• Keine Ergebnisse gefunden

2.5 Infrarot-Spektroskopie

2.5.3 Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie

Während die Probe in der UV/vis-Spektroskopie monochromatisch angeregt wird, versucht man in der IR-Spektroskopie, einen möglichst großen Frequenzbereich anzuregen, um eventuell auftretende Resonanzen zu sehen. Entsprechend wurde in der Anfangszeit der Spektroskopie das breitbandige (polychromatische) IR-Anregungslicht über ein dispergierendes Element geschickt und die Probe so nach und nach mit einzelnen Frequenzen angeregt. Dieses Verfahren hatte allerdings diverse Nachteile. So war die Methode zum Beispiel sehr zeitaufwendig, was bei hohem Probenaufkommen wie z.B. in industriellen Analytiklaboren üblich ein nicht zu unterschätzender Faktor ist. Dementsprechend setzte sich die IR-Spektroskopie erst nach der Entwicklung des Fourier-Transformations-Infrarotspektrometers (FTIR) vollständig als Standardanalyseverfahren durch.

Ein solches Spektrometer besteht im Wesentlichen aus einer IR-Quelle, einem Michelson-Interferometer, einem Probenhalter sowie einem IR-Detektor inklusive Auswertelektronik (Abbildung 2.9a). Das Herzstück des Spektrometers ist das Michelson-Interferometer, welches aus einem Strahlteiler sowie einem stationären und

2.5 Infrarot-Spektroskopie die Strahlung dagegen auf den beweglichen Spiegel und wird ebenfalls zum Strahlteiler zurückgeschickt. Am Strahlteiler kommt es, unabhängig von der Wellenlänge des Lichts, zur Interferenz der reflektierten Strahlung aus beiden Interferometerarmen. Je nach Position des beweglichen Spiegels handelt es sich dabei um konstruktive oder destruktive Interferenz (Abbildung 2.9b). Durch das Abfahren aller möglichen Spiegelpositionen (x) entsteht dadurch ein Interferogramm (I(x)), welches mittels eines Detektors aufgezeichnet werden kann. Im Interferogramm ist die Strahlungsintensität gegen die relative Spiegelposition aufgetragen. Durch Fourier-Transformation des Interferogramms lässt sich wiederum ein IR-Spektrum (S(ṽ)) errechnen.153,155

𝑆(ṽ) = ∫ 𝐼(𝑥)𝑒−𝑖2𝜋𝑣̃𝑥𝑑𝑥

+∞

−∞

Formel 2.27

Umgekehrt kann auch aus dem wellenzahlabhängigen Spektrum, über Rücktransformation, wieder das Interferogramm berechnet werden.153,155

𝐼(x) = 1

2𝜋 ∫ 𝑆(ṽ)𝑒𝑖2𝜋𝑣̃𝑥𝑑ṽ

+∞

−∞

Formel 2.28

Im transformierten Spektrum (S(ṽ)), dem sogenannten Einkanalspektrum, ist die Intensität gegen die Wellenzahl aufgetragen. Üblicherweise handelt es sich dabei um ein Transmissionsspektrum (T), welches aber leicht in ein Absorptionsspektrum (A) überführt werden kann.

𝑇 = 𝐼 𝐼0

Formel 2.29

𝐴 = lg (1

𝑇) Formel 2.30

Ohne Probe im Probenhalter entspricht dieses Spektrum prinzipiell dem Spektrum der IR-Quelle. Bringt man nun allerdings eine Probe in den IR-Strahl zwischen Interferometer und Detektor ein, wird die Intensitätsverteilung innerhalb des Interferogramms entsprechend der Absorption der Probe abgeschwächt. Durch Fourier-Transformation erhält man wiederum ein Absorptions- bzw. Transmissionsspektrum. Durch anschließende Quotientenbildung erhält man schließlich das eigentliche Absorptions- bzw. Transmissionsspektrum der Probe.150,151,153

Abbildung 2.9. a) Schemazeichnungen eines Michelson-Interferometers inkl. beispielhafter Fourier-Transformation.151 b) Beispiel für konstruktive und destruktive Interferenz zweier Wellen.

Theoretische Grundlagen

2.5.3.1 Vorteile der Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie

Wie schon weiter oben erwähnt, haben FTSpektrometer diverse Vorteile gegenüber dispersiven IR-Spektrometern:150,151,153

 Multiplex- oder Fellgett-Vorteil: Dadurch, dass alle abgetasteten Frequenzen gleichzeitig auf den Detektor fallen, verteilt sich das Rauschen des Detektors auf alle Spektralinkremente. Dies verbessert das Signal-zu-Rausch-Verhältnis. Außerdem hängt die Aufnahmezeit eines Spektrums nur an der Bewegungsgeschwindigkeit des beweglichen Spiegels. Da der Spiegel aber sehr schnell und kontinuierlich bewegt werden kann, ermöglicht dies das schnelle Mitteln von einzelnen Spektren.

