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Neuere Ansätze der Partizipationsforschung

3 Politische Partizipation

3.4 Neuere Ansätze der Partizipationsforschung

Weitere, die politische Aktivität erklärende Faktoren wie das kognitive En-gagement der Bürger (also das Zusammenspiel aus politischem Interesse, efficacy, Mediennutzung und interpersonaler Kommunikation) nennt Gabriel (2013: 31). Dazu treten Aspekte der politischen Unterstützung (wie „Institu-tionenvertrauen, Bewertung der Responsivität der politischen Führung, Re-gierungs- und Demokratiezufriedenheit, Unterstützung der Idee der Demo-kratie“, Gabriel 2013: 31) und „partizipationsfördernde Werte und Normen (Postmaterialismus, Wahlbeteiligung als Bürgerpflicht)“ (Gabriel 2013: 31).

Neuere Studien heben als partizipationsförderndes Element vor allem Empörung (als erklärende Variable für politischen Protest) hervor (vgl. Zieg-ler 2011: 100) – oder übergeordnet: die persönliche Betroffenheit51 (vgl.

Gabriel und Niedermayer 2001: 283). Diese tritt auf der Mikro-Ebene als erklärende Variable hinzu, die sich vor allem für unkonventionelle Partizipa-tion eignet. Bürger wählen nicht mehr eine ‚klassische‘ PartizipaPartizipa-tionsform, sondern „einen Mix von Beteiligungsformen, angepasst an ihre eigenen Be-dürfnisse und spezifischen Lebenssituationen“ (Van Deth 2009: 155). Damit einhergehend zeigt Schneekloth (2010: 151) die sinkende Bereitschaft auf, 51 Zumeist wird die persönliche Betroffenheit auch mit dem Akronym NIMBY versehen, was

‚Not in my Backyard‘ meint und im deutschen Sprachgebrauch auch Sankt-Florian-Prinzip genannt wird (‚Heiliger Sankt Florian, verschon‘ mein Haus, zünd‘ and’re an!). Es bezeich-net die Verhaltensweise von Bürgern, sich gegen den Bau von eher unliebsamen Einrich-tungen in ihrer Nachbarschaft („jails, drug treatment centers, boarder babies, halfway hou-ses, highways…“; Dear 1992: 288) zur Wehr zu setzen. Marg et al. (2013: 101) sprechen dem Begriff jedoch ab, als analytische Kategorie dienen zu können: „Solcherlei Begriffe sind allenfalls Schlagworte und keine analytischen Kategorien. Denn durch die Unterstel-lung einseitiger egoistischer Motivlagen verwehrt man den Demonstranten das Recht auf Widerstand, delegitimiert den Protest, spricht den Aktiven die Fähigkeit ab, kompromissbe-reit zu sein und in gesamtgesellschaftlichen Dimensionen zu denken“ (Marg et al. 2013:

101). Diese Generalisierung hingegen suggeriert, dass egoistische Motive bei Protestbewe-gungen kaum vorherrschen, was die vorliegende Studie für wenig plausibel hält.

sich längerfristig an Organisationen zu binden und kontinuierlich zu partizi-pieren (siehe auch Spaiser 2013: 23), da diese anscheinend nicht in der Lage sind, auf die persönliche Betroffenheit der Partizipierenden angemessen zu reagieren.

Dieser ‚Problemansatz‘, der davon ausgeht, „dass politische Aktivität immer in bezug [sic!] auf konkrete Probleme, Bedürfnisse und Sorgen der Bürger entsteht“ (Steinbrecher 2009: 101), ist zwar hilfreich, um das Maß der Betroffenheit abzuschätzen, das zu politischer Aktivität führt. Er hat jedoch die Schwäche, politische Aktivitäten, die auf den Anstoß Dritter hin ausgeübt werden, nicht zu erfassen (vgl. Steinbrecher 2009: 101).

