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Methoden und Aufgaben (Klinischer) Sozialer Arbeit im Krankenhaus

1.2. Themenüberblick

2.1.3. Methoden und Aufgaben (Klinischer) Sozialer Arbeit im Krankenhaus

„Klinische Sozialarbeit ist zuerst und vor allem Sozialarbeit und lässt sich weder über Arbeitsfelder (z.B. Kliniken) noch über Zielgruppen (z.B. KlientInnen) und auch nicht über Verfahren (z.B. Vorgehensweise) allein definieren.“

(Mühlum/Gahleitner 2010:99)

Damit wird im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit ein wichtiges Thema angesprochen. Obwohl sich die Klinische Soziale Arbeit besonders durch ihre „(…) Interventionstiefe und Behandlungskompetenz (…)“ (ebd.) und mit einer klinischen Fachlichkeit auszeichnet, ist sie nicht ausschließlich im klinischen Setting vertreten. Im Krankenhaus sind angestellte SozialarbeiterInnen mit diversen Ausbildungsgraden (siehe Kapitel 4.3.) in den gleichen institutionellen Rahmenbedingungen anzutreffen, dem gleichen Klientel verpflichtet, sowie in der Methodik unverkennbar miteinander verknüpft.

Im Folgenden sollen die Aufgaben der generellen Sozialen Arbeit im Krankenhaus kurz aufgezeigt plus jene methodischen Aspekte, welche die Klinische Fachrichtung dort vertritt, hervorgehoben werden.

Case Management

Die Methode des Case - Managements darf in einer Abhandlung über Handlungsansätze in der (Klinischen) Sozialen Arbeit im Krankenhaus nicht fehlen (vgl. Ansen et.al 2004;

Bienz/Reinmann 2004;Dörr 2005;Sommerfeld et al. 2016). Der Grundsatz genannter Methode meint eine Versorgung von vor allem chronisch erkrankten Menschen, die über eine Krankenhausbehandlung hinausgeht, indem der ambulante Sektor miteinbezogen bzw. Zugang zu geeigneten Versorgungsanbietern geschaffen wird. Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass es kein einheitliches Modell, sondern mehrere Varianten gibt, die sich durch administrative, pflegerische oder soziale Schwerpunkte unterscheiden. Die Soziale Arbeit richtet sich hier vorwiegend an einem sozial-medizinischen Case-Management aus, welches von den aktuell verfügbaren Ressourcen der PatientInnen ausgeht. Von jenem Standpunkt aus werden Angebote aus Versorgungsmöglichkeiten, in einem kooperativen Prozess mit den AdressatInnen, aufgesucht. Die Phasen des Case-Managements gliedern sich in

• Falleinschätzung (Assessment),

• Hilfeplanung (Service Planing),

• Durchführung (Intervention),

• Kontrolle (Monitoring)

• sowie der Evaluation von Dienstleistungsangeboten

und sind als zirkuläre zu verstehen. Das Konzept des Case-Managements beinhaltet sowohl einen ökonomischen als auch einen lebensweltorientierten Ansatz (vgl. Ansen et al. 2004: 80,82;Dörr 2005:108;Kleve 2006:49-54).

Das klinische/ clinical/ sozialtherapeutische Case-Management:

Das Case Management entwickelte sich aus der Reformierung des Gesundheitssystems in den USA heraus, wobei stationäre Angebote stark reduziert wurden und eine Verlagerung in ambulante Einrichtungen stattfand. Dies gab den Anlass für neue Programme die zur Vernetzungsarbeit durch professionelle Hilfskräfte aufriefen. Die ursprüngliche Klientel stellte demnach Betroffene von chronisch psychischen Erkrankungen dar (vgl. Wendt 2001:14-16).

Die Nähe zum Hard-to-reach Klientel der Klinischen Sozialen Arbeit wird hier deutlich.

