• Keine Ergebnisse gefunden

4. Diskussion

4.4 Ausbildung der Studierenden

Die studentische Ultraschalllehre hat sich im Verlauf der vergangenen zwanzig Jahre stetig in Umfang und Qualität verbessert. Von 55 (1999) über 100 (2009) auf aktuell 135 ist die maximal pro Semester ausgebildete Anzahl an Studierenden kontinuierlich gestiegen. Die gestiegene Relevanz der Methode findet in diesen Angaben ihre Entsprechung. Unter Einbezug der Ergebnisse der Studierendenumfrage ist indes davon auszugehen, dass eine weit größere Anzahl an Studierenden mit Ultraschalllehre in Form von fakultativen Lehrangeboten (Wahlfächer, Skill-Labs, Studentische Tutoraten) in Kontakt kommt. Unter Berücksichtigung der Studienlimitationen erlaubt die Zusammenschau der ärztlichen und studentischen Umfrageergebnisse leider allenfalls eine Übersicht über die gegenwärtige bundesdeutsche Gestaltung der Ultraschalllehre. Eine vollständige Erhebung im Sinne einer differenzierten Analyse und Gegenüberstellung der Lehrkonzepte bietet sich als Forschungsgegenstand weiterführender Studien an. Das 2014 von Recker et al. umgesetzte Vorhaben, ein

„Abbild der Ausbildungslandschaft mit den verschiedensten Schulungsmodellen“ an den deutschen und österreichischen Fakultäten zu leisten, ist als dahingehender Schritt zu werten. Auf Basis der Umfragestudie kamen die Autoren zu dem Schluss, dass die „studentische Ausbildung im Ultraschall […] sowohl im Pflichtcurriculum, sowie im Wahlangebot […] zeitlich sehr knapp bemessen“ sei. Praktische Übungen litten zudem unter einer „zu großen Gruppenanzahl“ und „zu wenigen Kurseinheiten“ [64]. In weiten Teilen stimmen diese Erkenntnisse mit den unseren überein. Lediglich 29% der Studierenden werden aktuell in Kleingruppen ≤4 Personen ausgebildet, mehr als die Hälfte (54%) der Studierenden hingegen in Gruppen von über 5 Personen. Da das Erlernen der Methode haptischen Umgang voraussetzt, ist davon auszugehen, dass die Qualität der Lehre unter der reduzierten „Hands-on“ Zeit, welche mit einer hohen Anzahl an Kursteilnehmern einhergeht, leidet.

65

Weshalb dennoch 69% der Studierenden der Aussage zustimmen, dass, insofern ein Praktikum stattgefunden habe, die Gruppengröße gut geeignet gewesen sei, verbleibt vor diesem Hintergrund unklar. Zugenommen hat weiterhin der Anteil der Kliniken, welche praktische Kurse und Erfolgskontrollen anbieten und Lehrelemente aus dem Bereich der Ultraschalldiagnostik in den vorklinischen Studienabschnitt einbinden. 2009 wurden vorklinische Lehrkonzepte von einem Drittel der Kliniken umgesetzt. Aktuell ist es jede zweite Fakultät. Widersprüchlich ist die Entwicklung der Einschätzung der Leiter, dass ein solcher Kurs sinnvoll sei. 2009 hielten noch 54% der Leiter einen solchen Kurs für sinnvoll, bis 2019 fiel dieser Wert auf 37%.

Auch die Kliniken, welche aktuell einen vorklinischen Kurs anbieten, beantworteten die Frage, wie sinnvoll ein vorklinischer Ultraschallkurs sei, mit durchschnittlich 3,2 eher neutral [88].

Der Einfluss von Ultraschalllehre auf den Lernerfolg der Studierenden ist in der Forschung vielfach diskutiert worden. So konnten beispielsweise Studierende durch Einbezug der Sonographie Leber- und Lungengrenzen zuverlässiger bestimmen und fühlten sich bei der körperlichen Untersuchung der Patienten durch die technische Unterstützung sicherer [43]. Weiterhin legen Studien eine Verbesserung des Verständnisses von Anatomie und Physiologie nahe [8, 83]. Feilchenfeld et al.

