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Mehr Kooperation auf allen Ebenen

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 58-64)

Landesminister Baaske in der Diskussion mit der kommunalen Familie

„Brandenburg kommunal“ soll als Kommunikationsplattform zwischen den Kommunen und mit der Landespolitik fungieren. Einer offenen und kontroversen Diskussion wird deshalb breiter Raum gewährt. Aus demselben Grund will auch UNTERNEHMERIN KOMMUNE abbilden, welche Fragen und Ansinnen die kommunale Familie an den Minister herantrug. Lesen Sie im Folgenden Ausschnitte aus der Diskussion.

Statement/Frage aus dem Plenum:

Welche Möglichkeiten sehen das Land Brandenburg und der Minister in Persona, den massiven Bedarf an Pflegekräften in der Zukunft auszugleichen?

Baaske:

Wir werden nicht umhin kommen, die Quote der Fachkräfte in der Pflege zu senken. Schon heute gibt es Beispiele, wie dies gelingen kann.

Dazu müssen kompetente Hilfskräfte rekrutiert werden. Das Land Brandenburg hat dazu zwei Förderprogramme aufgelegt. Mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds können in einer einjährigen Ausbildung Hilfskräfte an die Pflege herangeführt werden. Bei Interesse und Eignung kann daran anschließend in zwei weiteren Lehr-jahren eine Qualifizierung zur Pflegefachkraft erfolgen. Ein zweites Förderprogramm richtet sich an diejenigen, denen es schwerer fällt, sich in einen regelmäßigen Arbeitsalltag zu integrieren.

Dieses Programm läuft zwei Jahre und wird ergänzt durch eine sozialpädagogische Begleitung.

Daneben wäre es theoretisch zulässig, von allen Pflegeeinrichtungen eine Umlage zu erheben, um die Kosten der Ausbildung auszu-gleichen. Allerdings ist dies an die Voraussetzung gebunden, dass ein Mangel an Ausbildungs-plätzen herrscht. Derzeit stehen wir jedoch eher

vor dem Problem, genügend Bewerber zu finden.

Eine weitere Möglichkeit wäre, die Ausbildung von Kinder-, Kranken- und Altenpflegekräften stärker zu vereinheitlichen, um eine höhere Flexibilität zwischen den Berufen zu ermög-lichen. Doch generell gibt es keine einfache und sichere Lösung. Alle Akteure und alle Ebenen sind gefragt, im Sinne kontinuierlicher Bemühungen dem drohenden Pflegenotstand zu begegnen.

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auf die Pflege scheint mir jedoch klar geregelt, dass Kommunen in der Pflicht stehen, mit ambulanten Leistungen einer stationären Pflege möglichst lange vorzubeugen.

Statement/Frage aus dem Plenum:

Wie ist es mit dem Grundsatz der Inklusion von Schülern mit besonderen Herausforderungen in den Normalschulbetrieb vereinbar, wenn Lehrerstellen etwa an den Oberstufenzentren gestrichen werden?

Baaske:

Schon bevor wir überhaupt das erste Mal über Inklusion gesprochen haben, gingen bereits 40 Pro-zent der blinden und sehbehinderten Kinder an eine

„normale“ Schule. Ich kenne viele Schulen, an denen der Grundsatz der Inklusion auch ohne eine spezielle Förderung des Landes beherzigt wurde.

Ich finde es menschenunwürdig, Kinder von vorn-herein auf Sonderschulen abzuschieben und sie damit eines großen Teils ihrer Zukunftschancen zu berauben. Inklusion nimmt das Land natürlich auch personell und finanziell in die Pflicht.

Sich den Realitäten stellen Statement/Frage aus dem Plenum:

Wir haben eine Gesellschaft die zunehmend pluralistisch ist und in der das traditionelle Familienbild immer weiter aufbricht. In diesem Kontext ist die Fertilitätsrate in Deutschland rapide gesunken. Welche Anstrengungen unternimmt das Land Brandenburg, die Geburtenrate wieder steigen zu lassen? Wie wird speziell versucht, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern? Und welche Konzeptionen sehen Sie für die Pflege älterer Menschen?

