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Das Auftreten von neonataler Diarrhoe beeinflusst monozytäre und

5.1 Studiendesign

5.4.4 Das Auftreten von neonataler Diarrhoe beeinflusst monozytäre und

IgG2-Konzentration

Kälber der Kontrollgruppe, die ausschließlich pastösen-dünnbreiigen Kot aufwiesen, zeigten besonders in den ersten Lebenstagen (T1, T3) häufiger höhere CD4+ und CD4-/CD8- T-Zellzahlen, Kälber nach „Vaginal seeding“ mit ausschließlich pastösem-dünnbreiigem Kot dagegen an T21 häufig weniger CD4+ T-Zellzahlen als Kälber mit jeweils wässrigem Kot. Kälber mit mindestens einmalig wässrigem Kot zeigten mehr cM (T31) und mehr intM (T7, T10, T14).

Entgegen den Ergebnissen der vorliegenden Studie beobachteten Ohtsuka et al.205 bei Wagyu-Kälbern, die später Diarrhoe entwickelten, am Tag der Geburt weniger γδ- und CD8+ T-Zellen. In der vorliegenden Studie wurden an Durchfall erkrankte Tiere überwiegend aufgrund des Kryptosporidiennachweis mit Halofuginon behan-delt. Halofuginon hemmt die Ausschüttung von TGFβ, INFγ und TGFα, hemmt NF-κB

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und die Apoptose aktivierter T-Zellen. Es hemmt außerdem die Funktion von naiven, Gedächtnis und Effektor T-Zellen, dabei sind CD4+ T-Zellen stärker betroffen als CD8+ T-Zellen und die T-Zell Chemotaxis bleibt unbeeinflusst206. Halofuginon hemmt weiterhin die Differenzierung proinflammatorischer Th17-Zellen207. Dagegen spricht, dass die CD4+ T-Zellen bei Kälbern nach der Behandlung mit Halofuginon im späte-ren Zeitraum der Untersuchung höher war, als bei unbehandelten Tiespäte-ren.

Tiere, die mindestens einmalig wässrigen Kot aufwiesen, zeigten ein kleineres IgG1 zu IgG2-Verhältnis (T1, T10, T14). In einigen Studien wurde ein Zusammenhang zwi-schen hohen IgG-Konzentrationen und weniger Tagen mit Durchfall bzw. niedrigen IgG-Konzentrationen und dem Auftreten von Durchfall festgestellt158, 197, 208, 209. In anderen Arbeiten konnte dieser Zusammenhang nicht beobachtet werden157, 210.

5.4.5 „Vaginal seeding“ und Kälber der Kontrollgruppe zeigen nur gegen Ende des Versuchszeitraumes Unterschiede in der Zusammensetzung lymphozytärer Subpopulationen

Kälber nach „Vaginal seeding“ zeigten einem Anstieg der PMN an T1, mit höheren Werten als Kälber der Kontrollgruppe. Dadurch stieg auch die NLR bei der Gruppe

„Vaginal seeding“ im Gegensatz zur Kontrollgruppe an T1 an und fiel anschließend wieder ab; Kälber nach „Vaginal seeding“ zeigten eine stärker in Richtung PMN verschobene NLR. In der Literatur94 werden ein Abfall der PMN ab T1, wie bei der Kontrollgruppe, oder gleichbleibende Werte beschrieben. Ab T24 zeigte die Gruppe einen Einfluss auf die CD4+ und CD8+ T-Zellzahlen mit numerisch höheren Werten in der Kontrollgruppe als bei Kälbern nach „Vaginal seeding“.

