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Palatoschisis bei drei Deutschen Holstein Kälbern

Zusammenfassung: Bei drei Kälbern der Rasse Deutsche Holsteins wurden Gaumenspalten meist mit einer Ausdehnung über die gesamte Gaumenlänge und einer Verbindung zum Nasenrachenraum festgestellt. Weitere Organdefekte konnten bei diesen Kälbern nicht diagnostiziert werden. Eines der Tiere wurde sofort nach der Geburt vom Hoftierarzt euthanasiert. Die anderen beiden Tiere wurden klinisch untersucht und zeigten deutliche Anzeichen für Kümmern. Sie litten an rezidivierenden Atemwegserkrankungen in Form von Dyspnoe und Rhinitis. Die Kälber stammten aus unterschiedlichen Betrieben und wiesen keine gemeinsamen Väter auf. Die Auswertung der Pedigrees über drei Generationen ergab keine Anzeichen auf Inzucht. Es waren keine weiteren betroffenen Verwandten in den Betrieben bekannt. Die Kälber waren negativ für BVD-Virus-Antikörper und -Antigen.

Seltene Allele oder Allelkombinationen verschiedener Gene sind vermutlich die Ursache der Palatoschisis bei den drei Kälbern.

Schlüsselwörter: Anomalie, Gaumenspalte, Kalb, Deutsche Holsteins.

Occurrence of palatoschisis in three German Holstein calves

Summary: Three German Holstein calves showing a cleft palate were ascertained from three different dairy farms. Besides the cleft palate no other defects could be diagnosed. One calf was euthanized directly after birth. The other two calves were clinically examined and tended to runting and respiratory diseases like dyspnoea and rhinitis. The calves were sired by different bulls. The analysis of the pedigrees gave no hints for inbreeding. No further affected relatives were known at the farms. All calves were negative for BVD-virus antibodies and antigenes. Rare alleles or combinations of rare alleles from different loci are likely to be responsible for palatoschisis in these cases observed.

Key words: malformations, cleft palate, calf, German Holsteins.

Einleitung

Kongenitale Missbildungen kommen bei Deutschen Holsteins in einer Frequenz von 0,0114 bis 0,013 % (Bähr u. Distl 2003, Schulze u. Distl 2008). Die Ursachen für angeborene Anomalien können genetisch oder umweltbedingt (Viren, toxische Pflanzeninhaltsstoffe u.a.) sein (Leipold et al. 1983, Greene et al. 1973).

Gesichtsspalten werden in sieben verschiedene Gruppen unterteilt: Oberlippenspalte (Cheiloschisis), Lippenkieferspalte (Cheilognathoschisis), Lippenkiefergaumenspalte (Cheilognathopalatoschisis), Unterlippen- und Unterlippenkieferspalten, Gaumenspalten (Palatoschisis), schräge Gesichtsspalten (Meloschisis) und quere Gesichtsspalten. Gaumenspalten sind Hemmungsmissbildungen, die durch die mangelhafte Ausbildung der Gaumenfortsätze entstehen (Dahme u. Weiss 1988).

Moritomo et al. (1999) untersuchten in einer Studie 13 Kälber mit Gaumenspalten.

Sie konnten die Gaumenmissbildungen anhand der Morphologie in vier verschiedene Gruppen einteilen: mediane Kiefer- und Lippenspalte; mediane Gaumen-, Lippen-, Kieferspalte; laterale Lippen- und Kieferspalte; und laterale Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalte. Gaumenspalten kommen bei vielen Tierarten wie auch beim Menschen vor und sind häufig mit Kümmern und Aspirationspneumonien assoziiert.