Baaske:

Trotz aller familienpolitischen Maßnahmen sinkt die Geburtenrate in Ost wie West seit den 70er Jahren kontinuierlich. Heute gibt es in nahezu Kommunalwirtschaft

Die Mit beeindruckender Offenheit und Klarheit wurden die Probleme geschildert, denen sich das Land Branden-burg im Zuge des demografischen Wandels stellen muss.

Die Diskussion zwischen dem Minister und den Vertretern der kommunalen Familie war teilweise kontrovers, doch

sie zeigte auch eine hohe Bereitschaft der Beteiligten, miteinander zu kooperieren und den anste-henden Herausforderungen mit offenem Visier zu begegnen. Günter Baaske stellte unter Beweis, dass nicht etwa Zynismus und Resignation, sondern Offenheit und ein pragmatischer Optimis-mus seine politische Agenda prägen. Das war auffällig.

Falk Schäfer

jeder Brandenburger Kommune eine ausreichende Versorgung mit Kita-Plätzen. Darüber hinaus sollten wir uns aber den demografischen Reali-täten stellen und Konzepte entwickeln, wie wir uns am besten daran anpassen können.

Ich bin sicher, dass die Pflege der Zukunft eine Pflege im Quartier sein muss. Pflege hat immens viel mit Dorf- und Stadtentwicklung zu tun und hier sind in erster Linie die Kommunen gefragt.

Dabei sollte auf eine enge Kommunikation mit dem Bürger gesetzt werden. Solche Strategien sind mit Sicherheit besser geeignet, als Ressourcen für eine extrem unwahrscheinliche Trendumkehr zu verschwenden.

Statement/Frage aus dem Plenum:

Wenn wir nicht in der Lage sind, genügend Pflegekräfte vorzuhalten, dann müssen konsequent die begleitenden Angehörigen gestärkt werden. Zusätzlich sollte angesichts der wachsenden Nachfrage auch das Netz der Pflegestützpunkte neu strukturiert werden.

Generell bieten die Pflegekassen zu wenige Angebote im ländlichen Raum.

Baaske:

Brandenburg muss in der Pflegeberatung noch besser werden. Mit 19 Stützpunkten sind wir zwar besser aufgestellt, als die meisten anderen Länder, doch die Wege können auch bei uns mitunter recht lang sein. Einige Pflegestützpunkte bieten allerdings eine Beratung vor Ort an und einige Fragen lassen sich sicherlich auch fernmündlich oder fernschriftlich klären. In einem Pilotprojekt in Eisenhüttenstadt hat eine Pflegelotsin ehren-amtliche Helfer angeleitet. Zielstellung war es, das Potential des Ehrenamtes noch besser nutzen zu können. Die Erfahrungen waren außerordent-lich positiv.

Statement/Frage aus dem Plenum:

Kommunen und das Land tun in der Tat schon eine Menge, um die soziale Versorgung zu gewährleisten. Es sollten jedoch auch die

UNSER GESPRÄCHSPARTNER Günter Baaske wurde am 17. Oktober 1957 in Belzig geboren. Nach dem Abitur studierte er Physik/Mathematik an der Päda-gogischen Hochschule in Potsdam. Von 1981 arbeitete er als Lehrer für diese Fächer im Kreis Belzig und an der Gehörlosenschule und Berlin. 1989 war er Gründungsmitglied der SDP/SPD und des Neuen Forum im Kreis Bel-zig. In der Wendezeit und bis zum Jahre 1993 arbeitete Baaske nebenberuflich als Manager der Band „Keimzeit“.

Von 1990 bis 2002 war er Dezernent und Beigeordneter im Landkreis Belzig bzw. nach der Kreisreform im Landkreis Potsdam-Mit-telmark. Im Jahre 2002 wurde Baaske im ersten Kabinett Platzeck zum Minister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen be-rufen. Nach der Landtagswahl 2004 gab er das Ministeramt auf, um für die neue Legis-laturperiode die SPD-Fraktion im Landtag zu führen.

