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Methodische Diskussion

4. Diskussion

4.3 Methodische Diskussion

Die Schlafqualität hyperthyreoter Patientinnen und der Einfluss negativer Stressverarbeitungsstrategien auf diese wurden bisher nicht ausführlich wissenschaftlich untersucht und diese Studie bewegt sich daher quasi auf Neuland. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen unter anderem als Grundlage für weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet dienen, weshalb die Diskussion der methodischen Umsetzung der Studie umfangreich ausfallen soll. Die methodischen Kritikpunkte sollen einen Einblick in die Problemstellungen im Kontext der Untersuchungsdurchführung bieten und konkrete erfahrungsbasierte Verbesserungsvorschläge für die Folgestudie darlegen.

Bei der Untersuchung von hyperthyreoten PatientInnen stößt man gleich zu Beginn auf ein methodisches Problem: Die Hyperthyreose ist ein sehr heterogenes Syndrom, dem kein einheitlicher pathologischen Mechanismus zugrunde liegt. Die klinische Manifestation der Hyperthyreose hängt von Auslöser (z.B. Morbus Basedow, Autonomie der Schilddrüse, Tumore) und Schweregrad der Erkrankung, vom Alter und auch von physischen und psychischen Komorbiditäten ab (Hörmann, 2001; Jadresic, 1990). Die Einflussgrößen sind so vielfältig, dass man sie – besonders bei einer kleinen Stichprobe- nicht alle in Betracht ziehen kann, weshalb hier generelle Schlüsse gezogen werden, die im Einzelfall mit Bedacht zu betrachten sind. Kontrolliert wurden in dieser Studie der Einfluss des Geschlechts durch die Beschränkung der Stichprobe auf Frauen und gewissermaßen der Einfluss des Alters, da nur Frauen zwischen 39 und 68 Jahren getestet wurden. Die Wahl fiel deshalb auf diese Stichprobe, da Frauen bis zu fünf Mal häufiger von der Hyperthyreose betroffen sind als Männer (Hörmann, 2001) und es daher sowohl leichter ist, genügend Frauen für die Studie zu rekrutieren als auch die klinische Relevanz der Ergebnisse der Studie höher ist, da sie eine größere Population betreffen. Dieselben Argumente dienen bezüglich der Auswahl des Altersbereiches. Vor allem die Prävalenz der Hyperthyreose aufgrund einer Autonomie der Schilddrüse, der häufigsten Ursache, steigt mit dem Alter an (Hörmann, 2001). Schwangere Frauen können sich keiner Radioiodtherapie unterziehen und auch Frauen im gebärfähigen Alter wird in der Regel davon abgeraten, was, neben der Tatsache, dass Hyperthyreosen mit

steigendem Lebensalter häufiger auftreten, ein Grund ist, wieso die getesteten PatientInnen alle über 39 Jahre alt sind.

Eine Beschränkung nach oben wurde eingehalten, da bei älteren Patientinnen zunehmend Probleme bei der ungewohnten Tätigkeit des Ausfüllens von umfangreichen Fragebogenpaketen erwartet werden müssen. Weiters treten bei älteren Patientinnen vermehrt Komorbiditäten auf und, was für die Untersuchung des Schlafes besonders wichtig ist, der Schlaf verändert sich mit dem Alter. Ältere Menschen schlafen insgesamt weniger, wachen häufiger auf und zeigen weniger REM-Schlaf und Slow-Wave-Schlaf (Roffwarg et al., 1966;

nach Birbaumer & Schmidt, 1991).

Wie erwähnt konnte aufgrund der relativ kleinen Stichprobe keine Unterscheidung bezüglich der unterschiedlichen Erkrankungen als Ursachen der Hyperthyreose vorgenommen werden, weshalb in dieser Studie rein der Einfluss des aktuellen Schilddrüsenhormonstatus auf die Schlafqualität, Persönlichkeitsmerkmale und psychisches und körperliches Befinden und den Einfluss der Therapie auf diese Faktoren getestet wird.

Für eine Folgestudie könnte auch eine weitere Kontrollgruppe interessant sein, die nicht nur einen euthyreoten Hormonstatus aufweist, sondern eine vollkommen gesunde Schilddrüse besitzt. Hierfür müsste eine geeignete, vergleichbare Patientinnengruppe gefunden werden, die sich keiner schweren Operation unterziehen muss, jedoch trotzdem dem Stress eines Krankenhausaufenthaltes aufgrund einer körperlichen Erkrankung ausgesetzt ist.