kritisieren, dass die regelmäßig formulierte Forderung, Ultraschall in die Lehre von Studierenden einzubeziehen, nicht durch ausreichend evidenzbasierte Forschung belegt sei. Es habe nach Ansicht der Autoren nicht abschließend gezeigt werden können, dass Ultraschall das Verständnis von Anatomie der Studierenden verbessere. Der Vorteil von Ultraschall bei der klinischen Untersuchung sei zudem inkonsistent gewesen und fuße auf minimaler Evidenz. Die Autoren mahnten im Rahmen des Reviews zu einem reflektierten Umgang mit dem Thema und verwiesen auf die Gefahr, dass das ständige Wiederholen dieser Thesen diese legitimiere und weitere Forschung verhindere [42]. Unter Berücksichtigung der inkonsistenten Studienlage verweisen So et al. auf die vorherrschende Meinung unter Anatomen und lehrenden Klinikern, dass die Sonographie ein großes Potential zur Verbesserung anatomischer Verständnisse und körperlicher Untersuchungstechniken habe. Ferner schlage die Methode eine unverzichtbare Brücke zwischen präklinischer Anatomielehre und deren Anwendung in späteren Studienabschnitten [73]. Im Rahmen der Studierendenumfrage stimmten 52% der Aussage zu oder voll zu, dass die ultraschallbezogene Lehre ihr Verständnis von klinischer Anatomie vergrößert habe. 26% hingegen stimmten nicht oder gar nicht zu. Diese Zahlen deuten in Richtung der vorherrschenden Studien- und Meinungslage. Welchen Einfluss die Sonographie auf den Lernerfolg hinsichtlich Anatomie- und Physiologiekenntnisse sowie Untersuchungstechniken hat, bleibt durch weitere Studien zu beantworten. Mit dem Ziel, „anatomische Zusammenhänge und physiologische Abläufe in den klinisch/pathologischen Kontext stellen zu können“, wurde die Ultraschallausbildung im Rahmen der Entwicklung des Ulmer Ultraschallcurriculums parallel zu den Untersuchungskursen im Anschluss an den vorklinischen Studienabschnitt etabliert [62, Seite 149, 88].

Diskussion

66

Aufgrund der hohen Bedeutung des Ultraschalls ist unstrittig, dass die Vermittlung grundlegender Kenntnisse und Fähigkeiten für die weiterführende Ausbildung geboten ist [2]. Die Studierenden sind sich der klinischen Relevanz der Methode, auch für den eigenen Berufsweg, deutlich bewusst. Eindrücklich belegen dies die erhobenen Zustimmungszahlen. Theoretische und praktische Fähigkeiten erachten 91% der Studierende für ihre spätere Tätigkeit als wichtig. 99% der Studienteilnehmer schätzen die klinische Relevanz des Ultraschalles als hoch ein.

Dass die Ultraschalllehre eine entsprechende Rolle spiele, bestätigten jedoch nur 58% der Studierenden hinsichtlich des klinischen und 20% hinsichtlich des vorklinischen Studienabschnittes. Weiterhin gaben nur 25% der Studierenden an, sich bei der klinischen Anwendung von Ultraschall sicher zu fühlen. Folgerichtig stimmten 94% der Teilnehmer der Aussage zu, dass Ultraschall eine größere Rolle im Medizinstudium einnehmen sollte. Um dies zu erreichen, kann eine enorme Einsatzbereitschaft festgestellt werden [88].

Knapp die Hälfte der Befragten bekundet Interesse daran, als Tutoren Wissen und Fähigkeiten im Bereich der Ultraschalldiagnostik zu vermitteln. 65% der Studierenden könnten sich außerdem vorstellen, in einer ambulanten Famulatur ausschließlich das Sonographieren zu erlernen. Zeugnis dieser Bereitschaft sind darüber hinaus die zahlreichen studentischen Initiativen, welche weite Teile der studentischen Ultraschalllehre an den deutschen Universitätskliniken verantworten.

Genannt seien beispielsweise die AG Sonografie der Charité Berlin, die Arbeitsgruppe „Studierende der DEGUM“ und der studentische Verein „sono4you“, welcher bereits an 11 Universitäten in 4 Ländern vertreten ist [1, 35, 74, 88].

Da im Studium Phasen des praktischen Erfahrungsgewinnes rar sind, stellt sich die Frage, worin diese Einsatzbereitschaft begründet liegt. Auf der Internetpräsenz der Arbeitsgruppe Sonographie der Charité findet sich der folgende Text: „Das Schallen kommt Dir im Curriculum zu kurz? Du findest, dass sich doch irgendwer darum kümmern müsste? Genau das hat sich die studentische Arbeitsgemeinschaft (AG) Sonografie zum Ziel gesetzt!“ [1]. Dies spiegelt den Wunsch nach einer größeren Rolle der Sonographie im Studium wider und geht konform mit unseren Ergebnissen. Ein großer Kritikpunkt der Studierenden ist weiterhin, dass trotz der Bereitschaft zur Eigeninitiative die Nachfrage nach Kurs-, Famulatur und Tutorenplätze das bestehende Angebot weit übersteigt. Um den Einsatzwillen der Studierenden nicht erlahmen zu lassen, wurde aus ärztlicher Sicht eine leistungsgerechte Vergütung der Tutorentätigkeit angemahnt [88].

