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3. Ergebnisse

3.6 Vergleich

3.6.3 Vergleich der Forschungssituation

Zum Zeitpunkt der aktuellen Datenerhebung wurden an 77% (n=20; N=26) der Kliniken insgesamt 84 Forschungsvorhaben im Bereich der Abdomensonographie durchgeführt. Dies entspricht einem Durchschnitt von 3,2 Forschungsprojekten pro Abteilung. Eingerechnet sind die 23% (n=6; N=26) der Kliniken, welche keine Forschungsvorhaben bearbeiten. Im Vergleich zu 1999 (80%, n=28) wird an weniger Abteilungen geforscht, wohingegen der Anteil forschender Kliniken zwischen 2009 und 2019 von 74% auf 77% zugenommen hat. Der Anteil an Projekten pro Abteilung ist hingegen gefallen. Wurden 1999 noch 3,5 Projekte pro Abteilung bearbeitet, betrug dieser Wert 2009 3,6 und liegt bei aktuell 3,2 Projekten pro Abteilung. Aktuell wird an 35% (2009: 29%) der Kliniken an mehr als 3 Projekten geforscht. Diese 35% der Kliniken bearbeiten insgesamt 59 der 84 Projekte, also 70% aller Projekte. Diejenigen Kliniken, welche 2009 an mehr als 3 Projekten forschten, bearbeiteten einen Anteil von 81% aller Projekte.

0%

55

Tabelle 24: Abdomensonographische Forschungsaktivität an den deutschen Universitätskliniken 1999, 2009 und 2019.

Nach [87].

1999 2009 2019

Anteil forschender Kliniken 80% (n=28; N=35) 74% (n=23; N=31) 77% (n=20; N=26)

Gesamtzahl an Projekten 124 113 84

Projekte/ Abteilung 3,5 3,6 3,2

Publikationsverhalten

Bei den Abteilungen, welche zwischen 2014 und 2018 Forschungsprojekte im Bereich der Abdomensonographie publizierten, stieg die durchschnittliche jährliche Publikationszahl kontinuierlich an. Pro Jahr und Abteilung wurden durchschnittlich zwischen 4,4 (2014) und 7,5 (2018) Publikationen veröffentlicht. Einschließlich der Abteilungen, welche keine Publikationen veröffentlichten oder diesbezüglich keine Angaben machten, beträgt die Range zwischen 1,9 (2014) und 3,5 (2018).

Um einen Vergleich zu ermöglichen, werden im Folgenden ausschließlich diejenigen Abteilungen verglichen, welche konsistent sowohl im Erhebungszeitraum 1999 als auch 2009 und 2019 Publikationen veröffentlichten. Dies ist bei 13 Abteilungen der Fall. War die Publikationszahl zwischen 1997 und 2008 noch tendenziell rückläufig, stieg diese zwischen ihrem Tiefpunkt 2007 und ihrem Hochpunkt 2018 um 233% an.

Abbildung 18: Gesamtzahl jährlicher Publikationen im Bereich der Abdomensonographie von 1999 bis 1998, 2005 bis 2009 und 2014 bis 2018 von 13 Auskunft gebenden Kliniken. Nach [87].

An 7 der 13 Kliniken gibt es ein interdisziplinäres Ultraschallzentrum oder ein solches ist in Planung. Diese 7 Kliniken veröffentlichten zwischen 2014 und 2018 75% (268 von 359) aller Publikationen.

34 36

1997 1998 2005 2006 2007 2008 2009 2014 2015 2016 2017 2018

Gesamtzahl der Publikationen

Ergebnisse

56 Fragestellung und Sprache der Publikationen

Im aktuellen Erhebungszeitraum wurden zu insgesamt 315 Publikationen die Fragestellung angegeben.

Der Anteil klinischer Fragestellungen ist eher stabil verblieben, da 1999 Fragestellungen zum Einsatz von Ultraschallkontrastmitteln noch mit in diesem Anteil inkludiert waren. Dies kann die Differenz zwischen 1999 und 2009/2019 erklären. 2019 behandelten zudem 22% der Publikationen elastographische Fragestellungen, welche teilweise auch den klinischen Fragestellungen zuzurechnen sind.

