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III. Employer Branding – Konzeptionelle Gestaltung und Positionierung

3. Personalmarketing

3.2. Personalmarketing als Instrument zur Präferenzbildung

89 erforderlich, die die Leitsätze des Personalmarketings auch im täglichen Leben umsetzen, „die Arbeitgebermarke leben“.235 Grundsätzlich gilt, dass Unterneh-men bei allen ihren Aktivitäten auch in ihrer Funktion als Arbeitgeber wahrge-nommen. Jede Äußerung der Geschäftsführung in der Öffentlichkeit, jeder Be-richt in den Medien, jede unternehmensinterne Entscheidung ist auch immer eine Aussage über die Art und Weise, wie sich das Unternehmen als Arbeitge-ber sieht. Damit wird Arbeitge-bereits deutlich, dass den handelnden Personen, also die Mitarbeiter des Unternehmens, eine erfolgsentscheidende Funktion zukommt.

In dieser Sicht seine das Unternehmen inklusive seiner Arbeitsplätze als ein Art Produkt an gegenwärtige und zukünftige Mitarbeiter (Kunden) zu „verkaufen“, wobei die Unternehmenskultur eine entscheidende Rolle spiele.236 Jedoch be-tont SCHOLZ, dass es sich in diesem Sinne nicht um die „Vermarktung“ von Arbeitsplätzen handle, sondern vielmehr um eine an den Bedürfnissen der Kunden ausgerichtete, generelle Denkhaltung.237

90 verfolgt, die Arbeitgebermarke auf Basis präferenzschaffender Alleinstellungs-merkmalen in den externen und internen Zielgruppen zu positionieren.“239

Daher kann die primäre Zielsetzung eines so verstandenen Personalmarketings darin gesehen werden, bei aktuellen und potenziellen Mitarbeitern eine langfris-tige Präferenz gegenüber dem Unternehmen zu schaffen.240 Bei externen Mit-arbeitern zielt diese Präferenzbildung auf eine Etablierung des Unternehmens als Wunscharbeitgeber, dem sog. Employer of Choice, ab. Bei aktuellen, inter-nen Mitarbeitern dient die Präferenzbildung der Aufrechterhaltung und Steige-rung der Motivation und des Engagements und damit final auch der Bindung.

Entsprechend hat sich in der einschlägigen Fachliteratur die Unterscheidung in ein externes und internes Personalmarketing etabliert.

Um auf die Präferenzbildung einwirken zu können, ist eine nähere Betrachtung des Präferenzbildungsprozesses erforderlich. Zu diesem Zweck erscheint es sinnvoll, die Eigenheiten des Präferenzbildungsprozesses darzustellen, die bei der Positionierung einer Arbeitgebermarke in Betracht gezogen werden müs-sen.241

a. Theoretischer Zugang zum Präferenzkonstrukt

Präferenzbildung ist als Teil der Konsumentenforschung ein Betrachtungsge-genstand der verhaltenswissenschaftlichen Forschung und dient der Erklärung von Wahlentscheidungen unterschiedlichster Art. In der Perspektive des Employer Branding übernehmen Bewerber die Rolle potentieller „Konsumenten“

eines Arbeitsplatzangebotes verstanden, die in ihrem Such- und Entschei-dungsverhalten einem Konsumenten sehr ähnlich sind. Insofern erscheint es sinnvoll, Erkenntnisse der Konsumentenforschung für das Employer Branding und speziell für das Personalmarketing nutzbar zu machen.242

239 Vgl. Sponheuer, 2010, S. 235.

240 Vgl. Felser 2010, S. 2; Petkovic 2008, S.13.

241 Vgl. hierzu Eckelt 2009, S. 44 ff.

242 Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Göppel-Klein 2003, S. 3.

91 Präferenzen bedingen ein sog. „akquisitorisches Potential“243 im analysierten Markt. Auf dem (Arbeits-)Markt für akademisch gebildete Nachwuchskräfte kommt das akquisitorische Potential beispielsweise dann zum Tragen, wenn der Nachwuchs, bedingt durch einen unternehmensseitig erhöhten Bedarf, pri-mär bei bestimmten bzw. einem einzigen Unternehmen einen Arbeitsplatz nachfragt. Die Konkurrenzsituation zu anderen Arbeitgebern wird durch das akquisitorische Potenzial für diese präferierten Unternehmen abgeschwächt.244 Die Präferenz soll zur Auslösung einer Bewerbung und damit letztendlich zu einer Zusage in Form eines unterschriebenen Arbeitsvertrages seitens des ge-wünschten Kandidaten führen. Außerdem führen ausgeprägte Präferenzen bei internen Mitarbeitern zu höherer Loyalität und erhöht die Bindung von bereits im Unternehmen beschäftigten Mitarbeitern. Im Idealfall kommt eine Art Präferenz-kreislauf zustande, wenn der Mitarbeiter die Absicht verfolgt, sich im Unterneh-men weiterzuentwickeln, indem er sich intern für neue Aufgaben zur Verfügung stellt.