In der Humanmedizin wird nach Sectio caesarea eine veränderte intestinale Mikrobi-ota beschrieben. Fehlender Kontakt zur maternalen vaginalen und fäkalen Flora wird als Ursache für eine von typischen Hautkeimen geprägte intestinale Mikrobiota die-ser Kinder gesehen1, 3, 4. Per Sectio caesarea geborene Kinder wiesen eine weniger diverse Mikrobiota auf. Der Kontakt der intestinalen Mikrobiota mit Intraepithelialen T-Zellen wird mit einer Differenzierung von Foxp3+ Treg-Zellen und Immunmodulation in Verbindung gebracht. Bact. fragilis wird beispielsweise nicht nur lokale Wirkung nachgewiesen, sondern führt zusätzlich zu einer Zunahme peripherer CD4+ T-Zellen,

Diskussion

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besonders Th1-Zellen211. Veränderungen der Mikrobiota können somit eine verän-derte Prägung des Immunsystems verursachen und gelten als ein Faktor für gehäuf-tes Auftreten unter anderem von Allergien, Diabegehäuf-tes Typ I und Zöliakie4. Mit „Vaginal seeding“ konnte bei Babys nach Sectio caesarea eine Annäherung an die intestinale Mikrobiota natürlich geborener Kinder erreicht werden1. Dabei wurde jedoch nur der erste Lebensmonat der Kinder betrachtet und lediglich bakteriologische Proben ent-nommen und keine immunologischen Untersuchungen durchgeführt.

Literaturangaben bezüglich der Entwicklung der intestinalen Mikrobiota beim Rind schwanken stark, beschreiben aber zwischen der zweiten bis fünften Lebenswoche eine Umstellung von einer neonatalen, Milch umsetzenden Mikrobiota zu einer adul-ten Mikrobiota6, 67, 68, 74. Oikonomou et al.67 stellte beispielsweise unter anderem eine Zunahme von Bacteroides spp. ab der 4. Lebenswoche fest. Ab ca. T24 könnte bei Kälbern dieser Studie ein kritischer Zeitpunkt für die Veränderung ihrer intestinalen Mikrobiota im Rahmen einer langsamen Futterumstellung sein. Eine weniger diverse und damit meist weniger stabile intestinale Mikrobiota wäre besonders in so einem Zeitraum anfälliger für Schwankungen in ihrer Zusammensetzung oder für die unge-hinderte Vermehrung einzelne Bakterienstämme. In der Kontrollgruppe könnte es durch Vermehrung bestimmter Bakterien zu höheren CD4+ und CD8+ T-Zellzahlen gekommen sein. Die Zunahme der Lymphozyten und lymphozytären Subpopulatio-nen kommt durch verändertes Migrationsverhalten in Gewebe oder sekundäre lym-phatische Organe, vermehrte Bildung im Knochenmark oder verlängerte Lebensdau-er zustande. Die Lebensdau-erhöhten Zahlen dLebensdau-er lymphozytären Subpopulationen gegen Ende des Versuchszeitraumes könnten auch mit der Zunahme der CD4+ und CD8+ T-Zellen nach Gabe von Zylexis® in Zusammenhang stehen. Erhöhte Lymphozytenzah-len wurden in der Humanmedizin bei Hypoxie212 beobachtet und werden bei einigen Tumoren mit einer günstigen Prognose assoziiert213, 214, niedrige Lymphozytenzahlen dagegen mit schwereren Krankheitsverläufen bei Infektionen215, 216. Der Anstieg der PMN an T1 könnte auf einer verbesserten Aufnahme von Zellen aus dem Kolostrum beruhen oder über kolostrale Zytokine und Wachstumsfaktoren die Zellproliferation und Migration stimulieren. „Vaginal seeding“ könnte zu einer schnelleren, diverseren initialen Besiedlung des Darms geführt haben, die diese Aufnahme unterstützt. Auf

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der anderen Seite wurden hinsichtlich der Aufnahme kolostraler IgG eher nachteilige Effekte einer starken mikrobiellen Besiedlung beobachtet158, 191, 197. Der Einfluss der intestinalen Mikrobiota auf andere Inhaltsstoffe des Kolostrums wurde jedoch bisher nicht untersucht. Ein Anstieg der NLR wird in der Humanmedizin mit einer proin-flammatorischen Immunantwort assoziiert und beispielsweise bei Babys mit neonata-ler Sepsis beobachtet202, 203, 217. Kälber nach „Vaginal seeding“ könnten daher eine ungewöhnlich starke Reaktion auf die schnellere und stärker ausgeprägtere Besied-lung des Darms zeigen.