Rückläufig ist der Anteil an Publikationen, welche den Einsatz von Ultraschallkontrastmitteln zum Thema haben. Die Publikationen mit technischen- und grundlagenbezogenen Fragestellungen verbleiben auf niedrigem Niveau. Hier ist die prozentuale Abnahme von 9% (1999) auf 4% (2009) ebenfalls dadurch zu erklären, dass 1999 Fragestellungen zur Kontrastmittelsonographie zugezählt wurden. Der Anteil an Publikationen in Form von Übersichtsarbeiten rückläufig.

Abbildung 19: Fragestellung der Publikationen zu abdomensonographischen Themen von 1999-1999, 2005-2009 und 2014-2019. Nach [87].

In den Fragebögen von 1999 und 2009 wurde jeweils erfragt, wie viele Publikationen in englischer oder deutscher Sprache veröffentlicht wurden. Im aktuellen Fragebogen wurden diese Fragen präzisiert im Sinne von ausschließlich in deutscher bzw. ausschließlich in englischsprachiger sowie deutsch- und englischsprachiger Publikationen.

73%

Den klinischen oder technischen Fragestellungen zugeordnet

9%

1997-1999 (n=132) 2005-2009 (n=246) 2014-2019 (n=315)

57

1999 wurden noch 43% der Publikationen in deutscher Sprache publiziert, 2009 sank dieser Wert bereits auf 22% und liegt im aktuellen Erhebungszeitraum bei 3,2%. In englischer Sprache wurden 1999 57% der Publikationen veröffentlicht, 2009 bereits 78%. Ausschließlich in englischer Sprache wurden in der aktuellen Erhebung 37% der Publikationen veröffentlicht. Der größte Teil (60%) der aktuellen Veröffentlichungen wurde in deutscher sowie englischer Sprache publiziert.

Forschungsförderung

1999 gaben 26% und 2009 32% der Kliniken an, Fördermittel zusätzlich zum Abteilungsetat zu erhalten. Aktuell geben dies 25% der Kliniken an.

1999 gaben noch 31% der Kliniken an, von Ultraschallgeräteherstellern unterstützt zu werden. 2009 betrug dieser Wert 45%. Aktuell geben nur noch 11% der Kliniken eine solche Förderung an.

1999 wurden 60%, 2009 48% der Kliniken weder finanziell noch durch die Überlassung von Hard- und Software gefördert. Aktuell geben dies 75% der Abteilungen an.

Abbildung 20: Quelle der Fördermittel für abdomensonographische Forschungsprojekte. Mehrfachnennungen möglich. (DFG:

Deutsche Forschungsgemeinschaft; EU: Europäische Union). Nach [87].

14%

21%

14%

11%

75%

23%

10%

6%

45%

48%

20%

6%

6%

31%

60%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%

Anderer Bereich Öffentliche Gelder (z.B. DFG, EU) Forschungsförderung der eigenen Universität Unterstützung durch Ultraschallgerätehersteller Keine Fördermittel zusätzlich zum Abteilungsetat

Anteil geförderter Abteilungen

Quelle der Fördermittel

1999 (n=35) 2009 (n=31) 2019 (n=28)

Diskussion

58

4. Diskussion

*

4.1 Methodendiskussion

Analog zu 2009 haben sich 2019 nicht alle Kliniken an der Umfrage beteiligt. 6 Kliniken, die 2009 noch an der Studie teilgenommen hatten, taten dies 2019 nicht mehr. Wiederum liegen von 3 Kliniken aktuelle Fragebögen vor, die 2009 nicht teilgenommen hatten. Bei der 34 Kliniken umfassenden Stichprobe sind dadurch statistische Verzerrungen entstanden. Eine Ursache der geringeren

Teilnehmerzahl ist sicherlich der Umfang des Fragebogens, der retrospektiv mit 18 Seiten als zu lang zu bewerten ist. Eingedenk der höheren Arbeitsbelastung in Form gestiegener Untersuchungszahlen und der wiederholten Kritik der Leiter, dass für Forschung weder genügend Zeit noch Personal zur Verfügung stünde, hätte der Fragebogen auf Kernfragen beschränkt werden müssen. Als inhaltliche Studienlimitation ist die Begrenztheit der untersuchten Aspekte zu nennen, was dem Studienziel geschuldet ist, einen Überblick über die komplexen

Themengebiete Ausbildung, Weiterbildung und Forschung zu leisten.

