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%HYRUDXIGLHJHVFKOHFKWHUUHÁHNWLHUWHQ$VSHNWH eingegangen wird, sollen zunächst stichpunkt- artig die allgemeinen Voraussetzungen einer Neonazismus-Prävention beleuchtet werden.

Der Fokus auf Geschlecht bzw. Männlichkeit ist wichtig, aber weder ausreichend noch hinrei-chend für eine effektive Präventionsarbeit.

$OOJHPHLQH(OHPHQWHGHU1HR QD]LVPXV3UlYHQWLRQ

* Neonazismus-Prävention ist für alle notwen- dig, vom Kita-Kind bis zum Greis. Konzepte müssen langfristig sein und frühzeitig begin-nen (statt Feuerwehrpolitik und Kurzfristig-NHLW YRQ 3UlYHQWLRQVSURJUDPPHQ VLFK DQ DOOH.LQGHU-XJHQGOLFKH(UZDFKVHQHULFKWHQ DQVWDWWQXUDQGHNODVVLHUWHJHZDOWWlWLJH-XQJ-PlQQHULP2VWHQXQGDXVUHLFKHQGÀQDQ]LHUW ZHUGHQVWDWWFKURQLVFKHU8QWHUÀQDQ]LHUXQJ 1HRQD]LVPXV NDQQ QLFKW DOOHLQH PLW 6R]LDO

3lGDJRJLNEHJHJQHWZHUGHQ-XJHQGOLFKHVLQG nicht das Hauptproblem. Verantwortlich ist die ganze Gesellschaft. Prävention ist dort wirk-VDP ZR -XJHQGDUEHLW (UZDFKVHQHQELOGXQJ Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Spezialist_innen und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten.

* Wer auf schnelle Ergebnisse fokussiert ist, wird enttäuscht werden. Es gibt kein Patent-rezept, welches das Problem auf einen Schlag löst. Deshalb bedarf es Geduld, Durchhalte-vermögen und eines langen Atems.

'DVJUR‰HÅ,´YHUZHQGHLFKZHQQLFKYRQJHPLVFKW- JHVFKOHFKWOLFKHQ*UXSSHQVSUHFKHLQGHUTXHHUHWUDQVJHQ-der und/oJHVFKOHFKWOLFKHQ*UXSSHQVSUHFKHLQGHUTXHHUHWUDQVJHQ-der intergeschlechtliche Lebensformen nicht mög-lich sind bzw. waren und von daher auch nicht repräsentiert werden müssen. Bei Neonazis mit geschlossenem Weltbild gehe ich davon aus, dass geschlechtlich Uneindeutige weder VLFKWEDUQRFKHUZQVFKWZDUHQ²KLHUYHUZHQGHLFKGDVJUR‰H I, bei allen anderen den Unterstrich _.

* Kein alleiniger TäterInnenfokus und keine Täter- Innen-Opfer-Verkehrung. Mindestens 50 % aller Ressourcen müssen in Projekte, Räume, Kam-pagnen und Solidarität von und mit Betroffe-QHQXQG2SIHUQYRQ1HRQD]LVPXVÁLH‰HQ

* Umgehendes, direktes Handeln ist zwingend erforderlich. Geschieht dieses nicht, werden QHRQD]LVWLVFKH bX‰HUXQJHQ +DQGOXQJHQ XQG/LIHVW\OHVVFKOHLFKHQGQRUPDOLVLHUW

*HZDOW9HUKDOWHQLVWHLQ3UREOHPGDV+DXSW-problem besteht aber in den neonazistischen Inhalten. Die kritische Beschäftigung mit den einzelnen Ideologiefragmenten und Einstel-lungsmerkmalen des Neonazismus (völkischer Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus, Sozialdarwinismus, Sexismus, Heterosexismus, Transfeindlichkeit, Pronazismus und autori-WlUH 2UGQXQJVYRUVWHOOXQJHQ LVW GHU .HUQEH-standteil einer effektiven Prävention. Dazu ist es notwendig, die eigene Argumentation zu schärfen und sich inhaltlich, methodisch und argumentativ fortzubilden.

