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Teil I: Die Internalisierung externer Effekte im Rahmen nicht-

2. Bilaterale Internalisierungsverhandlungen

2.4 Das Verhandlungsmodell mit unvollständiger Information

2.4.1 Methodische Grundlagen

2.4.1.2 Das Enthüllungsprinzip und seine Implikationen

Ziel des Verursachers ist nun die Maximierung seines erwarteten Gewinns unter der Nebenbedingung, daß der Geschädigte den Mechanismus akzeptiert. In der

oben beschriebenen Formulierung des Problems besteht allerdings auf den ersten Blick eine solche Fülle von Freiheitsgraden, daß eine Lösung nahezu unmöglich erscheint. So muß der Schädiger ja neben Output- und Transferfunktion auch die Strategiemenge S und damit die Spielstruktur bestimmen. Die Frage, die sich dann stellt, lautet, welche Spielstruktur das Erreichen eines absoluten Gewinnmaximums sichert. Die Aufgabe, bei gegebener Spielstruktur Output- und Transferfunktionen zu finden, die den Gewinn maximieren, erscheint lösbar. Wie aber ist zu verfahren, wenn die Spielstruktur selbst frei wählbar ist?

Einen Ausweg aus diesem Dilemma weist das in der Literatur so häufig zitierte

"Revelation Principle" oder "Enthüllungsprinzip". Dieses Theorem, das auf Gibbard (1973) zurückgeht, von Myerson (1979) weiterentwickelt und in entsprechenden Abwandlungen für die unterschiedlichsten Formen von Mechanism-Design-Proble-men bewiesen wurde, ermöglicht eine drastische Einschränkung der Anzahl zu un-tersuchender Mechanismen.12 Bezogen auf den hier behandelten Fall mit nur einem Agenten besagt es folgendes:

Jedes Ergebnis (Allokation und Auszahlungen), das der Prinzipal mit einem beliebigen Mechanismus, der vom Agenten akzeptiert wird, erreichen kann, kann er auch mit einem direkten Enthüllungsmechanismus erreichen.

Unter einem direkten Enthüllungsmechanismus versteht man einen Mechanis-mus, bei dem der Agent in einem einstufigen Kommunikationsprozeß seine private Information wahrheitsgemäß offenbart. Das Enthüllungsprinzip hat für unser Pro-blem die Implikation, daß der Schädiger immer einen zum ursprünglichen Mecha-nismus äquivalenten finden kann, in dem er den Geschädigten einfach nach 0 fragt und dieser der Wahrheit entsprechend antworten wird. Die Idee, die dem Beweis des Enthüllungsprinzips zugrunde liegt, wird im folgenden, bezogen auf das vorliegende Beispiel, kurz skizziert:

Ausgangspunkt der Argumentation ist ein beliebiger Mechanismus mit S als Menge zulässiger Strategien und mit x(s) und z(s) als Entscheidungs- bzw. Trans-ferfunktion. Der Geschädigte wählt in diesem Mechanismus seine optimale Strate-gie s*(0) nach dem Optimierungskalkül (2.4). Der Schädiger wählt daraufhin die Produktionsmenge x(s*(0)) und die Transferzahlung z(s*(0)), so daß der Geschä-digte die Nutzenposition u[x(s*(0)),z(s*(0)),0] erreicht. Der GeschäGeschä-digte

akzep-12Vgl. z.B. Dasgupta, Harnmond und Maskin (1979).

tiert, wenn dieser Ausdruck mindestens den Wert Null annimmt. Dieses Ergebnis kann nun auch durch den folgenden Mechanismus erreicht werden:

Der Schädiger wählt als Menge zulässiger Strategien das Intervall T aller möglichen Schadenskoeffizienten, d.h. er fordert den Geschädigten auf, ein (möglicherweise falsches) 0 e T anzugeben. Da ein rationaler Prinzipal den ur-sprünglichen Mechanismus durchschaut, kann er sich ausrechnen, welche Strategie s*(0) ein Geschädigter vom Typ 0 ergreifen wird. Er kann deshalb aus dem ur-sprünglichen Mechanismus einen neuen konstruieren, indem er ankündigt, er werde unter Verwendung des signalisierten Grenzschadens diejenige Strategie s*(S) ermit-teln, die für einen Geschädigten vom Typ 0 im ursprünglichen Mechanismus opti-mal gewesen wäre. Die Produktionsmenge und die Transferzahlung werden dann nach den Funktionsvorschriften x(S) = x(s*(0)) bzw. z(S) = z(s*(S)) gewählt. Der Geschädigte erreicht in diesem modifizierten Mechanismus das Nutzenniveau u[x(0),z(0),0] = u[x(s*(0)),z(s*(0)),0]. Da der wahre Grenzschaden 0 beträgt, ist wegen des Kalküls (2.4) s*(0) das optimale Signal im ursprünglichen Mechanismus.

