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Mit der Gestaltung der Organisation muss das Pro-blem gelöst werden, welche Art formalen Zusam-menwirkens von Menschen, Maschinen und Anla-gen die erforderlichen Fähigkeiten und Kompeten-zen am besten entwickeln und entfalten kann. Aus diesem Verständnis von Organisation geht hervor, dass sich verändernde Fähigkeiten und Kompeten-zen Änderungen der Organisation nach sich ziehen müssen oder, um es Neudeutsch auszudrücken,

«structure follows strategy››. Die nachfolgenden Überlegungen gehen von den Anforderungen aus, welche ein gesteuertes «Holzproduktions-Netzwerk››

stellt, und skizzieren einen Lösungsansatz, der auf die kleinflächigen Besitzesstrukturen Rücksicht nimmt.

Viele in der Literatur beschriebene Organisa-tionskonzepte sind für Grossindustrien wie bei-spielsweise die Automobilindustrie geschaffen wor-den. Die Volkswirtschaft Mitteleuropas basiert je-doch zu wesentlichen Teilen auf sogenannten KMUs (Kleine und Mittlere Unternehmungen). Ein interessanter Ansatz, wie die Konkurrenzfähigkeit derartiger KMUs verbessert werden kann, ist das Konzept «Virtuelle Fabrik››, das in zwei Regionen des Schweizerischen Mittellandes umgesetzt wird (vgl. SCHUH 19971). Nach SCHUH (1997) ist eine virtuelle Fabrik «eine zeitlich begrenzte Kooperation mehrerer, rechtlich unabhängiger, realer Fabriken oder Unternehmensbereiche mit dem Ziel, ein be-stimmtes Produkt oder eine Dienstleistung zu erstel-len››. Es handelt sich somit um einen dynamischen Produktionsverbund, der sich auftragsbezogen in einem stabilen Netzwerk konfiguriert und gegenüber Kunden wie eine reale Fabrik auftritt.

1 Elektronisch unter http://www.virtue1le-fabrik.ch

Abbildung 4 illustriert ein Konzept «Virtuelle Unternehmung» für die Holzproduktion. Die virtu-elle Unternehmung bewegt sich zwischen einem Holz-Absatzmarkt und einem «Holzschlag››-Be-schaffungsmarkt. Für die Produktionsprogramme X oder Y konfiguriert sie sich aus dem stabilen Basis-netzwerk und löst sich nach Beendigung des Pro-duktionprogrammes wieder auf. SCHUH (1997) erläutert die Voraussetzungen, die für den Aufbau einer virtuellen Unternehmung gegeben sein müs-sen. Er betont, dass die wichtigste Aufgabe des Netzwerkes darin besteht, partnerschaftlich Bezie-hungen und Vertrauen zwischen den Netzwerk-Teilnehmern aufzubauen. Als Netzwerkpartner kommen Holzschlag-Unternehmungen, Seilkran-Unternehmungen, Transport-Unternehmungen oder auch öffentliche Forstbetriebe in Frage, die über konkurrenzfähige Kernkompetenzen verfügen. Die Zusammenarbeit wird in sogenannten «Spielregeln für die Kooperation›› verabredet, und eine minimale Netzwerk-Infrastruktur wird aufgebaut. Auf der Stufe der virtuellen Unternehmung wird das Marke-ting für die Kompetenzen des Netzwerkes betrieben.

Desgleichen müssen jedes Produktionsprogramm in Teilleistungen aufgeteilt und die geeigneten Netz-werkpartner in einer Virtuellen Unternehmung zu-sammengeführt werden. Die ersten Erfahrungen mit Virtuellen Fabriken sind erfolgversprechend.

SCHUH (1997) nennt folgende Vorteile:

- bessere Ausnützung vorhandener Produktions-kapazitäten;

- optimaler Technologie-Einsatz;

- höhere Lieferbereitschaft;

~ Beschleunigung von Strukturanpassungen durch Konzentration aufs Kerngeschäft;

- Kontinuierliches Lernen durch Erfahrungsaus-tausch mit anderen.