Eine weitere Möglichkeit der Erklärung von Partizipation auf der Indivi-dualebene bieten die auf der Rational-Choice-Theorie von Downs (1968) auf-bauenden Erweiterungen. Hier steht „im Vordergrund, dass bestehende Präfe-renzen der rational handelnden Bürger in einem positiven Kosten-Nutzen-Verhältnis umsetzbar sein müssen, damit politische Partizipation möglich wird“ (Alemann und Spier 2008: 35). Da die Rational-Choice-Theorie in den Sozialwissenschaften mannigfaltige Ausprägungen kennt, soll hier speziell auf eine Rational-Choice-Theorie der Partizipation zurückgegriffen werden, die Lüdemann (2001: 47) simpel und eingängig formuliert: „Je größer die Unzufriedenheit mit gesellschaftlichen Verhältnissen und [Hervorhebung i.O.] je größer der perzipierte politische Einfluss (‚Political Efficacy‘), desto stärker ist die politische Partizipation einer Person“. Hinzuzufügen ist an dieser Stelle, dass der erwartete Nutzen der politischen Partizipation vor dem Hintergrund eines Rational-Choice-Ansatzes möglichst groß sein muss. Der politisch Aktive möchte die Beteiligungskosten gering halten, die erreich-baren Ziele sollen hingegen möglichst zahlreich sein (vgl. Steinbrecher 2009:

64). Diese Voraussetzungen müssen gekoppelt vorliegen, ansonsten ist die Wahrscheinlichkeit, politisch zu partizipieren, gering:

„Bürger, die mit den gesellschaftlichen Verhältnissen zufrieden sind und gleichzeitig der Meinung sind, sie könnten das politische System durch ihr Handeln beeinflussen, werden ebensowenig politisch aktiv wie Bürger, die sehr unzufrieden mit den gesell-schaftlichen Verhältnissen sind, sich jedoch als einflusslos wahrnehmen“ (Lüdemann 2001: 47).

Die Güte des von Lüdemann erprobten Rational-Choice-Modells ist jedoch schlechter als die der von ihm getesteten Ressourcen-Modelle, sodass er empfiehlt, Modelle zu formulieren und zu testen, die sich sowohl aus Ele-menten des Ressourcen- als auch des Rational-Choice Modells zusammen-setzen (vgl. Lüdemann 2001: 63). Das Rational-Choice-Modell kann aus statistischer Perspektive nicht überzeugen52, wenngleich seine Annahmen plausibel klingen. Sein Versagen zeigt auf, dass politische Partizipation kom-52 Siehe dazu auch die Kritik aus der Wahlforschung, z.B. Arzheimer und Schmitt (2014) oder

Dehling und Schubert (2011)

plexer als eine bloße Kosten-Nutzen-Kalkulation ist53. Wie im späteren Ver-lauf dieser Untersuchung noch gezeigt werden soll, bauen insbesondere die Anreizmodelle aus der Parteienforschung auf Rational-Choice-Überlegungen auf, sind für die deutschen Parteimitglieder in ihrer Erklärungskraft jedoch zumeist schwach.

Wenngleich die bisher erläuterten Mikro-Faktoren politischer Partizipati-on in der Literatur stets eine prominente Rolle spielen und aufgrund ihrer hohen Erklärungskraft häufig genutzt werden, darf nicht vergessen werden, dass sowohl auf der Meso- als auch auf der Makro-Ebene Determinanten politischer Partizipation existieren. Sie sind nicht explizit im CVM enthalten, doch: „Eine umfassende Analyse politischen Partizipationsverhaltens muss auf mehreren analytischen Ebenen operieren und daher Merkmale der Makro-, Meso- und Mikroebene berücksichtigen“ (Steinbrecher 2009: 56). Um die Rolle der Parteimitgliedschaften im späteren Verlauf innerhalb des gegen-wärtigen Partizipationsangebotes möglichst vollständig ausleuchten zu kön-nen, ist eine kurze Betrachtung der Meso- sowie Makro-Ebene unerlässlich.

Die Meso-Ebene der politischen Partizipation hebt vor allem die soge-nannten „mobilizing agencies“ (Norris 2002: 27), sprich intermediäre Orga-nisationen und Netzwerke hervor, denen Putnam (2000) im Rahmen seiner Sozialkapitaltheorie eine tragende Rolle beimisst. In seiner Studie gelangt er zu dem Ergebnis, dass der Gemeinsinn schrumpft, interpersonales Vertrauen

53 Neben der schlechten Prognosequalität besteht der gängige Vorwurf an das Rational-Choice-Modell politischer Partizipation in dem ungeklärten Paradox politischer Partizipati-on, das nach Rational-Choice-Annahmen nicht entschlüsselt werden kann: Die Stimme des Einzelnen bei Wahlen, die Mitgliedschaft in einer politischen Großorganisation oder die Beteiligung an einer Massendemonstration können nicht dadurch erklärt werden, dass der Einzelne eine derart starke efficacy entwickelt, dass er gerade seine Beteiligung als aus-schlaggebend zur Herbeiführung individuell (oder kollektiv) erwünschter Ziele betrachtet.