Die Aspiration von Futter tritt häufiger auf, da durch den Gaumenspaltendefekt die Mundhöhle direkt mit dem Nasen-Rachenraum in offener Verbindung steht (Thirunavukkarasu et al. 2006, Pavone et al. 2004, Zechmeister et al. 2000, Whittington et al. 1986, Bowman et al. 1982). De Vries et al. (2007) berichteten über den Fall eines 23 Monate alten Kalbes mit Gaumenspalte, welches eine mangelhafte Entwicklung und chronische Atemwegsinfektionen aufwies. Palatoschisis kann isoliert oder auch in Zusammenhang mit anderen Missbildungen auftreten. Bei Rindern werden verschiedene Syndrome im Zusammenhang mit Gaumenspalten beschrieben. So treten Gaumenspalten bei Holstein Rindern in Zusammenhang mit dem Akroteriasis-Syndrom, bei Dexter-Rindern mit Chondrodysplasie und bei Charolais-Rindern mit Arthrogryposen (SAP, syndrome of arthrogryposis and palatoschisis) und Wirbelsäulenanomalien (Dysraphien) auf (Herzog 2001, Agerholm et al. 1993, Russell et al. 1985, Gethin 1977, Logue et al. 1977, Leipold et al. 1974, Leipold et al. 1973, Singh u. Little 1972, Leipold et al. 1969). Leipold et al. (1973) beschrieben bei Herefordrindern ein kongenitales Syndrom mit Kyphoskoliose,

Arthrogrypose und Palatoschisis. Als Ursache der Defekte wurde eine fütterungsbedingte Intoxikation mit Selen vermutet. Newman et al. (1999) untersuchten den Fall eines durch künstliche Befruchtung entstandenen Kreuzungskalbes mit Anal- und Vulvaatresie, hypoplastischem Klitorisgewebe, Wirbeldeformationen, Anotie, Brachygnathia inferior, Gaumenspalte, Hydrozephalus, Ventrikel-Septum Defekt, rektovaginaler Fistel und Hamartomen. Eine Ursache konnte nicht gefunden werden. Griffith et al. (1987) beschrieben ein Deutsches Holstein Kalb mit Gaumenspalte, Brachygnathia inferior und Oligodontie.

Gaumenspalten können aber auch als Einzeldeformation auftreten (Thirunavukkarasu et al. 2006). Bei Deutschen Holstein Kälbern wird dagegen ein Auftreten von Gaumenspalten in Verbindung mit anderen Anomalien seltener beschrieben. Ein gemeinsames Auftreten von Palatoschisis und Gesichtsmissbildungen oder Palatoschisis und Skoliosen kann dagegen gelegentlich beobachtet werden (De Vries et al. 2007).

Oft werden bei Gaumenspalten genetische Ursachen vermutet. Für die genetische Aufklärung der Ursachen von Gesichtsspalten beim Menschen wurden drei Translokationsschnittstellen auf dem humanen Chromosom (HSA) 6p24 kartiert und mit dem Auftreten von Palatoschisis in Zusammenhang gebracht. Auf HSA6p wird eine Assoziation von dem Transkriptionsfaktor AP-2Alpha (TFAP2A) mit dem Auftreten von Gaumenspalten vermutet. Zudem wurde OFCC1 (orofacial cleft 1 candidate 1) als ein neues mögliches Kandidatengen identifiziert (Davies et al. 2004).

Außerdem wurde beim Menschen nach kompletter Sequenzierung des Kandidatengens MSX1 angenommen, dass Mutationen dieses Gens mit dem Auftreten von non-syndromic (ohne strukturelle Anomalien, retardierte Entwicklung und dysmorphische Eigenschaften auftretenden) Lippen und/oder Gaumenspalten in Zusammenhang stehen (Jezewski et al. 2003). Diese Untersuchung basierte auf der in den vergangenen Jahren gemachten Beobachtung, dass MSX1 in knock-out Mäusen mit dem Auftreten von Gaumenspalten in Verbindung steht (Satokata u.

Maas 1994). Auch beim Rind sind genetische Zusammenhänge mit dem Auftreten von Gaumenspalten untersucht worden. Bei einem Kalb mit Anasarka (Hautwassersucht), Palatoschisis, Cheiloschisis, Kranioschisis und abgeflachtem

Gesicht konnte eine autosomale Trisomie 20 (61,XX,+20) festgestellt werden (Gallagher et al. 1999).

