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Mit dieser Selbstsozialisation wie auch mit Akten der Erziehung und der Bestrafung ist eine Verengung der Optionen des Subjekts verbunden, eine Verlustspur. Die Bezeichnung

„Verlustspur des Subjekts“ ist an Arbeiten YRQ-XGLWK%XWOHUDQJHOHKQWGLH Geschlecht ähnlich wie die vorherigen Autor_

innen als Ergebnis kultureller Herstellungspro-zesse ansieht.9 Mit dem Bild der „Verlustspur des Subjekts“ greifen wir Butlers These auf, dass geschlechts- und sexualitätsbezogene ,GHQWLÀNDWLRQVSUR]HVVHPLW9HUZHUIXQJHQXQG Ausschlüssen verbunden sind, Männlichkeit und Weiblichkeit also durch eine Aufforde-rung gekennzeichnet sind, bestimmte Eigen-schaften, bestimmte Wünsche und Begeh-ren von sich zu weisen, um eine „richtige Geschlechtsidentität“ dar- und herzustellen.

Gesellschaftlicher Orientierungspunkt für eine

„richtige“ geschlechtliche Identität ist das bereits oben eingeführte Ziel einer Kohärenz von Geschlechtsidentität, Geschlechtskörper und Begehren. Eine gesellschaftlichen Normen entsprechend „richtige“ geschlechtliche Iden-tität setzt sich also auf eine ganz bestimmte Art und Weise zusammen, die vom Individuum selbst wie von anderen Personen als sinnstif- WHQGÅQRUPDO´XQGQLFKWDOVLUULWLHUHQGZDKU-genommen wird.

Die anderen müssen die Darstellung der

*HVFKOHFKWOLFKNHLW DOV VLQQYROO DQHUNHQQHQ ÅOHVHQ´N|QQHQ'DEHLZHUGHQ$VSHNWHE]Z Potenziale des eigenen Selbst, die von einer Darstellung „richtiger“ Männlichkeit und

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2ULJLQDOWH[WH-XGLWK%XWOHUVHPSIHKOHQVLFKLQVEH-sondere für Leser_innen, die Freude daran entwickeln, tief in komplexe und spannende Gedankengebäude einzustei-gen. Alternativ sei eine Einführung von Paula-Irene Villa HPSIRKOHQ

Weiblichkeit (im System der Zweigeschlecht- OLFKNHLWDEZHLFKHQDXVJHVFKORVVHQE]ZYHU-worfen. Diese Verwerfungen stellen Verluste von Begehren, Interessen, Gefühlen, Körper-haltungen, Bewegungen und Handlungen dar.

Beispielsweise ist die Vorstellung, ein „richti-JHU-XQJH´]XVHLQLPPHUQRFKKlXÀJGDPLW verbunden, eine breite Palette von Gefühlen (Angst, Wunsch nach Nähe, Ausgelassenheit, 9HUOHW]OLFKNHLW ¬ YHUOHXJQHQ ]X OHUQHQ XQG letztlich auf ein einziges am Ende als legitim angesehenes Gefühl der Wut zu reduzieren.

Es kann sich aber auch um den Verlust han-deln, manche Spiele nicht mitzumachen, auf bestimmte Bewegungen und damit verbun-dene Körpergefühle zu verzichten wie auch darauf, sich eifrig am Schulunterricht zu beteiligen und nicht zuletzt auf ein Begehren gegenüber dem gleichen Geschlecht. Dabei werden manche Aspekte vielleicht nicht kom- SOHWWYHUZRUIHQVRQGHUQYHUHQJWXPJHGHX-tet, so zum Beispiel der Wunsch nach Nähe oder Zärtlichkeit, der auf ein erotisches Inte-resse gegenüber Mädchen/Frauen reduziert und so mit Männlichkeitsvorstellungen verein-bar gemacht wird oder das Interesse an Nähe und Körperlichkeit mit anderen Männern oder -XQJHQ GDV LP 6SRUW RGHU LP EHWUXQNHQHQ Zustand ausgelebt werden kann. Diese Ver-luste führen in unserer Formulierung zu einer

„Verlustspur des Subjekts“.