4.2 Organisation und Stellenwert der Abdomensonographie

Verantwortliche Abteilungen

Erneut lässt sich feststellen: Die gastroenterologischen Abteilungen bilden das Fundament der abdominellen Ultraschalldiagnostik. An allen Kliniken ist dieses Fachgebiet in Allein- oder Mitverantwortung. Dies ist zu begrüßen, denn als Trägerin der Expertise ihres Fachgebietes steht der Gastroenterologie mit dem Ultraschall ein Instrument zur Verfügung, welches den gesamten diagnostischen Prozess auf den behandelnden Arzt vereinigen kann [88].

Die radiologischen Abteilungen sind in 43% der Kliniken eingebunden. In 5 Fällen in Kooperation mit der Gastroenterologie und in 7 Fällen als Teil eines interdisziplinären Ultraschallzentrums. 1999 waren an 58% der Kliniken eine radiologische Abteilung eingebunden, 2009 nur noch an 29%. Gemessen an diesen Zahlen ist die aktuelle Rolle der radiologischen Abteilungen zwischen den Ergebnissen von 1999 (-15%) und 2009 (+14%) zu verorten. Delorme und Weber konstatieren, dass dem „Radiologen wie keinem seiner Kollegen die Kenntnis sämtlicher konkurrierende bildgebender Verfahren“ zur Verfügung stehe [86]. Die Arbeitsgemeinschaft Ultraschall der deutschen Röntgengesellschaft (DRG) kritisiert, dass trotz der wachsenden Bedeutung der Sonographie deren Stellenwert in der Facharztausbildung und der klinischen Arbeit der Radiologen abnehme [37].

Dem ist entgegenzusetzen, dass sich der negative Trend von 1999 zu 2009 bis 2019 umgekehrt hat [88].

* Abschnitte des Kapitels „Diskussion“ wurden erstveröffentlicht in [87, 88].

59

Die Sonographie ist ein diagnostisches Bindeglied verschiedener Fachrichtungen.

Daher ist es von Bedeutung, die Methode in einem interdisziplinären Rahmen stattfinden zu lassen. Es ist somit zu begrüßen, dass inzwischen an 43% der Kliniken ein interdisziplinäres Ultraschallzentrum existiert (n=8) oder geplant ist (n=4). Auch für die Weiterentwicklung und Etablierung moderner Untersuchungsmethoden wie der Fusionsbildgebung ist dies zu befürworten [48].

Berechtigterweise bezeichnen Weber und Delorme die Ultraschallmethode als

„Vorreiter für die Ausbildung interdisziplinärer Versorgungsstrukturen“ [86]. Neben der Zusammenführung von Expertise bieten interdisziplinäre Ultraschallzentren weitere Vorteile: eine optimierte Geräteauslastung, ein Rahmen zur Koordination qualitätssichernder Maßnahmen und der Ausbau fachübergreifender Kommunikationsstrukturen [87, 88].

Technische Ausstattung

Eine zentrale Feststellung der 2009 durchgeführten Studie war die qualitative Verbesserung der Gerätesituation bei nahezu konstanter Anzahl an Systemen pro Abteilung. Die aktuelle Studie belegt nun die ergänzende quantitative Verbesserung (2009: +1,2 Geräte/Abteilung; 1999: +1,1 Geräte/Abteilung). Bei eingeschränkter Vergleichbarkeit kann jedoch von einer rückläufigen Qualität der Systeme gesprochen werden [88].