Um der sonographischen Ausbildung eine angemessene Rolle zu sichern, sind viele Fakultäten bestrebt, Ultraschall in das Kerncurriculum einzubinden [17]. Seit dem Wintersemester 2016/2017 ist die Sonographie als eigenständige, scheinpflichtige Kursveranstaltung in das fünfte oder sechste Semester des Ulmer Humanmedizincurriculums implementiert. Die Lehrveranstaltung setzt sich zusammen aus einem Seminar mit Vorlesungscharakter, welches an 13 Terminen à 45 Minuten stattfindet, und einem tutorenbasierten Praktikum in Gruppen von maximal 4 Studierenden, welches an vier Terminen à zwei Stunden stattfindet.

67

Das Bestehen einer Multiple-Choice-Klausur im Anschluss an die Vorlesungsreihe und einer OSCE Prüfung im Anschluss an das Praktikum sind Voraussetzungen zum Scheinerwerb. Zur Vor- und Nachbereitung der Kursinhalte werden den Studierenden neben einem umfassenden Skript verschiedene Digitalformate zur Verfügung gestellt. Das eigenständige Sonographieren wird an einem ständig verfügbaren Sonographiegerät ermöglicht. Alle Tutorinnen und Tutoren haben unter ärztlicher Supervision eine mindestens vierwöchige Famulatur im Interdisziplinären Ultraschallzentrum der Universitätsklinik Ulm absolviert. Seitens der Studierenden wird der Kursaufbau und -ablauf regelmäßig als sehr gut evaluiert. Da alle Studierende den Kurs absolvieren, konnte im Rahmen des Ulmer Lehrkonzeptes ein Angleich von Angebot und Nachfrage erzielt werden. Das interdisziplinäre Team aus ultraschallerfahrenen Ärzten setzt eine praxisnahe Ultraschalllehre unter Berücksichtigung des hohen Stellenwertes der Methode um. Das Engagement der Studierenden wird weiterhin sowohl monetär als auch durch Fortbildungsveranstaltungen honoriert [88].

4.5 Forschungssituation

2000 untersuchten Kratzer et al. erstmals die Forschungssituation der Abdomensonographie an den deutschen Universitätskliniken und benannten Defizite sowohl hinsichtlich der Forschungsaktivität als auch der Forschungsförderung [53]. Unter Einbezug dieser Arbeit beschrieb Schölmerich im darauffolgenden Jahr potenzielle Forschungsgebiete und Förderquellen. Laut Schölmerich biete insbesondere die patientenorientierte Forschung Entwicklungspotential und sei auch konkurrenzfähig, ebenso die Versorgungsforschung. Da die technische Grundlagenforschung primär in den Händen der Industrie läge, sei eine Einbindung der zukünftigen Anwender sowie die Forschungsförderung seitens der Entwickler wünschenswert. Die Infrastruktur zur Durchführung multizentrischer Studien sei zudem von universitätsklinischen Kompetenzzentren für klinische Studien und Netzwerken des BMBF gegeben.

Zusammenfassend legte Schölmerich dar, dass es weder an Forschungsgegenständen noch an Strukturen für eine adäquate Forschungssituation mangele. Unter Nutzung vorhandener Ressourcen erscheine ihm die Sonographie schließlich als ein „ausgezeichnetes Gebiet, auf dem sich junge, wissenschaftlich interessierte und der Sonographie zugewandte Ärzte erfolgreich und auch mit der erforderlichen Anerkennung durch die wissenschaftliche Gastroenterologie betätigen können“ [68]. Die 2009 von Lohmann et al. durchgeführte Folgeuntersuchung der Forschungssituation bestätigte Schölmerichs Einschätzung nicht. Der Anteil an Abteilungen, welche Forschungsprojekte bearbeiteten, war gesunken und die Zahl der pro Abteilung durchgeführten Projekte eher konstant verblieben. Die Technik- und Grundlagenforschung fand weiterhin außerhalb der Universitätskliniken statt und machte nur einen kleinen Teil der Gesamtprojektzahl aus. Auch die Anzahl an Publikationen konnte nicht gesteigert werden. Weiterhin stagnierte die Forschungsförderung durch die eigene Universität und durch öffentliche Gelder auf niedrigem Niveau. Lediglich die Unterstützung durch Gerätehersteller war von 31%

auf 45% gestiegen.

