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Handlungsfeld Gesundheit und Relevanz der Klinischen Sozialen Arbeit

1.2. Themenüberblick

2.1.2. Handlungsfeld Gesundheit und Relevanz der Klinischen Sozialen Arbeit

stationären Versorgungsbereich, extramurale Einrichtungen (wie Wohngemeinschaften, Pflegeheime, Rehabilitationszentren), sowie Selbsthilfeinitiativen, beispielsweise für Angehörige psychisch erkrankter Menschen (vgl. OBDS – Handlungsfeld Gesundheit 2004).

In der Liste der österreichischen Krankenanstalten sind derzeit 272 Institutionen eingetragen (vgl. Ministerium für Frauen und Gesundheit – Stand 18.10.2017). In ihrer 7.

Ausgabe der Broschüre „Krankenanstalten in Österreich/Hospitals in Austria“ gibt das BMGFJ – Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend (2008) einen Überblick. Der Versorgungsbereich umfasst österreichweit folgende Bereiche:

Allgemeinversorgung: Inkludiert alle Krankenanstalten, die ein breites Leistungsspektrum aufweisen, zumindest aber Leistungen im Bereich der Inneren Medizin und der Allgemeinchirurgie erbringen.

Spezialversorgung: meint Psychiatrische Krankenhäuser, Reha-Einrichtungen, für bestimmte Altersgruppen oder andere Zwecke, wie z.B. Heeresspitäler (vgl. ebd.).

Die Forderung des Österreichischen Berufsverbandes der Soziale Arbeit lautet: Soziale Arbeit muss in beiden Versorgungsbereichen durch das Bundeskrankenanstaltsgesetz verankert sein. (vgl. OBDS – Handlungsfeld Gesundheit 2004). Eine Soziale Behandlung, Soziale Diagnostik, sowie die Soziale Therapie können in stationären Einrichtungen, sowohl im Bereich der Allgemein-, als auch der Spezialversorgung durch die (Klinische) Soziale Arbeit implementiert werden. Folglich ist das (klinisch) sozialarbeiterische Handlungsfeld höchst relevant im Gesundheitsbereich.

„Im klinischen Bereich werden SozialarbeiterInnen mit Menschen konfrontiert, die bereits vor Ausbruch ihrer psychischen oder neurologischen Erkrankung oder Krise soziale Probleme hatten oder deren Krankheit soziale Probleme verursacht.“

(ebd.:7)

Die in der oben angeführten Definition angesprochenen sozialen Probleme als Expertise der (Klinischen) Sozialen Arbeit werden hier speziell in Zusammenhang mit Gesundheit

und Krankheit beobachtet. Demnach sind nicht alle Erkrankungen für die (Klinische) Soziale Arbeit relevant, sondern jene, die mit sozialen Konsequenzen einhergehen und den Heilungsverlauf mitbeeinflussen. Die Zielgruppe bildet dann PatientInnen in Krankenhäusern (und alle psychiatrischen Bereiche), Menschen mit geistig, körperlichen und/oder sinnesbeeinträchtigen Behinderungen, Suchterkrankungen, geriatrische PatientInnen, Jugendliche und Kinder, sowie Angehörige (vgl. ebd.:8;Ansen et al.

2014:13). An den Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation orientiert sich auch die (Klinische) Soziale Arbeit in ihrem Verständnis von Gesundheit. Die in der 1986 verfassten Ottawa-Charta erklärte Forderung lautet:

„Um ein umfassendes körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden zu erlangen, ist es notwendig, dass sowohl einzelne als auch Gruppen ihre Bedürfnisse befriedigen, ihre Wünsche und Hoffnungen wahrnehmen und verwirklichen sowie ihre Umwelt meistern bzw. verändern können.“ (WHO 1986:1) Auch Soziale Lebensumstände beeinflussen – und dies in hohem Ausmaß - psychische sowie körperliche Gesundheit. Durch die Berücksichtigung der Komplexität von bio-psycho-sozialen Prozessen in Hinblick auf die Gesundheitsförderung, fordert die WHO die soziale Dimension als gleichwertige Behandlungsform neben der medizinischen und der psychologischen (vgl. Pauls 2010:89,91; WHO Soziale Determinanten von Gesundheit 2004). Das Ziel dabei ist es den Menschen ein „(…) höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen.“ (WHO 1986: 1) Nach Siegrist gibt es vier Ebenen von sozialen Einflüssen, die sich auf die Gesundheit auswirken können:

• Das Gesundheitswesen, welche die Teilhabe- und Zugangschancen einer Gesellschaft zum Versorgungssystem festlegen.

• Die ökonomische Situation in Bezug auf Einkommen, Wohn- und Arbeitsverhältnissen

• Individuelles Verhalten unter Beachtung des soziokulturellen Kontexts

• Andauernde soziale Belastungszustände (Benachteilig, Ausschluss, Gewalt usw.) (vgl. ebd.: 1998:266ff)

Es wird verdeutlicht, dass durch dieses Verständnis nicht alle Gesellschaftsmitglieder gleichen Zugang und Chancen zu Ressourcen haben und somit die oben geforderte selbstbestimmte Lebensgestaltung sich nicht für alle gleichermaßen umsetzen lässt. (vgl.