/LQNV5HFKWV 'HU IUHPG RGHU VHOEVWDXIHU-legte Zwang wie gebetsmühlenartig wie-derholte Fehlschluss, dass wer etwas gegen Rechte mache, auch etwas gegen Linke machen müsse, folgt falschen Annahmen wie Zielen (vgl. hierzu den Kasten Neonazismus und Rechtsextremismus /LQNH VLQG 9HUEQ-GHWH XQG RIW DXFK GLH HLQ]LJHQ LP .DPSI gegen Neonazismus. Breite Bündnisse gegen Neonazismus machen Sinn, man muss sich nicht in allen Fragen einig sein.

* Es ist notwendig, alternative und progressive -XJHQGNXOWXUHQ XQG 6FKOHUBLQQHQ ]X VWlU-NHQ GD HV QLFKWUHFKWHQ -XJHQGOLFKHQ EHL fehlenden Alternativen in manchen Situatio-nen nahezu unmöglich ist, sich keiSituatio-nen rech-WHQ&OLTXHQDQ]XVFKOLH‰HQ

* Neonazis sind Teil der Gesellschaft und ihrer jeweiligen Umfelder. Es braucht von daher einen systemischen Blick, die Arbeit mit Peer Gruppen, Familien, Eltern und Geschwistern9, politische Kampagnen etc.

Speziell aus pädagogischer Sicht kann es Sinn machen, sich folgende Handlungsvorschläge zu vergegenwärtigen:

* Verstehen, was pädagogisch möglich ist und ZDV QLFKW :DV 6R]LDO3lGDJRJLN OHLVWHQ NDQQLVWGLH(LQÁXVVQDKPHDXIELRJUDSKLVFKH

9 Zu empfehlen sind die Broschüren der Initiative

„Eltern gegen Rechts“.

(QWZLFNOXQJHQ (LQ]HOQHU GD -XJHQGOLFKH LQ der Regel noch kein festgefügtes neonazisti-sches Weltbild haben und Einstiege in neona-zistische Szenen nicht von heute auf morgen erfolgen, sondern Teil eines Entwicklungspro-zesses sind. Durch Auseinandersetzung und die Erweiterung von Handlungs- und Erfah-rungsräumen werden Veränderungsprozesse möglich.

,QGHU$UEHLWPLW-XJHQGOLFKHQVLQGGLH(LQ-stiegsfaktoren und -motivationen von zen-traler Bedeutung. Hier geht es auch, wie schon zuvor erwähnt, um eine inhaltliche Auseinandersetzung, aber auch sehr stark um die Frage, was auf einer Verhaltensebene in neonazistischen Kreisen gesucht wird und was Alternativen dazu sein können.

* Demokratische Orientierungen stehen Neo-nazismus entgegen. Diese sind keine reine Kopfangelegenheit, sondern Demokratie muss eingeübt und gelebt werden. Wichtig ist die (UP|JOLFKXQJGHU3DUWL]LSDWLRQYRQ-XJHQGOL-chen und die Stärkung demokratischer Orien-tierungen und Zivilcourage. Dadurch wird auch die Erkenntnis vermittelt, dass jede_r Einzelne etwas verändern kann und sich das lohnt.

%HL -XJHQGOLFKHQ GLH EHUHLWV LQ UHFKWH 6]H-nen eingebunden sind, macht es Sinn, posi-tive Erlebnisse in nicht-rechten Umfeldern zu ermöglichen. Das bedeutet, dass mit den HLQ]HOQHQ-XJHQGOLFKHQGHU.RQWDNWJHKDOWHQ werden sollte – trotz aller Kritik, die man in der alltäglichen Arbeit an ihren Einstellungen und ihrem Verhalten formuliert. Auf diesem Wege kann vielleicht verhindert werden, dass sich Rechts-Orientierte in neonazistische 6WUXNWXUHQHLQELQGHQODVVHQ

* Differenzieren, mit welchen Personen man noch arbeiten kann (Sympathisant_innen, 0LWOlXIHUBLQQHQXQGPLWZHPMHJOLFKH$UEHLW zwecklos oder sogar gefährlich ist (Aktivist- ,QQHQ.DGHU,QQHQVLHKHDXFK6I+LHUIU ist ein Wissen um Codes, Symbole, Kleidung, Musik, Sprüche, Ideologiedichte, Diskussions-verhalten und Einbindungsgrad in die neo-nazistische Szene erforderlich, um diese Ein-schätzung und Differenzierung vornehmen zu können.10 Wenn jemand vom „Weltnetz“ und

„T-Hemden“ spricht, die „Todesstrafe für Kin-derschänder“ fordert, Thor Steinar trägt und

10 Zu empfehlen sind hier u.a. die Broschüre Ver-steckspiel von der agentur für soziale perspektiven e.V., die JOHLFKQDPLJH +RPHSDJH ZZZGDVYHUVWHFNVSLHOGH XQG das Plakat anziehend aus dem Materialpaket von Gesicht Zeigen!

