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Teil I: Die Internalisierung externer Effekte im Rahmen nicht-

3. Internalisierungsverhandlungen mit mehreren Beteiligten

3.3 Ein Beispiel: Das Modell von Rob

3.3.3 Multiple Gleichgewichte

Im vorangegangenen Teilabschnitt wurde gezeigt, daß im Rahmen des betrach-teten Mechanismus die wahrheitsgemäße Offenbarung der Schadenskoeffizienten

ein Bayesianisches Gleichgewicht darstellt. Es ist also für jeden Geschädigten opti-mal, seinen wahren Schaden zu signalisieren, wenn dies auch sein Gegenspieler tut.

Die Betonung liegt dabei auf dem einschränkenden "wenn", denn möglicherweise ist dieses Bayesianische Gleichgewicht, das künftig auch "Enthüllungsgleich-gewicht" genannt wird, nicht das einzige, das existiert. Wie schon mehrmals angedeutet, treten bei direkten Enthüllungsmechanismen im Teilspiel zwischen den Agenten typischerweise multiple Gleichgewichte auf. Falls dieses Phänomen auch in diesem Mechanismus zu beobachten ist, muß man sich kritisch mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit das Enthüllungsgleichgewicht überhaupt als das Spielergebnis schlechthin aufgefaßt werden darf. Diese Problematik ist Gegenstand der Ausführungen dieses Teilabschnitts.

Im folgenden wird gezeigt, daß der Mechanismus in der Tat multiple Gleich-gewichte aufweist. Dabei werden die speziellen Annahmen des vorangegangenen Teilabschnitts weitgehend aufrecht erhalten. Es wird aber anders als bisher unter-stellt, daß B/2 ~

e+

gelten soll. Diese Annahme erlaubt es, sehr leicht ein weiteres Gleichgewicht zu identifizieren, dessen Eigenschaften es besonders problematisch erscheinen lassen, das Enthüllungsgleichgewicht als tatsächliches Spielergebnis zu prognostizieren.

Bevor auf dieses Gleichgewicht eingegangen wird, muß zuerst das Enthül-lungsgleichgewicht, das als Vergleichsmaßstab dienen soll, unter der Voraussetzung B/2 ~

e+

charakterisiert werden. Betrachten wir dazu Abbildung 12, die sich von Abbildung 11 nur im Hinblick auf die Relation zwischen B/2 und

e+

unterscheidet.

Unter der Bedingung B/2 ~ 0+ liefert der Mechanismus im Enthüllungsgleichge-wicht folgende Ergebnisse: Wenn der wahre Schadenskoeffizient des ersten Ge-schädigten durch 01 * gegeben ist, dann nimmt der Schädiger die Produktion auf, sofern der Schadenskoeffizient des zweiten Geschädigten kleiner oder gleich 02 "

ist. Der Transfer, der an den ersten Geschädigten fließt, ist gemäß (3.26) z1 =

e+,

falls 02 ~ 02 ' bzw. z1 = B/2 - 02, falls 02 ' < 02 ~ 02". Graphisch können diese Zah-lungen in Abbildung 12 jeweils als horizontaler Abstand zwischen der Ordinate und der Senkrechten

e+c

bzw. der Geraden (B/2)(B/2) dargestellt werden. Den Netto-nutzen z1 - 01 * erhält man für gegebenes 02,indem man diesen Abstand jeweils um die Strecke 001 * verkürzt. Ist 02 > 82 ", dann produziert der Schädiger nicht, und es fließen keine Transfers. Der Nettonutzen ist dann gleich Null. Der erwartete Netto-nutzen vor Bekanntwerden von 82 ergibt sich analog zur Vorgehensweise in Ab-schnitt 3.3.2. Zu seiner graphischen Bestimmung

Abbildung 12

B/2

ist es wieder zweckmäßig, 0+ = 1 zu setzen. Unter dieser Bedingung entspricht der Erwartungsnutzen dem Inhalt der schraffierten Fläche in Abbildung 12.

