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Eine praktikable Alternative: Durchschnittlich optimale

Teil II: Die Internalisierung externer Effekte durch eine Zentralinstanz

6. Einfache staatliche Internalisierungsinstrumente im Vergleich zur

6.1 Eine praktikable Alternative: Durchschnittlich optimale

frei sein von den theoretischen Mängeln, die sich für die Enthüllungsmechanismen als verhängnisvoll erwiesen haben. Dazu gehört v.a. die Unmöglichkeit eines Bud-getausgleichs, die das Hauptproblem bei den Mechanismen der Groves-Klasse dar-stellt, sowie die Verletzung der Bedingung individueller Rationalität, die speziell beim AGV-Mechanismus festgestellt wurde, aber auch bei anderen Mechanismen auftreten kann. Andererseits sollte diese Alternative nicht zu komplex, sondern sowohl für die privaten Wirtschaftseinheiten als auch für die regulierende Zentral-instanz leicht verständlich und handhabbar sein.

Diese Kriterien werden sicherlich von einer Pigou-Steuer oder einer Auflage erfüllt, die nicht auf jede mögliche Konstellation entscheidungsrelevanter privater Informationen optimal zugeschnitten ist, sondern davon unabhängig so festgesetzt wird, daß die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt wenigstens im statistischen Durch-schnitt über die Informationsparameter maximal ist. Diese Maßnahmen sind prakti-kabel, da sie der Zentralinstanz ein relativ geringes Maß an Wissen über die Präfe-renzen bzw. Technologien der privaten Wirtschaftseinheiten abverlangen und auf-grund ihrer Einfachheit und Klarheit nicht mißverstanden werden können. Insbe-sondere sind keine strategischen Überlegungen mehr notwendig, da die Individuen vor der Bestimmung des Steuersatzes bzw. der Auflage nicht nach ihren Präferenzen befragt werden.

Darüber hinaus ist es beim Einsatz dieser Instrumente immer möglich, einen Budgetausgleich herbeizuführen. Bei einer Auflagenlösung fallen ohnehin keine Steuern oder Transferzahlungen an. Bei einer Abgabenlösung kann das erzielte Aufkommen an den Geschädigten transferiert werden, ohne daß dadurch irgendwel-che Verzerrungen ausgelöst würden.1 Eine solche Regelung hätte den Vorteil, daß der Geschädigte im Durchschnitt für die erlittenen Schäden kompensiert werden könnte und wäre deshalb auch unter Verteilungsgesichtspunkten akzeptabel. Auch die Bedingung der individuellen Rationalität wird nicht verletzt: Der Geschädigte würde sowohl bei einer Steuer- als auch bei einer Auflagenlösung im Vergleich zur Laisser-Faire-Situation, in der es dem Schädiger erlaubt wäre, sein persönliches Gewinnmaximum zu realisieren, auf keinen Fall schlechter gestellt. Was den Schä-diger betriffi, so würde dieser im ungünstigsten Fall seine Produktion einstellen müssen, wenn der Pigou-Steuersatz überall höher ist als sein Grenzgewinn, oder wenn ihm ein vollständiges Produktionsverbot auferlegt würde.

Der Nachteil solcher durchschnittlich optimaler Politiken besteht logischer-weise darin, daß das Allokationsergebnis, das sie hervorbringen, ex post nur zufällig effizient ist. Dies gilt aber, wenngleich aus anderen Gründen, auch für die private Verhandlungslösung, die hier als Vergleichsmaßstab dienen soll. Die Idee, einen solchen "Second-Best-Vergleich" zwischen privater Verhandlungslösung und einfa-chen zentralen Intemalisierungsmaßnahmen durchzuführen, geht auf die Arbeit von Farrell (1987) zurück. Er legt seiner Gegenüberstellung ein Modell zugrunde, das in seiner Struktur unserem bilateralen Extemalitätenmodell sehr ähnlich ist. Der Ver-handlungsprozeß, den er verwendet, basiert ebenfalls auf der Fähigkeit der offerie-renden Partei, "Take-it-or-leave-it"-Offerten zu unterbreiten. Die Verhandlungslö-sung bei unvollständiger Information wird mit einer durchschnittlich optimalen Auflagenlösung verglichen. Farrell geht bei der Berechnung der optimalen Auflage davon aus, daß der Zentralinstanz die Grenznutzenfunktionen beider Individuen unbekannt sind. Es zeigt sich, daß bei der Auflagenlösung je nach Konstellation der