GHQ ]X JUR‰HQ (LQÁXVV GHV Å:HOWSROL]LVWHQ USA“ beklagt, sollte man dringend Informatio-nen einholen, sich beraten lassen und handeln.

* Auf Veränderungen reagieren (Kleidung, 0XVLN6SUFKHLVWZLFKWLJ,JQRUDQ]WUlJW zur Normalisierung rechter Lifestyles bei wie auch zur Akzeptanz rechter Einstellungen und 9HUKDOWHQVZHLVHQÅ:HUVFKZHLJWVWLPPW]X´

* Nach Ursachen fragen/forschen und demo-kratische Deutungen anbieten. Wenn jemand beispielsweise der Ansicht ist, dass „die Aus-länder uns die Arbeitsplätze wegnehmen“, kann die Frage nach den Ursachen (z.B. Angst YRU $UPXW ORVJHO|VW YRQ GHU UDVVLVWLVFKHQ Antwort/„Lösung“ („die Ausländer sind daran VFKXOG´YHUKDQGHOWZHUGHQ

.RQÁLNWH ZDJHQ XQG NODU KDQGHOQ HLJHQH Standpunkte klar stellen, widersprechen und Grenzen bei diskriminierendem, grenzüber-schreitendem und gewalttätigem Handeln setzen. Der Anspruch, „offen für alle“ oder ÅQHXWUDO´VHLQ]XZROOHQVFKOLH‰WGHIDFWRDOO diejenigen aus, die von Neonazis ausgegrenzt und bekämpft werden. Tatsächlich „offene Räume“ positionieren sich hingegen deutlich JHJHQGLHMHQLJHQGLH5lXPHVFKOLH‰HQHQJHU machen wollen. Oft gibt es bei pädagogisch 7lWLJHQGLH%HIUFKWXQJGDVV-XQJV-XJHQG-liche bei Grenzsetzungen aus dem Kontakt gehen – was aber zumeist unbegründet ist und zudem oft begleitet wird von hand-OXQJVRKQPlFKWLJHU (PSDWKLH XQG 6HOEVW Verunsicherung. Das Gegenteil ist oft richtig:

9LHOH UHFKWVRULHQWLHUWH -XJHQGOLFKH VXFKHQ die Auseinandersetzung und den Kontakt.

Dem vorausgegangen sollte der Aufbau einer wertschätzenden Beziehung sein. Vertrau-ensbildende Beziehungsarbeit ist Grundlage MHJOLFKHUSlGDJRJLVFKHU$UEHLWEHLUHFKWVRUL-HQWLHUWHQ -XJHQGOLFKHQ PDJ GLHVH HYHQWXHOO schwerer sein, ist aber umso wichtiger. Der offene Widerspruch und die Positionierung gegen alle Ideologien der Ungleichwertigkeit ist notwendig, da zum einen das Selbstbe-wusstsein und Verhalten von Neonazis ver-unsichert wird, zum zweiten wird verdeut-licht, dass diese nicht für die angeblich stille Mehrheit der Bevölkerung sprechen, als die sie sich gerne stilisieren und zum dritten ist der offene, direkte und fundiert begründete Widerspruch ein wichtiger emotional-psy-chologischer Anker für spätere AussteigerIn-QHQ²GLHVHHULQQHUQVLFKRIW-DKUHVSlWHUEHL ihrem/ihren Distanzierungsprozessen an die Personen, die ihnen klar widersprochen

haben. Und nur dort, wo Neonazis unwider-sprochen agieren können, erlangen sie sozial-räumliche Dominanz.

