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3.2. Erhebung

3.2.1. Methodische Vorüberlegungen

Für die Einleitung weiterer empirischen Erhebungsschritte erfolgte zunächst die Eingrenzung der zu befragenden Gruppe hinsichtlich sozialarbeiterischen Tätigkeitskontext sowie Ausbildungshintergrund.

Da sich genannte Fachbegriffe vor allem im Feld der Klinischen Sozialen Arbeit etabliert haben, wurde das Gesundheitswesen und besonders der psychiatrische Bereich aufgrund der dort anzutreffenden komplexen psycho-sozialen Problemlagen ausgewählt.

Auch die Forderung nach einer „beratend-behandelnden Disziplin“ im Krankenhaus zeigte sich für die Beantwortung der Forschungsfrage im klinischen Kontext als kontingent (vgl. Pauls 2013:347). Somit bildeten in stationären Gesundheitseinrichtungen praktizierende SozialarbeiterInnen den Kern der Befragungsgruppe, wenngleich in der Praxis die InterviewpartnerInnen mit differenzierten Abschlüssen, sprich mit nicht Ausbildungshintergrund „Klinische Soziale Arbeit“ dominieren. Diese Unterscheidung gilt es kurz zu klären.

In Kapitel 2.1.3.wurde bereits ein Verweis zu sozialarbeiterischen Tätigkeiten im Krankenhaus hergestellt. Ersichtlich wurde, dass die Begriffe, vor allem der Sozialen Diagnose, methodisch einen wichtigen Stellenwert in der sozialarbeiterischen Tätigkeit einnehmen. Die Methoden und Aufgaben der generellen Sozialarbeit im Krankenhaus, wie psycho-soziale Beratungskompetenzen, Case-Management sowie Sozialdiagnose zeigen sich ebenso dort verankert und bilden wichtige Eckpfeiler der Sozialen Behandlung (vgl. Bienz/Reinmann 2004).

So wurden die Institutionen dahingehend ausgewählt, in denen nach sozialtherapeutischen und sozialdiagnostischen Verständnis gearbeitet werden kann aber nicht notwendiger Weise geschieht (vgl. Bienz 2004;Hahn 2003;Ortmann/Röh 2014;Pauls 2013;Sommerfeld 2016). Es wurde deutlich, dass sich diese Arbeitsweisen sehr kontextspezifisch anwenden lassen und eine Soziale Behandlung einen längerfristigen Betreuungskontakt sowie bestimmte strukturelle Rahmenbedingungen voraussetzt. Die institutionelle oder persönliche Verlautbarung von sozialtherapeutischen oder sozialdiagnostischen Arbeitsweisen sind somit nicht Voraussetzung, sondern im Grunde Teil des Untersuchungsgegenstandes. Hier ist noch einmal explizit zu erwähnen, dass nicht die Anwendung der Konzepte, sondern lediglich die Wahrnehmung bezüglich der Etablierung von neuen Begriffen den Kern der Forschungsarbeit bildet. Es geht um die Sichtweisen der Fachkräfte und die Hintergründe für ihre Annahmen, die Handlungsweisen selbst entziehen sich dem untersuchten Forschungsfeld.

In die Zielgruppe fallen demnach erwerbstätige SozialarbeiterInnen im österreichischen Gesundheitswesen. Spezifischer handelt es sich um stationäre gesundheitsorientierte Einrichtungen, in denen vorzugsweise ein längerfristiger Kontakt zu PatientInnen besteht.

Bei der Auswahl der Fachkräfte wurde auf eine möglichst hohe Differenz bezüglich Sozialarbeit - Ausbildungshintergrund in Österreich geachtet, da ein einheitlicher (Bspw.

Diplom-) Abschluss das Ergebnis beeinflussen könnte. Hierzu zählen demnach alle SozialarbeiterInnen mit folgenden Titeln:

Akademie für Sozialarbeit

Abschluss: Diplomierter Sozialarbeiter/ Diplomierte Sozialarbeiterin (DSA) 3 Jahre

Fachhochschule für Soziale Arbeit

Abschluss: Magister/Magistra (FH) für sozialwissenschaftliche Berufe (Mag. (FH) 3 Jahre

Abschluss: Bachelor of Arts in Social Sciences (BA oder B.A.) 6 Semester

Abschluss: Master of Arts in Social Sciences (MA oder M.A.) 4 Semester

Die Eingrenzung auf österreichische Abschlüsse liegt darin begründet, dass es unterschiedliche Zugänge zu den konzeptuellen Begriffen gibt, wie beispielsweise in Deutschland (siehe Kapitel 2.2.2.). Hier gibt es explizite Einrichtungen mit sozialtherapeutischen Terminus wie sie sich im Strafvollzug wiederfinden. Diese Entwicklung kann in Österreich nicht verordnet werden.

Die Haltung des/r Forschers/in während des Gesprächs

Die Rolle des/r Forschers/in nimmt eine überaus wichtige Position im Erhebungsverfahren ein, da sie den Prozess zwangsweise mit ihrer Person beeinflusst, soll dieser zumindest möglichst geringgehalten werden (vgl. Froschauer/Lueger 2003:61).