Denn die Patientinnen befanden sich zum Zeitpunkt der Testung in einer außergewöhnlichen Situation. Ein Krankenhausaufenthalt ist immer ein psychischer Stressor. Die Patientinnen mussten in der Regel am Tag zuvor zu Hause noch einiges erledigen und ihre Familien auf ihre mehrtägige Abwesenheit vorbereiten. Die Radioiodtherapie ist keine Operation, doch die meisten Patientinnen sind doch nervös wenn sie in die Klinik kommen. Viele Patientinnen hörten im Vorhinein „Horrorgeschichten“ über die Radioiodtherapie. Erzählungen über fensterlose Kellerräume in denen die PatientInnen weggesperrt werden und nur über Schlitze in der Tür Essen erhalten sind weit verbreitet. Einige der Patientinnen hatten Angst vor dem Eingesperrt sein und dem Gedanken, nicht ins Freie gehen zu können. Hinzu kommt die Unsicherheit in Bezug auf die Radioiodtherapie an sich. Die Angst, doch Nebenwirkungen von der radioaktiven Kapsel zu spüren ist oft vorhanden.

Die Rücklaufquote der Fragebogenpakete, die nach zwei bzw. vier Wochen ausgefüllt werden sollten, liegt bei 78 Prozent. Um die Rücklaufquote zu erhöhen, müssten alle Patientinnen wiederholt kontaktiert werden. Durch eine persönliche telefonische

Kontaktaufnahme ist jedoch sehr zeitaufwendig und oft auch schwierig. In den Patientenakten waren nur Festnetznummern vermerkt. Manche Studienteilnehmerinnen waren berufstätig und somit untertags nicht erreichbar, doch auch sonst bedurfte es oft mehrmaliger Versuche bis die Patientinnen erreicht werden konnten. Doch auch zwei persönlich kontaktierte Patientinnen sandten ihre Fragebögen nicht zurück. Etwa das letzte Drittel der Patientinnen wurde zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die letzten Fragebögen ausfüllen sollten, aus organisatorischen Gründen nicht mehr telefonisch kontaktiert, wodurch sich hier eine weit geringere Rücklaufquote zeigt. Eine telefonische Erinnerung ist zwar am persönlichsten und mit der höchsten Rücklaufquote verbunden, die Methode ist jedoch sehr zeitaufwendig und vor allem für größere Stichproben somit ineffizient. Eine Möglichkeit wäre, die Mobiltelefonnummern der Patientinnen zu erfragen und jeweils einen Tag vor dem nächsten Messzeitpunkt ein Erinnerungs- SMS zu versenden. Hierbei muss man jedoch bedenken, dass gerade ältere Patientinnen auch durch dieses Medium nicht durchgehend zu erreichen sein werden. Das Versprechen einer individuellen Rückmeldung könnte die Motivation erhöhen, die Umsetzung wäre jedoch sehr aufwendig. Da zu den meisten Patientinnen ein guter persönlicher Kontakt hergestellt werden konnte, war die größte Motivation zur Teilnahme der Wille, der Studienleiterin persönlich zu helfen. Diese Motivation war bei den meisten Patientinnen sehr hoch und wahrscheinlich sogar zielführender als die Aussicht auf eine Rückmeldung. Außerdem wurde Patientinnen, die sich für die Ergebnisse interessierten, angeboten, eine Rückmeldung zu erhalten, wenn sie dem Rücksendekuvert eine entsprechende Notiz hinzufügten.

Um das Ausmaß des klinischen Therapieerfolges feststellen zu können, war eine Erhebung der Schilddrüsenhormonwerte nach 4 Wochen geplant. Die Patientinnen wurden gebeten, die vom Hausarzt bei der Kontrolluntersuchung nach etwa 4 Wochen ermittelten Schilddrüsenhormonwerte im letzten Fragebogenpaket einzutragen. Die rückgemeldeten Angaben waren jedoch sehr heterogen. Teilweise wurde die Blutuntersuchung schon 1 Woche nach der Therapie durchgeführt, teilweise erst 6 Wochen später. Einige Patientinnen machten keine Angaben. Die Werte sind somit nicht vergleichbar und konnten nicht in die Berechnungen mit einbezogen werden. Es ist also gut möglich, dass die Therapie noch nicht angegriffen hatte, die Schilddrüsenhormonwerte sich also noch nicht eingespielt hatten, und daher auch noch kein, beziehungsweise nur ein geringer Therapieerfolg sichtbar war. Vier Wochen ist ein kurzer Zeitraum um Veränderungen durch die Radioiodtherapie zu erfassen.

Wallace et al. (1980) konnten beispielsweise nach drei Wochen sehr wohl noch teilweise Unterschiede zwischen hyperthyreoten und euthyreoten PatientInnen feststellen. Erst bei einer

weiteren Untersuchung nach einem halben bis einem Jahr war kein Unterschied zwischen den Gruppen mehr feststellbar, wobei sich körperliche Symptome schneller normalisierten als psychische. Eine wiederholte Testung der Patientinnen nach einem längerem Zeitraum, beispielsweise einem Jahr, wäre daher wichtig, um eine etwaige Veränderung des Schlafes, beziehungsweise auch der erfassten psychischen Aspekte, feststellen zu können und die bereits gewonnenen Daten umfangreicher verwenden zu können.