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2.6 Grundlagen der zeitaufgelösten Spektroskopie

2.6.2 Nichtlineare Optik

Strahlung entsteht durch die Oszillation eines elektrischen Dipols. Die Frequenz der Strahlung entspricht dabei der Oszillationsfrequenz des Dipols. Ein oszillierendes elektrisches Feld E kann dementsprechend auch einen elektrischen Dipol in einer Substanz erzeugen. Im Fall von geringen elektrischen Feldstärken E gibt es dabei einen linearen Zusammenhang zwischen diesen und dem Betrag des Dipols µ sowie der Polarisierbarkeit (elektrische Suszeptibilität) α des Materials.

𝜇 = 𝛼𝐸 Formel 2.34

2.6 Grundlagen der zeitaufgelösten Spektroskopie 𝜇 = 𝜇(1)+ 𝜇(2)+ 𝜇(3)+ ⋯ Formel 2.35

= 𝛼𝐸 +1

2𝛽𝐸2+1

6𝛾𝐸3+ ⋯ Formel 2.36

Ab dem zweiten Term besteht diese Reihe aus nichtlinearen Termen. Alle Effekte oder Prozesse, die auf diese Terme zurückzuführen sind, werden deshalb als nichtlinear bezeichnet. Im Fall von geringen elektrischen Feldstärken sind die Beiträge der nichtlinearen Terme sehr gering und es treten dementsprechend keine nichtlinearen Prozesse auf. Treten allerdings hohe Strahlungsintensitäten (hohe elektrische Feldstärken) auf, so ist der Beitrag der nichtlinearen Terme größer und es lassen sich nichtlineare Effekte beobachten. Hohe Spitzenintensitäten bei relativ niedrigen mittleren Intensitäten sind typisch für gepulste Laser, weswegen nichtlineare Effekte im Feld der Laserspektroskopie eine wichtige Rolle spielen. In der Folge werden deshalb weitere Voraussetzungen für nichtlineare Effekte angesprochen. Außerdem finden nichtlineare Effekte Erwähnung, die z.B. für die Funktion einiger im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Experimente bzw.

Messaufbauten essenziell sind.

2.6.2.1 Phasenanpassung

Hohe Strahlungsintensitäten allein reichen nicht aus, um nichtlineare Prozesse in einem Medium zu erzeugen.

Denn damit zwei Wellen miteinander wechselwirken können, müssen sie über eine möglichst lange Strecke im Medium miteinander konstruktiv interferieren. Dabei gilt Energie- und Impulserhaltung. Um die Impulserhaltung zu erfüllen, muss wiederum die Phasenanpassungsbedingung erfüllt werden. Diese ist abhängig von der Wellenlänge sowie von den Brechungsindices n des Mediums. Typischerweise wird dies für den Fall der 3-Wellenmischung mit 𝑘⃗ 1≤ 𝑘⃗ 2≤ 𝑘⃗ 3 beschrieben. Im Fall der Phasenanpassung gilt für dieses Beispiel folgende Gleichung:

𝑛1𝑘⃗ 1+ 𝑛2𝑘⃗ 2= 𝑛3𝑘⃗ 3 Formel 2.37

Dabei sind 𝑘⃗ 1und 𝑘⃗ 2 die Wellenvektoren der einfallenden und 𝑘⃗ 3 der Wellenvektor der resultierenden Welle.

Entsprechend würde man eine Phasenfehlanpassung mit ∆𝑘⃗ beschreiben.

∆𝑘⃗ = 𝑛1𝑘⃗ 1+ 𝑛2𝑘⃗ 2− 𝑛3𝑘⃗ 3 Formel 2.38

Das heißt, nur wenn ∆𝑘⃗ sehr klein ist, kann man von einer guten Phasenanpassung sprechen, und nur in diesem Fall kann es zu effizienten Wechselwirkungen zwischen Wellen in einem Medium kommen.

Allerdings ist eine gute Phasenanpassung in der Praxis nicht in jedem Medium möglich. Grund dafür sind die Frequenzabhängigkeit des Brechungsindexes n(ω), die sogenannte Dispersion, und die daraus resultierenden unterschiedlichen Phasengeschwindigkeiten vPh.