Ein Rückgang der Investitionsbereitschaft in moderne Systeme ist ebenfalls erkennbar und spiegelt sich im vielfach geäußerten Wunsch nach einer Verbesserung der Gerätesituation wider. Die Güte der sonographischen Bildgebung hängt neben der Anwendererfahrung maßgeblich von der Qualität der genutzten Systeme ab. Folglich muss sich die Investitionsbereitschaft in High-End-Geräte proportional zur Weiterentwicklung der Methode verhalten [7]. Nur so können die eingangs beschriebenen Vorteile der Sonographie im klinischen Alltag genutzt und deren Stellenwert weiter ausgebaut werden [21]. In Anbetracht der massiv gestiegenen Untersuchungszahlen, der Ausbildung einer höheren Anzahl an Ärztinnen und Ärzten in einer kürzeren Zeitspanne und der gestiegenen Zahl an komplexen Untersuchungen ist die aktuelle Entwicklung der Gerätesituation als nicht ausreichend zu bewerten. Hinsichtlich der Digitalisierung ist ferner zu kritisieren, dass der Anteil an Abteilungen, welche digital gespeichertes Bild- und Videomaterial der ganzen Klinik zur Verfügung stellen können, unverändert bei 70%

(2009: 68%) liegt [88].

Untersuchungszahlen

Ein substanzieller Unterschied zu den Voruntersuchungen sind die festgestellten Untersuchungszahlen. Schon in den Vorgängerstudien wurde kritisiert, dass der klinische Alltag wenig Raum für Forschung und Ausbildung junger Ärzte ließe. Diese Kritik wird in der aktuellen Studie wiederholt und findet in den erhobenen Untersuchungszahlen ihre objektivierbare Entsprechung. Blieben die Untersuchungszahlen zwischen 1999 und 2009 weitgehend konstant, ist in der vergangenen Dekade ein Zuwachs von maximal 28% zu verzeichnen. In Bezug auf das erste (1995) und letzte (2018)

Diskussion

60

Jahr der Datenerhebung konnte ein Anstieg von 47% festgestellt werden. Die Zahl kontrastmittelgestützter Ultraschalluntersuchungen entwickelt sich ähnlich. Im Zeitraum 2009 bis 2018 ist eine prozentuale Zunahme um 33% zu verzeichnen. Da die gängigen Ausbildungsrichtlinien im Bereich der Ultraschalldiagnostik ausschließlich auf abzuleistenden Untersuchungszahlen basieren und weiterführende Qualitätskriterien nicht formuliert sind, erscheint die gegenläufige Entwicklung von steigenden Untersuchungszahlen und kürzeren Ausbildungszeiten bei einer gestiegenen Anzahl jährlich ausgebildeter Ärztinnen und Ärzten als stimmig [11, 15]. In diesem Rahmen sei auf die Richtlinien und Empfehlungen der Föderation Europäischer Ultraschallgesellschaften (EFSUMB) hingewiesen, darunter die „Minimum Training Recommendations“ der Ultraschalldiagnostik [41].

Die EFSUMB unterscheidet drei Kompetenzstufen, welche hinsichtlich eines Zeitraumes aktiver Ultraschalldiagnostik und abzuleistender Untersuchungszahlen mit denjenigen der DEGUM vergleichbar sind. Stufenspezifisch werden indes weiterführende Kompetenzen wie zu erkennende Pathologien und organbezogene Untersuchungstechniken definiert. Im Gegensatz zu einem Ausbildungsmodell, welches ausschließlich auf abzuleistenden Untersuchungszahlen basiert, fiele ein hoher Patientenumsatz bei einem inhaltszentrierten Modell weniger ins Gewicht.

Hingegen würden zeit- und betreuungsintensive Ausbildungsinhalte wie die Durchführung einer kontrastmittelgestützen Ultraschalluntersuchung an Bedeutung gewinnen. Eine dahingehende Anpassung der (Muster-)Weiterbildungsordnung wäre wünschenswert [88].

