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Migration im Studium

Im Dokument Professoren mit Migrationshintergrund (Seite 60-63)

2.1 Deutschlands Wandel zum Einwanderungsland

2.2.1 Migration im Studium

Studien über die Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund in der Hochschulbildung differenzieren grundsätzlich zwischen zwei Gruppen. Erstens gibt es dort die Gruppe der internationalen Studierenden, die alle ausländi-schen Studierenden mit einbezieht, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben haben3. Zweitens wird die Gruppe der Studierenden mit

3Zwecks Unterscheidung von der Gruppe der ausländischen Studierenden, die ihre Hoch-schulzugangsberechtigung in Deutschland erworben hat, werden Studierende dieser Gruppe auch als Bildungsausländer bezeichnet.

Migrationshintergrund in den Blick genommen, die sowohl Studierende mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben (sogenannte Bildungsinländer), als auch deutsche Studierende mit Migrationshintergrund, die entweder eingebürgert wurden oder den Migrationshintergrund aufgrund der Zuwanderungsbiographie der Eltern besitzen4, erfasst. Während die Sozialerhebung nach der beschriebenen Diffe-renzierungsmethode verfährt, differenzieren die Daten der Studierendenstatistik bisher lediglich nach Staatsangehörigkeit. Innerhalb der Studierenden mit auslän-discher Staatsangehörigkeit lässt sich jedoch zumindest danach differenzieren, ob diese ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland (Bildungsinländer) oder im Ausland (Bildungsausländer) erworben haben.

Die Zahl der Studierenden mit ausländischer Staatsangehörigkeit ist zwischen 2007 und 2016 in Deutschland deutlich angestiegen, und zwar von ca. 176.000 auf ca. 251.000 an Universitäten und von ca. 58.000 auf 108.000 an Fachhochschulen.

Da zugleich allerdings auch die Zahl der deutschen Studierenden deutlich zuge-nommen hat, hat sich der Ausländeranteil unter den Studierenden nur geringfügig erhöht. Bildungsausländer studieren anteilig deutlich häufiger an Universitäten.

Demgegenüber liegt der Anteil der Bildungsinländer an Fachhochschulen höher als an Universitäten (vgl. Abbildung2.3).

Für eine idealtypische Trennung zwischen Studierenden mit Migrationshin-tergrund und internationalen Studierenden spricht, dass sich Lebenssituation und Herausforderungen für die neuzugewanderten Studierenden grundlegend von der Situation der Studierenden, die möglicherweise schon in der zweiten Generation in Deutschland leben, unterscheiden dürften. Problematisch ist dabei allerdings, dass sich die konnotative Ebene, auf der über internationale Studierende gespro-chen wird, deutlich vom Diskurs über Studierende mit Migrationshintergrund unterscheidet. Während internationale Studierende häufig als Idealzuwanderer, als Indikator für die Internationalität einer Hochschule und als Hoffnungsträger in Anbetracht des Fachkräftemangels dargestellt werden, werden die Studieren-den mit Migrationshintergrund stärker aus einer Defizitperspektive heraus oftmals einer bildungsfernen und förderbedürftigen Problemgruppe zugeordnet (vgl. aus-führlich Engel, Neusel, Weichert 2014; Tepecik 2011, Wolter 2019). Aufgrund dessen sollte durchaus in Erwägung gezogen werden, ob es sinnvoller wäre, sich von vorab vorgenommenen Zuschreibungen zu lösen und die gesamte Gruppe zunächst anhand der Definition des Migrationshintergrundes nach dem Mikrozen-sus zu untersuchen und dann in einem nächsten Schritt an verschiedenen Stellen

4Folglich zählen internationale Studierende anders als nach der Definition des Mikrozensus nicht zur Gruppe der Studierenden mit Migrationshintergrund.