Bei Charolais-Rindern konnte in einer Herde mit 1/29 Translokationen das Auftreten von Gaumenspalten beobachtet werden (Duchesne et al. 2005). Als umweltbedingte Ursachen für das Auftreten von Gaumenspalten werden Intoxikationen mit Giftpflanzen beschrieben. Zum Beispiel wurden bei Schaf und Ziege Piperidin-Alkaloide, die im wilden Tabak (Nicotiana glauca) und Lupinen vorkommen, als ursächlich für das Auftreten von Gaumenspalten und andere Anomalien nachgewiesen (Lopez-Ortiz et al. 2004, Panter et al. 1990, Keeler et al. 1984). Die Toxizität und Teratogenität von Piperidin-Alkaloid enthaltenden Pflanzen ist auch beim Rind bekannt (Panter et al. 1999 und 1998). Weitere umweltbedingte Ursachen für das Auftreten von multiplen Missbildungen, wozu auch Gaumenspalten gehören können, sind Viren wie Bluetongue- Viren, Cache Valley Viren, Akabane Viren, Aino und Chuzan Viren und BVDV (Tunca et al. 2006, Washburn u. Streeter 2004, Leipold et al. 1983).

In dem vorliegenden Bericht werden drei deutsche Holstein Kälber mit Palatoschisis als einzigem Defekt beschrieben und die Ursachen dieser angeborenen Anomalie diskutiert.

Material und Methoden

Bei zwei weiblichen und einem männlichen Kalb der Rasse Deutsche Holsteins, Farbrichtung schwarzbunt, wurde das Auftreten von Gaumenspalten (Palatoschisis) beobachtet. Ein weibliches Tier war bei der Aufnahme in das Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule drei Tage alt, ein weiteres war bei der Aufnahme bereits 45 Tage alt und ein Kalb war vor der Annahme schon am ersten Lebenstag vom bestandsbetreuenden Tierarzt euthanasiert worden. Die Tiere wurden aufgrund der schlechten Prognose nach einer klinischen Untersuchung am Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Tierärztlichen Hochschule Hannover euthanasiert. Bei der abschließenden klinischen Untersuchung war Kalb 1 fünf Monate alt und Kalb 2 sechs Wochen alt. Alle Kälber stammten von unterschiedlichen Milchviehbetrieben. Neben einer klinischen

Untersuchung wurden alle betroffenen Kälber pathologischanatomisch und -histologisch untersucht. Die pathologische Untersuchung umfasste bei allen untersuchten Tieren eine vollständige Untersuchung aller Organsysteme einschließlich des ZNS. Die veränderten Organe wurden zusätzlich einer histologischen Untersuchung unterzogen. Es erfolgte ebenfalls eine virologische Untersuchung auf BVD-Virus Antigen und Antikörper. Alle Tiere stammten aus IBR freien Betrieben. Von den betroffenen Tieren konnten die Abstammungsdaten erfasst werden. Eine Erfassung möglicher Inzucht wurde mittels des Programmes Opti-Mate (Wrede u. Schmidt 2003) ausgewertet.

Ergebnisse

Bei allen klinisch untersuchten Tieren trat beim Tränken ein Reflux von Milchanteilen durch die vordere Nasenmuschel auf, wobei es anschließend zur Milchaspiration in die Lunge kam.

Klinische Untersuchung Tier 1

Die klinische Untersuchung von Tier 1 im fünften Lebensmonat ergab einen Ductus botalli persistens (Abb. 7.1). Das Tier hatte eine Körpertemperatur von 39,8° C und eine stark erhöhte Herzfrequenz bei geringgradig gestörtem Allgemeinbefinden. Das Tier konnte stehen und wies einen guten Ernährungszustand auf. Die virologische Untersuchung ergab ein negatives Testergebnis für BVDV.

Pathologie Tier 1

Die pathologisch-anatomische und pathologisch-histologische Untersuchung im Alter von fünf Monaten ergab eine Gaumenspalte mit geringgradiger, katharrhalischer Rhinitis (Abb. 7.2). Zusätzlich zeigte das Tier einen geringgradigen Ductus arteriosus botalli persistens und eine mittelgradige, periportale Fibrose mit mittelgradigen lymphohistioplasmazellulären Infiltraten unklarer Genese.

Ergebnisse der zytogenetischen Untersuchung Tier 1

Bei der zytogenetischen Untersuchung des Kalbes konnten lichtmikroskopisch weder erkennbare Abweichungen in der Chromosomenanzahl noch strukturelle Chromosomenanomalien nachgewiesen werden. Das Tier wies den Karyotyp eines weiblichen Rindes mit 2n = 60, XX auf.