Deswegen gilt die Ungleichung

(2.7) u[x(s*(0)),z(s*(0)),0] ~ u[x(s*(0)),z(s*(0)),0]

und damit per Definition von x(.) und z(.) (2.8) u[x(0),z(0),0] ~ u[x(0),z(0),0].

Das bedeutet, daß sich in diesem neuen, direkten Mechanismus eine Falschangabe nicht lohnt. Der modifizierte Mechanismus wirkt also enthüllend, was nicht allzu überraschend ist. Die realisierte Allokation und die Auszahlungen sind in beiden Mechanismen identisch, so daß auch die Akzeptanzbedingung erfüllt ist.

Weniger offensichtlich als der Beweis des Enthüllungsprinzips ist die Antwort auf die Frage nach den Anwendungsmöglichkeiten dieses Theorems. Kreps (1990) schreibt in diesem Zusammenhang: "lt (the revelation principle) can be thought of as a statement about how actually to implement contracts. But it may be better to use it with greater circumspection as a tool of analysis for finding the limits of what outcomes can be implemented, without reference to how best to implement a par-ticular outcome."13

13vgl. Kreps (1990, S.696).

Das heißt einerseits, daß der Schädiger prinzipiell einen direkten Mechanis-mus, in dem er den Geschädigten einfach nach dessen Grenzschaden befragt, als konkrete Spielform wählen kann. Wenn nämlich jedes Ergebnis eines beliebigen, noch so komplexen Mechanismus auch durch einen direkten Enthüllungsmechanis-mus implementierbar ist, dann heißt dies umgekehrt, daß durch andere als direkte Enthüllungsmechanismen keine anderen Ergebnisse erreichbar sind.

Andererseits deutet die leichte Einschränkung, die aus dem Zitat spricht, auf Probleme hin, die die Anwendung eines direkten Mechanismus unter Umständen bereiten kann. Eines dieser Probleme, nämlich das Problem multipler Nash-Gleich-gewichte, wird noch im dritten Kapitel anzusprechen sein, wenn das Verhand-lungsmodell mit mehreren Geschädigten behandelt wird. Ein direkter Enthüllungs-mechanismus ist also nicht unbedingt der beste Weg, ein bestimmtes Ergebnis zu implementieren.

In der Hauptsache sollte das Enthüllungsprinzip deshalb als Theorem verstan-den werverstan-den, das der Abgrenzung aller Kombinationen von Produktionsmenge und Transferzahlung dient, die überhaupt realisierbar sind: Wenn der Schädiger sicher sein will, bei der Suche nach dem optimalen Kontrakt sämtliche realisierbaren Spielergebnisse zu erfassen, dann muß er die x-z-Kombinationen, die er dem Ge-schädigten in Abhängigkeit seines Schadenstyps vorschlägt, so gestalten, daß dieser keine Veranlassung mehr hätte, seinen wahren Typ zu verleugnen, wenn er unmit-telbar danach befragt würde. Ein Kontrakt, der diese Eigenschaft besitzt, wird als

"enthüllend" oder auch "anreizverträglich" bezeichnet.

Die Tatsache, daß eine Beschränkung auf anreizverträgliche Kontrakte aus-reicht, ist keineswegs trivial. Der Schädiger hat ja eigentlich kein unmittelbares Interesse an einer Enthüllung der verborgenen Information, sondern will seinen er-warteten Gewinn maximieren. Es wäre also durchaus denkbar, daß er mit einem Mechanismus, in dem der Geschädigte seinen Schaden nicht wahrheitsgemäß offen-bart, einen höheren Gewinn erzielen könnte. Das Enthüllungsprinzip schließt diese Möglichkeit aus, sofern der Geschädigte den Mechanismus durchschaut. Der ge-winnmaximale Kontrakt muß auf jeden Fall in der Menge aller anreizkompatiblen Kontrakte liegen. Das heißt aber nicht, daß die gewählte Spielstruktur unbedingt ein direkter Enthüllungsmechanismus sein muß. Der Schädiger kann vielmehr aus der Menge anreizverträglicher Kontrakte diejenige(n) Output- und Transferfunktion(en) auswählen, durch die sein Gewinn maximiert wird und sich dann gesondert darüber Gedanken machen, mit welcher Art von Spiel er diese Funktionen am besten

im-plementieren kann. So gesehen ist die konkrete Spielstruktur für die folgenden Analysen eher von untergeordneter Bedeutung. Da im hier behandelten Fall mit nur einem Agenten die Anwendung eines direkten Enthüllungsmechanismus unproble-matisch ist, wollen wir unseren Überlegungen bis auf weiteres diese Spielstruktur zugrundelegen. Erst in Kapitel 3, in dem das Modell mit mehreren Geschädigten behandelt wird, werden wir sehen, daß direkte Enthüllungsmechanismen multiple Gleichgewichte aufweisen können, die den Prinzipal u.U. vor erhebliche Schwierig-keiten stellen.