10.9

3.0 6.8

4.0

0.0 2.0 4.0 6.0 8.0 10.0 12.0

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Ausländeranteil in (%)

Jahr

Uni Anteil Bildungsausländer/-innen Uni Anteil Bildungsinländer/-innen FH Anteil Bildungsausländer/-innen FH Anteil Bildungsinländer/-innen

Abbildung 2.3 Anteil Bildungsausländer und Bildungsinländer unter den Studierenden 2007-2016. (Eigene Darstellung: Quelle: Eigene Auswertung auf der Grundlage ICE-Datenbank des DZHW (vgl. Statistisches Bundesamt 2018b). Jahreszahlen entsprechen dem jeweiligen Wintersemester des Jahres.)

Differenzierungen anhand des Zuwanderungszeitpunktes vorzunehmen. Zwar gibt es erste Ansätze hierfür und auch Sonderauswertungen des Mikrozensus für die Gruppe der Studierenden mit Migrationshintergrund (Rokitte 2012), allerdings arbeiten Befragungen und Erhebungen im Hochschulwesen selbst bisher nicht mit dem Konzept des Migrationshintergrundes nach dem Mikrozensus. Eine Aus-nahme bildet der Beitrag von Kerst und Wolter (2017), in dem der Anteil der Studierenden in der Altersgruppe von 20 bis unter 30 Jahren für die Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund auf der Grundlage des Mikrozensus 2005 und 2013 verglichen wird. In dem Zeitraum ist in der genannten Alterskohorte ohne Migrationshintergrund der Studierendenanteil von 17 auf 23 Prozent gestiegen.

In der Alterskohorte von Menschen mit Migrationshintergrund ist der Studieren-denanteil von 9 auf 15 Prozent gestiegen. Trotz des deutlichen Anstiegs bleibt die Differenz mit 8 Prozent konstant und macht deutlich, dass eine ausgeglichene Beteiligung an Hochschulbildung nicht gegeben ist.

Dennoch spielen sowohl Studierende mit Migrationshintergrund als auch inter-nationale Studierende im deutschen Hochschulwesen eine bedeutende Rolle.

Diese Personengruppe wird auch perspektivisch, insbesondere im Kontext des

demographischen Wandels, noch weiter an Bedeutung gewinnen wird. Wäh-rend die gegenwärtige Entwicklung, die durch eine steigende Zahl ausländischer Studierender und eine entsprechend zunehmende Diversität innerhalb des Hoch-schulwesens geprägt ist, insgesamt positiv zu bewerten sind, sollten zugleich auch Schwierigkeiten ausreichend berücksichtigt werden. Zwar sehen sich die Studierenden beider Gruppen mit jeweils spezifischen Problemen konfrontiert, wozu im Falle der internationalen Studierenden insbesondere mangelnde Deutsch-kenntnisse und die Konfrontation mit spezifisch deutschen Studienanforderungen zählen, während Studierende mit Migrationshintergrund in besonderem Maße von Problemen hinsichtlich der Wissenschaftssprache Deutsch in Anbetracht des oft-mals bildungsfernen Elternhauses betroffen sind. Allerdings lassen sich durchaus auch Probleme benennen, die für beide Gruppen gleichermaßen von Relevanz sein können. Finanzielle Abhängigkeit und fehlende soziale Integration im Studium bilden insoweit zwei Problemkreise, die in ähnlicher Form bei beiden Gruppen zu beobachten sind (vgl. Morris-Lange 2017). Da sich die genannten Probleme zum Teil gegenseitig bedingen (z. B. Sprachprobleme, soziale Integration, Ver-einbarkeit von Studium und Beruf), lassen sich durch gezielte Verbesserungen in einzelnen Feldern möglicherweise auch Problemlagen in anderen Bereichen lösen.

Trotz der dargelegten Schwierigkeiten lässt sich insgesamt allerdings festhalten, dass die große und ansteigende Zahl der Studierenden mit Migrationshintergrund als auch der internationalen Studierenden ein Potential eröffnet, dass möglicher-weise in den kommenden Jahrzehnten die Zahl der Early Migrants5 und der Student Migrants6 unter den Professoren weiter steigen wird.

2.2.2 Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund im

Im Dokument Professoren mit Migrationshintergrund (Seite 60-63)

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