Präferenzurteile beinhalten grundsätzlich immer die relativierende Betrachtung von mindestens einer Alternative. Als Ergebnis bildet sich eine Rangfolge po-tentieller Arbeitgeber. Empirisch gemessene Präferenzen können darüber hin-aus die Intensität des Interesses abbilden. Der durch das Ranking definierende Präferenzwert eines Unternehmens in Bezug auf eine bestimmte Zielgruppe zeigt an, wie stark ein arbeitsplatzanbietendes Unternehmen gegenüber einem anderen als Arbeitgeber präferiert wird. Rangfolge und Intensität spiegelnden Präferenzwerte und sind wesentlicher Bestandteil von Arbeitgeberattraktivitäts-studien.245

Ein weiteres wichtiges Charakteristikum des Wahlverhaltens ist Subjektivität, die sich in einer genau differenzierenden Arbeitgeberwahl beim nachfragenden akademischen Nachwuchs widerspiegelt. So wird ein Arbeitgeber nicht automa-tisch von sämtlichen auf dem Arbeitsmarkt verfügbaren Nachwuchskräften

243 Petkovic 2009, S. 78.

244 Vgl. Zentes/Swoboda 2001, S. 431.

245 Vgl. Petkovic 2008, S. 11.

92 gleichermaßen als attraktiv beurteilt und demzufolge auch nicht als Marke ver-standen.

b. Prozessmodelle zur Erklärung der Präferenzbildung

Wie empirische Studien in der verhaltensorientierten Konsumentenforschung nachweisen, sind Präferenzen das Ergebnis eines mehrstufigen Prozesses.246 Nach BÖCKER unterteilt sich der Präferenzbildungsprozess in zwei Phasen.

Diese sind die Phase der Vorauswahl und die Phase der Entscheidung. In der Vorauswahlphase werden diejenigen Unternehmen aus der Summe der wahr-genommenen Arbeitgeber mittels Schlüsselkriterien vorselektiert, die bezüglich bestimmter Anforderungen einen Mindestanspruch erfüllen. In der Entschei-dungsphase erfolgt eine detailliertere Betrachtung der merkmalsbezogenen re-lativen Vor- und Nachteile der ausgewählten Unternehmen. Als Ergebnis ent-steht ein Ranking potentieller Arbeitgeber.247

BECK differenziert in seinem Präferenzmodell zwischen mehreren Phasen: As-soziationsphase, Orientierungsphase, Matchingphase, Bindungsphase, Ex-postphase. Es steht unter der Annahme, dass ein potenzieller Arbeitnehmer in jeder der fünf Phasen der Verbindung zu einem Unternehmen seine Präferen-zen setzt und sich entsprechend zu jedem Zeitpunkt positiv oder negativ dem Unternehmen gegenüber entscheiden kann. Die Aufgabe des Personalmarke-tings besteht somit darin, durch Entwicklung und Anwendung von Personalmar-ketinginstrumenten und –maßnahmen die Entscheidung des Kandidaten in je-der Phase so zu beeinflussen, dass sie dem eigenen Unternehmen gegenüber positiv ausfällt. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Einbindung der Personen in unterschiedlichen Phasen verschieden ist, sodass auch die Art und Intensität der Maßnahmen angepasst werden muss.248

246 Vgl. Böcker/Diller 2001, S. 1282.

247 Vgl. Böcker 1986, S. 567 ff.; Eckelt 2009, S. 47.

248 Vgl. Beck 2012, S. 22 ff.

93 Ein detaillierteres Modell der Präferenzbildung stellt das Relevant-Set-Konzept von BISOUX/LAROCHE dar.249 Ursächlich wurde es zur Analyse von Konsum-entenverhalten entwickelt. Auf den Arbeitsmarkt transferiert, beschreibt es das Bewerberverhalten bei der Wahl des Wunscharbeitgebers. Indem es alle Ar-beitgeber in verschiedene Sets einordnet, dient es den Bewerbern als Ent-scheidungserleichterung. Im Folgenden wird der Präferenzbildunsprozess in Anlehnung an SÜSS dargestellt.250

Abbildung 15: Idealtypischer Präferenzbildungsprozess bei der Arbeitgeberwahl

Eigene Darstellung in Anlehnung an Petkovic 2008, S. 15.

 Am Beginn steht das „Total Set“. Dieses kann als die Summe aller poten-tieller Unternehmen, die als Arbeitgeber infrage kommen, aufgefasst wer-den. Dieses Set stellt damit die Grundgesamtheit aller Arbeitgeber dar.