Wenngleich Wahlen an dieser Stelle wieder eine exponierte Position haben, weil sie nur ge-ringe Beteiligungskosten aufweisen, sind andere Partizipationsformen im Gegensatz dazu deutlich kostenintensiver und können nicht über ein bloßes Gegenrechnen von Kosten und Nutzen einer Aktivität erklärt werden (vgl. Steinbrecher 2009: 65). Anleihen des spieltheo-retischen Ansatzes sowie die Berücksichtigung von Altruismus als mögliche Erklärungsfak-toren politischer Partizipation im Rahmen eines Rational-Choice-Modells wirken ebenfalls wenig überzeugend (vgl. Steinbrecher 2009: 65). Geradezu pessimistisch scheint der Lö-sungsansatz, politische Partizipation durch selektive Anreize zu erklären, also Anreize, die dem Einzelnen Vorteile bringen. „Wenn sie als Erklärungsvariable genutzt werden, kann politisches Handeln nicht mehr dadurch erklärt werden, dass die Bürger bestimmte Verän-derungen in einem bestimmten Politikfeld erreichen wollen, denn solche VeränVerän-derungen stellen kollektive Güter dar“ (Steinbrecher 2009: 67). Zudem sorgt die Erweiterung des ‚or-thodoxen‘ Rational-Choice-Ansatzes für eine Aufweichung seiner ursprünglichen Annah-men (vgl. Biehl 2005: 78). Auch Whiteley et al. (1994: 91) komAnnah-men zu dem Ergebnis, dass politische Partizipation nicht allein durch Rational-Choice-Modelle erklärt werden kann.

Steinbrecher (2009: 67) schließt somit nicht zu Unrecht, dass „es nur relativ wenige empiri-sche Studien [gibt], die ihr Hauptaugenmerk auf rationale Erklärung politiempiri-scher Partizipati-on richten“, weil sowohl umfassende als auch empirisch überzeugende Modelle fehlen.

zurückgeht und das politische sowie soziale Engagement abnimmt54. Sinken-de Partei-, Kirchen- oSinken-der Gewerkschaftsmitgliedschaftszahlen, wie sie in Deutschland sichtbar sind (vgl. Ebbinghaus und Göbel 2014), legen den Schluss nahe, dass die mobilizing agencies55 ausdünnen und das Sozialkapital abnimmt.

Die Überalterung der Mitgliedschaftsstrukturen von Großorganisationen trägt auf der Meso-Ebene ebenfalls dazu bei, dass diejenigen, die als Mitglied noch organisiert sind, nur eine geringe mobilisierende Wirkung vor allem auf Jüngere entfalten, da diese sich in anderen Lebenswelten befinden. García-Albacete (2014: 63) schließt, dass vor allem Jugendliche nicht mehr an tradi-tionelle politische Institutionen herangeführt werden, sondern von ihren mo-bilizing agencies eher zu sozialen Bewegungen geführt werden, was die Po-pularität unkonventioneller Partizipationsformen sowie die fehlende Attrakti-vität der Parteimitgliedschaft unter jüngeren Bürgern von der Meso-Ebene aus erklären kann.

Auf der Makro-Ebene ist die Political Opportunity Structure (POS) rele-vant, die Morales (2009: 20; 167ff.) erläutert. „The [POS] determines wheth-er the political system is more or less receptive to citizens’ demands as voiced by associations. If political structures are open to the accommodation of interest expressed through organisations, citizens will have greater incen-tives to join them” (Morales 2009: 20). Die POS beinhaltet erstens die forma-len Institutionen, zweitens die informelforma-len Prozesse, die sich in diesen Insti-tutionen abspielen und drittens „the alliance opportunities that organisations and social movements face. This means that the POS is conceived of as dy-namic in nature rather than being a static or constant property of the context“