Nach der Wahl 2009 wurde Baaske – als Mi-nister für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie – erneut ins Kabinett berufen und gewählt.

In weiteren Ämtern ist Baaske Mitglied des Kreistages von Potsdam-Mittelmark, Präsident des 1. FFC Turbine Potsdam und Mitglied des Kuratoriums der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V.

i infos

Unternehmen stärker in die Pflicht genommen werden, Arbeitsverhältnisse familienfreund-licher zu gestalten und Kinder nicht zur Karrierefalle werden zu lassen. Das Ehren-amt kann nicht das Allheilmittel für alle Probleme sein. Denn auch hier ist das ver-fügbare zeitliche und personelle Budget im Land Brandenburg begrenzt.

Baaske:

Seit Mai 2011 gibt es in Brandenburg eine Sozial-partnervereinbarung zwischen den Unternehmer-verbänden, den Gewerkschaften und meinem Ministerium. Es gibt bereits viele Beispiele, wie Themen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Tarifverträgen aufgegriffen werden. Diesbezüg-lich würden wir uns natürDiesbezüg-lich freuen, wenn wir die Tarifbindung der Arbeiter und Angestellten im Land erhöhen könnten.

Ich stimme zu, dass das Potential in Bezug auf das Ehrenamt begrenzt ist. Aber viele Bei-spiele zeigen mir, dass es noch längst nicht

aus-geschöpft ist. n

Die Veranstaltung dokumentierte Falk Schäfer www.ewe.de

www.masf.brandenburg.de

Der Ministerpräsident Mecklenburg-Vor-pommerns, Erwin Sellering, begrüßte die Gäste der Veranstaltung. Er widmete sich eingangs dem besonderen Ort, an dem die Botschafter der Wärme 2013 ausgezeichnet werden. Der Goldene Saal des Neustädtischen Palais sei ein Schweriner Kleinod, dem in der Nachwende-zeit sukzessive und Dank des Engagements der Schweriner Bürger zu altem Glanz verholfen worden sei. Er selbst habe im benachbarten Justizministerium seinerzeit noch als Minister

tagtäglich den Fortgang der Arbeiten begut-achten können. Viele Schweriner seien dem Saal noch immer lebhaft verbunden, weil sie hier ihre Jugendweihe oder Hochzeit gefeiert hätten oder auch nur zum Tanz aus gewesen seien. Ministerpräsident Sellering ist erfreut, dass Schwerin das angemessene Ambiente für eine Veranstaltung stelle, deren Zweck nicht hoch genug geschätzt werden könne. Schließ-lich sei das Ehrenamt eine der tragenden Säulen des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

Einmal pro Jahr werden in einer feierlichen Amtsübergabe sechs Botschafter der Wärme prämiert, die vehement für das Ehrenamt ein-treten. Neben der persönlichen Würdigung und der symbolischen Übergabe der Ernennungs-urkunden sowie Botschafternadeln unterstützt die VNG – Verbundnetz Gas AG (VNG) aus Leipzig die Botschafter finanziell. Minister-präsident Sellering zeigt sich überzeugt von diesem Konzept. Er dankt der VNG, die diese gute Idee seit dem Jahre 2001 kontinuierlich VNG – VERBUNDNETZ GAS AG FöRDERT EHRENAMTLICHE PROJEKTE IN ALLEN TEILEN OSTDEUTSCHLANDS

Menschen helfen, die anderen helfen

Ernennung der Verbundnetz-Botschafter der Wärme

D

as Verbundnetz der Wärme wurde im Jahre 2001 ins Leben gerufen. Hintergrund war die Idee, öffentliche Aufmerksamkeit für das Ehrenamt zu wecken. Erste Schirmherrin war mit Regine Hildebrandt die wohl beliebteste Politikerin der neuen Bundesländer. Sie teilte die Philosophie, jährlich Botschafter der Wärme aus allen Teilen Ostdeutschlands zu ernennen und deren Projekte gezielt zu unterstützen. Auf diese Weise werden Impulse gesetzt für ehrenamtliche Betätigungen, auf die eine Gesellschaft gerade in wechselvollen Zeiten wirtschaftlicher Umbrüche und demografischer Wandlungsprozesse angewiesen ist.