Waldbesitzer Markt Virtuelle Markt

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Abb. 4. Angepasste, flexible Strukturen für die Rohholz-Gewinnung. Waldeigentümer bieten Holzschläge in einem Erntebestände-Markt an. Virtuelle Unternehmungen, die auf einem stabilen Netzwerk rechtlich autonomer Produktions-einheiten aufbauen, übernehmen die Holzernte und -distribution.

FORUM für Wissen 1998 77 GELLERSTEDT et al. (1996) gingen der Frage nach,

wie die Holzproduktion in Skandinavien im Jahre 2010 aussehen könnte. Sie kamen zum Schluss, dass Produktionsstrukturen am erfolgversprechendsten sind, die auf Netzwerken basieren. In ihren Vorstel-lungen besteht ein Netzwerk aus selbständig operie-renden Waldbesitzern, Holzernte-Unternehmern und Holzverbrauchern, die durch eine schlanke Unternehmung und ein leistungsfähiges Informa-tionssystem zusammengebunden sind. Ihre Vorstel-lungen decken sich in vielen Bereichen mit denjeni-gen der virtuellen Fabrik. Der wesentliche Unter-schied zu den schweizerischen Bedingungen besteht darin, dass die grossen skandinavischen Holzver-arbeitungs-Unternehmungen auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen werden, da sie die Produk-tion schon heute ~ mindestens teilweise ~ vertikal integrieren.

Das vorgestellte Konzept ist eine Möglichkeit, Produktions-Einheiten und Besitz zu trennen. Es bedingt für alle Beteiligten eine Konzentration aufs Kerngeschäft, das für viele Waldbesitzer in der Steuerung der biologischen Produktion liegt. Pri-vatwirtschaftlich arbeitende Unternehmungen schei-nen jedoch besser geeignet zu sein, um konkurrenz-fähige Holzernte- und Distributions-Kompetenzen anzubieten und weiterzuentwickeln. Um virtuelle Holzproduktions-Unternehmungen zu realisieren, müssen wir mehrere Widerstände überwinden.

Sachbarrieren lassen sich in der Regel einfach besei-tigen, während Abwicklungs-Barrieren schon grös-sere Mühe bereiten. Am schwierigsten ist jedoch der Abbau von Kulturbarrieren. Die Forstdienst-Kultur hat eine rund einhundertfünfzigjährige Tradition, die in der Walderhaltung grosse Erfolge hervorge-bracht hat. Ob diese Kultur jedoch geeignet ist, um mit der Holzproduktion in einem globalen Wettbe-werb zu überleben, ist klar zu hinterfragen.

5 Ausblick

Der vorliegende Beitrag ging von der Frage aus, wie die Produktionsprozesse zu gestalten und zu steuern sind, damit die Branche in einer zunehmend turbu-lenter werdenden Umwelt überleben kann.

Das leitende Grundprinzip für die zukünftige Gestaltung von Produktionsabläufen lautet Integra-tion, was primär das Wieder~Zusammenführen von

«Handeln›› und «Denken›› bedeutet, das mit der tayloristischen Arbeitsgestaltung getrennt wurde.

Die Wertschöpfungskette im Sinne von PORTER (1985) bildet den Ausgangspunkt für sämtliche Op-timierungen von der Stufe Produktionssystem bis hin zur Ebene der Produktions-Netzwerke. Tech-nisch lässt sich das Prinzip der Integration nur be-herrschen, wenn wir die physischen Wertschöp-fungsprozesse mit zyklisch arbeitenden Informa-tionssystemen überlagern, welche die benötigten

Informationsflüsse sicherstellen. In Waldgebieten mit kleinflächigen Besitzesstrukturen müssen zu-künftige Organisationsformen Waldbesitz und Pro-duktionsstrukturen klar trennen. Ein möglicher Lösungsweg ist im Konzept der «virtuellen Unter-nehmung» (vgl. SCHUH 1997) zu suchen, der aller-dings nicht ohne Widerstände wird begangen wer-den können. Die Überlegungen gehen von klassi-schen Geschäftsprozessen (Nachfrage - Angebot ~ Auftrag - Beschaffung ~ Produktion - Distribution) aus. Es zeichnet sich allerdings bereits heute ab, dass die elektronische Abwicklung von Geschäften zu völlig neuen Geschäftsprozessen führen wird.