* Grenzen setzen ist wichtig, überzeugend begründete Grenzsetzungen können nach-haltige Veränderungen initiieren und andere vor Übergriffen schützen. Verbote sollten stets LQKDOWOLFK EHJUQGHW XQG GLVNXWLHUW ZHUGHQ Verbote ohne Begründung können zu einem Gefühl des „Gegängelt-Werdens“ beitragen, was neonazistische Meinungen bestärken kann.

* Eindeutige Straftaten hingegen sollten ver- IROJWXQGJHDKQGHWZHUGHQ+LHUVW|‰WSlGD-gogische Arbeit an ihre Grenzen.

Die hier aufgezählten Handlungsvorschläge sind Anregungen und Orientierungspunkte, welche weder alle auf einmal noch sofort noch alleine berücksichtigt werden können. Es macht Sinn, sich zunächst einen einzelnen Punkt her-auszusuchen, der an der eigenen Schule/Ein-richtung besonders wichtig oder am ehesten machbar erscheint und mit diesem anzufan-gen. Aus kleinen, ersten Schritten kann dann QDFKXQGQDFK*U|‰HUHVZHUGHQ

*HVFKOHFKWHUUHÁHNWLHUWH $UEHLW PLW -XQJHQDOV1HRQD]LVPXV3UlYHQWLRQ

*HVFKOHFKWHUUHÁHNWLHUWH $UEHLW PLW -XQJHQ DOV Prävention gegen Neonazismus ist keine umfas-sende Präventionsstrategie gegen Neonazismus, aber eine sinnvolle Erweiterung bestehender Präventionskonzepte und -ideen. Eine diesbe-zügliche Diskussion ist vergleichsweise jung und eine Praxis in der Bundesrepublik gerade erst am Entstehen.

(LQHJHVFKOHFKWHUUHÁHNWLHUWH$UEHLWPLW-XQJHQ kann die gesellschaftlichen Anforderungen an -XQJHQÅULFKWLJH0lQQHU´ZHUGHQ]XVROOHQXQG geschlechtliche Eindeutigkeit leben zu müssen, unterlaufen und hierdurch neonazistisch-prä-ventiv wirken. Eine Distanzierung von neona-zistischen Ungleichheitsvorstellungen hat die JU|‰WHQ&KDQFHQHUIROJUHLFK]XVHLQZHQQVLH in einem relativ frühen Stadium neonazistischer Orientierung einsetzt. Gewalttätigkeit von Neonazis kann auch noch im Erwachsenenle-ben abgebaut werden, aber verfestigte neona-zistische Einstellungen sind in den seltensten )lOOHQ JlQ]OLFK DXÁ|VEDU .XUW 0|OOHU PDFKW drei Mechanismen aus, die Distanzierungspro-]HVVH EHJQVWLJHQ D 1HXH VR]LDOH .RQWDNWH E .RQÁLNWUHGX]LHUHQGH 9HUlQGHUXQJHQ YRQ Lebensumständen, insbesondere Kontroll- und

,QWHJUDWLRQVHUIDKUXQJHQXQGF=XJHZLQQHDQ 6HOEVW XQG 6R]LDONRPSHWHQ]HQ ZLH 5HÁH[LYLWlW (PSDWKLH,PSXOVNRQWUROOHHWFYJO0|OOHU Wird ein Blick auf die bundesrepublikanische Neonazismus-Prävention seit Anfang der HU-DKUHJHZRUIHQKDWVLFKHLQHIHKOHQGH JHVFKOHFKWHUUHÁHNWLHUWH 6LFKW LQ GHQ 3UlYHQWL-onskonzepten teilweise verheerend ausgewirkt.