Klinische Untersuchung Tier 2

Die klinische Untersuchung von Tier 2 im Alter von sechs Wochen ergab eine stark erhöhte Atemfrequenz, eine Temperatur von 39,8° C bei normaler Herzfrequenz (Abb. 7.3). Das Tier war in der Lage zu stehen und hatte ein gering- bis mittelgradig gestörtes Allgemeinbefinden sowie einen guten Ernährungszustand. Es konnte klinisch eine Bronchopneumonie diagnostiziert werden. Die virologische Untersuchung auf BVDV lieferte ein negatives Ergebnis.

Pathologie Tier 2

Bei der pathologisch-anatomischen, und pathologisch-histologischen Untersuchung konnte eine ca. 12 cm lange Gaumenspalte mit einer Breite von ca. 1,5 cm nachgewiesen werden, die sich bis in den weichen Gaumen erstreckte (Abb. 7.4).

Die Nase war geringgradig gerötet und angefüllt mit Futterpartikeln in den ventralen und dorsalen Nasenmuscheln. Im kaudalen Kehlkopfbereich befand sich auf Höhe der Mündung der Tuba auditiva eine ca. 2 x 2 x 2 cm große, weiche bis derbe Umfangsvermehrung, die im Anschnitt eine klare Flüssigkeit entleerte. Sie konnte bei der pathologisch-histologischen Untersuchung als epitheliale Zyste definiert werden.

Am Herzen fand sich eine endokardiale Fibrose. Die Leber wies diffuse Lymphangieektasien und eine Arteriolisierung in den Portalfeldern auf, deren Ursache unklar blieb, die aber in Verbindung mit porto-kavalen Shunts auftreten können.

Klinische Untersuchung Tier 3

Die klinische Untersuchung von Tier 6 war nicht möglich, da das Tier kurz nach der Geburt vom bestandsbetreuenden Tierarzt euthanasiert wurde. Die virologische Untersuchung auf BVDV verlief negativ.

Pathologie Tier 3

Die pathologisch-anatomische und –histologische Untersuchung ergab eine Gaumenspalte über die komplette Länge des weichen und harten Gaumens mit einer Breite von vier cm. (Abb. 7.5, 7.6). Es wurden große Mengen Milchbestandteile in den Nasenhöhlen, der Trachea und den Bronchien gefunden (Abb. 7.7). Die Lunge wies eine mittelgradige, diffuse Stauungshyperämie und ein mittelgradiges, akutes, diffuses, alveoläres und interstitielles Ödem auf. Das Kalb hatte eine mittelgradige, eitrige Dermatitis im Bereich des Nabels.

Analyse der Pedigrees

In den Pedigrees der Kälber konnten keine weiteren betroffenen Tiere ermittelt werden. Die Väter der betroffenen Tiere waren unterschiedliche Besamungsbullen.

Weitere Fälle von Missbildungen in deren Nachkommenschaft waren nicht bekannt.

Es traten auch keine gemeinsamen Vorfahren väterlicher- und mütterlicherseits auf.

Die Pedigrees konnten über drei Generationen verfolgt werden.

Diskussion

Alle drei Kälber wiesen mediane Gaumenspalten (Palatoschisis) auf (Dahme u.

Weiss 1988). Die vorgefundenen Mittelliniendefekte im Maulbereich blieben auf den Gaumen beschränkt und waren median lokalisiert. Bei den klinisch untersuchten Tieren, konnte wie bei dem von De Vries et al. (2007) beschriebenen Fall Futteraspiration, Anzeichen von Aspirationspneumonien, Rhinitis und Kümmern beobachtet werden. Die in der klinischen Untersuchung festgestellten erhöhten Atemfrequenzen und Atemgeräusche wiesen wie auch die pathologisch-anatomische Untersuchung auf Lungenentzündungen hin. Da diese Lungenentzündungen durch rezidivierende Futteraspirationen infolge der Gaumenspalte zustande kamen, können solche Tiere aus Tierschutzgründen nicht dauerhaft gehalten werden.

Gaumenspalten werden häufig dann bemerkt, wenn den betroffenen Tieren in den ersten Lebenstagen die verabreichte Milch beim Tränken aus den Nasenhöhlen wieder heraus läuft. Oft verschlucken sich die Tiere und atmen so die Milch oder

auch feste Futterbestandteile ein. Dieses führte auch bei den hier untersuchten Tieren zu Aspirationspneumonien (De Vries et al. 2007, Pavone et al. 2004, Thirunavukkarasu et al. 2006, Whittington et al. 1986, Zechmeister et al. 2000).