Darüber hinaus wird über diese Strategie einer indirekten Förderung die Entfaltung einer Zivilgesellschaft begünstigt, in der sich der eine um den anderen kümmert und in der die Bürger vor Ort am besten wissen, an welchen Stellen Hilfe am dringendsten benötigt wird. Am 26. März 2013 wurden nun schon zum zwölften Male die Botschafter der Wärme ausgezeichnet. Lesen Sie im Folgenden eine Zusammenfassung der Ernennungsveranstaltung im Goldenen Saal des Neustädtischen Palais zu Schwerin.

Das Verbundnetz der Wärme lud 2013 in den Goldenen Saal des Neustädtisches Palais zu Schwerin

Ehrenamt

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und konsequent umsetzt. „Das Ehrenamt braucht Anerkennung und Unterstützung.

Und Menschen allgemein brauchen positive Vorbilder, denen sie nacheifern können. Hier ist in erster Linie der Staat gefragt, doch auch die private Wirtschaft leistet ihren Anteil.

Das Verbundnetz der Wärme unterstützt die-jenigen, die für andere da sind“, so Sellering.

Neben der Förderung sinnstiftender Projekte könne auf diese Weise offensiv dafür geworben werden, dass sich gesellschaftliches Engagement in vielerlei Hinsicht auszahlt. Damit werde auf die vielen hunderttausend Menschen in

Deutschland aufmerksam gemacht, die sich für andere einsetzen und ohne die Vieles in unserer Gesellschaft nicht mehr gelingen würde. Allein in Mecklenburg-Vorpommern mit seinen 1,7 Millionen Einwohnern seien annähernd 500.000 Menschen ehrenamtlich tätig. „Es heißt zu Recht: Gemeinsam sind wir stark. Doch es sind oft Einzelne, die den Anstoß für sinnvolle Projekte geben. Einzelne, die zum Mitmachen begeistern und so den gesellschaft-lichen Zusammenhalt stärken. Einzelne, die sich in einer zunehmend materialisierten Welt für etwas einsetzen, ohne nach einer Ent-lohnung zu fragen.“

Im Anschluss an die Rede des Minister-präsidenten tritt mit Dr. Karsten Heuchert, Vorstandsvorsitzender der VNG, der Initiator der Veranstaltung auf die Bühne. Es sei nun-mehr die dritte Botschafterernennung, die er als VNG-Vorstandschef Chef begleite. Dabei hätte er die besondere Atmosphäre der vielen ehren-amtlichen Helfer stets genossen. Dr. Heuchert zitiert eine Studie, nach der diejenigen, die sich dem Ehrenamt widmen, gesünder seien und älter würden als der Durchschnitt der Gesellschaft. Offenbar würden sich Empathie für die Mitmenschen und die Dankbarkeit von anderen positiv auf die körperliche und seelische Verfassung auswirken. Die Botschafter der Wärme verkörperten mit Solidarität, Nächstenliebe, Respekt und Menschlichkeit jene Werte, die für den Zusammenhalt einer Gesellschaft so dringend nötig seien. „Die ehrenamtlichen Helfer überall im Lande stärken nicht nur die Gemeinschaft, sondern lenken den Blick der Öffentlichkeit auch dorthin, wo nicht alles glänzt und prosperiert.“ Auch für den Vorstandschef selbst sei das Verbundnetz

der Wärme stets eine Erfahrung, bei der in Erinnerung gerufen werde, dass das Leben nicht nur aus „Zahlenkolonnen“ besteht. „Ich bin von diesem Format überzeugt“, bekennt sich Dr. Heuchert zum Verbundnetz der Wärme.