Ultraschallkurse

2009 wurde positiv hervorgehoben, dass sich der Anteil an Kliniken, die selbst Ultraschallkurse anbieten, von 22% (1999) auf 43% erhöht hatte. 58% (1999: 23%) der Kliniken ermöglichten zudem die Teilnahme an externen Kursen. Inzwischen bieten 46% der Kliniken Ultraschallkurse an und 65% ermöglichen die Teilnahme an externen Kursen. Daraus ist jedoch auch abzuleiten, dass der klinische Alltag weniger Raum für die Ausbildung lässt. Stattdessen obliegt es den Weiterbildungsassistenten selbst, Ausbildungslücken zu schließen. An 54% der Kliniken tragen die Ärztinnen und Ärzte die Kosten für dieses Engagement zudem selbst. Dies wirft ein bedenkliches Licht auf die Wertschätzung der Kliniken für die Ultraschallausbildung. Die DEGUM hat es sich zur Aufgabe gemacht, „die Qualität der Ultraschalldiagnostik in den jeweiligen Facharzt- und Schwerpunktausbildungen und in der klinischen Arbeit zu sichern“ [33]. Insofern seien die DEGUM Kurse eine

„Ergänzung, die Lücken bei der Ausbildung und Supervision im eigenen Krankenhaus“ schließe „und damit eine hohe Qualität der Ultraschalldiagnostik“

gewährleiste [34]. Es gibt überraschend wenig Kritik an diesem Anspruch. Ein Konzept zur sukzessiven Schließung benannter Ausbildungslücken findet sich, zumindest in den aktuell geltenden Ausbildungsrichtlinien, nicht [88].

61 Die Rolle der DEGUM

Bereits in der 1999 durchgeführten Studie wurde der DEGUM eine maßgebliche Rolle im Bereich der Qualitätssicherung zugesprochen. Im Verlauf der vergangenen 20 Jahre wurde diese weiter ausgebaut. Der Anteil an Abteilungsleitern mit Mitgliedschaft in der DEGUM stieg von 50% (1999) über 81% (2009) auf aktuell 96%. Im Rahmen des Drei-Stufen-Konzeptes lässt sich zudem eine Entwicklung hin zu höheren Qualifikationsstufen feststellen. 1999 hatten lediglich 11% der Abteilungsleiter den Seminarleiterstatus (Stufe III) inne, 2009 bereits 19%. In der aktuellen Erhebung haben 36% der Abteilungsleiter die höchstqualifizierte Stufe inne. Heese und Görg haben untersucht, welchen Benefit Stufe III Anwender für Kliniken und Patientenversorgung darstellen. Dabei stellten sie die Frage, inwieweit die diagnostische Treffsicherheit eines Stufe III Anwenders diejenige eines Anwenders der Stufe I und II übersteigt. Betrug die diagnostische Treffsicherheit bei einem Erstultraschall (Stufe I und II) noch 38,8%, erhöhte sich diese bei einem Referenzultraschall der Stufe III auf 94,5% [45]. Hochqualifizierte Mitarbeiter sind folglich unerlässlich für eine hohe Befund- und Ausbildungsqualität. Folgende Gründe für die niedrige Anzahl an Seminarleitern wurden in den vorangegangenen Studien diskutiert: Zum einen stellten die Anforderungen der Qualifikationssysteme zu hohe Hürden dar, zum anderen sei eine Abwanderung von hochqualifizierten Klinikern hin zu leitenden Positionen in externen Kliniken zu verzeichnen.

