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Partei versus außerparlamentarischer Gruppierung

7. Befunde und ihre Interpretation Wendland

7.4 Fallbeispiel Maria

7.4.11 Partei versus außerparlamentarischer Gruppierung

Leider äußert sich Maria nicht zu diesem Bereich

7.5 Fallbeispiel Heiko

7.5.1 Charakteristisches Eingangszitat

Ja also, die unmittelbare Reaktion so an der Oberfläche bei mir ist, dass ich sehr ruhig werde, sehr ruhig, sehr kühl, sehr distanziert. Und, eh, mit ’ner recht kalten Rationalität die Sache, die Situation analysieren kann und sagen wir mal das, was ich als das Richtige erkenne, auch tun kann, und eher das Gegenteil von Kopf verlieren. Aber das nimmt mir auch die Emotiona-lität aus der Situation raus. Das ist vielleicht ein Schutz für mich und auch ein Schutz für die Aktion selbst aber, ehm, ja, aber ansonsten natürlich auch schon, ja, Hass oder Wut, Enttäu-schung, Verbitterung und so was. Die sind dann schon da, mehr vielleicht so im Hintergrund unter der Oberfläche. Die, das sind, die ich dann aber im Nachlauf, in den nächsten Tagen, in den nächsten Wochen zu verarbeiten hab, die kommen bei mir nicht so in der Aktion selbst.“

(Seite 5)

7.5.2 Herkunft und Sozialisation

Heiko war zum Zeitpunkt des Interviews 36 Jahre alt und arbeitete als Soziologe für eine frie-denspolitisch tätige Organisation. Er lebt seit 6 Jahren mit seiner Freundin und seinem kleinen Sohn im Wendland und hat sich diesen Wohnort unter anderem deshalb ausgesucht, weil hier viele Menschen leben, die sein Engagement unterstützen.

Er kommt aus einem konservativen Elternhaus in dem es aber immer wichtig war entspre-chend seiner Werte und Vorstellungen zu leben. Heiko distanziert sich zwar von den Wert-vorstellungen seiner Eltern, glaubt aber durch seine Sozialisation gelernt zu haben für seine Überzeugungen einzutreten.

7.5.3 Politischer Karriereweg

Heiko engagiert sich seit 1979 in der Friedensbewegung und seit 1980 in der Anti-Atomkraftbewegung.

Gerade durch die Beschäftigung mit der Atomenergie ist er zu der Überzeugung gekommen, dass es nicht das Ziel des Engagements sein kann, innerhalb eines kurzen Zeitraumes an mög-lichst vielen und letztlich kräftezehrenden Aktionen teilzunehmen, sondern sein Ziel ist es, ein Leben lang an dieser Problematik arbeiten zu können.

Zwar nimmt Heiko auch immer wieder selber an Aktionen Zivilen Ungehorsams teil, aber im Großen und Ganzen sieht er seine Aufgabe innerhalb des Protestes darin, Aktionen zu planen und Initiativen zu starten, die dann von anderen Menschen weitergeführt werden.

„(...) in der Regel agiere ich so, dass ich versuche, Prozesse mit zu initiieren und auf den Weg zu bringen und dann aber auch wieder rauszugehen. Also, (...) meine Funktion ist mehr die eines Katalysators, also chemisch gesehen die Prozesse zu beschleunigen, aber sich selber dabei nicht aufzubrauchen und dann wieder raus zu gehen.“ (Seite 4)

7.5.4 Auslösender Moment

Auf Grund des Datenmaterials lässt sich bei Heiko kein direkter auslösender Moment feststel-len. Auf Grund seiner Lebensdaten ist jedoch davon auszugehen, dass seine Politisierung zu

Beginn seines Studiums stattfand.

7.5.5 Motive und subjektive Begründungen

Für Heiko gehört die Arbeit in der Anti-Atomkraftbewegung zu seinem Lebensweg und das Engagement ist für ihn eine Möglichkeit sich selber und seinen Vorstellungen und Werten treu zu bleiben, wobei vor allem Werte wie Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit und Solidarität im Vordergrund stehen, aber auch die Verbundenheit mit anderen Menschen.