Während das Klassische Case Management sich sowohl auf ökonomische, als auch

Lebensweltorientierte Aspekte in der Fallarbeit bezieht, legt das Klinische oder Clinical Case Management den Fokus mehr noch auf die professionelle Beziehungsarbeit im Rahmen von psycho-sozialer Beratung und Behandlung. Die Kostensenkung spielt demnach hier weniger eine Leitfunktion (vgl. Kleve 2006:40; Wendt 2001:25). Auch Kanter sieht den Fokus des Klinischen Case-managements deutlich auf einem bio-psycho-Sozialen Behandlungsplan im Fallmanagement und spricht sich explizit gegen eine Koordinierung von Versorgungsanbietern durch ein Verwaltungssystem aus (vgl.

Kanter 2010:3).

Sommerfeld benennt die Methode des Case-Managements sogar als Kernmethodik der Klinischen Sozialen Arbeit:

„Weil die Soziale Arbeit die Profession ist, die unmittelbar die psycho-soziale Dynamik als Gegenstand hat, ist sie diejenige Profession, die sachlich am besten platziert ist, diese multiprofessionelle Arbeit zu koordinieren.“ (Sommerfeld et al.

2016:222)

In Zusammensetzung mit klinisch sozialarbeiterischen methodischen Ansätzen, vor allem aber der psycho-sozialen Beratung und der sozialen Netzwerkarbeit gestaltet sich nach Sommerfeld ein dreidimensionales Modell des sozialtherapeutischen Case-Managements als Grundstruktur der klinischen Fachrichtung. Die Stufe des Assessments wird dabei jedoch auf eine Soziale Diagnostik erweitert (vgl. ebd.:221).

(Psycho)-soziale Beratung

Eine soziale Beratung ist zweispurig zu betrachten. Zum einen bezieht sie sich auf Vermittlung und Information bezüglich Sachleistungen (Förderanträge, Reha-Übermittlung, usw.). Zum anderen muss sie die psychische Belastung der KlientInnen berücksichtigen. Anders gesagt stehen soziale und persönliche Probleme, welche mit der spezifischen Erkrankung zusammenhängen, im Mittelpunkt der Sozialen Beratung im Krankenhaus. Da es keine sinnvolle Trennung zwischen Sachproblemen und persönlichen Problemen gibt, muss die Sozialberatung „psychosozial“ tätig werden (vgl.

Ansen et al. 2004: 64;Bienz/Reinmann 2004 31f). Somit wird „(…) das psychosoziale Beratungsgespräch mit der Patientin als methodisches Kernstück der Spitalssozialarbeit“

beschrieben (Beer zit. in Bienz/Reinmann 2004:32). 2

2 „Spitalssozialarbeit“ ist ein gängiger Begriff aus der Schweiz; kann mit der Sozialen Arbeit im Krankenhaus gleichgesetzt werden (vgl. Bienz/Reinmann 2004)

In der klinischen Fachrichtung wird die psycho-soziale Beratung als „(…) konstitutives Element (…)“ in der psycho-Sozialen Behandlung angegeben (Pauls 2013: 255). Sie versucht gezielt durch methodische Gesprächsführung eine Veränderung der KlientInnen bezüglich seiner/ihrer psychischen und sozialeren Situation zu erwirken. Demnach wird sie als eigene Interventionsform angesehen (vgl. ebd.: 257), die jedoch nicht als einseitige, starre Methode betrachtet werden kann. Eher ist sie als längerfristiger Prozess zu sehen, bestehend aus verschiedenen Phasen. Diese können sich wie folgt gestalten:

• Erstgespräch

• Krisenscreening

• Problemdefinition (In dieser Phase werden Informationen gesammelt. Im Sinne einer Sozialen Diagnostik findet die Ressourcenanalyse statt. Die aktuelle Situation im Kontext der sozialen Umgebung soll betrachtet werden.)

