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Pferdesportarten werden, ebenso wie andere Freizeitaktivitäten, häufig im Freien ausgeübt und können damit Auswirkungen auf die natürlichen Ressourcen – Fauna, Flora, speziell in den Wäldern – haben, beispielsweise durch Emissionen aus Pferdemist und den Transport der Pferde mit Motorfahrzeugen an Veranstaltungen. Mögliche Schäden hängen stark vom Verhal-ten der Sportler und der Halter ab und vom Ausmass und der Dauer der sportlichen Aktivität.

In den meisten Fällen ist es möglich, die Interessen des Umweltschutzes mit denjenigen des Sports, der Freizeitaktivitäten und des Tourismus zu vereinbaren.

Die Zahl der Pferde in Wohnzonen kann aus Gründen der Störung (Geruch, Lärm) und wegen der Insekten, die sie vor allem im Sommer und im Herbst anziehen, begrenzt werden. Das Bundesgericht hat geurteilt, dass die Haltung von zwei Pferden in einer ländlichen Wohnzone mit der Zweckbestimmung dieser Zone vereinbar ist75. Die Broschüre „Pferde und Raumpla-nung“ des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET) gibt an, dass die Haltung von drei oder vier Equiden in einer Wohnzone annehmbar ist, sofern eventuellen Problemen wegen Störun-gen vorgebeugt wird und die gesetzlichen Bestimmung über den Tierschutz eingehalten wer-den.

Es soll auch darauf hingewiesen werden, dass das Pferd Überträger verschiedener Krankhei-ten sein kann. Das Bundesamt für Gesundheit berichtet insbesondere über einen

75 http://www.jgk.be.ch/site/fr/agr_bauen_fragen_baurecht.pdf

Bericht der Arbeitsgruppe Pferdebranche 105 bruch von Trichinellose-Fällen76 beim Menschen, vor allem in Frankreich und Italien, aber auch in Deutschland, die auf den Genuss von Pferdefleisch zurückzuführen sind77. In der Schweiz ist das Infektionsrisiko für die Konsumenten dank der Fleischkontrolle im Schlachthaus und bei der Einfuhr sehr gering.

Gleich dem Menschen kann das Pferd versehentlich78 Wirt des West-Nil-Virus werden. Es handelt sich um eine seit den 60er Jahren in Frankreich auftauchende Krankheit, deren Verbreitungsmuster auf dem Planeten sich vor kurzem verändert hat. Für unsere Breitengra-den kommt auch die mögliche Übertragung von Mykosen (Trichophyton mentagrophytes) und der Pferde-Leptospirose auf den Menschen in Frage sowie das Risiko von Tetanus. Weiter kann das Pferd Atemwegserkrankungen allergischer Natur auslösen.

12.1.1 Pferdesport im Freien

Reiten und Fahren gehören zu den im Freien ausgeübten Freizeitaktivitäten der Bevölkerung.

Die Nutzung der Natur als Ort der Erholung hat verschiedene Motive. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat eine Strategie ausgearbeitet, die aus zwölf verschiedenen qualitativen Zielen besteht, die attraktive Freizeitzonen gewährleisten, den Sporttourismus und den richti-gen Umgang mit der Natur fördern und gleichzeitig Störunrichti-gen und Schäden vermeiden sollen.

Wir haben weiter oben gesehen, dass das Hauptmotiv der Reitsportler die Freude am Kontakt mit dem Pferd und der Natur ist. Eine neue Studie des BAFU (Zeidenitz 2005) zeigt auf, dass die befragten Personen in erster Linie - neben Ruhe und Entspannung - Gesundheit, Aufent-halt in der Natur und Entdecken schöner Landschaften angeben. Die meisten Sportler sind sich bewusst, dass die Ausübung ihres Sports ein Problem sein könnte, sind aber gegenüber Reglementen und Verboten negativ eingestellt. 6.8 % der 1’340 befragten Personen geben an, jede Woche mindestens 1 Mal Pferdesport in der Natur zu betreiben. Diese Entspannungs-möglichkeit wird als sehr wichtig bezeichnet. Diese Freizeitaktivität steht auf dem 21. Platz, nach Tätigkeiten wie Vögel füttern oder Sportarten wie Velofahren, Jogging, Wintersport, Schwimmen und Segeln.