Bienz/Reinmann 2004:47). Die Lebenslage, sprich die gemeinsamen Lebensumstände

von sozialen Gruppen in einem sozialpolitischen Kontext, entscheidet zu einem wesentlichen Teil über Gesundheit und Teilhabechancen. Hier ist die (Klinische) Soziale Arbeit gefordert, indem sie ihre Aufmerksamkeit auf Personen mit besonderen Unterstützungsbedarf, nämlich Menschen mit sozial und gesundheitlich benachteiligten Lebenslagen wie Armut und Arbeitslosigkeit richtet. (vgl. Franzkowiak et al. 2011:125).

Die Relevanz der Klinischen Soziale Arbeit mit ihren spezifischen Ansätzen wird im Folgenden genauer beschreiben.

Relevanz der Klinische Soziale Arbeit

Der Begriff „klinisch“ (griechisch: kline bedeutet Lager, Bett) wird im Allgemeinen eher mit der Institution des Krankenhauses in Verbindung gebracht. Das „Klinische“ der Sozialen Arbeit wird jedoch, wie in der Klinischen Psychologie, als direkt beratende und behandelnde Tätigkeit verstanden. Somit gibt es terminologisch keine Verweise zu einem rein stationären Krankenhaussetting. Obwohl sich die hier vorliegende Untersuchung auf eben diesen Bereich (stationärer Bereich im Gesundheitswesen) bezieht, ist zu erwähnen, dass die Klinische Soziale Arbeit grundsätzlich an keine Institution gebunden ist, und ihre Arbeitsfelder vielfältig sind (bspw. Betreute Wohnformen, Familienberatungsstellen, Kinder- und Jugendhilfe, Maßregelvollzug, Suchthilfe usw.).

Die gesundheitsbezogene Fachsozialarbeit meint also eine vertiefte, direkt behandelnde Fallarbeit oder ein vertieftes Fallverstehen an KlientInnen (vgl. Bienz/Reinmann 2004:

17;Pauls 2013:16).1 Wieso braucht es nun eine Fachsozialarbeit, die sich in besonderer Weise an AdressatInnen orientiert?

Wie oben bereits erwähnt sind KlientInnen Sozialer Arbeit jene, die sozial und gesundheitlich meist benachteiligt sind und Versorgungssysteme am schlechtesten erreichen können. Die Zunahme von psycho-sozialen Nöten und Krisen stellt eine große Herausforderung für SozialarbeiterInnen dar. Im Wandel der Gesellschaft werden neue Entwicklungen sichtbar. Die Leitgrößen unseres westlichen Zusammenlebens sind von Individualisierungsschüben, psychischen Problemen, Auflösung sozialer Milieus, sowie dem Druck der Leistungsgesellschaft geprägt. Besonders Menschen in unteren sozialen Schichten sind davon betroffen (vgl. Gahleitner/Pauls 2014:64f).

Generell sind Fachkräfte mehr und mehr mit komplexen psycho-sozialen Problemlagen in unterschiedlichen Alters- und Zielgruppen konfrontiert: Die Kinder- und Jugendhilfe an

1 In den österreichischen Krankenanstalten wird der Bereich dennoch mit „Klinischer Sozialarbeit“ auf den Stationen vermerkt, um lediglich auf das klinische Setting zu verweisen.

der Schnittstelle zur Kinder- und Jugendpsychiatrie, stationäre und teilstationäre Einrichtungen (Wohnformen), Kernfelder der Psychiatrie, ambulante und stationäre Einrichtungen in Suchtberatungen, gerontologische Einrichtungen, um nur einige zu nennen. Zunehmend bilden Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Belastungen in vielfältigen Problemsituationen einen erhöhten Anteil sozialarbeiterischen Klientel. Vor allem die Bezeichnung „hard-to-reach“ trifft auf die KlientInnen der Klinischen Sozialen Arbeit zu. Dadurch wird eine besonders multiproblembelastete Lebenssituation von Menschen angesprochen. So sind beispielsweise Personen aus ärmeren Verhältnissen häufiger von gesundheitlichen Problemen betroffen. Diese manifestieren sich eher in psychischen Beeinträchtigungen, schlechtem Ernährungsverhalten, sowie häufigerem Leiden an Erkrankungen und Verletzungen (vgl. Gahleitner/Pauls 2014: 63f).

Die gesellschaftlichen und individuellen Veränderungen stehen für eine verändernde Lebenswelt. Die Klinische Soziale Arbeit als gesundheitsbezogene Soziale Arbeit ist der Versuch, mittels einer sozio-psycho-biologischen Expertise auf Probleme wie den

„fortschreitenden biologischen Reduktionismus in der Psychiatrie und der fortschreitenden Medikalisierung der Psychotherapie (…)“ (ebd.:65) entgegenzuwirken und die psycho-sozialen Belastungen mit zu behandeln.