• Keine Ergebnisse gefunden

F R W| S S E N bßilll H0lZabSatZ

1 9 g 8 Michel Becker

Universität Freiburg, Institut für Forstpolitik, Arbeitsbereich Markt und Marketing

Marketing-Strategien von Forstbetrieben lassen sich als mittelfristig gültige Festlegungen oder generelle Handlungsmuster verstehen, die das Verhalten der Betriebe beim Absatz von Sachgütern und Dienstlei-stungen bestimmen und einengen. Obwohl bedeutend für die Verwirklichung von Betriebszielen auf der Absatzebene, fanden Marketing-Strategien in der deutschsprachigen forstwirtschaftlichen Fachliteratur und in Forschungsarbeiten in der Vergangenheit geringe Beachtung. Der vorliegende Beitrag gibt eine systemati-sche Einführung, weist beispielhaft auf Schwächen der von Forstbetrieben beim Holzabsatz verfolgten Stra-tegien hin und diskutiert Voraussetzungen einer an Kundenansprüchen orientierten Absatzgestaltung. Er basiert zu wesentlichen Teilen auf den 1996 abgesclılossenen, vom Verfasser angeleiteten Dissertationen von Szymon Borowski und Rüdiger Hunke.

1 Marketing-Konzepte (vgl. Tab. 1)

Weder in der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre, noch in der Forstökonomie wird ein einheitlicher Marketing-Begriff verwendet. Eine Definition ist deshalb notwendig. Deren Herleitung dient zugleich der Einführung in das Thema.

In der deutschsprachigen Betriebswirtschafts-lehre werden Marketing-Konzepte unter Verwen-dung dieses englischen Begriffs seit etwa 45 Jahren beschrieben und entwickelt (vgl. u.a. MEFFERT 1994 sowie NIESCHLAG et al. 1991). In den 50er und 60er Jahren bezeichnete Marketing ausschliess-lich die Aktivität erwerbswirtschaftausschliess-lich ausgerichte-ter Unausgerichte-ternehmen auf ihren Absatzmärkten; Marke-ting wurde eingeführt als Synonym zur Bezeichnung der Absatzfunktion von Wirtschaftsunternehmen.

Mit dem neuen Begriff kam aus den USA zugleich aber ein neues Absatzverständnis.

Seit der Überwindung der kriegsbedingten Ver-sorgungsengpässe agieren Wirtschaftsunternehmen zunehmend auf Käufermärkten. Sie können nicht länger darauf vertrauen, dass ihre traditionell produ-zierten Güter gekauft werden. Um im Wettbewerb zu bestehen, müssen sie ihr Angebot von dem kon-kurrierender Anbieter abheben, indem sie die An-sprüche potentieller Kunden systematisch erkunden und die Leistungen an Kundenwünschen ausrichten.

Marktforschung, Unterscheidung von Kundengrup-pen, planmässiger Einsatz absatzpolitischer Instru-mente, laufende Kontrolle des Absatzerfolges cha-rakterisieren diese neue Absatz-, die Marketing-lehre. Ihr Interesse galt zunächst ausschliesslich dem Absatz von Wirtschaftsunternehmen auf Kon-sumgütermärkten, dehnte sich jedoch allmählich auf Investitionsgüter- und Dienstleistungsmärkte aus.

Zugleich bildeten sich branchenspezifische Marke-ting-Lehren heraus, etwa zur Absatzgestaltung durch

Handelsunternehmen oder Banken, in jüngerer Zeit auch durch Forstbetriebe (vgl. z.B. HUNKE und BECKER 1993, MANTAU 1995 und MOOG 1983).

Dieses seit den 50er Jahren in Mitteleuropa ein-geführte und seitdem laufend weiter ausgebaute Marketing-Konzept sei hier als kommerzielles Mar-keting bezeichnet. Merkmale sind zum einen die planmässige, systematische Gestaltung des Absatzes von Sachgütern und Dienstleistungen auf Märkten, zum anderen die Einbindung in das Management von Wirtschaftsunternehmen als eine Funktion neben z.B. Produktion, Beschaffung oder Finanz-und Rechnungswesen.