Er orientiert sich in seinem Leben an der Philosophie Gandhis beziehungsweise an der sozu-sagen abendländischen Übersetzung derselben von Johan Galtung und bezieht daraus auch seine Verpflichtung zu handeln.

Ebenso wie bei Gandhi spielt auch für Heiko der Begriff der Wahrheit eine wichtige Rolle und er fühlt sich dazu verpflichtet, im Sinne dieser Wahrheit zu handeln beziehungsweise dazu einen Teil dieser Wahrheit umzusetzen.

„Gandhi hat immer gesagt „Gott ist Wahrheit“ und später hat er gesagt „Wahrheit ist Gott“. Ein allumfassender Begriff, so wie, dass es eine allumfassende Einheit gibt, wo alles und alle Dinge irgendwie mit zusammenhängen (...) das ist ein Glaubensgrund für mich. Wo ich denke, dass ich auch einen Teil dieser Wahrheit in der Lage bin zu erkennen und meinen Teil umsetzen kann und weshalb ich da stehe, wo ich jetzt stehe und damit leben kann, dass ich nicht alles andere auch kann, weil ich eben nur einen Teil von dem Ganzen erkennen kann, aber mich dazu verpflichtet fühle dann die angemessenen und richtigen Schritte zu machen und mein Leben danach auszu-richten.“ (Seite 14)

7.5.6 Dauerhaftigkeit

Gerade durch die Beschäftigung mit der Atomenergie ist Heiko zu der Überzeugung gekom-men, dass es nicht das Ziel des Engagements sein kann, innerhalb eines kurzen Zeitraumes an möglichst vielen und letztlich kräftezehrenden Aktionen teilzunehmen, sondern sein Ziel ist es, ein Leben lang an dieser Problematik arbeiten zu können.

Zur Dauerhaftigkeit des Engagements trägt aber auch bei, dass das Engagement nicht nur ein fester Bestandteil von Heikos Leben ist, sondern für ihn die politische Arbeit im Mittelpunkt steht und sich alle anderen Bereiche daran orientieren.

Darüber hinaus bietet ihm das Engagement die Möglichkeit sich selbst treu zu bleiben und entsprechend seiner Wertvorstellungen zu leben, so dass die Dauerhaftigkeit auch zu seinem persönlichen Gleichgewicht beiträgt.

7.5.7 Zugang zur Gruppe und die Rolle der politisch Gleichgesinnten

Heiko hält die so genannte Bezugsgruppe bei politischen Aktionen für unabdingbar, um die einzelnen TeilnehmerInnen emotional und auch körperlich aufzufangen.

Obwohl sich Heiko auch für Dinge einsetzt und engagiert, wenn er damit in seinem Umfeld nicht auf Zustimmung stößt, ist für ihn ein positiv eingestelltes Umfeld von zentraler Bedeu-tung und erleichtert ihm sein Handeln.

Er legt großen Wert auf die Abfederung in der Gruppe, in der Familie und im sozialen Um-feld allgemein und glaubt, dass seine Entscheidung, in das Wendland zu ziehen, auch davon beeinflusst war, dass es im Wendland viele Menschen mit ähnlichen Vorstellungen und Wün-schen beziehungsweise Träumen gibt.

„Ich bin vor sechs Jahren etwa hierher gekommen (...) und ich glaube, mein Wunsch hierher zu kommen, war mit sicherlich auch eine Entscheidung, um in ein entsprechendes Umfeld zu kommen. Wo ich auf mehr Ver-ständnis treffe und auf mehr Menschen, die das auch so leben, wie ich das tue.“ (Seite 11/12)

7.5.8 Subjektive Bewertung des Handelns

Heiko hat die Hoffnung, dass ein anderes Leben, eine andere Gesellschaft oder verallgemei-nert ausgedrückt eine andere Zukunft möglich ist, und sein Engagement stellt den Versuch dar zu dieser anderen Zukunft etwas beizutragen.