Tatsächlich sind die zu erfüllenden Bedingungen einer Stufe III Zertifizierung im Fachgebiet Innere Medizin umfassend. Unter anderem sind neben einer 6- jährigen aktiven Tätigkeit in der Ultraschalldiagnostik mindestens 10.000 eigenverantwortlich durchgeführte Ultraschalluntersuchungen zu belegen [25]. Eingedenk der Kritik von Weber und Delorme, dass der Ultraschall nicht hoch angesehen werde und dass sich das Interesse junger Kollegen in Grenzen halte, erscheinen diese Vorgaben tatsächlich als hoch gegriffen [86]. Zudem ist eine Karriere in der Ultraschalldiagnostik finanziell wenig attraktiv. Hinsichtlich der negativen ökonomischen Perspektive sei beispielhaft auf die 2016 durchgeführte Online-Umfrage des Berufsverbands Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands e.V. verwiesen, in der von 415 teilnehmenden Ärztinnen und Ärzten 89% die Finanzierung der Sonographie in den gesetzlichen Krankenkassen als defizitär einschätzen. Angesichts ihrer Ergebnisse stellen die Autoren folgerichtig die Frage, ob „in der desaströsen ökonomischen Situation der abdominellen Sonographie eine Chance für die Umsetzung der beeindruckenden technischen Innovationen der Methode in der medizinischen Versorgung der Bevölkerung“ bestehe [6]. Bei der derzeitigen Vergütung der Methode ist diese Chance als gering einzuschätzen, zumal weder Anwenderqualifikationen noch der Einsatz von High-End-Technologie adäquate Honorierung finden. Hinsichtlich einer Karriere im Bereich der Ultraschalldiagnostik zeichnen die ärztlichen Leiterinnen und Leiter ein ähnlich düsteres Bild. Der Aussage, Ultraschall sei ein karriereförderliches Forschungsfeld, stimmten lediglich 29% (n=8) zu oder völlig zu. 14% (n=4) bewerteten diese Aussage indifferent und 57% (n=16) stimmten nicht oder gar nicht zu.

Diskussion

62

Das daraus resultierende Dilemma lässt sich wie folgt zusammenfassen: Der Erwerb sonographischer Kompetenz ist Voraussetzung für eine hohe Methodenqualität. Der Weg zum qualifizierten Ultraschallanwender ist hierbei zeitintensiv und setzt eine enorme Einsatzbereitschaft voraus. Diese wird jedoch weder in beruflicher noch finanzieller Hinsicht angemessen entlohnt. Andernfalls wären vermutlich mehr Ärzte dazu bereit, sich der Weiterentwicklung des Ultraschalls zu verpflichten [88].

4.3 Ärztliche Weiterbildungssituation

1999 und 2009 wurden zwischen den Abteilungen große Unterschiede hinsichtlich Art und Umfang der ärztlichen Weiterbildung festgestellt und diese häufig als unbefriedigend und verbesserungswürdig empfunden. Kritisiert wurde außerdem das Fehlen einheitlicher Ausbildungsrichtlinien. Wie in der Erstuntersuchung gefordert, hatte sich zwischen 1999 und 2009 eine ganztätige Tätigkeit im Ultraschall über einen längeren Zeitraum etabliert. Die durchschnittliche Weiterbildungszeit stieg von 4,3 auf 6,1 Monate. Dieses Ausbildungskonzept scheint sich bewährt zu haben. Aktuell werden an 89% der Kliniken die Ärzte über durchschnittlich 5,7 Monate ganztätig ausgebildet. Erneut ist eine enorme Variabilität unter den Kliniken festzustellen. Bei der Ausbildungszeit beträgt die Spannweite 1,5 bis 12 Monate. An 21% der Kliniken, welche über einen kontinuierlichen Zeitraum ausbilden, liegt die Weiterbildungszeit bei unter 6 (Ø 3,1) Monaten [88].

Analog zu den Voruntersuchungen konnte auch hinsichtlich der Untersuchungstage unter Supervision und der bis Ausbildungsende abzuleistenden Untersuchungen enorme Unterschiede zwischen den Kliniken festgestellt werden. Aktuell beträgt die Range der Untersuchungstage unter Supervision zwischen 10 und 500 um den Median von 60, was im Vergleich zur Voruntersuchung eine Verbesserung darstellt (Range: 1-300; Median: 40). Konstant geblieben ist hingegen die Gesamtuntersuchungszahl bis Ausbildungsende. 2009 und 2019 betrug der Median 800. Die Spannweite ist unverändert groß und erstreckt sich aktuell von 300 bis 3000 Untersuchungen. Der Anteil an Kliniken, welche eine Prüfung am Ende der Ausbildungszeit durchführen, hat mit aktuell 21% (1999: 32%; 2009: 23%) einen Tiefstand erreicht. Zur Beantwortung der Frage, ob diese Zahlen vor dem Hintergrund gängiger Ausbildungsempfehlungen als suffizient einzuschätzen sind, seien diese kurz zusammengefasst. Die Empfehlungen der EFSUMB für Stufe I Anwender umfassen wöchentlich mind. 5-10 Untersuchungen unter Supervision sowie 300 Gesamtuntersuchungen. Niveauadaptiert werden praktische Fähigkeiten wie die Durchführung einer ultraschallkontrollierten Leberbiopsie sowie zu befundende Pathologien benannt. Die „Minimum Training Recommendations“

