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Geburtsland und Staatsangehörigkeit

Im Dokument Professoren mit Migrationshintergrund (Seite 179-183)

Auswertung und Ergebnisse

6.1.1 Geburtsland und Staatsangehörigkeit

Die häufigsten Indikatoren zur Beschreibung der Herkunft stellen die Staats-angehörigkeit und das Geburtsland dar. Hinsichtlich der Aussagekraft beider Indikatoren zeigen sich allerdings gewisse Einschränkungen. Bei der Staatsan-gehörigkeit gestaltet sich einerseits eine eindeutige Zuordnung für Personen mit mehr als einer Staatsangehörigkeit schwierig. Andererseits können Staatsange-hörigkeiten sowohl neu erworben als auch aufgegeben oder verloren werden.

Der Wandel nationaler Gesetzgebungen hinsichtlich des Einbürgerungsrechts erschwert dabei sowohl historische Vergleiche einzelner nationaler Rechtsord-nungen im Laufe der Zeit als auch internationale Vergleiche zwischen den Rechtssystemen verschiedener Staaten. Eine zweite Möglichkeit liegt darin, die Herkunft einer Person anhand ihres Geburtslandes zu beschreiben. Diese Form der Operationalisierung hat allerdings die Schwäche, dass beispielsweise Kinder von

Eltern, die nur vorübergehend im Ausland gelebt haben, unter Umständen einem Herkunftsland zugeordnet werden, dem hinsichtlich der eigenen Sozialisation und Biographie nur ein geringer Stellenwert zukommt.

Bei der Befragung der Professoren mit Migrationshintergrund ergeben sich je nach Operationalisierung deutliche Unterschiede. Jeder fünfte Professor mit Migrationshintergrund ist in Deutschland geboren. Damit stellt Deutschland das häufigste Geburtsland dar vor Österreich (14 %), der Schweiz (9 %) und den USA (7 %). Deutlich höher liegt der Anteil an Professoren mit deutscher Staats-angehörigkeit, wozu aktuell jeder zweite Professor mit Migrationshintergrund zählt. Dabei ist zu beachten, dass über ein Viertel der Professoren (26 %) zwei oder mehr Staatsangehörigkeiten hat. Ähnlich wie beim Geburtsland zeigen sich auch hier hohe Anteile bei den Professoren mit einer Staatsangehörigkeit aus Österreich (14 %), der Schweiz (12 %) und den USA (9 %). Ein Vergleich zwischen deutschen Professoren mit Migrationshintergrund und ausländischen Professoren nach Geburtsland zeigt, dass in etwa ein Drittel der Professoren mit deutscher Staatsangehörigkeit bereits in Deutschland geboren ist. Demge-genüber sind erwartungsgemäß fast alle ausländischen Professoren außerhalb von Deutschland geboren, wobei es hier eine kleine Gruppe gibt, die trotz Geburt in Deutschland keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (vgl. Abbildung6.1).

6.1.2 Migrationstypen

Gegenstand der Erhebungen im Rahmen der MOBIL-Studie war allerdings nicht nur das Geburtsland, sondern auch das Alter zum Zeitpunkt der Zuwanderung. Da es biographisch einen erheblichen Unterschied macht, ob Professoren bereits als Kleinkind oder erst anlässlich der Berufung zugewandert sind, wird im Folgenden eine Differenzierung nach dem Zuwanderungsalter vorgenommen.1

Um diese Heterogenität angemessen abbilden zu können, wurden vom Autor – basierend auf dem Zuwanderungsalter – drei Migrationstypen gebildet2:

Early Migrants: Zweite Generation3sowie Professor/-innen, die als Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) nach Deutschland zugewandert sind,

1Die nachfolgende Erläuterung war bereits Gegenstand der Veröffentlichung Engel (2017).

2Die Terminologien werden auch in der Studie»Changing Academic Profession«verwendet (vgl. Huang u. a. 2014). Im Abschlussbericht des MOBIL-Projektes (Neusel u. a. 2014) werden sechs Mobilitätstypen unterschieden, die auf der Grundlage des Zuwanderungsalters und des ersten Bildungsabschlusses in Deutschland entwickelt wurden.

3Zweite Generation bezieht sich auf Personen, die bereits in Deutschland geboren sind.

20%

80%

Geburtsland Deutschland Im Ausland geboren

50%

50%

Deutsche StA. Ausländische StA.

34%

6%

66%

94%

Deutsche StA.

Ausländische StA.