𝑣𝑃ℎ = 𝑐𝑣𝑎𝑘

𝑛(𝜔) Formel 2.39

Die verschiedenen Wellen laufen also unterschiedlich schnell durch das Medium, weshalb es zu destruktiven Interferenzen kommt. Deshalb werden nichtlineare Prozesse vornehmlich in doppelbrechenden Medien vorgenommen. Der Brechungsindex dieser Medien ist abhängig von der Polarisationsrichtung der Strahlung, dementsprechend spricht man auch von anisotropen Medien. Durch entsprechende Positionierung des anisotropen Mediums zu der polarisierten Strahlung unterschiedlicher Wellenlänge ist es nun möglich, sowohl die Wellenvektoren als auch die Brechungsindices aneinander anzugleichen, wodurch die Phasenanpassung erreicht werden kann.

2.6.2.2 Gruppengeschwindigkeitsdispersion

Wie schon oben erwähnt, ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Strahlung in einem Medium und damit auch der Brechungsindex des Mediums frequenzabhängig. Dieser Zusammenhang wird als Dispersion bezeichnet. Im Fall eines kurzen Wellenpakets oder Pulses führt dies zur sogenannten Gruppengeschwindigkeitsdispersion (group

Theoretische Grundlagen

velocity dispersion, GVD). Der Grund für diese Effekte liegt in der frequenzabhängigen Phasenverschiebung, die quasi ein Zerlaufen des Wellenpakets mit der Zeit bewirkt. Dies lässt sich durch eine Taylorreihenentwicklung der Phase Φ(ω) nach ω beschreiben:

Φ(𝜔) = Φ(𝜔0) +𝑑Φ

𝑑𝜔(𝜔 − 𝜔0) +1 2

𝑑2Φ

𝑑𝜔2(𝜔 − 𝜔0)2+ ⋯ Formel 2.40 Der lineare Term beschreibt die lineare Dispersion, welche immer beim Durchtritt von Strahlung durch ein Medium auftritt. Der quadratische Term gewinnt erst bei Pulslängen unterhalb von 100 fs an Bedeutung und beschreibt die GVD. Die Terme höherer Ordnungen werden wiederum erst bei Pulslängen unterhalb von 10 fs relevant, weshalb sie hier nicht beschrieben werden.

Generell gibt es Medien mit normaler und anormaler Dispersion. Dispersion führt bei Laserpulsen zu einer zeitlichen Veränderung des Signals, die Chirpj genannt wird. Durch normale Dispersion kommt es zu einem positiven Chirp. Die niederenergetischen roten Spektralanteile eilen in diesem Fall den höherenergetischen blauen Spektralanteilen voraus. Anormale Dispersion führt dementsprechend zu einem negativen Chirp, bei dem die blauen Spektralanteile den roten vorauseilen.

2.6.2.3 Frequenzmischung

Die verschiedenen Arten der Frequenzmischung lassen sich über den Einfluss nichtlinear optischer Effekte auf die Polarisation eines Mediums erklären. Die Polarisation P ist abhängig von der Dielektrizitätskonstante ϵ0, der Suszeptibilität χ sowie von der elektrischen Feldstärke E.

𝑃 = 𝜖0𝜒𝐸 Formel 2.41

Die elektrische Feldstärke kann mit einer komplex konjugierten (c.c.)-Gleichung beschrieben werden, wobei ω für die Kreisfrequenz und t für die Zeit steht:

𝐸 = 𝐸0𝑒−𝑖𝜔𝑡+ 𝑐. 𝑐. Formel 2.42

Nun kann die Polarisation ebenfalls als Taylorreihenentwicklung geschrieben werden, wodurch nichtlineare Terme entstehen. Wie schon im Fall des elektrischen Dipols erklärt, fallen diese nichtlinearen Terme allerdings erst bei hohen elektrischen Feldstärken ins Gewicht.