(Morales 2009: 167). Innerhalb der POS befinden sich zusätzliche Partizipa-tionsnormen, die die politische Beteiligung beeinflussen; “je stärker eine Partizipationsnorm akzeptiert wird, desto wahrscheinlicher werden die der Norm entsprechenden Handlungen ausgeführt” (Opp 2004: 247). Insbesonde-re in der Transitionsphase von den 1960ern zu den 1970er JahInsbesonde-ren entstanden dabei Kräfte hin zu neuen Partizipationsformen wie den Neuen Sozialen Bewegungen, die nach anfänglicher Ablehnung vermehrt gesellschaftlich 54 Es ist anzumerken, dass die Ergebnisse Putnams nicht nur nicht generalisierbar, sondern zudem methodisch umstritten sind (vgl. Welzel 2009: 127). Dass eine höhere Individuali-sierung, wie sie von Putnam (2000) konstatiert wird, zwar stattfindet, aber nicht dazu führt, dass sich Individuen in sich selbst einkapseln, zeigt Welzel (2009: 127) auf Basis des World Value Surveys. Die stärkere Emanzipation mag sicher ein weiterer erklärender Fak-tor dafür sein, warum die klassischen Großorganisationen der politischen Partizipation im-mer stärker gemieden werden, passen doch klare Hierarchien und langfristiges Commit-ment nur wenig zu individueller Emanzipation.

55 Die mobilizing agencies unterscheiden sich deutlich in verschiedenen Ländern (siehe bspw.

Valdivieso und Villena-Roldán 2014: 138) und enthalten – je nach den gegebenen instituti-onellen Rahmenbedingungen – eine Vielzahl von Gruppen: „Such groups include trade unions, business, and professional associations, welfare and charity organizations, civic and community groups, and educational, art, and cultural social clubs“ (Norris 2002: 28).

akzeptiert wurden. Zudem ermöglichten die „allgemeine Wohlstandssteige-rung, die Bildungsexpansion [und] die offene Brechung moralischer und gesellschaftlicher Tabus […] neue, individuelle Lebensentwürfe“ (Vielhaber 2015: 26), was wiederum eine Umstrukturierung innerhalb der POS bedingt.

Der von Beck (1986: 116) diagnostizierte, in Deutschland seiner Ansicht nach besonders starke Individualisierungsschub sowie die erwähnten Thesen vom Wertewandel und Postmaterialismus spannen den Bogen von den Ma-kro-Erklärungsansätzen politischer Partizipation zu den Mikro-Ansätzen.

Durch die kognitive Mobilisierung der Bürger entstanden neue Partizipa-tionskanäle, die – einmal als Partizipationsnorm anerkannt – auch in der institutionellen Struktur akzeptiert wurden. Diese neuen Kanäle zu nutzen verlangt eine gewisse Nutzungsbereitschaft, die vice versa durch den erwei-terten Bildungshorizont und höhere kognitive Fähigkeiten ermöglicht wird.

Angebot und Nachfrage stehen hier im wechselseitigen Verhältnis und die Abwendung von konventionellen Partizipationsformen mit der gleichzeitigen Hinwendung zu neuen Partizipationsformen verursacht die sprichwörtliche

‚Qual der Wahl‘. Es macht einen Unterschied, ob Bürger fünf oder fünfzig mögliche Partizipationsformen nutzen können. Diese Angebotsausweitung auf der Meso-Ebene ist sicherlich einer der Gründe, warum gewisse Partizi-pationsformen einen höheren Zulauf als andere finden. Dass die Parteien als Partizipationsraum immer weniger genutzt werden, ist zum einen durch das ausgeweitete Angebot an Partizipationsformen und zum anderen dadurch bedingt, dass sie den Partizipationsnormen innerhalb der POS immer weniger entsprechen.

Um Partizipation vollständig zu erklären, bedarf es, wie bereits mit Rück-griff auf Steinbrecher (2009: 56) genannt, einer Integration von Mikro-, Me-so- und Makro-Ebene. Die Verschränkung der verschiedenen Analyseebenen wird in der Literatur jedoch als problematisch betrachtet (vgl. Steinbrecher 2009: 56). Eine Lösungsmöglichkeit besteht darin, Verhaltenstheorien auf der Mikro-Ebene zu entwickeln, die die institutionellen Strukturen des politi-schen Systems einbeziehen, und Faktoren der Meso-Ebene als intervenieren-de Variablen betrachten56. Empirisch überzeugende Modelle, die alle Ebenen explizit integrieren, wurden bisher noch nicht gefunden.

56 Pattie et al. (2003) konstruieren ein Modell, das die Rational-Choice-Theorie um die An-nahmen der Sozialkapital-Theorie erweitert, da sie die AnAn-nahmen ersterer für grundsätzlich plausibel halten. Damit versuchen sie zudem, eine Integration der verschiedenen Analyse-ebenen politischer Partizipation zu leisten. Ihr Modell besteht aus

„A = p + B – C + S + SY + SN + EX“ (Pattie et al. 2003: 444).