Das BAFU79 ist der Ansicht, dass das Reiten im Vergleich zu anderen Sportarten wenig um-weltschädlich- oder störend ist. Probleme tauchen dann auf, wenn in einem begrenzten Um-feld sehr viel geritten wird: Zerstörung der Biotope, Bodenschäden und Erosion (vor allem bei schlechtem Wetter). Reiter sind oft als Paare unterwegs, wodurch Schäden an Wegrändern und Böschungen verursacht und die Wege um mehrere Meter verbreitert werden können. Das Reiten kann die wilde Fauna stören, besonders im Morgen- und Abendgrauen und während der Brut- und Aufzuchtperiode (vor allem in Frühling und im Frühsommer). Weniger Probleme gibt es in den Monaten September bis Dezember (sofern der Boden nicht verschneit ist), in der Mitte des Vormittags und am Nachmittag, sowie in Zonen mit intensiver Landwirtschaft und in der Nähe von Ortschaften.

Das Netz der Reitwege ermöglicht es, bestimmte sensible Zonen vor übermässiger Nutzung zu schützen und die Reiter auf den Reichtum und die Anfälligkeit der natürlichen Umwelt aufmerksam zu machen. Um Schäden und Störungen zu vermeiden, rät des BAFU, den ausgewiesenen Wegen zu folgen und keine Abkürzungen zu benützen, die Wiesen an den Wegrändern nicht zu zertrampeln, empfindliche Habitate (Naturreservate und andere) und die Fauna und die Flora in Ruhe zu lassen (keinen unnötigen Lärm machen, der die wilde Faune aufschrecken könnte).

76 Die Trichinellose (Trichinose) ist eine Zoonose, die durch Parasiten verursacht wird, welche durch den Konsum von rohem oder ungenügend gekochtem Fleisch bestimmter Tiere (Schwein, Wildschwein, Pferde und Wildtiere wie Bären, Füchse oder Dachse) in den menschlichen Organismus gelangen. Die sichersten Präventionsmassnahmen sind Kochen und Einfrieren. Die letzten Fälle waren auf den Genuss von Schweinefleisch zurückzuführen.

77 http://www.bag.admin.ch/verbrau/lebensmi/infos/f/fleischkonsum_trichinellose.htm

78 Das Pferd und der Mensch sind epidemiologische Sackgassen, d.h. dass keine direkte Übertragung vom Pferd auf den Menschen und von Mensch zu Mensch möglich ist.

79 http://www.umwelt-schweiz.ch/buwal/fr/fachgebiete/fg_sport/sporttreiben/reiten/index.html

Ein weiteres Thema sind die gesetzlichen Vorschriften bezüglich des Strassenverkehrs80. Im Allgemeinen gelten für gerittene, eingespannte oder an der Hand geführte Pferde dieselben Regeln wie für Motorfahrzeuge hinsichtlich Verkehr und Bewegung. Hingegen dürfen Pferde auf Wegen verkehren, die für Motorfahrzeuge und Fahrräder verboten sind.

Was den Wettkampfsport betrifft, hat die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) 2006 in Kuala Lumpur einen Verhaltenskodex81 unterzeichnet, der die Grundprinzipien betreffend Umweltschutz und Wohlergehen der Pferde festlegt. Der Umweltschutz hat Vorrang vor den technischen Erfordernissen der verschiedenen Wettkampfdisziplinen. Infrastrukturen müssen harmonisch den lokalen Gegebenheiten angepasst werden, Wasser und Energieressourcen müssen auf nachhaltige Weise bewirtschaftet werden, die Abfallverwertung muss effizient sein, die Wirkung auf die Umwelt muss untersucht werden, Concours mit Pferden müssen so organisiert sein, dass Naturreservate und ländliche Zonen geschont werden. Ein weiteres dringliches Anliegen der FEI ist die Verwendung von umweltschonenden und wieder verwert-baren Materialien.