Diskussion

68

Positive Entwicklungen waren zudem hinsichtlich der Gerätesituation und der gewachsenen Bedeutung der ultraschallassoziierten Publikationsmöglichkeiten zu verzeichnen. Zusammenfassend konstatierten Lohmann et al., dass sich die Forschungssituation in der Abdomensonographie im Untersuchungszeitraum 1999-2009 nicht wesentlich verbessert hatte und die 1999 formulierten Forderungen bestehen blieben. Eine weitere Dekade Abstand erlaubt nun die folgende Bestandsaufnahme [87].

Forschungsaktivität

Mit einem geringen Anstieg von 74% (2009) auf 77% (2019) ist der Anteil forschender Kliniken auf vergleichbarem Niveau verblieben. Durchschnittlich werden jedoch weniger Forschungsprojekte pro Abteilung durchgeführt als in den Vorgängerstudien. Mit 3,2 Projekten pro Abteilung hat dieser Wert im Vergleich zu 2009 (3,6) und 1999 (3,5) einen Tiefstand erreicht. Wie schon 2009 findet der Großteil der gesamten Forschungsprojekte konzentriert an wenigen Kliniken statt.

35% der Kliniken bearbeiten aktuell 70% aller Projekte [87].

Eine Ursache für die niedrige Forschungsaktivität sahen die Autoren der Vorgängerstudien darin, dass die sonographischen Funktionseinheiten oft zu klein seien, um neben der Routinediagnostik eigenständig zu forschen oder sich an Forschungsprojekten zu beteiligen. Als Lösungsansatz wurden interdisziplinäre Ultraschallzentren diskutiert. Hier ist eine positive Entwicklung festzustellen.

Inzwischen sind an 29% der Kliniken interdisziplinäre Ultraschallzentren etabliert und an vier Kliniken in Planung. Die Untersuchungszahlen sind indes stark gestiegen. Wurden 2008 durchschnittlich noch 7665 Untersuchungen pro Abteilung geleistet, waren dies 2018 bereits 10314, was einer Erhöhung von 35% innerhalb von zehn Jahren entspricht. Beide Entwicklungen wirken gegensinnig auf den Raum für die Umsetzung von Forschungsprojekten [87].

1999 wurde zudem kritisiert, dass die Geräteausstattung für Forschungsvorhaben oft unzureichend war. Trotz einer starken Verbesserung im Zeitraum 1999-2009 wurde diese Kritik von Lohmann et al. wiederholt. Aktuell stehen den Abteilungen durchschnittlich 5,2 Systeme zur Verfügung, was einem Plus von 1,2 Systemen (2009) pro Abteilung entspricht. Rückläufig hingegen ist sowohl die Investitionsbereitschaft in neue Systeme als auch der Anteil an Geräten der High-End-Klasse. Vor dem Hintergrund der gestiegenen Gesamtuntersuchungszahlen bleibt die Kritik einer unzureichenden Gerätesituation bestehen [87].

Weiterhin wurde kritisiert, dass in den Abteilungen die sonographische Expertise auf nur wenige Personen konzentriert sei. Die Personalsituation beschränke daher die Forschungsaktivität und bei Ausscheiden der Experten drohe das entsprechende Fachwissen verloren zu gehen. Die aktuellen Studienergebnisse zeigen, dass die Zahl an hochqualifizierten Mitarbeitern in den vergangenen 20 Jahren zugenommen hat. 96% (n=27; 1999: 50%; 2009: 81%) der befragten Abteilungsleiter sind Mitglieder der DEGUM, wobei 89% (n=25; 1999: 31%; 2009:

61%) über eine DEGUM Qualifikation verfügen. Von 1999 bis 2009 stieg der Anteil an Seminarleitern und Ausbildern von jeweils 11% auf 19% [87].