Tab. 1. Marketing-Konzepte.

I Kommerzielles Marketing

Auf der Grundlage von Markt-forschung systematisch geplanter, gestalteter und kontrollierter Ab-satz von Sachgütern und Dienst-leistungen an Kunden gegen Ent-gelt durch Wirtschaftsunterneh-men.

II Generisches Marketing

Auf der Grundlage von Markt-und Meinungsforschung syste-matisch geplante, gestaltete und kontrollierte entgeltliche oder unentgeltliche Bereitstellung von Leistungen für Anspruchsgruppen durch beliebige Organisationen.

III Marktorientierte Unternehmens-führung

Planung, Koordination und Kon-trolle aller auf Märkte gerichteten Aktivitäten von Wirtschaftsun-ternehmen, um durch Befriedi-gung von Kundenansprüchen die Unternehmensziele zu verwirkli-chen.

FORUM für Wissen 1998

Die Beschäftigung mit den uns naheliegenden betrieblichen Problemen darf aber den Blick für die grossen überbetrieblichen Probleme nicht verbauen.

Wir können mit noch so raffinierten Holzerntever-fahren die wirtschaftlichen Folgen von Immissions-schäden nicht kompensieren, und es wäre eine Sisy-phus-Arbeit, wenn wir versuchen würden, mit be-trieblichen Rationalisierungen die Kosten von glo-balen Wettbewerbsverzerrungen und Umweltschä-den kompensieren zu wollen.

Ich bin froh, dass sich die WSL mit beiden Pro-blemkomplexen beschäftigt, den kleinen betriebli-chen und den grossen globalen.

FORUM für Wissen 1998 25 Tab. 5. Marktsegmente in der Schnittholz erzeugenden Industrie.

Marktsegment Qualitätsorientierte

5000-50 000 Fm/Jahr 10-20

2-20 Mio. DM

>100 000 Fm/Jahr

>50

>30 Mio. DM Anlagevermögensintensität

- Einschnitt-Technologie - Nebenanlagen

Band- oder Gattersäge Gattersäge, Profilspaner Kreissägen/Profilspaner

Werksvermessung/Werks sortierung Werksentrindung/Werks trocknung Umlaufvermögensintensität

~ Kapazitätsauslastung (% des Einschichtbetr.) - Umschl. Rundholzlager

<25% Integration z.B. mit Schreinerei

Einzel-/Serienfertigung Spezialisiert

Integration z.B. mit Halb-und Fertigwarenhandel

Serien-/Massenfertigung Diversifiziert

Integration z.B. mit Hobelwerk, Packmittelfertigung

Absatz

Endverbraucher Handwerkliche

~ Abnehmergruppe

- Marktregionen lokal

Verarbeiter,

Endverbraucher, Händler lokal/regional

Händler und Makler, industrielle Verarbeiter und handwerkliche Verarbeiter national/international Ertragsstrategie Wertschöpfungsrate Wertschöpfungsrate und

Umschlaghäufigkeit

Umschlaghäufigkeit

Bei der Festlegung ihrer Marketing-Strategien ha-ben Forstbetriebe zu berücksichtigen, dass die anspruchsgerechte Belieferung der Kunden in den einzelnen Marktsegmenten unterschiedliche Kosten der Holzbereitstellung verursacht, dass andererseits der Absatz in eines der Marktseg-mente zugleich die Festlegung auf ein Spektrum erzielbarer Holzpreise bedeutet. Eckdaten aus der Analyse von Hunke weisen auf die unter-schiedliche Grösse der einzelnen Marktsegmente, vor allem aber auf ihr unterschiedliches Ertrags-potential hin (vgl. Tab. 6).