12.1.2 Pferdesport und Wälder

Das BAFU hat im Jahr 2005 eine grosse Studie über die juristischen Aspekte der Freizeittätig-keit in den Waldern veröffentlicht (Keller et al. 2005). Es wird betont, dass hinsichtlich des privaten und des öffentlichen Rechts82 die Thematik nicht bloss den Zugang zu Fuss (Spazier-gang und Jogging), sondern ebenfalls den Verkehr (z.B. Fahrrad, Ski) und Reiter betrifft und zwar auf Forstwegen ebenso wie innerhalb des Baumbestands.

Die gesetzliche Reglementierung der Freizeit und der Erholung in Waldgebieten hat in den letzten Jahren zahlreiche Diskussionen losgetreten, da der Wald drei nicht gut miteinander zu vereinbarende Grundbedürfnisse erfüllen soll: den Schutz vor Naturkatastrophen, die Bedürf-nisse der Forstindustrie und eine soziale Funktion, die in der Regulierung der Atmosphäre und der Bedeutung als Erholungszone für die Bevölkerung liegt. Freizeitaktivitäten im Wald kom-men fast überall vor und die Nachfrage steigt. Die Erholung im Wald ist für eine grosse Zahl von Personen unentbehrlich geworden. Im Kanton Graubünden befinden sich 90 % der Pfer-dewege in Wäldern. Im Kanton Bern ist jeder Pferdesportler 300 Stunden im Jahr zu Pferd unterwegs. Das Reiten steht unter den Sportarten, die im Wald ausgeübt werden, an dritter Stelle (Bernasconi et al. 2003).

Art. 14 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Wald83 verpflichtet die Kantone, die Wälder dem Publikum zugänglich zu machen. Das Verbot des Aufstellens von Zäunen, um den Zugang einzuschränken, wurde mehrmals vom Bundesgericht bestätigt84. Die Kantone können jedoch aus Gründen des öffentlichen Interesses, namentlich des Naturschutzes, Einschränkungen verfügen. Durch diese Verordnung sind vor allem die Freizeit- und Erholungsaktivitäten betrof-fen. Die Haltung gegenüber den Reitern ist je nach Kanton unterschiedlich. Laut BAFU erlau-ben acht Kantone85 das Reiten lediglich auf ausgewiesenen Wegen und vier Kantone86 ledig-lich auf Strassen und befahrbaren Waldwegen. Dies ist auch im Kanton Waadt der Fall, wo Holztransportwege, Rückewege und Fussgängerpfade nicht als befahrbar gelten und zum

80 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG), SR 741.01, insbesondere Art. 50.

81 Internationale Reiterliche Vereinigung (2006), Verhaltenskodex FEI für Umwelt und nachhaltige Entwicklung, Lausanne [http://www.horsesport.org: Stand 15.10.2006]

82S. zu diesem Thema MEYER L. (1994): Ist das Zutrittsrecht zum Wald noch gewährleistet? Interpretation von Art.

699 ZGB aus der Sicht des Bundesgerichts. In: Schweizerischer Landesverband für Sport (SLS), Der Wald als Erholungs- und Freizeitraum: In Zukunft nur noch für Privilegierte ? Bern, sowie H.-P Jenni (1993): Vor lauter Bäumen den Wald noch sehen. Ein Wegweiser durch die neue Waldgesetzgebung, Schriftenreihe Umwelt Nr. 210, Buwal, 1993. S. 29.

83 Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über den Wald, RS 921.0.

84 BGE 96 I 97 und s., BGE 106 Ib 47, Pra 76 / 1987 S. 117

85 AR, AI, BE, BS, FR, LU, NW et TG.

86 BL, NE, SG et ZH.

Bericht der Arbeitsgruppe Pferdebranche 107 Baumbestand gehören87. In den Kantonen Schwyz, St. Gallen und Aargau werden Reiten und Fahren ausserhalb der Wege als schädigende Benutzung betrachtet. Insgesamt bestehen in 14 Kantonen besondere Einschränkungen bezüglich des Reitens. Für die als berechtigt oder verboten ausgewiesenen Zonen sind je nach Kanton die Gemeinde- oder Kantonsbehörden zuständig. Für die gewöhnlichen Bürger sind die verschiedenen Bestimmungen der Gemein-den und der Kantone mangels klarer Bezeichnung der Wege oft nicht ersichtlich.