• Formulierung Beratungsziele (Aufgaben, Auftragsklärung, Erwartungen, Zielhierarchie und Zeitstruktur)

• Auftragsklärung und Maßnahmenauswahl

• Durchführung (Sozialtherapeutisch, mit Zwischendiagnose und Zielüberprüfung)

• Abschlussphase

Die Phasen verlaufen jedoch nicht linear, sondern sind aus einem Mix aus Problem-, KlientInnen- und Zielspezifischen Methoden zusammengestellt. Beushausen spricht von einer prozessualen Diagnostik. Nicht die Methode bestimmt den Verlauf, sondern das jeweilige Problem (vgl. Beushausen 2016:123f). In der Klinischen Sozialen Arbeit wird auch von sozialtherapeutischer Beratung gesprochen, welche die strikte Trennung von Therapie und Beratung aufzuheben scheint (vgl. Pauls/Stockmann 2013:16). Bereits hier wird die starke Verwobenheit der Begriffe Therapie, Beratung und Diagnostik, bezogen auf die Soziale Behandlung, verdeutlicht. Ausführlicher wird darauf in Kapitel 2.2.

eingegangen.

Interdisziplinäre Kooperation

Die interdisziplinäre Kooperation meint, bezogen auf die Berufspraxis, die Abstimmung der eigenen Arbeitsweise mit der von anderen Berufsgruppen, um an einem gemeinsamen Ziel zu arbeiten. Synonym dazu wird auch der Begriff der interprofessionellen Zusammenarbeit genannt (vgl. Kälble 2004:38). Dieser bezieht sich terminologisch eher auf die „außerwissenschaftliche“ Praxis und meint:

„(…), dass Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen mit unterschiedlichen Spezialisierungen, beruflichen Selbst- und Fremdbildern, Kompetenzbereichen, Tätigkeitsfeldern und unterschiedlichem Status im Sinne einer sich ergänzenden, qualitativen hochwertigen, patientenorientierten Versorgung unmittelbar zusammenarbeiten, damit die spezifischen Kompetenzen jedes einzelnen Berufes für den Patienten nutzbar gemacht werden.“ (ebd.:40)

In der hier vorliegenden Arbeit werden beide Ebenen angesprochen und stellen zentrale Faktoren für die Arbeit im Krankenhaus dar. Die (Klinische) Soziale Arbeit gehört innerhalb des klinischen Settings meist mehreren Teams an. Bestehend aus einem internen, sprich nur (Klinische) SozialarbeiterInnen und einem interdisziplinären Team, in welchem verschiedene Professionen, wie Medizin, Pflege, Psychologie und diverse Therapieformen vertreten sind. Eine gute Zusammenarbeit stellt für jede Berufsgruppe eine Herausforderung dar und setzt Toleranz und Wertschätzung voraus. Die im Zentrum des Handelns stehenden PatientInnen profitieren von einer hoch entwickelten interdisziplinären Kommunikations- und Zusammenarbeit, indem sie eine ganzheitliche Versorgung garantieren (vgl. Bienz/Reinmann 2004: 62f). Die Notwendigkeit einer interprofessionellen Kooperation beschreibt die Sozialwissenschaftlerin Cornelia Rüegger sehr treffend:

„Die steigende Anerkennung [der] bio-psycho-sozialen Sichtweise hat auch zu einer wachsenden Berücksichtigung der sozialen Dimension einer psychischen Erkrankung beigetragen. Die (Klinische) Soziale Arbeit in der Psychiatrie ist also an das Funktionssystem Gesundheit gekoppelt. Die grundsätzliche Differenz zwischen den beiden Funktionssystemen (…) besteht darin, dass es in der (Klinischen) Sozialen Arbeit um die Wiederherstellung von Autonomie, Teilnahme und Teilhabe, im medizinisch geprägten Gesundheitssystem um die Wiedererlangung der individuellen Gesundheit geht.“ (ebd. 2012:15f)

Rüegger betont dadurch nicht nur die Expertise der (Klinischen) Sozialen Arbeit, sondern auch die interprofessionelle Zusammenarbeit als notwendige Aufgabe für die Zielerreichung in Hinblick auf die Rehabilitation psychisch erkrankter Menschen. Ihre grundsätzliche Mitbeteiligung im interdisziplinären Behandlungsteam ist gefordert!

Es wurde hier die grundlegende Aufgabe zur Mitgestaltung der (Klinischen) Sozialen Arbeit im Krankenhaus angesprochen. Forschungsbeiträge zur Positionierung im interdisziplinären Team werden in Kapitel 2.3. ausführlicher diskutiert.