Eine schwere Wahl

Dr. Heuchert ist optimistisch, dass das Ehren-amt noch immer einen stetigen Zuwachs an jungen Menschen genießt. Dieser Umstand sei ihm nicht zuletzt bei der Auswahl der diesjährigen Botschafter der Wärme bewusst geworden. „Ich bin froh über diesen frischen Wind. Schließlich werden mit dem Verbund-netz der Wärme auch viele junge Menschen an das Ehrenamt herangeführt, die sich daran erfreuen, für andere Menschen nützlich sein zu können.“ In diesem Jahr habe man sich besonders schwer getan mit der Ernennung der Botschafter. Es sei auch deshalb so intensiv debattiert worden, weil eine große Auswahl an sinnvollen und hilfreichen ehrenamtlichen Projekten zur Auswahl

gestanden habe. Nach einer filmischen Rück-schau auf das Jahr 2012 und auf die Aktivitäten des Verbundnetz der Wärme erreicht der Abend seinen eigent-lichen Höhepunkt.

Eingeleitet wird die Ernennung der Botschafter durch Gerhard Lindemann.

Der ehrenamtliche Seniorentrainer aus Schwerin trug in den vergangenen zwölf Monaten den Titel eines Botschafters der Wärme. Rückblickend auf diese Zeit schildert er, dass sich im All-tag nicht allzu viele Änderungen ergeben hätten. Allerdings habe die finanzielle Förderung über den Botschafterstatus dazu beigetragen, dass viele kleinere Projekte auf den Weg gebracht wurden, die sonst nicht hätten realisiert werden können. Der ehemalige Botschafter leitete damit über auf diejenigen, denen im

Jahr 2013 diese Ehre zuteilwerden soll. Aus insgesamt 120 Bewerbungen wird für jedes der sechs ostdeutschen Bundesländer ein Botschafter der Wärme ernannt. Minister-präsident Erwin Sellering und VNG-Chef Dr.

Karsten Heuchert übergeben die Ernennungs-urkunden und Botschafternadeln sowie einen Scheck in Höhe von je 5.000 Euro, mit dem die VNG – Stiftung konkrete Projekte der neuen Botschafter gezielt fördern wird.

Das Verbundnetz der Wärme unterstützt diejenigen, die für

andere da sind.

„ ______________________

Erwin Sellering

Die Botschafter der Wärme verkörpern mit Solidarität, Nächstenliebe, Respekt und Menschlichkeit jene Werte, die

für den Zusammenhalt einer Gesellschaft so dringend nötig

sind.

„ ______________________

Dr. Karsten Heuchert

Moderatorin Ulrike Finck, Ulrike Eistert, Ministerpräsident Sellering, VNG-Vorstandschef Dr. Heuchert und Gerhard Lindemann (v.l.n.r.)

Daniel Seltmann mit Ministerpräsident Sellering, VNG-Vorstandschef Dr. Heuchert und Gerhard Lindemann (v.l.n.r.)

Ehrenamt

Jeder hat seine ganz eigenen Talente

Ulrike Eistert ist Mitglied des Vorstandes der Bürgerstiftung Zwischenraum Jena-Saale-Holz-land. Die Stiftung vermittelt seit zehn Jahren ehren-amtliches Engagement dorthin, wo es gebraucht wird. Aktuell sucht die pensionierte Lehrerin nach Möglichkeiten, in Zusammenarbeit mit Vereinen Ideen für frühkindliche Bildung und Talentförderung in die Tat umzusetzen. Etwa als Organisatorin der Vorlesepatenschaften in Kitas oder auch als Hospiz-Betreuerin ist Eistert wöchent-lich mehr als 20 Stunden im Einsatz für das Ehren-amt. Sie sei stets bestrebt, andere Menschen für das Ehrenamt zu begeistern. „Ich bin zwar auch schon 74 Jahre alt, habe aber noch viel Kraft für zukünftige Aufgaben“, sagt Eistert. Diese Energie schöpfe sie vor allem aus der christlichen Meditation, für die sie auch eigene Kurse anbietet. Dies hätte ihr geholfen, sich mit den negativen Erfahrungen aus der eigenen Lebensgeschichte zu versöhnen. Das mit der Ehrung verbundene Geld möchte Eistert für ihre so genannten Schatzheber ausgeben. Sie hätte gelernt, dass nicht alle Kinder mit den gleichen Voraussetzungen geboren würden aber doch jedes ganz spezifische Talente hätte, die es zu fördern gelte.

