ausgeprägt und nach einem Jahr keine mehr nachweisbar. Andere Studien haben jedoch bis zum siebten Lebensjahr eine Dysbi-ose bei Kindern nach Sectio caesarea feststellen können53, 54.

Bestimmte Faktoren erschweren jedoch den Vergleich des Mikrobioms zwischen va-ginal und per Kaiserschnitt entwickelten Kindern. Der Zeitpunkt der Sectio caesarea spielt eine wichtige Rolle, da Wehen z. B. über einen Anstieg proinflammatorischer Zytokine, aber auch das Eröffnen der Eihäute das Mikrobiom beeinflussen können48,

55. Weiterhin werden im Zuge von Kaiserschnitten der Mutter gewöhnlich Antibiotika verabreicht, dies geschieht häufig intrapartum, meist erst nachdem die Nabelschnur durchtrennt wurde, teilweise aber auch schon vor Operationsbeginn48. Ebenso kann die Art der Nahrung einen Einfluss haben, da nach Sectio caesarea die Kinder häufig vorübergehend oder auch langfristig mit Säuglingsnahrung gefüttert werden48.

2.2.2.3 Postnataler Zeitraum

In der späteren Entwicklung hat die Umwelt einen großen Einfluss auf die intestinale Mikrobiota. Konya et al.56 konnten zeigen, dass die intestinalen Mikrobiota der Kinder und bakterielle Aerosole ihrer Umgebung sich ähneln und vermuteten eine Übertra-gung der Bakterien des Staubs auf die Kinder. Auf Neugeborenenintensivstationen konnte nachgewiesen werden, dass die Umgebungsflora und die intestinale Mikrobi-ota der stationären Babys einander gleichen, hier wurde hingegen daraus geschlos-sen, dass die Kinder und das Pflegepersonal ein Reservoir für die Umgebungskon-tamination darstellen57. Weiterhin hat die Zusammensetzung des Haushalts starken

Literatur

10

Einfluss auf die intestinale Mikrobiota von Kindern. Azad et al.58 konnten zeigen, dass bei Kindern in Haushalten mit Haustieren Diversität und Reichtum der intestina-len Mikrobiota höher waren, als in Haushalten ohne Tiere, dabei traten Bifidobacteri-aceae verringert und PeptostreptococcBifidobacteri-aceae vermehrt auf. Die Anzahl der Kinder in einem Haushalt korreliert positiv mit dem Reichtum und Diversität der intestinalen Mikrobiota, insbesondere in Bezug auf Firmicutes und Bacteroidetes59. Dagegen führt das Vorhandensein von älteren Geschwistern zu einer verminderten Diversität und Reichtum der intestinalen Mikrobiota und einem verringerten Auftreten von Pep-tostreptococcaceae58. Bei Erstgeborenen Kindern wurde eine vermehrte Besiedlung durch Clostridium spp. und Enterobacteriaceae (ausschließlich E. coli) und vermin-dertes Vorkommen von Bifidobacterium spp. nachgewiesen60, 61.

Ein weiterer großer Einflussfaktor in der Entwicklung der enterischen Mikrobiota ist die Ernährung der Kinder nach der Geburt4. Muttermilch enthält 109 Mikroorganis-men/ l30, vor allem Bifidobacterium spp., Lactobacillus (L.) rhamnosus, L. gasseri, L.

plantarum, L. fermentum und Enterococcus faecium55. Mit Milchaustauscher gefütter-te Babys zeigen eine reduziergefütter-te Zahl Bifidobacterium spp. und Lactobacillus spp., aber erhöhte Menge Bacteroides spp. und Enterobacteriaceae55. Muttermilch enthält zudem Oligosaccharide, die präbiotisch wirken und deren Zusammensetzung auch die Zusammensetzung der Bakterien beeinflussen3, 30. Oligosaccharide und andere bifidogene Substanzen der Muttermilch fördern die Besiedlung durch Bifidobacterium spp.3, 18. Auch Lysozyme, Lactoferrin und sekretorisches IgA aus der Muttermilch beeinflussen die Mikrobiota der Kinder30. Insbesondere der Zeitpunkt des Absetzens beeinflusst die Mikrobiota, so nimmt beispielsweise die Anzahl an Clostridium (C.) leptum ab, je länger ein Kind gestillt wird61. Das Vorhandensein bestimmter Nährstof-fe bestimmt auch später im Leben die Zusammensetzung der intestinalen Mikrobiota („restaurant hypothesis“) und damit auch die Entwicklung von Signalwegen, die durch die Mikrobiota beeinflusst werden62.