Im nächsten Schritt wird nun gezeigt, daß neben der korrekten Offenbarung auch die Angabe eines Schadenskoeffizienten von Null durch jeden Geschädigten ein Gleichgewicht darstellt. Diese Aussage gilt, wie wir gleich sehen werden, wegen der Annahme B/2 <:: 9+ unabhängig von den tatsächlichen Schadenstypen. Es muß also im folgenden bewiesen werden, daß die Signale t; = 0 für alle 0; E [0;0+] wech-selseitig beste Antworten sind.

Angenommen, es sei die Strategie des zweiten Geschädigten, unter allen Um-ständen

ti =

0 anzugeben. Nach den Regeln, die der Mechanismus vorschreibt, wird der Schädiger die Produktion aufnehmen und dem ersten Geschädigten einen Trans-fer in Höhe von 9+ zahlen, gleich welches t1 E [0,0+] dieser signalisiert. Die Auszah-lung, die er realisiert, ist also unabhängig von seinen eigenen Angaben. Beste Ant-worten aufti = 0 sind damit alle t1 E [0,0+], insbesondere auch t1 = 0. Aus Gründen der Symmetrie ist natürlich auch

ti

= 0 beste Antwort auf t1 = 0, weshalb das Stra-tegiepaar (t1 = 0, t2 = 0), unabhängig von den tatsächlichen Schadenskoeffizienten,

ein Gleichgewicht bildet. 14 Neben diesem Strategiepaar sind mit dem gleichen Ar-gument alle Strategiepaare (t1, ½) mit ti ~ B/2 ebenfalls Gleichgewichte.

Alle diese Gleichgewichte haben ein gemeinsames Merkmal: Die Transferzah-lungen an die Geschädigten erreichen mit Sicherheit ihre maximale Höhe 0+. Dies ist aber ein Ergebnis, das bestimmt nicht im Interesse des Schädigers liegt, im Ge-genteil: Es ist das denkbar ungünstigste Ergebnis, das er bei Aufnahme der Produk-tion erzielen kann. Die Auszahlungen der Geschädigten nehmen dagegen ihre Ma-ximalwerte an. So erreicht beispielsweise der erste Geschädigte den deterministi-schen Nettonutzen 0+ - 01 *, falls sein wahrer Schadensparameter 01 * ist. Dieser Nutzen kann in Abbildung 12 durch die Fläche 01 *0+CD dargestellt werden, wenn man wieder 0+=1 setzt. Ein Vergleich mit der erwarteten Nutzenposition im Enthül-lungsgleichgewicht, die durch die schraffierte Fläche beschrieben wird, zeigt, daß sich der Geschädigte in dem Gleichgewicht, in dem er lügt, besserstellt.

Diese Beobachtung hat gravierende Folgen für die Relevanz des Enthüllungs-gleichgewichts: Da ein Gleichgewicht existiert, in denen die Agenten höhere Aus-zahlungen realisieren als im Enthüllungsgleichgewicht, ist es unplausibel, davon auszugehen, daß gerade letzteres zustande kommen wird. Vielmehr haben die Agenten ein starkes Interesse daran, ihre Strategien so aufeinander abzustimmen, daß sich das Gleichgewicht durchsetzt, in dem sie höhere Nutzenniveaus erreichen.

Falls es ihnen gelingt, dieses Koordinationsproblem zu lösen, verliert das Enthül-Jungsgleichgewicht jegliche Bedeutung. Dies wäre zwar in unserem Beispiel aus gesamtwirtschaftlicher Sicht durchaus wünschenswert, da es wegen B/2 ~ 0+ bzw. B

~ 20+ in jedem Fall effizient wäre, die Produktion aufzunehmen. Dies würde auch geschehen, wenn beide Geschädigte beispielsweise den Schaden O angeben würden.

Da aber ein solches Ergebnis nicht im Interesse des Schädigers liegt, stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten er hat, die Implementierung des von ihm gewünschten Enthüllungsgleichgewichts doch zu sichern.