enthalten zudem einen ausbildungsbegleitenden Beurteilungsbogen, welcher einen Überblick über die erlangten Kompetenzen des Anwenders leistet [41]. Die (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer gibt für abzuleistende B-Modus-Sonographien des Abdomens ausschließlich eine Richtzahl von 400 Untersuchungen an [88].

63

Im (Muster-)Logbuch über die Facharztweiterbildung Innere Medizin, welches ebenfalls von der Bundesärztekammer erarbeitet wird, liegt die Zahl bei 500 Untersuchungen. Weitere qualitätssichernde Maßnahmen, wie mit einer Prüfung abzuschließende zertifizierte Kurse, werden nicht eingefordert [11, 15]. Im Rahmen des Mehrstufenkonzeptes der DEGUM sind zur Erlangung einer Stufe I Zertifizierung neben einer mindestens 6-monatigen ganztätigen oder zweijährig begleitenden Tätigkeit in der Ultraschalldiagnostik mindestens 800 eigenständig durchgeführte Sonographien zu belegen. Außerdem ist die Teilnahme an einem Grund- und Aufbaukurs der DEGUM nachzuweisen [15, 88].

Hinsichtlich Ausbildungsdauer und abzuleistende Untersuchungszahlen sind die Angaben der meisten Kliniken mit diesen Empfehlungen in Einklang zu bringen.

Dass in einem Zeitraum kleiner 6 Monate eine suffiziente Ausbildung gewährleistet werden kann, ist hingegen in Zweifel zu ziehen. Die Studienlage hinsichtlich der Zusammenhänge von korrekter Diagnosestellung und Untersuchererfahrung stützt diese Annahme [45, 63, 65]. Um eine flächendeckende und vergleichbare Qualität der Ultraschallausbildung an den deutschen Universitätskliniken zu gewährleisten, sollten die Mindestanforderungen der (Muster-)Weiterbildungsordnung an diejenige der EFSUMB und DEGUM angeglichen werden. Dass nur 21% der Kliniken eine Prüfung am Ende der Ausbildung durchführen, ist bedenklich. Eine mögliche Ursache könnte die gestiegene Arbeitsbelastung darstellen, die den Raum für zeit- und personalaufwändige Ausbildungskonzepte einengt [88].

Als qualitätssichernde Maßnahme würde zudem ein einheitliches ausbildungsbegleitendes und -abschließendes Assessment die Möglichkeit zur Einschätzung des Kompetenzniveaus des Auszubildenden bieten, auf deren Basis Lernziele formuliert sowie theoretische und praktische Lücken geschlossen werden können. Als Vorlage böte sich der Beurteilungsbogen der EFSUMB an. Ohne eine höchstqualifizierte Betreuung garantiert die Umsetzung der genannten Empfehlungen jedoch nicht die Ausbildung eines versierten Anwenders. Daher sei nochmals auf die Notwendigkeit verwiesen, die Karriere im Ultraschall attraktiver zu gestalten und mehr hochqualifiziertes Personal an den Kliniken zu beschäftigen [88].

Ausblick

Die Konzepte der vergangenen Dekaden konnten keine flächendeckend hohe Ausbildungsqualität gewährleisten. Die Frage, wie viele Untersuchungen zu einer befriedigenden Ultraschallkompetenz führen, ist hierbei wenig zielführend und wird weder individuellen Lernkurven noch der vielen Anwendungsmöglichkeiten der Methode gerecht. Vielmehr verbleibt zu beantworten, wie ein verbindlicher Konsens bezüglich notwendiger sonographischer Fähigkeiten gefunden und flächendeckend umgesetzt werden kann. Standardisierte Schnittebenen müssen konsequent beherrscht, angewandt und dokumentiert werden und die sonographische Ausbildung eine verlässlich hohe Interrater-Übereinstimmung garantieren. Die Glaubwürdigkeit der Ultraschallmethode darf nicht hinter derjenigen standardisierter Schnittbildverfahren zurückbleiben.