Die kleinen Feuerwehrleute Daniel Seltmann ist Leiter einer Jugendgruppe bei der Freiwilligen Feuerwehr im vogtländischen Oels-nitz. Dort werden Mädchen und Jungen zwischen acht und 16 Jahren auf spielerische Weise auf die Aufgaben einer Feuerwehr vorbereitet. Zur Gruppe zählen aktuell 21 junge Menschen. Die Kinder und Jugendlichen lernen nicht nur alles Notwendige zum Löschen von Bränden sondern auch technische und medizinische Hilfeleistungen in Theorie und Praxis. Zudem werden in der Gemeinschaft Kameradschaft, Solidarität und Hilfsbereitschaft gefördert. Die Arbeit in der Freiwilligen Feuerwehr

sei für Seltmann wie ein zweiter Job, den er quasi vererbt bekommen hätte. Auch der Vater war bei der Freiwilligen Feuerwehr und er selbst hätte dort schon in der Jugend angefangen.

Seit knapp 15 Jahren ist Seltmann im Regional-bereich Stollberg des Erzgebirgskreises unter anderem zuständig für Wettbewerbe unter den Jugendfeuer-wehren der Region, aber auch international.

Die enge Zusammen-arbeit zwischen den Jugendfeuerwehren liegt ihm am Herzen.

Gerne würde er auch eine Kinder-Feuerwehr initiieren, an der sich Kinder unter acht Jahren beteiligen könnten.

Die richtigen Antworten geben  

Sven Weise ist haupt-amtlich Geschäftsführer der sachsen-anhaltischen

Krebsgesellschaft e.V. Im Ehrenamt engagiert sich der 40jährige in seiner Heimatstadt Halle/Saale als Vorstandsmitglied der Stiftung Marthahaus, als Vorsitzender der LIGA der freien Wohlfahrts-pflege und als Leiter des Arbeitskreises Armut. Sven Weise findet bürgerschaftliches Engagement enorm wichtig und anerkennenswert und setzt sich des-halb für die Förderung des freiwilligen Engagements ein. Seit über zehn Jahren ist Sven Weise in der Freiwilligenagentur Halle-Saalkreis aktiv.

Die Einrichtung, die eine Beratungsplattform im Herzen der Saale-stadt unterhält, berät potenzielle Freiwillige vom Kind bis zum Senioren, vermittelt sie an die richtigen Organisationen und begleitet sie in ihrem Engagement. Weise weiß aus eigener Erfahrung, dass zum Ehrenamt motivierte Menschen oft durch eine schlechte

Organisation abgeschreckt würden. „Wir wollen die richtigen Antworten auf die richtigen Fragen geben“, umreißt Weise die Ziele der Agentur. Was 1999 als kleine studentische Aktion begann, hat sich unter seiner Führung zur größten Freiwilligen-agentur Deutschlands entwickelt. Pro Jahr werden etwa 300 Freiwillige in ein Ehrenamt vermittelt.

Besonders stolz ist er auf ein Netzwerk von 190 lokalen Unternehmen und Organisationen, mit denen die Agentur zusammenarbeitet. Das Ehren-amt ist für den gelernten Wirtschaftsingenieur ein Fulltime-Job, für den er auch nach Feierabend Projekte berät. Im Interview erzählt Weise, dass er sich zur Wendezeit in der DDR zum ersten Mal gesellschaftlich engagiert hätte. Daraus sei bis heute ein kontinuierliches Bestreben erwachsen, sich für Menschen in der Nachbarschaft einzusetzen.