'LH DN]HSWLHUHQGH -XJHQGDUEHLW GLH LQ GHQ HU-DKUHQ ]XQlFKVW LQ :HVW'HXWVFKODQG entwickelt und dann insbesondere in Ost-Deutschland umgesetzt wurde, nahm gewaltaf-ÀQH QHRQD]LVWLVFK RULHQWLHUWH -XJHQGOLFKH LQ den Blick. Dies hatte einerseits zur Folge, dass dadurch implizit eine männliche Zielgruppe mit HLQHUDXIGLHVHDXVJHULFKWHWH6R]LDODUEHLWGHÀ-niert wurde. Andererseits gerieten dadurch all GLHMHQLJHQ QHRQD]LVWLVFK RULHQWLHUWHQ -XJHQG-OLFKHQ GLH NHLQH *HZDOW DXVEWHQ DXV GHP Fokus der pädagogischen Arbeit, also fast alle weiblichen und diejenigen männlichen -XJHQGOLFKHQGLHQLFKWÅDXIIlOOLJ´ZDUHQ,QGHU 3UD[LVGHUDN]HSWLHUHQGHQ-XJHQGDUEHLWZDUHQ DEHU ]XPHLVW ZHGHU JHVFKOHFKWHUUHÁHNWLHUWH Angebote vorgesehen noch gab es konkrete Handlungsanregungen. Erschwerend kam hinzu, dass durch den starken Fokus auf sozi-ale Arbeit und Akzeptanz von neonazistischen -XJHQGOLFKHQ GLH LQKDOWOLFKH $XVHLQDQGHUVHW-zung um die politischen Inhalte in den Hinter-grund gerückt wurde. Die simple Annahme war, dass durch Integration und Selbstentfaltungs-chancen von Neonazis diese ganz von alleine aufhörten, neonazistisch zu sein (vgl. Laumann 6WW]HO

Des Weiteren gab und gibt es verschiedene Analysen, die davon ausgehen, dass (männ-OLFKH 1HRQD]LV XQWHU HLQHU Å,FK6FKZlFKH´

und fehlendem Selbstbewusstsein litten und sie deswegen Phänomenen des Neonazismus nachhingen. Die Ursache der angenomme-nen Ich-Schwäche wird in einer nicht geglück-ten Geschlechtsentwicklung ausgemacht, die hypermaskulines Verhalten zur Folge habe. Die Antwort darauf besteht in einer Verringerung der Ich-Schwäche, die allerdings im Konkreten an vielfältigen Punkten an traditionelle Männ-lichkeit anknüpft (Kraft, Risiko, Konkurrenz, .|USHUNXOW HWF XQG GDEHL YHUNHQQW GDVV HV die ganz „normale“ Männlichkeit ist, die immer wieder genau die Anforderungen hervorbringt, die neonazistische Männlichkeiten besser erfül-len können.

(LQH VLQQYROOH JHVFKOHFKWHUUHÁHNWLHUWH $UEHLW

PLW -XQJHQ JHJHQ 1HRQD]LVPXV VROOWH GDKHU Folgendes beherzigen:

* Männlichkeit ist keine Lösung, sondern eine Anforderung und ein Problem – nicht nur allgemein, sondern insbesondere aus einer neonazistisch-präventiven Sicht. Angebote, die an angeblich „natürliche Seiten“ von Männlichkeit anknüpfen oder anderweitig männliche Identität stärken, sind kontrapro-duktiv, da sie neonazistische Vorstellungen YRQ*HVFKOHFKWHUDQRUGQXQJHQVWW]HQXQG damit Anschlussstellen zu diesen bieten.

Stattdessen muss es um die Förderung der Vielfältigkeit von männlichen, weiblichen und anders geschlechtlichen Lebensentwürfen und um die Entlastung von Männlichkeits-anforderungen und dem Vereindeutigungs-zwang gehen, d.h. um die Ermöglichung von Entwicklungserfahrungen, bei denen als „unmännlich“ und „schwul“ angesehene Attribute nicht abgewertet werden und kein Machtanspruch gegenüber Mädchen und Frauen erhoben wird. Real bedeutet dies, und das sollte auch kognitiv vermittelt werden, einen Zugewinn an individueller Handlungs-freiheit und Möglichkeitsräumen.

* Daran anknüpfend sind Männer nur dann als Vorbilder zu betrachten, wenn sie sich kritisch mit den Anforderungen traditionel-ler Männlichkeit auseinandersetzen und in ihrer pädagogischen Arbeit Transparenz über diese Auseinandersetzung herstellen, d.h.

auch über ihre subjektiven Abweichungen und individuellen Umgangsweisen damit.