Hierfür übernimmt der/die ForscherIn während des Gesprächs bzw. dem Interview zwar den führenden Part, darf sich aber nicht der reflektierenden und selbstkritischen Rolle entziehen. Vor allem auf die Offenheit und Zurückhaltung bei neuartigen oder unerwarteten Sichtweisen seitens der befragten Personen ist zu achten, um das Gespräch nicht in eine bestimmte Richtung zu drängen. Ebenso kann dadurch die Chance auf ein vertiefendes Nachfragen vertan werden, wodurch eventuell neue Perspektiven auf den Untersuchungsgegenstand eröffnet werden hätte können (vgl. ebd.:

59f). Eine weitere zu beachtende Devise ist der interviewten Person nicht zu wiedersprechen. Die eigene Meinung des/r Interviewführenden hat hier keinen Platz, da der differente Blickwinkel zählt. Konfrontation muss gut überlegt werden und darf nicht impulsartig auftauchen. Dies führt zu einer Veränderung im Gesprächsverlauf und weg

vom eigentlichen Forschungsziel (vgl. Froschauer/Lueger 2003:59).

Interviewplanung

Gespräche, die im Rahmen der interpretativen Sozialforschung durchgeführt werden, dienen zur Erforschung von sozialen Erscheinungen. Dafür ist eine analytische Herangehensweise erforderlich, welche sich den objektiv-latenten Sinneinheiten in Textmaterialien widmet. Um den an dem Gesprächsprotokoll anschließenden Interpretationsprozess zu erleichtern, müssen einige Überlegungen im Vorfeld getroffen werden. So soll vor allem die gewählte Gesprächsform mit dem späteren Auswertungsverfahren gut ausgelotet werden (vgl. Froschauer/Lueger 2003: 51f).

Der Interviewleitfaden wurde in einer teilstrukturierten und offenen Form entwickelt, um ein möglichst hohes Maß an Erzählbereitschaft zu erzielen. Dadurch kann das Textmaterial besser auf seinen latenten sowie manifesten Bedeutungsgehalt überprüft werden, als bei gefestigteren Vorgaben (vgl. Froschauer/Lueger 2003:80). Die eher offen gehaltene Gesprächsführung bietet die Möglichkeit auf einzelne, anregende Textstellen, von individuellen Aussagen näher einzugehen. Die Fragen folgen den Gedankengängen der TeilnehmerInnen bis zu einem gewissen Grad und werden sozusagen von dem Interesse der GesprächspartnerInnen geführt (vgl. ebd.:61). Natürlich sollte die forschungsleitende Frage nicht aus den Augen verloren werden.

Schon die Einstiegsfrage kann für ein gutes Folgegespräch bedeutend sein, sofern sie sich an der Lebenswelt der Befragten orientiert und deren Interesse weckt (vgl. ebd.:62).

Für die Erfüllung dieses genannten Kriteriums wurde ein sogenannter Eisbrecher in der Einstiegsphase eingesetzt. Indem die generellen Tätigkeiten an einem Arbeitsalltag beschrieben werden sollte, fiel es den Interviewten in erster Linien leicht frei zu erzählen.

Gleichzeitig konnten Notizen über eventuelle Überschneidungspunkte für spätere Fragen vorgemerkt werden.

Die Überlegungen zum Interviewleitfaden drehten sich anfangs um die Fragekonstellation von Begriffsblöcken. Der Themenblock Soziale Diagnostik beispielsweise, konnte jedoch allein schon mit sieben Fragen bezüglich Wahrnehmung und Einstellung besetzt werden.

Somit wäre ein der Fragebogen zu umfangreich für eine offene Struktur gewesen. Da die Begriffe in ihrer inhaltlichen, auch konzeptuellen Form eine große Verwobenheit miteinander führen, wie im Theorieteil der Arbeit bereits ausgeführt, konnten die Fragen sehr begrenzt auf die drei Begriffe aufgeteilt werden. Aufgrund der Gesprächshaltung, wie sie oben beschrieben wurde, konnte auch mehr Platz geschaffen werden um auf individuelle Sichtweisen näher einzugehen.

Die befragten Personen wurden gebeten, Begriffe zu umschreiben und in eigene Worte zu fassen. Eine weitere Fragestellung befasste sich mit dem Zusammenhang von Begriff und Institution bzw. dem multiprofessionellen Team. Dabei erwiesen sich zirkuläre Fragen als sinnvoll, im Sinne von „Was denken Sie, würden Ihre KollegInnen denken…“

Ziel war es hier eventuell gefühlte Spannung wahrzunehmen. Die Benennung von sozialarbeiterischen Tätigkeiten als Soziale Behandlung, Soziale Therapie und Sozialer Diagnostik wurden auch hinsichtlich der persönlichen Einschätzung der Personen hinterfragt. Weiter flossen Fragen mit ein, welche die hilfreichen als auch problematischen Aspekte bezüglich der Begriffsverwendung beleuchteten. Abschließend wurde nach freien Assoziationen zu einem Zitat gefragt, das auf die Befürwortung der Konzepte in zukünftigen Krankenhaussettings abzielte (siehe Anhang: Fragebogen).