Außerdem werden zeitaufgelöste Messungen möglich.

 Jacquinot- oder Throughput-Vorteil: Da keine dispersiven Elemente verwendet werden müssen, ist es nicht nötig, die Strahlungsintensität über einen rechteckigen Schlitz zu regeln. In FTIR-Spektrometern können kreisrunde Aperturen verwendet werden, die einen deutlich höheren Strahlungsdurchsatz ermöglichen (mind. Faktor 6). Dies verbessert das Signal-zu-Rausch-Verhältnis.

 Connes-Vorteil: Die Wellenzahlgenauigkeit eines FTIR-Spektrometers ist sehr hoch. Grund dafür ist, dass dieser Wert direkt mit der Positionsbestimmung des beweglichen Spiegels zusammenhängt. Diese wird interferometrisch mittels eines ins Interferometer eingekoppelten He-Ne-Lasers bestimmt. Die Methode ermöglicht, die Position mit einer Genauigkeit von 0,005 µm zu bestimmen, was in einer Wellenlängengenauigkeit von besser als 0,01 cm-1 resultiert. Dieser Vorteil ist entscheidend für die Differenzspektroskopie sowie für die Übertragbarkeit von Daten zwischen verschiedenen Spektrometern.

Mittels FTIR-Spektroskopie lassen sich also auch Proben untersuchen, die nur sehr kleine Signale oder Signaländerungen aufweisen. Im Vergleich zu dispersiven Spektrometern ist das Signal-zu-Rausch-Verhältnis wesentlich verbessert. Außerdem können einzelne Spektren deutlich schneller und präziser aufgenommen werden, was letztlich Differenzspektroskopie sowie zeitaufgelöste Messungen ermöglicht.

2.5.3.2 Ausgewählte Parameter der Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie

Im Vergleich zu UV/vis-Spektrometern weisen FTIR-Spektrometer eine wesentlich größere Anzahl an Messparametern auf, von denen eine Auswahl kurz beschrieben werden soll:151,153,156

 Die Geschwindigkeit (V) des beweglichen Spiegels hat Einfluss auf das Signal-zu-Rausch-Verhältnis sowie auf die Messzeit eines Spektrums. Sie wird üblicherweise als Fourier-Frequenz f(ṽ) der He-Ne-Laser-Emission (ṽ) in kHz angegeben.i

𝑓(ṽ) = 2𝑉ṽ Formel 2.31

 Die Auslenkung des beweglichen Spiegels kann nicht unendlich groß sein, weshalb auch das Interferogramm nicht unendlich ist. Die entsprechende diskrete Fourier-Transformation führt hierbei dazu, dass die Auflösung des IR-Spektrums durch die maximale Auslenkung des beweglichen Spiegels begrenzt wird. Je größer die Auslenkung, umso besser ist die spektrale Auflösung.

 Außerdem verursacht die diskrete Fourier-Transformation des abgeschnittenen Interferogramms zahlreiche Nebenmaxima und Nebenminima, die als Füße bezeichnet werden. Um die Amplitude dieser Füße zu verringern, faltet man das Interferogramm vor der Fourier-Transformation mit einer Gewichtungsfunktion. Diese Funktionen werden Apodisationsfunktionen genannt. Eine Standardapodisationsfunktion ist der Blackman-Harris-3-Term. Die Apodisation führt allerdings zu einer Verschlechterung der spektralen Auflösung.

 Theoretisch sollte ein Interferogramm vollständig symmetrisch sein. Aus verschiedenen Gründen ist dies in der Praxis allerdings nicht zutreffend. Um das Interferogramm symmetrisch zu machen, muss eine sogenannte Phasenkorrektur durchgeführt werden. Die Standardphasenkorrektur wird mit dem Mertz-Verfahren durchgeführt.

 Ebenfalls durch die diskrete Fourier-Transformation im Zusammenspiel mit der Digitalisierung des Interferogrammes kann es zu einem sogenannten Picket-Fence-Effekt (Zaunlatteneffekt) kommen. Dabei werden einzelne Frequenzen abgeschnitten. Um dies zu verhindern, fügt man künstlich Nullen an den

2.5 Infrarot-Spektroskopie genannte Verfahren verdoppelt bis verachtfacht (Zerofilling-Faktor, ZFF) die Größe des Interferogramms.