12.1.3 Korrektes Verhalten in Naturgebieten

Das Zusammentreffen von Pferdesportfreunden mit anderen Nutzern der Naturgebiete – Landwirte, Besitzer von Grundstücken entlang der Wege, Velofahrer, Spaziergänger mit oder ohne Hund, Jäger – führt oft zu Konflikten. Am häufigsten vorgebracht werden Beschwerden wegen zerstörter Wege, mangelnder Achtung vor der Natur, unangemessenem Verhalten auf dem Besitz Dritter sowie Konflikte unter den Nutzern selber.

Auch wenn Reiten und Fahren in der Natur in einer freiheitlichen und entspannten Stimmung geschehen, sind doch Begriffe wie persönliche Verantwortung, Höflichkeit und Achtung von grösster Wichtigkeit, um Streitigkeiten zu vermeiden und einen Modus vivendi zu finden für die Personen, die hier zusammentreffen – so unterschiedlich und vielfältig die ins Spiel kommen-den Interessen sein mögen. Die Zunahme der Freizeitreiterei und die verschiekommen-denen Auffas-sungen über die Problematik haben bereits einige Gemeinden dazu veranlasst, speziell für das Reiten vorgesehene Wege einzurichten.

Es gibt verschiedene Lösungen, aber alle führen über den Dialog. Der Schweizerische Ver-band für Pferdesport gibt einen Kodex richtigen Verhaltens an seine Mitglieder ab. Ein gutes Beispiel bietet in dieser Hinsicht die Association vaudoise pour la défense de l´infrastructure indispensable au cheval (AVIC), die einen Verhaltenskodex für das korrekte Verhalten bei der Ausübung von Pferdesport in den Wäldern veröffentlicht hat (Tabelle 17). Die Ziele sind:

• Verteidigung der Sache des Pferdes und Aufzeigen seines Nutzens.

• Die Reiter und Fahrer für die Achtung vor dem Land und dem Wald sensibilisieren.

• Erhaltung von Feld- und Forstwegen mit natürlichem Belag zur unbeschränkten Benutzung mit Pferden.

• Aufbau und Förderung von gegenseitiger Anerkennung und Toleranz unter den Benutzern dieser Wege.

• Vertretung der Interessen der Reiter und der Fahrer bei den politischen Behörden und den Landbesitzern.

• Information der Bürger und der Behörden über die verschiedenen Verwendungsmöglich-keiten des Pferdes und seine Bedeutung für den Umweltschutz.

• Verbesserung bzw. Änderung des Rechts betreffend Bestimmungen im Strassenverkehr und der Raumplanung zugunsten einer pferdegerechten Infrastruktur.

• Zusammenarbeit mit Organisationen aus der Schweiz und dem Ausland.

Die Verhaltensrichtlinien für Reiter sollen - nebst dem Herbeiführen harmonischer Beziehun-gen unter den Nutzern der Grünflächen - auch der Sicherheit zugute kommen, indem sie den Informationsaustausch unter den Betroffenen fördern. Oft jedoch nützt Höflichkeit dem Reiter wenig, da es Personen gibt, die schon beim Anblick eines Pferdes in Angst geraten. Man müsste sich daher die Frage stellen, ob es nicht nötig wäre, einen Verhaltenskodex für alle Nutzer herauszugeben, seien sie nun zu Pferd, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto unter-wegs. Vorstellbar wäre eine Liste, welche die Vortrittsrechte genau regelt. Fahrzeuge müssen Fussgängern den Vortritt lassen, Velofahrer den Reitern und Reiter den Fussgängern.

87Art. 24, Abs. 2 des Reglement über die Anwendung des Waldgesetzes vom 19. Juni 1996 vom 8. März 2006 [Règlement d'application de la loi forestière du 19 juin 1996 (RLVLFo) du 8 mars 2006 (Etat le 1er avril 2006)]

Fast immer ruft der Anblick eines Pferdes Neugier und Bewunderung hervor. Manche Fuss-gänger jedoch empfinden die Reiter, die sich durch die Lage der Dinge etwas höher befinden als sie, als arrogant und wollen auf Distanz gehen. Eine der besten Verhaltensweisen ist es, auf Schrittgeschwindigkeit zu gehen und beim Kreuzen die anderen Nutzer grüssen.