A ist darin die politische Aktivität, p die efficacy, B der kollektive Nutzen, C sind die Kosten, S ist der selektive Nutzen, SY der Systemnutzen, SN sind die partizipationsför-dernden sozialen Normen und EX stellen expressive Anreize zur Partizipation dar (vgl. Pat-tie et al. 2003: 444). Das Sozialkapital-Modell hingegen besteht aus

„A = T + M + N – TV + Y + F“ (Pattie et al. 2003: 445),

Insgesamt lässt sich nach der Betrachtung neuerer Ansätze der Partizipa-tionsforschung konkludieren, dass das CVM zwar keine vollständige Integra-tion von Mikro-, Meso- und Makro-Ebene leisten kann, in seiner Erklärungs-kraft aber anderen Modellen und Theorien überlegen ist. Zusammenfassend bedeutet das für die vorliegende Studie: Es müssen gewisse individuelle Voraussetzungen vorliegen, die Partizipation ermöglichen. Bürger müssen über Ressourcen wie Geld, Zeit und civic skills verfügen sowie efficay emp-finden, um politisch partizipieren zu können. Zudem muss die Motivation zur Partizipation vorhanden sein, Bürger müssen also politisch teilhaben wollen.

Zuletzt bedarf es partizipationsfördernder Normen sowie Netzwerken und der sozialen Unterstützung, um zur Partizipation getriggert zu werden. Ansätze, die eher aus einer Rational-Choice-Perspektive stammen, können hierbei keine wesentlichen Erweiterungen liefern und sind empirisch unterkomplex.

Berücksichtigt werden müssen des Weiteren generationale Verschiebungen, die sich in der Wertewandel- und Postmaterialismusforschung wiederfinden und eine Neuausrichtung der POS bedingen. Die gesellschaftliche Makro-Ebene muss strukturell teilhabefreundlich aufgebaut sein und die Meso-Ebe-ne eiMeso-Ebe-nen einfachen Zugang zu politischer Partizipation ermöglichen. Zudem sollten aus einer Angebotsperspektive substantielle politische Mitbestim-mungsmöglichkeiten angeboten werden, die die Partizipationsbedürfnisse teilhabemotivierter Bürger befriedigen und in der Lage sind, Lösungsmög-lichkeiten für die individuellen Anliegen von Bürgern anzubieten.

wobei A wiederum die politische Aktivität beschreibt, T das Vertrauen (in Mitbürger und Institutionen), M die Mitgliedschaft in einer Gruppe, N die Netzwerke des civic engage-ment, TV die Stunden, die mit Fernsehen verbracht werden, Y die Jahre, die jemand an sei-nem gegenwärtigen Wohnort verbracht hat und F die Anzahl der Familienmitglieder, die in der Nähe wohnen (vgl. Pattie et al. 2003: 445). In der Kombination und Erweiterung beider ergibt sich für die Autoren ein neues Civic Voluntarism Model, in dem gilt:

„A = p + R + M + I + E“ (Pattie et al. 2003: 446).

Darin spiegelt A die Aktivität wider, p die efficacy, R die Ressourcen (wie bspw. Zeit, Einkommen), M die Mobilisierung, I die Parteiidentifikation und E das politische Engage-ment (vgl. Pattie et al. 2003: 446). Die Autoren wollen damit ein Modell liefern, das zum ersten den Ressourcen-Ansatz, also die Mikro-Ebene berücksichtigt, zum zweiten die effi-cacy einbezieht, also die Rational-Choice-Komponente politischer Partizipation beachtet und zum dritten auf die Involvierung eines Bürgers im politischen System schaut und damit die Makro-Ebene integriert (vgl. Pattie et al. 2003: 445). Dies unterscheidet sie nicht we-sentlich von Verba et al. (1995); hier versuchen die Autoren jedoch, in einer Formel die wesentlichen Komponenten politischer Partizipation zusammenzuführen und in einer ma-thematischen Gleichung zu kondensieren. Ob menschliches Verhalten jedoch tatsächlich in Form einer ebensolchen Gleichung gebündelt werden kann, bleibt zweifelhaft. Wenngleich Pattie et al. (2003) bemüht sind, politische Partizipation möglichst komplexitätsreduzierend zu erfassen, wirkt ihr Modell unausgereift und konzeptionell problematisch. Auch die Wei-terentwicklung des Modells in Pattie et al. (2004) kann wenig überzeugen.