1 Dies gilt allerdings nur im Rahmen unseres einfachen Externalitätenmodells, in dem der Geschä-digte keine Möglichkeit hat, selbst aktive Maßnahmen zur Schadensbegrenzung zu ergreifen. Wä-re dies anders, so würde eine Kompensation des Geschädigten dazu fühWä-ren, daß sein eigener Auf-wand zur Schadensbegrenzung ineffizient niedrig ist. (Vgl. dazu Baumol und Oates (1988, S. 45 ff.)). Ein Rücktransfer an den Schädiger würde dagegen in jedem Fall verzerrend wirken: Wenn der Schädiger eine Rückzahlung antizipiert, sind seine erwarteten Zusatzkosten pro Produktions-einheit niedriger als der Pigou-Steuersatz, und er wird entsprechend mehr produzieren.

Parameter seines Modells sowohl höhere als auch niedrigere durchschnittliche Wohlfahrtsgewinne möglich sind.

Buchholz und Haslbeck (1991/1992) sowie Illing (1992) haben Farrells Argu-ment aufgegriffen und in einem einfacheren Modellrahmen transparenter gemacht.

Beide Arbeiten verwenden ein Modell, das sich von Farrells und dem hier verwen-deten Modell im wesentlichen darin unterscheidet, daß die privaten Informationspa-rameter nur zwei unterschiedliche Ausprägungen annehmen können. In der ersten Arbeit wird die Verhandlungslösung mit einer Auflagenlösung, in der zweiten Ar-beit mit einer Abgabenlösung verglichen. Der Vergleich erfolgt jeweils unter der Annahme einer allgemein bekannten Gewinnfunktion des Schädigers, während die Schadensfunktion des Geschädigten unbekannt ist. Auch hier stellt sich heraus, daß die durchschnittlich optimale Politik durchaus effizienter sein kann als die Verhand-lungslösung.

Ziel dieses Kapitels ist es, einen solchen Wohlfahrtsvergleich in unserem ein-fachen Externalitätenmodell durchzuführen, wobei sich die Präsentation, abgesehen von Unterschieden in der Modellspezifikation, v.a. in zwei Punkten von den drei oben zitierten Aufsätzen unterscheidet:

Zum einen wird hier in einem einheitlichen Modellrahmen sowohl das Szena-rio, in dem die Grenzgewinnfunktion des Schädigers "common knowledge" ist, als auch das Szenario mit allgemein unbekannter Grenzgewinnfunktion untersucht, um herauszufinden, wie sich die zusätzliche Erschwernis, die sich für die Zentralinstanz im zweiten Fall ergibt, auf den Wohlfahrtsvergleich auswirkt.

Zum anderen wird einer Erkenntnis von Weitzmann ( 197 4) Rechnung getra-gen, derzufolge Preis- und Mengenregulierung bei Unsicherheit über die Grenznut-zen und Grenzkosten der zu regulierenden Aktivität i.d.R. nicht mehr äquivalent sind.2 Es erscheint also sinnvoll, zunächst zu untersuchen, wann in unserem einfa-chen Externalitätenmodell eine Auflage, wann eine Pigou-Steuer die durchschnitt-lich höheren Wohlfahrtsgewinne ermögdurchschnitt-licht. Es wird dann davon ausgegangen, daß Farrells "bumbling bureaucrat" immerhin in der Lage ist, das effizientere der beiden Instrumente zu erkennen und die bessere Alternative zu ergreifen. In erster Linie ist dann das unter dieser Voraussetzung erzielte Allokationsergebnis mit dem Ergebnis der privaten Verhandlungen zu vergleichen.

2Vgl. dazu auch Adar und Griffin (1976), Fishelson (1976) sowie Baumol und Oates (1988, S. 57 ff.).

6.2 Second-Best-Vergleich zwischen privaten Verhandlungen und zentraler