𝑃 = 𝑃(1)+ 𝑃(2)+ 𝑃(3)+ ⋯ Formel 2.43

= 𝜖0(𝜒(1)𝐸 + 𝜒(2)𝐸2+ 𝜒(3)𝐸3+ ⋯ ) Formel 2.44

Wenn nun zwei Strahlungen ω1 und ω2, mit hohen Feldstärken in einem nichtlinearen Medium aufeinandertreffen, tritt genau dieser Fall ein und es kommt zur Frequenzmischung. Der erste nichtlineare Term der Formel 2.44 entspricht dann folgendem Ausdruck:

𝑃(2)= 2𝜖0𝜒(2)(𝐸1+ 𝐸2)2 Formel 2.45

= 2𝜖0𝜒(2)(2(𝐸12+ 𝐸22) + 𝐸12𝑒𝑖(2𝜔1𝑡)+ 𝐸22𝑒𝑖(2𝜔2𝑡)+ 𝐸1𝐸2𝑒𝑖((𝜔1+𝜔2)𝑡)+𝐸1𝐸2𝑒𝑖((𝜔1−𝜔2)𝑡)+ 𝑐. 𝑐. ) Formel 2.46

In Formel 2.46 sind die Ausdrücke für die jeweilige Frequenzverdopplung, die Summenfrequenz (𝜔1+ 𝜔2) sowie die Differenzfrequenz (𝜔1− 𝜔2) und die optische Gleichrichtung zu finden. Das heißt, im Prinzip können fünf Mischprozesse stattfinden. Allerdings hängt die Effizienz der Prozesse stark davon ab, ob die jeweilige Phasenanpassungsbedingung erfüllt wird.

2.6 Grundlagen der zeitaufgelösten Spektroskopie Die Frequenzmischung allgemein ist also ein nichtlinear optischer Effekt zweiter Ordnung. Frequenzmischung ist allerdings nur in Kristallen ohne Inversionssymmetrie möglich, da es aus Symmetriegründen im Fall eines zentrosymmetrischen Kristalls zur gegenseitigen Auslöschung der Schwingungen kommt.

Die Frequenzverdopplung, also die Halbierung der Wellenlänge, wird auch Second Harmonic Generation (SHG) genannt. Bei der SHG handelt es sich sozusagen um einen Spezialfall der Frequenzmischung, da hier zwei identische Frequenzen gemischt werden.

2.6.2.4 Kerr-Effekt

Der optische Kerr-Effekt bewirkt, dass bei hohen Strahlungsintensitäten (hohen elektrischen Feldstärken) der Brechungsindex n abhängig von der Intensität ist.

𝑛 = 𝑛0+ 2𝑛2|𝐸(𝜔)|2 Formel 2.47

Hierbei stehen n0 und n2 für Brechungsindices, wobei n2 erst bei hohen elektrischen Feldstärken E an Bedeutung gewinnt.

Auf dem Kerr-Effekt beruhen einige weitere nichtlineare optische Effekte, wie z.B. die Selbstfokussierung. Das Auftreffen eines intensiven Laserstrahls auf ein Medium sorgt durch den Kerr-Effekt für eine unterschiedlich starke Änderung des Brechungsindex. Bei einem positiven n2 wäre der Brechungsindex im Zentrum des Strahls besonders groß und würde zu den Rändern hin abnehmen. Diese Verteilung der Brechungsindices bildet quasi eine Sammellinse innerhalb des Mediums und sorgt dafür, dass sich der Laserstrahl selbstfokussiert.

Ein weiterer Effekt ist die Selbstphasenmodulation. Diese beruht darauf, dass sich die Intensität eines Laserpulses über die Zeit ändert. Die Strahlungsintensität an einer Stelle steigt von null bis zum Intensitätsmaximum an und fällt dann wieder auf null zurück. Entsprechend ändern sich auch der Brechungsindex und damit auch die Phase des Pulses. Da wiederum die Frequenz die zeitliche Änderung der Phase ist, ändert sich auch die Frequenz über die Zeit. Die ansteigende Flanke des Pulses wird dementsprechend zu niedrigeren Frequenzen verschoben, während die abfallende Flanke zu höheren Frequenzen verschoben wird. Dies führt dazu, dass das Frequenzspektrum eines Pulses im Fall eines positiven n2 insgesamt verbreitert wird. Beeinflusst die zeitliche Änderung eines Pulses die Phase bzw. Frequenz eines weiteren Pulses, spricht man von Kreuzphasenmodulation (cross-phase modulation, XPM).158