Geburtsland Deutschland Im Ausland geboren

Abbildung 6.1 Geburtsland und Staatsangehörigkeiten von Professoren mit Migrati-onshintergrund. (Quelle: MOBIL 2012/2013 (N = 203) p < 0,001 p-value basiert auf χ2-Test)

Student Migrants: Professor/-innen, die zwischen ihrem 18. und 31. Lebensjahr nach Deutschland eingewandert sind,

Professional Migrants: Professor/-innen, die bereits 32 Jahre oder älter waren, als sie nach Deutschland migriert sind.

Diese heuristische Einteilung wurde aus folgenden Gründen vorgenommen. Die Gruppe der Early Migrants weist das gemeinsame Merkmal auf, dass alle Per-sonen dieser Gruppe einen Teil oder ihre gesamte „Schulsozialisation“ bereits in Deutschland durchlaufen haben. Zudem unterscheiden sich die zugewanderten Early Migrants von denStudent Migrants dahingehend, dass sie zum Zeitpunkt der Zuwanderung noch nicht volljährig waren. Daher ist davon auszugehen, dass hier ein Großteil der Zuwanderungsprozesse weniger auf einer autonomen eigenen Entscheidung basierte, sondern stärker durch Entscheidungen der Eltern bedingt war. Die Bezeichnung Student Migrants bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Professoren zum Studium nach Deutschland gekommen sind, sondern dass sie in einer Lebensphase nach Deutschland zugewandert sind, in die häufig das Hoch-schulstudium und die Promotion fallen. Beispielsweise war eine kleine Gruppe der Professoren mit Migrationshintergrund (4 %) jünger als 32 Jahre zum Zeit-punkt der Erstberufung. Die Entscheidung, Professoren als Student Migrantsbis

zu einem Zuwanderungsalter von 31 Jahren zu klassifizieren, begründet sich darin, dass die Professorenschaft in Deutschland Befragungen zufolge zum Zeitpunkt der Promotion durchschnittlich 31 Jahre alt ist (Schomburg et al. 2012, S. 27). Der BegriffProfessional Migrantswurde gewählt, da diese Gruppe zum Zeitpunkt der Zuwanderung nach Deutschland in der Regel bereits alle berufsqualifizierenden Bildungsabschlüsse (bis hin zur Promotion) erworben hat.

0 1 2 3 4 5 6

0 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30 33 36 39 42 45 48 51 54 57

Anteil zugewanderter Professoren in (%)

Alter zum Zeitpunkt der Zuwanderung

33%

33%

34%

1 Early Migrants< 18 2 Student Age Migrants 18 - 31 3 Professional Migrants 32+

Abbildung 6.2 Alter zum Zeitpunkt der Zuwanderung und Migrationstypen. (Quelle:

MOBIL 2012/2013 (N=159) und (N=203))

Nach dieser Einteilung lassen sich jeweils 33 % als Early bzw. Student Migrants und 34 % alsProfessional Migrants klassifizieren. Neben den 20 % der Professoren, die bereits in Deutschland geboren wurden, sind weitere 13 % als Kinder oder Jugendliche nach Deutschland gekommen, der Großteil von ihnen bereits in den ersten zehn Lebensjahren. Die größte Zuwanderung findet zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr statt. DieProfessional Migrantssind größtenteils vor dem 45. Lebensjahr nach Deutschland gekommen. Der deutlich geringere Anteil von Professoren, die zum Zeitpunkt der Zuwanderung bereits über 45 Jahre alt waren, lässt sich unter anderem damit erklären, dass ein Teil der Professoren das entsprechende Alter auch heute noch nicht erreicht hat. Zugleich deutet dieser Befund aber ebenfalls darauf hin, dass ab einem bestimmten Alter die Entschei-dung, den Lebensmittelpunkt in ein anderes Land zu verlegen, deutlich seltener getroffen wird (vgl. Abbildung6.2).

Das Durchschnittsalter liegt bei 48,8 Jahren.Early Migrantsstellen 47,2 Jahren die jüngste Gruppe dar, vor denProfessional Migrantsmit 49,4 und denStudent

Migrants mit 49,7 Jahren.4 Insbesondere in der jüngeren Generation unter 45 Jahren stellenEarly Migrantsmit Abstand die größte Gruppe dar (41 %).5 Inter-essant für kommende Forschungsarbeiten wäre die Frage, inwieweit sich darin möglicherweise eine Entwicklung zeigt in Richtung einer Verbesserung der Teil-habechancen von Migranten, die als Kinder hier aufgewachsen sind und z. T.

bereits in zweiter Generation hier leben.

Im Dokument Professoren mit Migrationshintergrund (Seite 179-183)

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