* Darüber hinaus geht es auch darum, vielfältige PlQQOLFKHXQGZHLEOLFKH/HEHQVHQWZUIHXQG -realitäten sichtbar und auch im pädagogischen Kontakt erfahrbar zu machen. Zumindest dann, wenn schwule Männlichkeiten, behinderte Männlichkeiten, Trans-Männlichkeiten, Männer of Color etc. sich eine Arbeit mit rechtsorien-WLHUWHQ-XJHQGOLFKHQYRUVWHOOHQN|QQHQ

* Die Stärkung des Selbstbewusstseins ist sinn-voll und notwendig – und zwar als Person, nicht als Mann.

$XFK DXV JHVFKOHFKWHUUHÁHNWLHUWHU 6LFKW LVW notwendig, genau zu differenzieren, mit wem man eigentlich zu tun hat. Die Differenzierung zwischen KaderInnen, AktivistInnen, Sym-pathisant_innen und Mitläufer_innen (siehe 7DEHOOHDP(QGHGHV$UWLNHOVLVW]XHUJlQ]HQ um eine Differenzierung dahingehend, mit was für Männlichkeiten man es zu tun hat:

Geht es um neonazistische protestierende Männlichkeiten, für die Männlichkeit eine

letzte Ressource im Kampf um Anerkennung ist? Geht es um hegemoniale neonazistische Männlichkeiten, die ihre privilegierte Stellung im Geschlechterverhältnis festigen wollen?

Geht es um Freundschaft, um Überlegenheit, um …? Auf diese Fragen und Zielgruppen sind auch präventive Strategien abzustimmen.

* Darauf bezogen sind beispielsweise Wünsche nach Freundschaft und Kameradschaft ernst zu nehmen und aufzugreifen, zugleich sollten dabei Männlichkeits- und Geschlechterkon- struktionen kritisch hinterfragt und ambi-valente konkurrente Beziehungen mit den

„ernsten Spielen des Wettbewerbs“ (vgl.

hierzu Punkt 2.2 im Artikel zu Männlichkeits-DQIRUGHUXQJHQLQGLHVHP%DQGLQV9HUKlOWQLV gesetzt werden. Es sollten diesbezüglich alter-native Formen von Freundschaft, Zusammen-halt, Solidarität, Nähe, Familie, Emotionalität und Anerkennung erarbeitet werden. Wichtig ist diesbezüglich aufzuzeigen, wie sich die Kameradschafts-Ideologie in neonazistischen Gruppen als Fiktion herausstellt. AussteigerIn-nen berichten immer wieder, dass es gerade keine Unterstützung und keinen Zusammen-halt in der neonazistischen Szene gibt, ganz abgesehen von der oft brutalen Gewalt unter-HLQDQGHUYJO6SHLW

'LH.RQVHTXHQ]HQQHRQD]LVWLVFKHQ+DQGHOQV und Denkens sollten aufgezeigt werden: vom Verlust nicht-neonazistischer Freundschaften über Knastkarrieren bis hin zu der Unsinnigkeit neonazistischer Antworten auf gesellschaftli-che Probleme, die bei Verwirklichung an der eigenen Misere (Opfererfahrungen, Arbeitslo-sigkeit, fehlende Anerkennung, unbefriedigte +DUPRQLHZQVFKHQLFKWVlQGHUQZUGHQ

* Der Wunsch nach Überlegenheit, eine der Kern-anforderungen eines männlichen Habitus, der in neonazistischen Szenen Bestätigung erfährt, kann aus dem eigentlichen Wunsch resultieren, kein Opfer mehr sein zu müssen. Viele Täter KDEHQ DOV .LQG-XJHQGOLFKHU ZLH DXFK LQ GHU neonazistischen Szene, in der Täter zu sein und Opfer zu werden eng miteinander verwoben sind, Opfererfahrungen gemacht. Den offen-sichtlichen Nachteilen, nämlich mit der Ambi-valenz von Überlegenheits- und Wirksam-keitsversprechen durch Männlichkeit und den eigenen realen Opfererfahrungen klarkom-PHQ ]X PVVHQ NDQQ JHVFKOHFKWHUUHÁHNWLHUW begegnet werden, indem Opfererfahrungen und Überlegenheitswünsche wie -phantasmen in einen Zusammenhang gebracht werden.