5.4.6 „Vaginal seeding“ beeinflusst die Serumkonzentration an IgG2-Antikörpern

„Vaginal seeding“ zeigte keinen Einfluss auf die IgG1-Konzentration, aber die IgG2-Konzentrationen und auch die AUC der Kontrollgruppe lagen über denen nach „Va-ginal seeding“. In der Humanmedizin und bei Mäusen wurde durch Kolonisierung der Mikrobiota, insbesondere mit gramnegativen Bakterien, eine B-Zell Stimulierung und Vergrößerung des Immunglobulin Repertoires festgestellt218. Dabei veränderten sich die IgA nicht, das IgG-Repertoire vergrößerte sich219 und IgE nahm ab220. Bei Käl-bern wurde nach Zufütterung von Probiotika in den ersten fünf Lebenswochen und daraus resultierender Zunahme von Lactobacillus spp. und Bifidobacteriaceae im Darm keine Veränderung in der IgG- und IgA-Konzentration beobachtet221. Aufgrund einer Halbwertszeit von 10,1 ± 8,9 Tagen184 stammen die IgG in den ersten Tagen nach der Geburt vor allem aus dem maternalem Kolostrum. Nach 28 Tagen stellen maternale Immunglobuline noch immer die Hälfte der Gesamtimmunglobuline dar184, von daher können Effekte, die die Neubildung von IgG beeinflussen, erst nach die-sem Zeitraum deutlich werden. Die Unterschiede in den IgG2-Konzentrationen an T0

können als zufällig eingestuft werden. Die anschließend höheren IgG2-Werte der Kontrollgruppe ab T1 sind vermutlich auf eine unterschiedliche Resorptionsfähigkeit der Gruppen zurückzuführen. Das Vorhandensein von Bakterien beeinflusst die Resorption negativ, was in diesen Studien auf Bindung von IgG, Störung der IgG-Rezeptoren und verfrühte Zellerneuerung und damit Verlust resorptionsfähiger Enterozyten zurückgeführt wird158, 196, 197; eine andere Studien konnte diesen Effekt nicht nachvollziehen157. Diese Studien unterschied jedoch nicht unter Kommensalen und pathogenen Bakterien im Kolostrum157, 158, 196, 197. “Vaginal seeding“ und

insbe-Diskussion

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sondere das Wischen durchs Maul könnte zu einer früheren oder stärkeren mikro-biellen Besiedlung des Darmes geführt haben, die die IgG Aufnahme aus dem Kolos-trum verändert haben könnte. IgG1 stellt die Antikörperantwort vor allem auf lösliche Protein Antigene und Membranproteine dar, IgG2 die Antwort auf bakterielle Kapsel-Polysaccharide222. IgG1 ist der Hauptanteil der Immunglobuline, daher wird ein IgG1-Mangel meist mit einer grundsätzlichen Hypogammaglobulinämie gleichgesetzt. In der Humanmedizin wurde beobachtet, dass ein IgG2-Mangel meist mit einem IgG4- und IgA-Mangel einhergeht und dies häufig bei Patienten mit chronischer Atemwegs-infektion mit bekapselten Bakterien auftritt. Andererseits zeigen viele Menschen mit IgG2-Mangel keine klinischen Symptome223. Kälber nach „Vaginal seeding“ wiesen zwar niedrigere IgG2-Konzentrationen auf, diese waren jedoch noch im Normalbe-reich186.