69

Aktuell haben 36% der Abteilungsleiter eine Qualifikation der Stufe III (≈Seminarleiter) und 40% der Stufe II (≈Ausbilder) inne. Es sind also mehr hochqualifizierte Mitarbeiter an den Kliniken beschäftigt. Ob diese Entwicklung hinsichtlich der gestiegenen Untersuchungszahlen nun personelle Ressourcen für eine suffiziente Forschungstätigkeit gewährleistet, verbleibt unklar. Unverändert gilt jedoch, dass die Ausbildung zum hochqualifizierten Ultraschallausbilder zeit- und ressourcenaufwendig ist. Finanzielle und berufliche Anreize müssen geschaffen werden, um den Karriereweg Ultraschall attraktiver zu machen. In diesem Rahmen sei nochmals auf das Konzept der Zusatzweiterbildung Ultraschalldiagnostik verwiesen [87].

Publikationsverhalten

Von 13 Abteilungen liegen konsistente Publikationsdaten der vergangenen 20 Jahre vor. Insbesondere im aktuellen Erhebungszeitraum von 2014 bis 2018 ist ein bemerkenswerter Anstieg zu verzeichnen. Wurden im Jahr 2009 von den 13 Abteilungen insgesamt noch 47 Arbeiten publiziert, konnte dieser Wert bis 2018 auf insgesamt 90 Publikationen gesteigert werden. Dass es an 7 dieser 13 Kliniken ein interdisziplinäres Ultraschallzentrum gibt oder ein solches in Planung ist und diese Abteilungen 75% (268 von 359) aller Publikationen veröffentlichten, spricht ebenfalls für die Etablierung interdisziplinärer Funktionseinheiten [87].

Die stete Aufwertung medizinischer Ultraschallzeitschriften ist eine mögliche Erklärung für die Entwicklung der Publikationszahlen. Da der Impact-Faktor insbesondere an medizinischen Fakultäten zur wissenschaftlichen Leistungsbewertung forschender Kliniker dient, ist es zunehmend attraktiv, in diesen Zeitschriften zu veröffentlichen [85, 87].

Forschungsförderung

Da wissenschaftlicher Erfolg ein Kriterium für die Vergabe von Forschungsgeldern darstellt, wäre ein positiver Zusammenhang von Publikationszahlen und Forschungsförderung zu erwarten. Tatsächlich deuten unsere Ergebnisse auf eine gegenteilige Entwicklung hin. Der Anteil an Abteilungen, welchen zusätzlich zum Abteilungsetat Fördermittel zur Verfügung stehen, sank um 7% auf aktuell 25%.

Regelrecht eingebrochen ist mit 11% der Anteil an Kliniken, welche von Ultraschallgeräteherstellern unterstützt werden. 2009 betrug dieser Wert noch 45%, 1999 31%. 75% der Kliniken steht keinerlei Förderung außerhalb des klinikeigenen Etats zur Verfügung. Die Aufwertung medizinischer Ultraschallzeitschriften sowie die gestiegenen Publikationszahlen hatten folglich keine adäquate Steigerung der Forschungsförderung zur Folge [87].

Zur Begründung der mangelhaften Forschungsförderung arbeiteten die Autoren der Vorgängerstudien folgende Ansätze heraus: Eine mögliche Ursache sei, dass der Ultraschall im DRG System für die gastroenterologischen Abteilungen häufig nur ein zusätzlicher Kostenfaktor darstelle. Schuler et al. bestätigten eindrücklich, dass die Kliniken Ultraschalluntersuchungen nicht kostendeckend durchführen können [69, 87].

Diskussion

70

Auch für den niedergelassenen Bereich wurden diese Ergebnisse reproduziert. Hier sei nochmals auf die Online-Umfrage des Berufsverbands Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands e.V. verwiesen, in der von 415 teilnehmenden Ärzten 89% die Finanzierung der Sonographie durch die gesetzlichen Krankenkassen als defizitär einschätzen [6]. Bei eingeschränkter Vergleichbarkeit mit dem deutschen Gesundheitssystem zeigten multizentrische Studien aus Italien und Frankreich am Beispiel der Charakterisierung fokaler Leberläsionen, dass die Sonographie im Vergleich zu CT und MR die kostengünstigere- und effektivere Methode ist [66, 84]. 2018 überstiegen die laufenden Gesundheitsausgaben für strahlendiagnostische Leistungen erstmals die Marke von 10 Milliarden Euro [79].

Eingedenk des Einsparpotentiales beim Vorzug der Ultraschallmethode ist es kurzsichtig, diese weiter unterfinanziert zu lassen [87].