Die integrativen Wirkungen des Sports

Kay Havenstein brachte es als aktiver Boxer bis zum Deutschen Meistertitel. Heute ist er noch immer ehrenamtlich als Übungsleiter im Cottbuser Box-verein 2010 e. V. aktiv. Zweimal wöchentlich bietet er in der Boxhalle des Cottbusser Sportzentrums

Sven Weise, Ministerpräsident Sellering und VNG-Vorstandschef Dr. Heuchert (v.l.n.r.)

Kay Havenstein, Ministerpräsident Sellering und VNG-Vorstandschef Dr. Heuchert (v.l.n.r.)

Florence Sara Klement, Ministerpräsident Sellering und VNG-Vorstandschef Dr.

Heuchert (v.l.n.r.)

Ehrenamt

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FORUM NEUE LÄNDER

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Das Verbundnetz der Wärme hat sich in den vergange-nen zwölf Jahren fest etabliert. Über diese Plattform des Ehrenamts und des gesellschaftlichen Engagements wird das Ehrenamt aktiv unterstützt. Denn wo wäre eine Unter-stützung besser aufgehoben, als bei jenen, die jahrelang unter Beweis gestellt haben, dass sie sich für ihre

Mitmen-schen einsetzen und Gutes bewirken? Falk Schäfer

Breitensport für 15- bis 50Jährige an. „Nachdem ich meine Boxkarriere beendet hatte, wollte ich mich weiterhin sportlich engagieren. Ganz ohne Sport könnte ich nicht leben.“ Neben seiner Tätig-keit als Boxtrainer widmet er sich der Organisation breitensportlicher Aktivitäten. Er ist Teamleiter für Schulsozialarbeit beim Stadtsportbund Cottbus und engagiert sich im Vorstand der brandenburgischen Sportjugend. Mit immer neuen Ideen fördert er Veranstaltungen im Breitensport und entwickelt diese nachhaltig weiter. In den vergangenen Jahren organisierte Havenstein ein integratives Weih-nachts-Fußballturnier, bei dem verschiedene Cottbuser Vereine zusammengeführt und junge Menschen mit Migrationshintergrund in sport-liche Gemeinschaften eingebunden werden sollen.

„Integration ist ein wichtiges Thema. Beim Sport werden Sprachbarrieren überwunden und mögliche Berührungsängste abgebaut.“ Gemeinsam mit dem Stadtsportbund Cottbus e. V. und der Cottbuser Sportjugend versucht Havenstein immer wieder, mit anderen Vereinen, Menschen und Kulturen in Kontakt zu kommen. Sein Ziel ist es, nicht nur die Cottbuser Sportlandschaft, sondern auch das soziale Leben in der Region zu bereichern. In seiner hauptamtlichen Funktion als Sport-Sozialarbeiter ist Havenstein verantwortlich für „herausfordernde Sportangebote“ wie Selbstverteidigung, Team-bildung oder Antiaggressionstraining, speziell für Schulen. „Mit diesen Angeboten möchten wir die Freude am Sport vermitteln und Wege aufzeigen, wie sich angestaute Energien und Aggressionen durch bewusste Steuerung und die Einhaltung von Regeln kanalisieren lassen.“

Bewusst essen und darüber reden Florence Sara Klement ist Studentin in Berlin.

Essen bedeutet für die 21jährige weit mehr als reine Nahrungsaufnahme. Wo zunehmende Alltags-hektik das Essen oft zum nebensächlichen Pflicht-programm verkommen lässt, Werbeversprechen auf ein gesünderes Leben, Kalorientabellen und gegen-sätzliche Ernährungsratgeber viele Menschen ver-wirren und blind machen für die Bedürfnisse des eigenen Körpers will Klement wieder mehr Klarheit in das Ernährungschaos bringen. Sie rief den Ver-ein Kulina e.V. ins Leben, der es sich Ziel gemacht

hat, junge Menschen mit schlechter Aus-gangssituation wieder mehr auf den eigenen Körper hören und so eine eigene Definition von „ausgewogenem Essen“ zurückerobern zu lassen. Kulina e.V.

klärt in Workshops, Exkursionen und Kampagnen zunächst theoretisch und praktisch über bewusste Ernährung auf. Dabei richtet sich der Verein unter anderem direkt

an Schulen. Der Verein bietet auch reguläre Koch-kurse an, bei denen junge Menschen lernen können, wie man mit einem begrenzten Zeit- und Finanz-budget leckere und vollwertige Gerichte kocht und dabei auch noch Rücksicht auf die Umwelt nimmt.