249 Vgl. Petkovic 2009, S.14 f.; Eckelt 2009, S. 47 ff.

250 Vgl. Süß 1996, S. 112 f. Vgl. auch Seiser 2009, S. 31 f.

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 Da der Zielgruppe der akademisch gebildeten Nachwuchskräfte ein Über-blick zum gesamten Arbeitsmarkt fehlt, ist ihr nur ein geringer Teil der Un-ternehmen bekannt und präsent. Die der Zielgruppe bekannten Unter-nehmen können als das „Awareness Set“ bezeichnet werden. In Umkeh-rung dessen bildet das „Unawareness Set“ die Menge der der Zielgruppe unbekannten Arbeitgeber ab. Somit stellt Bekanntheit das entscheidende Selektionskriterium auf der ersten Stufe der Präferenzbildung dar.

 Von den bekannten Unternehmen wird allerdings nur ein geringer Teil de facto näher betrachtet und bei der weiteren Entscheidungsfindung berück-sichtigt. Neben anderen Faktoren dürfte ein wesentliches Motiv für die Ne-gativselektion darstellen, dass den potentiellen Bewerbern für einen Groß-teil der ihnen namentlich bekannten Unternehmen die zur Bewertung not-wendigen Informationen fehlen („Foggy Set“). Diejenigen Unternehmen, über die sich der Bewerber vergleichsweise gut informiert fühlt und zu de-nen er relativ klare Vorstellungen in Bezug auf deren für ihn wichtigen At-traktivitätsattributen hat, befinden sich im „Processed Set“. Unternehmen, die dem Nachwuchs aufgrund mangelnder Informationen nebulös vor-kommen, wurden zuvor aussortiert.

 Die Gruppe, der potentiellen Arbeitgeber, bei denen sich der Bewerber tatsächlich eine Bewerbung vorstellen kann, bilden den „Relevant Set“.

Bekanntheit und Wissen, gepaart mit spontaner Erinnerung und positiver Einstellung, die wiederum aus der Erfüllung subjektiver Auswahlkriterien resultiert, sind die Merkmale derjenigen Unternehmen, die sich in einer kleineren Gruppe befinden. Der Bewerber registriert jetzt ausschließlich In-formationen von Unternehmen des Relevant Set. Dies sind die Unterneh-men, die in seiner bevorzugten Auswahl stehen. Es kann eine hohe Wahr-scheinlichkeit angenommen werden, dass der Arbeitsplatzsuchende oder wechselbereite Fach- und Führungsnachwuchs sich entweder initiativ be-wirbt, oder sich auf eine in den Medien ausgeschriebene Vakanz hin mel-det. Im „Hold Set“ befinden sich die potenziellen Arbeitgeber, die bei den Bewerbern, aus welchen Gründen auch immer, nicht die erste Wahl sind.

Daher können diese auch als Arbeitgeber zweiter Wahl deklariert werden.

Sie gelangen dann wieder in den Mittelpunkt der Betrachtung, wenn die

95 Bewerbung an die Gruppe der Unternehmen im Relevant Set nicht von Er-folg gekrönt war. Die Gruppe der Unternehmen, die Teil des „Reject Set“

sind, werden von Bewerbern aufgrund mangelnder Attraktivität generell verworfen.

Somit erscheint es für Unternehmen sinnvoll, in den Relevant Set ihrer Ziel-gruppe zu gelangen. Vorteilhaft wäre es für das einzelne arbeitsplatzanbietende Unternehmen, Kenntnis über die anderen bei ihrem Wunschkandidaten im Re-levant Set befindlichen Arbeitgeber zu erlangen, um so Profilierungsstrategien zu entwickeln. Je nachdem, in welchem Set Unternehmen sich befinden, sind die Personalmarketingmaßnahmen abzustimmen. Die Anzahl der Unterneh-men, die im Relevant Set sind, steht in einem engen Zusammenhang mit der Anspruchshaltung des Bewerbers. Bei der Zielgruppe der besonders umworbe-nen High Potentials kann bedingt durch ihren Marktwert davon ausgegangen werden, dass diese nur sehr wenige Unternehmen in ihrem Relevant Set hal-ten. Diese kleine Zahl ist Resultat sowohl ihres Anspruchsdenkens als auch der Gewissheit, sich quasi jeden Job aussuchen zu können. Ziel dieses Präferenz-bildungsprozesses ist der Employer of Choice. In den Augen des Bewerbers stellt dieses Unternehmen bei einer nutzenbasierten Sichtweise die beste Wahl dar. Der aus der Bewertung der Attraktivitätsfaktoren resultierende Präferenz-wert weist zu guter Letzt den Arbeitgebernutzen für den aktuellen sowie für den potenziellen Mitarbeiter aus.251

251 Vgl. Eckelt 2009, S. 48.

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