Naheliegend sind Zweifel, inwieweit durch eine einmalige Kundenbefragung Informationen zu Beschaffungspräferenzen beim Rundholzeinkauf gewonnen werden können, die mittelfristig «sta-bil>› und damit als Grundlage für die Festlegung forstbetrieblicher Marketing-Strategien geeignet sind. Hinzuweisen ist jedoch auf den grundle-genden Zusammenhang zwischen der Wettbe-werbsstrategie holzwirtschaftlicher Unternehmen und ihrem Verhalten beim Rundholzeinkauf.

Beispielsweise finden sich im «kostenorientier-ten» Marktsegment durchweg Rundholzkäufer, die ihren Unternehmenserfolg durch eine Preis-/

Mengen-Strategie beim Absatz von Holzerzeug-nissen anstreben. Diese Unternehmen stehen in intensivem Wettbewerb, erreichen nur eine ge-ringe Wertschöpfung je Kubikmeter

eingekauf-ten Rundholzes und müssen in besonderem Mass auf niedrige Rundholzkosten und raschen Um-schlag des Rundholzlagers achten. Dagegen ver-folgen holzwirtschaftliche Unternehmen des qua-litätsorientierten Segments in der Regel Präfe-renz-Strategien. Vielen von ihnen ist es gelungen, sich durch Spezialisierung und durch Integration von Holzbe- und -verarbeitung einem ausge-prägten Kostenwettbewerb an ihren Absatz-märkten zu entziehen. Kosten der Rundholz-beschaffung spielen für sie deshalb keine domi-nierende Rolle, wohl aber die Erfüllung ihrer Qualitäts- und Dienstleistungsanforderungen.

Ge-Tab. 6. Rundholzabsatz 1993 des Forstbetriebes der Landesforstverwaltung Rheinland-Pfalz: Mengenanteil und Deckungsbeitrags-Anteil in drei Marktsegmenten. Quelle:

unter Verwendung von Daten aus HUNKE 1996.

Marktsegment Mengenanteíl Anteil am

Deckungsbeítrag

«Kostenorientierte›› O 0

Kunden 71 Ä' 57 Ä*

<<Serviceorientierte››

Kunden 29% 36%

«Qualitätsorientierte››

Kunden 03' % 7 %

26 FORUM für Wissen 1998 nerell korrespondieren offenbar die

Beschaf-fungserwartungen Rundholz einkaufender Un-ternehmen mit ihrer strategischen Ausrichtung von Absatz und Produktion. Zu unterstellen ist jedoch, dass Wirtschaftsunternehmen ihre grund-legenden Entscheidungen zur Wettbewerbs-Strategie nur in grösseren Zeitabständen ändern (vgl. hierzu PORTER 1992).

- HUNKE (1996,S. 49ff.) hat zudem für die Schnitt-holz erzeugenden Unternehmen, die in allen drei von ihm abgegrenzten Marktsegmenten vertreten sind, eine gute Übereinstimmung zwischen Be-schaffungspräferenzen und strukturellen Merk-malen festgestellt. Zu diesen Strukturparametern gehören:

Betriebsgrösse

Art der Produktionsanlagen Kapazitätsauslastung

Lager-Umschlagshäufigkeit Produktionsprogramm

Integration, z.B. mit Holzverarbeitung, Holz-handel

Abnehmergruppen Absatzradius.

Zwar ist nicht ohne weiteres zu unterstellen, dass alle diese strukturellen Merkmale eines Rundholz einkaufenden Unternehmens und die daraus abge-leiteten betrieblichen Anforderungen beim Holz-einkauf über mehrere Jahre konstant bleiben. Forst-betriebe können jedoch eine Reihe struktureller Merkmale der von ihnen belieferten holzwirtschaft-lichen Unternehmen mit geringem Aufwand laufend beobachten und auf dieser Grundlage die Zuord-nung eines Kunden zu einem Marktsegment über-prüfen.