Diskussion

64

Überzeugende Ausbildungskonzepte im Sinne differenzierter Curricula bestehen sowohl seitens der DEGUM als auch der EFSUMB. Es gilt nun, den geeigneten Rahmen für die flächendeckende Umsetzung dieser Konzepte zu schaffen. Wir halten hierfür die Einführung einer fächerübergreifenden Zusatzweiterbildung Ultraschalldiagnostik für sinnvoll. Folgende Voraussetzungen sind zum Erwerb der Zusatzbezeichnung realistisch: Eine 12-monatige Tätigkeit in einem interdisziplinären Ultraschallzentrum, die Teilnahme an zertifizierten Ultraschallkursen und die Facharztqualifikation in einem Fach der unmittelbaren Patientenversorgung. Der organisatorische Unterbau ist durch eine starke Fachgesellschaft und die zunehmende Anzahl an interdisziplinären Ultraschallzentren vorhanden. Eingedenk der weit geringeren klinischen Bedeutung längst etablierter Zusatzweiterbildungen wie der Tauch- Flug- und Tropenmedizin ist es längst überfällig, dass ein versierter Ultraschallanwender einen entsprechenden Titel- und Praxisnamen führen und von angepassten Abrechnungsmodalitäten profitieren kann. 79% der ärztlichen Leiter stimmen diesem Ansatz zu [88].

4.4 Ausbildung der Studierenden

Die studentische Ultraschalllehre hat sich im Verlauf der vergangenen zwanzig Jahre stetig in Umfang und Qualität verbessert. Von 55 (1999) über 100 (2009) auf aktuell 135 ist die maximal pro Semester ausgebildete Anzahl an Studierenden kontinuierlich gestiegen. Die gestiegene Relevanz der Methode findet in diesen Angaben ihre Entsprechung. Unter Einbezug der Ergebnisse der Studierendenumfrage ist indes davon auszugehen, dass eine weit größere Anzahl an Studierenden mit Ultraschalllehre in Form von fakultativen Lehrangeboten (Wahlfächer, Skill-Labs, Studentische Tutoraten) in Kontakt kommt. Unter Berücksichtigung der Studienlimitationen erlaubt die Zusammenschau der ärztlichen und studentischen Umfrageergebnisse leider allenfalls eine Übersicht über die gegenwärtige bundesdeutsche Gestaltung der Ultraschalllehre. Eine vollständige Erhebung im Sinne einer differenzierten Analyse und Gegenüberstellung der Lehrkonzepte bietet sich als Forschungsgegenstand

Die studentische Ultraschalllehre hat sich im Verlauf der vergangenen zwanzig Jahre stetig in Umfang und Qualität verbessert. Von 55 (1999) über 100 (2009) auf aktuell 135 ist die maximal pro Semester ausgebildete Anzahl an Studierenden kontinuierlich gestiegen. Die gestiegene Relevanz der Methode findet in diesen Angaben ihre Entsprechung. Unter Einbezug der Ergebnisse der Studierendenumfrage ist indes davon auszugehen, dass eine weit größere Anzahl an Studierenden mit Ultraschalllehre in Form von fakultativen Lehrangeboten (Wahlfächer, Skill-Labs, Studentische Tutoraten) in Kontakt kommt. Unter Berücksichtigung der Studienlimitationen erlaubt die Zusammenschau der ärztlichen und studentischen Umfrageergebnisse leider allenfalls eine Übersicht über die gegenwärtige bundesdeutsche Gestaltung der Ultraschalllehre. Eine vollständige Erhebung im Sinne einer differenzierten Analyse und Gegenüberstellung der Lehrkonzepte bietet sich als Forschungsgegenstand