1XQLVWHVQLFKWVRGDVVGLHVHU9HU]LFKWTXDVL IUHLZLOOLJ YRQVWDWWHQJHKW YLHOPHKU VLQG GLH Personen, die von der „Sinn vermittelnden“

Männlichkeit oder Weiblichkeit abweichen, viel-fältigen Sanktionen ausgesetzt, von Verbeson-derung und einer Absprache von „Normalität“

über soziale Isolation und Ausgrenzung bis hin zu manifester psychischer, körperlicher und sexualisierter Gewalt.

Aus dem Verlust leitet sich eine psychische Notwendigkeit ab, diesen zu rechtfertigen.

Auf bestimmte Möglichkeiten, Interessen, Gelüste, Fähigkeiten, Geschmäcker etc. zu verzichten hat zur Folge, diese abzuwer-ten, zumindest bei Menschen des gleichen

*HVFKOHFKWV :HQQ LFK DOV -XQJH GDUDXI YHU-zichten muss, rosa oder Glitzer zu tragen, zu ZHLQHQPLW0lGFKHQ]XVSLHOHQXQGPLW-XQ-gen körperlich nah zu sein, dann liegt es nahe, dass ich eine gewisse negative Emotionalität gegen all diese Dinge und Tätigkeiten entwi-ckelt habe, um diesen Verzicht durchzuhalten bzw. als emotionale Reaktion auf die Verbote und Sanktionen. Diese negative Emotionalität

trifft nun all jene, die die verworfenen Aspekte leben, insbesondere dann, wenn sie mir ähn-OLFKVLQGDOVR-XQJHQRGHU0lQQHU0lGFKHQ denen die verloren gegangenen Eigenschaf-ten zugestanden werden, wird vielleicht mit dem Gefühl der Überlegenheit begegnet und sie werden lächerlich gemacht, um sich selbst vor dem Gefühl des Neids ihnen gegenüber zu schützen.

Die „Verlustspuren“ sind sehr unterschiedlich.

:LHJUR‰XQGZLHHLQVFKUlQNHQGVLHVLQGKlQJW GDYRQDEZLHVWDUN.LQGHUQXQG-XJHQGOLFKHQ vermittelt wird, dass es wichtig sei, ein „rich- WLJHU´-XQJHHLQÅULFKWLJHV´0lGFKHQ]XZHU-den und wie wichtig ihnen selbst dies ist, bzw.

umgekehrt davon, wie viele Freiheiten sie in der Entwicklung ihre Wünsche, Eigenschaften und Handlungsweisen haben

Wir haben die Idee des Verlustes von Wün-schen, Begehrensformen, Gefühlen, Interes-sen und HandlungsweiInteres-sen in unseren Fortbil-dungen auf den Prozess der Aneignung von Männlichkeit und Weiblichkeit übertragen.

0HWKRGLVFKÀQGHWVLFKGDVLQGHUJOHLFKQDPL-gen Methode „Verlustspur des Subjekts“ wie-der. Es geht uns darin um die Frage, wie sich die sozialen Verhältnisse (Zweigeschlechtlichkeit, +HWHURQRUPDWLYLWlWVRYHUPLWWHOQGDVVVLHIU die einzelnen Personen „normal“ erscheinen und wie wir die Konstellationen in pädagogi-schen Anordnungen so verschieben können, dass die Beteiligten nicht mehr ihr männliches oder weibliches Ich verteidigen müssen, indem sie etwas, was vermeintlich da nicht reinpasst, verwerfen.

Dies ist ein Foto des Endergebnisses der Methode „Verlustspur des Subjekts“. Zunächst werden Eigenschaften, Kompetenzen und Inte-UHVVHQ LP :HLWHUHQ (LJHQVFKDIWHQ JHVDP-melt, dann wird nach Zufall ein Geschlecht festgelegt und dann geht die Gruppe durch, was passiert, wenn es dem betreffenden Kind RGHU -XJHQGOLFKHQ EHVRQGHUV ZLFKWLJ LVW HLQ ÅULFKWLJHU´-XQJHE]ZHLQÅULFKWLJHV´0lGFKHQ zu sein. Die einzelnen Eigenschaften werden andiskutiert (gestrichelte Kreise bedeuten, dass bzgl. dieser Eigenschaften unterschied-OLFKH 0HLQXQJHQ EHVWDQGHQ XQG EHL %HGDUI HLQJHVFKUlQNWE]ZVSH]LÀ]LHUW8QWHUKDOEGHU Methode werden mögliche Umgangswei-sen mit dieUmgangswei-sen Eigenschaften gesammelt. Für mehr Informationen zu dieser Methode siehe www.jungenarbeit-und-schule.de.