5.4.7 „Vaginal seeding“ beeinflusst die Zusammensetzung lymphoyztärer und mo-nozytärer Subpopulationen und das IgG1 zu IgG2-Verhältnis nach Gabe von Zylexis®

Nach Gabe von Zylexis® zeigten Kälber der Kontrollgruppe einen Anstieg der CD4+ und CD8+ T-Zellen, Kälber nach „Vaginal seeding“ zeigten gleichbleibende Werte.

Kälber nach „Vaginal seeding“ zeigten nach Gabe von Zylexis® einen Anstieg der cM und gleichbleibende intM; Kälber der Kontrollgruppe zeigten dagegen einen Abfall der cM. Die cM und intM waren am ersten Tag nach Gabe von Zylexis® bei den Käl-bern nach „Vaginal seeding“ höher als in der Kontrollgruppe. Vor und nach Gabe von Zylexis® zeigten Kälber der Kontrollgruppe höhere IgG2-Konzentrationen und ein in Richtung IgG2 verschobenes IgG1 zu IgG2-Verhältnis im Vergleich zu Tieren nach

„Vaginal seeding“. Dadurch, dass schon vor Gabe von Zylexis® ein Unterschied zwi-schen den IgG2-Konzentrationen vorlag, wird dieser Effekt nicht den Auswirkungen von Zylexis® zugeordnet.

Zylexis®, attenuiertes Parapox ovis, wirkt als Immunomodulator auf das angeborene Immunsystem, insbesondere die Phagozytose, die NK-Zellen und die Zytokinfreiset-zung. Dies geschieht über Epitope der Virushülle ohne eine Vermehrung des Virus224, 225. Parapox ovis agiert als Superantigen, es kommt zu einer

antigenunzpe-161

zifischen, vermutlich Rezeptor-mediierten Aktivierung von T-Zellen, insbesondere CD4+ T-Zellen226, 227. Bei Hunden führt die Applikation von Parapox ovis zu einer vor-rübergehenden Produktion von nicht-neutralisierenden IgG, spezifisch für das attenu-ierte Parapox ovis und noch nach vier Jahren gesteigerten oxidativen Burst von Mo-nozyten und PMN228. Castrucci et al.229, 230 stellten fest, dass Kälber nach Gabe von Parapox ovis bei direkter Infektion bzw. bei Kontakt zu infizierten Tieren mildere oder keine Symptome einer BHV1-Infektion zeigten und auch wesentlich weniger Erreger ausschieden. Diese Tiere wiesen keine erhöhten Antikörper-Titer am Ende des Ver-suchszeitraumes auf. Der Anstieg der T-Zellen nach Gabe von Zylexis® konnte in der vorliegenden Untersuchung bestätigt werden, allerdings nur in der Kontrollgruppe.

Wahrscheinlich ist es in Folge von „Vaginal seeding“ zu einer Immunmodulation ge-kommen, die vermutlich auf Unterschieden in der Mikrobiota beruht. Der Anstieg der Monozyten bei den Kälbern nach „Vaginal seeding“ nach Gabe von Zylexis® wird in der Literatur nicht beschrieben. Ein Einfluss von Zylexis® auf den IgG-Gehalt konnte in der vorliegenden Studie nicht bestätigt werden.

Bei Impfungen konnte ebenfalls ein Einfluss der Mikrobiota gezeigt werden. Domi-nierten Bifidobacterium spp. die intestinale Mikrobiota, zeigten Kleinkinder eine stär-ker adaptive Immunantwort auf die orale bzw. parenterale Impfung gegen Polio, Te-tanus Toxoid, Hepatitis B Virus und Bacille Calmette-Guérin231, bei Enterobacteria-les, Pseudomonadales oder Clostridiales dagegen war die Immunantwort besonders schwach. Waren besonders Bacilli wie beispielsweise Streptococcus bovis vorhan-den kam es zu einer stärkeren humoralen Antwort auf Rotavirus-Impfung, bei Impf-versager dominierten dagegen häufig Bacteroidetes232.