14Ausschlaggebend für dieses Resultat ist die Annahme B/2 ~ e+. Dies wird unmittelbar klar, wenn man nochmals Abbildung 10 betrachtet, in der B/2 < 9+ unterstellt wurde. In diesem Fall ist die Angabe von 0 nicht unter allen Umständen ein Gleichgewicht: Ein Geschädigter mit 0i > B/2 wird auf tj = 0 nie mit ti = 0 antworten, da der Schädiger sonst produzieren würde, er aber ledig-lich Zahlungen in Höhe von B/2 erhalten würde. Da sein Nutzen dann negativ wäre, wird er natür-lich bestrebt sein, die Aufnahme der Produktion durch sein Signal zu verhindern. Beste Antwort auf tj = 0 ist also jedes ti > B/2, beispielsweise ti = 0i. Robs Behauptung, (0,0) sei immer ein Gleichgewicht (Vgl. Rob (1989, S.319)), ist damit nicht richtig.

Wenn man sich daran erinnert, daß die Gestaltung der Transferzahlungen nach (3 .19) nur eine von vielen Alternativen war, eröffnet sich vielleicht ein Weg, das Problem multipler Gleichgewichte zu vermeiden. Der Schädiger könnte ja versu-chen, die Transfers bei unveränderter Produktionsentscheidung so zu wählen, daß die Angabe der wahren Schadensparameter ein eindeutiges Gleichgewicht bildet.

Dies könnte möglicherweise durch eine Veränderung des Zahlungsschemas derge-stalt erreicht werden, daß die korrekte Offenbarung dominante Strategie für die Geschädigten ist. Daß dies unter bestimmten Umständen möglich ist, haben Mook-herjee und Reichelstein (1992) gezeigt.

Eine andere Alternative, das Resultat des Enthüllungsgleichgewichts zu retten, wäre die Wahl einer völlig anderen Struktur des Teilspiels zwischen den Agenten.

Die Notwendigkeit, einen direkten Enthüllungsmechanismus zu verwenden, besteht ja nicht unbedingt, denn das Enthüllungsprinzip besagt lediglich, daß dem Schädiger bei der Suche nach dem besten Kontrakt keine realisierbare Kombination von Transferzahlungen und Produktionsentscheidung entgeht, wenn er sich auf direkte Enthüllungsmechanismen konzentriert. Das heißt aber nicht, daß nicht andere, vielleicht komplexere Spielformen ebenso, wenn nicht gar besser dazu geeignet sind, das Ergebnis des Enthüllungsgleichgewichts zu implementieren.15 Der Schädiger müßte sich also eine Spielform überlegen, die dieses Ergebnis eindeutig implementiert. Welche Spielstrukturen dazu in Frage kommen, soll hier nicht weiter diskutiert werden. Eine Lösung wäre jedenfalls nicht leicht zu finden, da man keinerlei Anhaltspunkte hat, welche Spielform geeignet sein könnte. Rob selbst deutet an, daß eventuell mehrstufige Spiele in Betracht kommen könnten.16 Dieses Problem ist aber im Rahmen dieser Arbeit nur von sekundärem Interesse, da es hier in der Hauptsache um das Ergebnis, nicht um die konkrete Struktur des Spieles geht.

Wenn wir davon ausgehen, daß es Möglichkeiten, welcher Art auch immer, gibt, das für den Schädiger optimale Ergebnis des Enthüllungsgleichgewichts auf anderem Wege zu implementieren, dann ändert sich im Grunde genommen nichts an den Aussagen über die Effizienzeigenschaften der Verhandlungslösung. Gibt es diese Möglichkeiten nicht, dann ist die Verhandlungslösung, wie sie hier dargestellt wurde, ohnehin hinfällig.

15An dieser Stelle wird die Bedeutung des auf Seite 38 erwähnten Kreps-Zitats deutlich.

16Vgl. Rob (1989, S. 319).