Dabei wird bewusst auf vorgegebene Rezepte ver-zichtet, damit die Teilnehmer lernen, mit den vor-handenen Zutaten kreativ umzugehen. Ihr macht es Freude, sich ehrenamtlich zu engagieren und dabei anderen etwas zu geben. Damit jeder an den Kochkursen teilnehmen kann, folgt der Verein der Prämisse „you pay what you can pay“. Kulina e.V.

setzt auf Vernetzung, wobei Schulen genauso zu den Kooperationspartnern gehören wie Bio-Produkt-vertriebe und gastronomische Einrichtungen. Im Interview weist Klement auf ein aktuelles Projekt interkultureller Kochkurse hin. Dabei solle über das Essen der Austausch zwischen verschiedenen Prägungen, Kulturen und Ansichten ermöglicht werden.

Singen verbindet

Ursula Rutsch bringt Menschen zum Singen.

Sie ist ehrenamtliche Vorsitzende des Neu-brandenburger Volkschores e.V. Dem Chor beigetreten ist sie schon im Jahre 1999. Heute hält die mittlerweile 69jährige die Fäden des Vereins in der Hand – sie ist verantwortlich für die gesamte Organisation und Öffentlichkeits-arbeit sowie für die Kommunikation zwischen

den 58 aktiven Sängern und 25 Ehrenamts-mitgliedern. Dabei liegen ihr nicht nur die Freude am gemeinsamen Singen am Herzen, sondern auch das sozial geprägte Engagement des gesamten Vereins. Pro Jahr werden bis zu 22 Auftritte organisiert, die sich stets großer Beliebt-heit erfreuen. Die Eintrittspreise werden bewusst auf konstant niedrigem Niveau gehalten. Seit sechs Jahren stellt der Neubrandenburger Volks-chor e. V. zehn sozialen Vereinen, 100 Freikarten zum traditionellen Weihnachtskonzert zur Ver-fügung. Erklärtes Ziel ist es, auch Einwohnern mit geringerem Einkommen die Möglichkeit zu bieten, sich an der Musik zu erfreuen. Ursula Rutsch setzt sich insbesondere für die Präsenz des Vereins in der Öffentlichkeit ein. Als aktive Botschafterin Neubrandenburgs agiert sie in enger Zusammenarbeit mit der Stadt aber auch überregional. Der Chor nimmt regelmäßig am Frühlings- und Weihnachtssingen der Neu-brandenburger Chöre teil und begleitet auch andere kulturelle Höhepunkte in der Vier-Tore-Stadt. Bei Konzertreisen in- und außerhalb der Bundesrepublik knüpft Rutsch immer wieder neue Kontakte. So gastierte der Volkschor bereits in Merseburg, Erfurt, dem Schwarzwald, in Polen und Italien.

Die aktive Rentnerin handelt nach dem Leitspruch ihres Urgroßvaters: „Ein bisschen Güte von Mensch zu Mensch ist mehr wert als alle Liebe zur Menschheit.“ Sie nutzt jede sich bietende Möglichkeit, ihr Engagement mit anderen zu teilen. Im vergangenen Jahr gestaltete sie zusammen mit dem Volkschor ein Benefizkonzert für die Initiative „Überlebende von Ravensbrück.“ In Zusammenarbeit mit Fred Freese, ebenfalls Mitglied des Verbundnetz der Wärme, plant sie derzeit einen Auftritt beim Sommerfest einer ADHS-Selbsthilfegruppe. n

www.vng.de

Ursula Rutsch, Ministerpräsident Sellering und VNG-Vorstandschef Dr. Heuchert (v.l.n.r.)

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