Man geht davon aus, dass der Kunde zu jenem Sy-stem-Element werden wird, das die Produk-tionsabläufe am stärksten beeinflusst («Der Kunde wird der oberste Chef››). Auch vor dem Hinter-grund derartiger Entwicklungsperspektiven scheinen flexible Produktions~Netzwerke die zukunftswei-sendsten Lösungsansätze zu sein.

Die entwickelten Ideen müssen weiter verfeinert werden. Es wird Aufgabe der forstwissenschaftli-chen Forschung sein, sie im Rahmen von Pilotver~

suchen zu überprüfen und anzupassen. Produktion ist nur eine Komponente eines ganzheitlichen Man-agements. Die zu entwickelnden Produktionskon-zepte müssen deshalb zwingend mit Qualitäts- und Umweltmanagementsystemen zusammengeführt werden, da Qualität und Ökologie ebenso wettbe-werbsbestimmend sein werden wie die reine Pro-duktionswirtschaft.

6 Literaturverzeichnis

CHRYSSOLOURIS, G., 1992: Manufacturing Systems -Theory and Practice. New York, Springer. 419 pp.

EMEYRIAT, R., 1997: Interêt des SIG pour améliorer la logistique de l”exploitation forestière. AFOCEL Infor-mations Forêts. Fiche 550.

EVERSHEIM, W., 1989: Organisation in der Produktions-technik. 2. neubearbeitete Auflage. Grundlagen Bd. 1.

Düsseldorf, VDI-Verlag. 208 S.

GELLERSTEDT, S.; ASPLUND, C.; WÄSTBRLUND, I., 1996:

Documents from «Robotics with applications to for-estry›› - a course in the Nordic postgraduate school.

Uppsatser och Resultat Nr. 285. Garpenberg, The Swedish University of Agricultural Sciences. Depart-ment of Operational Efficiency.

HEINIMANN, H.R., 1993: Optimierung der Holzproduktion - Informationsbedarf, Modelle, Lösungsansätze. In: Ta-gungsbericht zum Internationalen Forschungskollo-quium «Forstliche Planung und gesellschaftliches Um-feld›› vom 12.-16.10.92 in Ascona. Hrsg. Professur für Forsteinrichtung und Waldwachstum, D-WAHO, ETH Zürich.

HEINIMANN, H.R., 1996: Umweltverträgliche Forsttechnik als Voraussetzung für naturnahe Waldwirtschaft. Forst Holz, 51, 9: 299-310.

MESAROVIC, M.D.; Macko, D.; Takahara, Y., 1970:

Theory of Hierarchical, Multilevel Systems. New York, Academic Press. 294 pp.

78 FORUM für Wissen 1998 OFI, 1973: Gesamtkonzeption für eine Schweizerische

Wald- und Holzwirtschaftspolitik. Bern, Eidgenössi-sches Oberforstinspektorat OFI (Hrsg.). 417 S.

PORTER, M.E., 1985: Competitive advantage: creating and sustaining, superior performance. New York, The Free Press. 557 pp.

SCHUH, G., 1997: Konzept Die Virtuelle Fabrik. CIM-Center Aarau und CIM-Bildungs- und Technologiever-bund Mittelland. Unveröffentlichtes Manuskript. 7 S.

[Elektronische Version unter http://www.virtuelle-fabrik.ch/]

TAYLOR, F.W., 1911: The principles of scientific man-agement. New York, Harper & Brothers. 77 pp.

ULICH, E., 1997: Mensch ~ Technik - Organisation: ein integratives Produktionskonzept. In: Die Arbeitswelt in der Informationsgesellschaft, Tagungsbericht der Jah-restagung 1997 der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW: 43-49. Zürich, SATW.

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FQRUM Synthese und Ausblick auf die zukünftige