3lGDJRJLNKDWYRUGHP+LQWHUJUXQGGHU$XVIKUXQJHQ]X6HOEVWVR]LDOLVDWLRQXQG]XU9HUOXVWVSXU des Subjekts die Aufgabe, einen Rahmen zu schaffen, der Kindern und Jugendlichen verschie-GHQH 2SWLRQHQ ]XJlQJOLFK PDFKW HWZDV DXV]XSURELHUHQ XQG (UIDKUXQJHQ ]X VDPPHOQ RKQH dass sie Angst haben müssen, dafür abgewertet zu werden. Dazu gehört auch der Mut, den Kin-dern und Jugendlichen Vertrauen zu schenken und sich auf Überraschungen einzulassen. Unserer

%HREDFKWXQJQDFKVLQG.LQGHUXQG-XJHQGOLFKH]XYLHOHQ([SHULPHQWHQEHUHLWZHQQLKQHQYRQ GHU3lGDJRJLNQLFKWLPPHUQXUGDV1DKHOLHJHQGHDQJHERWHQZLUGGLHYHUVFKLHGHQHQ2SWLRQHQ gleichwertig behandelt werden und sie nicht auf etwas festgelegt werden, wenn sie etwas aus-SURELHUHQ(LQH5KHWRULNGHV([SHULPHQWVXQGGHU1HXJLHUNDQQKLHUZHLWIKUHQ

Dafür ist es hilfreich bis notwendig, die Kinder und Jugendlichen von der Anforderung zu entlas-ten, „richtige“ Mädchen und Jungen sein zu sollen, in Frage zu stellen, ob es bedeutsam ist, ein

„richtiger“ Junge bzw. Mann, ein_e „richtige_s“ Mädchen bzw. Frau zu sein, in Frage zu stellen, ZHUGLHVEHUKDXSWGHÀQLHUHQGDUIXQGVLFKWEDU]XPDFKHQZHOFKH9HUOXVWHYRQ,QGLYLGXDOLWlW eine Orientierung an solchen Normen mit sich bringt (vgl. auch den Artikel zu Jungenarbeit in diesem Band). Konkret kann dies u.a. heißen:

‡ $QHUNHQQXQJ IU .RPSHWHQ] XQG GDV VDFKNXQGLJH %HZHJHQ LQ GHU VR]LDOHQ :HOW gerade QLFKWSULPlUIUJHVFKOHFKWHUVWHUHRW\SH6HOEVWGDUVWHOOXQJHQ]XJHEHQ

‡*HVFKOHFKWVHOEVWQLFKWVRYLHO%HGHXWXQJ]X]XPHVVHQHVQLFKWDOVHWZDV3HLQOLFKHV darzustellen, wenn ein Mensch (vermeintlich) fehl-erkannt wurde.

‡ 8QWHUVFKLHGOLFKH YHUJHVFKOHFKWOLFKWH RGHU DXFK QLFKWYHUJHVFKOHFKWOLFKWH ,FK.RQ]HSWH und Lebensweisen sichtbar werden zu lassen und gleichwertig als Teil von Normalität nebeneinander zu stellen, anstatt die einen als „normal“ und die anderen als Abweichun- JHQGDU]XVWHOOHQGHQHQJHJHQEHU7ROHUDQ]JHEWZHUGHQPXVVEHLVSLHOVZHLVHLQ6FKXO-büchern, wenn bestimmte Begehrensweisen und Geschlechter nur unter dem Stichwort

„Minderheiten“ auftauchen, während andere sich als Normalität durch das gesamte Buch ]LHKHQXQGZLHGHUDQGHUHEHUKDXSWNHLQH(UZlKQXQJÀQGHQYJOKLHU]X%LWWQHU*(:

+LOIUHLFKLVWZHQQXQWHUVFKLHGOLFKH3lGDJRJBLQQHQPLWXQWHUVFKLHGOLFKHQ/HEHQV-weisen den Jugendlichen als Modelle und Auseinandersetzungs-Partner_innen zur Ver-IJXQJVWHKHQPLWGHQHQVRZRKOEHUVFK|QHDOVDXFKEHUVFKZLHULJH$VSHNWHXQG :LGHUVSUFKOLFKNHLWHQLQGHQMHZHLOLJHQ:HJHQJHVSURFKHQZHUGHQNDQQ

‡'DV/XVWYROOHDQYHUVFKLHGHQHQ,QWHUHVVHQXQG/HEHQVZHLVHQVLFKWEDUXQGHUIDKUEDU werden zu lassen.

‡0|JOLFKNHLWHQ]XHU|IIQHQJHUDGHDXFKJHVFKOHFKWHUXQW\SLVFKH,QWHUHVVHQDXV]XSUR-bieren, ohne diese mit Geschlechter-Zuschreibungen zu versehen.

‡ .ULWLVFK PLW 1RUPHQ XP]XJHKHQ GHQ .LQGHUQ XQG -XJHQGOLFKHQ ÅYHUEDOH 0XQLWLRQ´

JHJHQ1RUPLHUXQJVSUR]HVVH]XJlQJOLFK]XPDFKHQXQWHUDQGHUHPPLWGHP9HUZHLVDXI Freiheit und Individualität, die wichtiger sein sollten als „richtige“ Geschlechtlichkeit.

‡'DEHLGHQ.LQGHUQXQG-XJHQGOLFKHQ:QVFKHQDFKÅ1RUPDOLWlW´XQG2ULHQWLHUXQJ QLFKWDE]XVSUHFKHQVRQGHUQGLHJHVHOOVFKDIWVEHGLQJWHQXQGOHJLWLPHQ%HZHJJUQGH für solche Wünsche anzuerkennen. Ihnen nicht zusätzlich die Anforderung auferle-gen, sich neben allem anderen Selbstmanagement (s. Artikel „Und die Mädchen?“ in diesem Band) auch noch aus Normierungen befreien zu sollen. Stattdessen anderes zusätzlich anbieten, mit ihnen gemeinsam Norm-Vorgaben diskutieren/verschieben/

entmachten und ihnen so viel Ich-Stärke verleihen, dass sie weniger Grund haben, aus

$QJVWYRU6DQNWLRQHQRGHUXPVLFK)UHXQGVFKDIW]XHUNDXIHQ$QSDVVXQJVSUR]HVVH zu vollziehen.

(VJHKWDOVRXPQLFKWZHQLJHUDOVGDUXPHLQHGHU]HQWUDOHQJHVHOOVFKDIWOLFKHQ6WUXNWXULHUXQJV-kategorien in Frage zu stellen. Dies ist wahrscheinlich eine schwierigere Bewegung als neue

%LOGHUÅULFKWLJHQ´0lGFKHQRGHU-XQJH6HLQV]XHQWZHUIHQ8QVHUHV(UDFKWHQVLVWHVDEHUHLQ ZLFKWLJHU6FKULWWXP.LQGHUQXQG-XJHQGOLFKHQGLH0|JOLFKNHLW]XUSHUV|QOLFKHQ(QWZLFNOXQJ HLQHVJHVFKOHFKWVEH]RJHQHQ6HOEVW.RQ]HSWV]XHUP|JOLFKHQ6FKHLQEDUHLQIDFKHUH:HJHEULQ- JHQGDIUJDQ]DQGHUH3UREOHPHPLWVLFKYHUVSUHFKHQDOVRPHKU(LQIDFKKHLWDOVVLHOHW]WOLFKKDO-ten können. So sind mit „neuen“ Männlichkeits- und Weiblichkeitsbildern unter anderem wiede-UXPQHXH$EZHUWXQJHQ1RUPLHUXQJHQXQG8QHUIOOEDUNHLWHQYHUEXQGHQGLHIUSlGDJRJLVFKHV Handeln fragwürdig sind.