Infolge der Unheilbarkeit der Missbildung werden die betroffenen Tiere zu Kümmerern durch immer wiederkehrende Aspirationspneumonien (Bowman et al.

1982). Tier 1 hatte im Alter von fünf Monaten nur ein Gewicht von 84 kg, Tier 2 ein Gewicht von 56 kg im Alter von sechs Wochen. Diese Zahlen liegen deutlich unter dem Durchschnitt der Rasse und zeigen die deutlich reduzierte Entwicklung der Tiere mit Gaumenspalte (Davis Rinker et al. 2008, De Vries et al. 2007). Auch wenn dieser Defekt zunächst nicht als letal angesehen wird, so müssen die Tiere häufig dennoch frühzeitig verwertet werden, da sie im Wachstum und in den Zunahmen deutlich zurück bleiben (De Vries et al. 2007).

Gaumenspalten können in Verbindung mit weiteren Missbildungen auftreten, oder wie bei den hier beschriebenen Kälbern als isolierte Gaumenspalten ohne weitere Defekte (Thirunavukkarasu et al. 2006, Newman et al. 1999, Russell et al. 1985, Gethin 1977, Logue et al. 1977, Leipold et al. 1974, Leipold et al. 1973, Singh u.

Little 1972, Leipold et al. 1969).

Infektiöse Erreger, wie das BVD-Virus, werden häufig bei angeborenen Anomalien der Kälber vorgefunden (Tunca et al. 2006, Washburn u. Streeter 2004, Leipold et al.

1983). Da die hier untersuchten Tiere ein negatives Ergebnis für das BVD-Virus aufwiesen, ist dieser Erreger auszuschließen.

Herzog (2001) ist der Ansicht, dass aufgrund der familiären Häufung des Vorkommens von Gaumenspalten von einem autosomal-rezessiven oder multifaktoriellen Vererbungsmodus auszugehen ist. Auch wenn für diese Fälle keine zusammenhängenden Pedigrees ermittelt werden konnten, schließt das die Familiarität nicht aus, da meist in weiter zurückliegenden Generationen noch gemeinsame Vorfahren zu finden sind. Auch für die hier untersuchten Kälber ist von genetischen Ursachen auszugehen. Es ist anzunehmen, dass entweder seltene rezessive Allele oder nicht so häufig vorkommende Allelkombinationen verschiedener Genorte zum Auftreten von Palatoschisis beitragen.

Von den in diesem Bericht beschriebenen Kälbern konnte bei einem Tier eine Präparation der Chromosomen vorgenommen werden. Im Gegensatz zu den in der Literatur berichteten Fällen mit Chromosomenanomalien konnten wir bei einem weiblichen Kalb (Tier 1) keine Chromosomenanomalien und bei allen drei betroffenen Kälbern keine erhöhte Inzucht feststellen. Die Ursache von dem abweichenden Ergebnis könnte möglicherweise darin zu sehen sein, dass die Tiere mit autosomaler Trisomie 20 (Gallagher et al. 1999) schwerwiegende multiple Missbildungen aufwiesen und bei den Charolais-Kälbern mit 1/29 Translokation zusätzlich Arthrogryposen und zuweilen Dysraphien (Duchesne u. Eggen 2005) auftraten. Auch wenn die genetischen Ursachen der Entstehung von Gaumenspalten weitgehend ungeklärt sind, offensichtliche infektiöse Ursachen und Pflanzenalkaloide auszuschließen sind, können für die drei hier vorliegenden Fälle genetische Faktoren vermutet werden, und deshalb sollten die Eltern als potenzielle Anlageträger nicht weiter in der Zucht verwendet werden.

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Kapitel 8

Dandy-Walker-Syndrom, Hydrozephalus internus, Anurie, Syringomyelie, Skoliose und Palatoschisis bei einem Deutschen Holstein Kalb in Folge einer intrauterinen Bovine Virus Diarrhöe- (BVD)-

Virus-Infektion

Bettina Constanze Buck1, Dorothee Algermissen2, Heidi Kuiper1, Wolfgang Baumgärtner2, Ottmar Distl1

¹Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

²Institut für Pathologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Bovine Virus Diarrhöe- (BVD)- Virus-Infektion 84

8 Dandy-Walker-Syndrom, Hydrozephalus internus,