Wichtige Schritte wären alternative Formen

von Interessenvertretung zu erarbeiten und Selbstermächtigungsprozesse und alterna-tive Selbstkonzepte zu ermöglichen, die ohne Gewalt und Abwertungen anderer auskom-men. Es ist auch darauf zu achten, dass bei Aussteigern nicht das Motiv der Überlegen-heit fortgeschrieben wird und die Ex-Kame-raden abgewertet werden, wie es des Öfteren geschieht („Die sind alle total dumm und ich KDEHHVJHSHLOWGHVZHJHQVWHLJHLFKDXV´

(VJHKWGDUDQDQVFKOLH‰HQGDXFKXPGLH.RQ-frontation mit der Frage, was die verübten Taten für die Opfer/Betroffenen des eigenen bisherigen Handelns bedeuten. Die Arbeit an Empathiefähigkeit ist hier der Schlüssel, um zukünftig Ambivalenzen, Unterschiedlichkei-ten und Differenzen zwischen Menschen aus-halten und wertschätzen zu können. Die Wahr-nehmung eigener Grenzen und der Grenzen anderer und die Erkundung eigener „weicher“, zuvor verleugneter Anteile ermöglicht eine Annäherung an „die Anderen“. Das Erlernen einer Perspektivübernahme hilft zudem, sozi-ale Situationen jenseits von Kampf, Risiko, Sieg und Stärke entziffern zu können.

'\QDPLNHQ LQ UHLQHQ -XQJHQ ZLH DXFK gemischten Gruppen sollten bewusst wahr-genommen werden und eine Sensibilität für Hierarchiebildung, Dominanz und Unterord-QXQJ XQWHU -XQJHQ HQWZLFNHOW ZHUGHQ 'LH Fokussierung auf die Wortführer, die Alpha-Tiere, wie es oft in pädagogischen Settings passiert, ist überaus problematisch, da es die bereits bestehenden Hierarchien noch ver-stärkt und eine Männlichkeitsbestätigung an die ohnehin schon Dominanten erteilt.

* Auf inhaltlicher Ebene ist immer gegen natu-ralisierende Zuschreibungen von Geschlecht und Sexualität zu argumentieren. Stark gemacht werden sollten die vielfältigen Mög-lichkeiten, Geschlecht, Sexualität und Männ-lichkeit zu leben. Ob schwul oder hetero, als Hausmann oder Familienalleinernährer, stark oder schwach, gewalttätig oder nicht – nichts davon hat in erster Linie mit Genen, Hormo-nen und/oder GehirHormo-nen zu tun.

* Es ist ebenfalls nötig, neonazistische Männlich-keitskonstruktionen mit anderen Ideologien der Ungleichwertigkeit (Rassismus, Antisemi-tismus, Sozialdarwinismus, völkischem Natio-QDOLVPXV DXWRULWlUH 2UGQXQJVYRUVWHOOXQJHQ zusammen zu denken. Daraus folgt die Zurück-weisung des Ausspielens verschiedener Herr-schaftsverhältnisse, also beispielsweise Sexis-mus ausnahmslos bei Muslimen anzusiedeln.

8QGZLHDXFKVRQVWLQGHU-XQJHQDUEHLWJHKW es darum, Gesprächsanlässe zu schaffen.

Neben den bereits genannten Themen können weitere Aufhänger und Themenkomplexe LQ GHU $UEHLW PLW UHFKWVRULHQWLHUWHQ -XQJHQ sein: Familie und Wahlverwandtschaften, Held-sein-Wollen und Gutes tun, sexualisierte Gewalt, Elite und Anerkennungsstrukturen, Kämpfer und Verteidigung, Ehre etc.

Auch bei dieser Aufzählung ist zu beherzigen, dass es besser ist, klein anzufangen als über-haupt nicht.

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9LHOH0HWKRGHQDXVGHU-XQJHQDUEHLWODVVHQVLFK DXFKLQGHUJHVFKOHFKWHUUHÁHNWLHUWHQ3UlYHQWLRQ gegen Neonazismus einsetzen. Viele Anregungen ÀQGHQVLFK]XGHPLQGHU0HWKRGHQEHVFKUHLEXQJ Präventionskreuz gegen Neonazismus auf der Projektwebsite www.jungenarbeit-und-schule.de.

Darüber hinaus können folgende Materialien bei entsprechender pädagogischer Aufbereitung hilfreich sein:

$XVGUXFNVZHLVHQ2UJDQLVLHUXQJVJUDGXQG,GHRORJLHGLFKWH