Es ist davon auszugehen, dass durch eine adäquate Forschungsförderung in Zukunft ein weit höherer Betrag eingespart werden könnte. Die tatsächliche Kostenreduktion, welche der Vorzug der Sonographie gegenüber teuren Schnittbildverfahren brächte, wird aktuell aufgrund der insuffizienten Datenlage nicht berücksichtigt und bietet sich als Forschungsgegenstand weiterführender Studien an. Auf deren Basis ließe sich die Sonographie als unumgängliche Methode in diagnostische Prozesse implementieren. Für weiterführende Diagnostik müsste dann, aufgrund entstehender Mehrkosten und potenzieller Nebenwirkungen, überzeugend argumentiert werden. Letztlich müssen auch die Kliniken ein finanzielles Interesse daran haben, die Ultraschallmethode zu fördern. Eine Vergütung der Methode im Sinne eines adäquaten Zusatzentgeltes im Fallpauschalenkatalog erscheint hier sinnvoll [87].

Ferner kritisierten die Autoren, dass zu wenige sonographische Forschungsprojekte von der DFG und EU gefördert würden. Im Fokus stünden hingegen computer- und magnetresonanztomographische Projekte. Auch diese Kritik kann im Hinblick auf die aktuelle Förderpolitik wiederholt werden. Derzeit werden an den deutschen Universitätskliniken keine Projekte durch die DFG gefördert, welche mit abdomineller Ultraschallforschung assoziiert sind (Geförderte Projekte der DFG;

Suchmaschine: GEPRIS; Suchbegriffe: Ultrasound OR Ultrasonography OR Ultraschall OR Sonography OR Sonographie; computertomography OR CT OR computed tomography; MRT OR MRI OR magnetic resonance imaging OR Magnetresonanztomographie OR magnetic resonance tomography OR nuclear spin tomography; Fachliche Zuordnung: Medizin; Geförderte Projekte im Jahr 2020;

Einrichtungsart: Universitäten) [22]. Vier Projekte befassen sich hingegen mit computertomographischer und acht Projekte mit magnetresonanztomographischer Bildgebung der Abdominalorgane. Eine Ursache hierfür ist sicherlich, dass Ultraschall im Rahmen der molekularen Bildgebung eine untergeordnete Rolle spielt. Infolge bleibt der Ultraschallmethode ein förderungsstarkes Forschungsfeld verschlossen [87].

71 Ausblick

Bereits 1999 schrieben Kratzer et al., dass eine geringe berufliche und wissenschaftliche Anerkennung der im Ultraschall tätigen und forschenden Mitarbeiter zu einer geringen Motivation für ein Engagement führe [53]. 2017 wiederholten Weber und Delorme diese Kritik aus radiologischer Sicht. Ultraschall werde nicht hoch angesehen und wer sich im Ultraschall habilitieren wolle, „müsse dicke Bretter bohren“ [86, Seite 971]. In unserer aktuellen Studie bestätigen die ärztlichen Leiter diese Einschätzung. Lediglich 29% stimmen der Aussage zu oder sehr zu, dass Ultraschall ein attraktives Forschungsfeld darstellt. Hingegen stimmen 57% nicht oder gar nicht zu. Ein Grund hierfür ist, dass großangelegte multizentrische Studien zu selten sind. Wie hier die Möglichkeit zu weiterführender Forschungs- und publikationsaktivität verpasst wird, sei beispielhaft an der DEGUM-Multicenterstudie „Kontrastmittelsonografie bei B-Bild-morphologisch unklaren Leberraumforderungen – Diagnostische Treffsicherheit im klinischen Alltag“ [81] illustriert. Im Rahmen der Studie wurden vergleichende Forschungsprojekte zu CEUS und CT sowie CEUS und MRT realisiert [70, 72].

Weiterhin diente eine Subgruppenanalyse dem Vergleich der Vaskularisationsmuster von hepatozellulären und intrahepatischen cholangiozellulären Karzinomen [87, 89].

Eine hohe diagnostische Treffsicherheit der CEUS in der Differenzialdiagnose kleiner Leberläsionen belegte eine weitere Subgruppenanalyse [80]. Um potenzielle Fallstricke der Methode zu identifizieren, untersuchten Bernatik et al.

Raumforderungen, deren Dignität unklar verblieb oder die nicht korrekt klassifiziert werden konnten [4]. Eine weitere Subgruppenanalyse untersuchte die Häufigkeitsverteilung der Tumorentitäten in zirrhotischen- und nicht zirrhotischen Lebern [71]. Basierend auf großangelegten Studien des oben genannten Formates können folglich weiterführende Forschungsprojekte realisiert und in Impact-Faktor starken Fachzeitschriften publiziert werden. Auch hier sei nochmals auf die herausragende Rolle der DEGUM hingewiesen. Deren letzten multizentrischen Studien ermittelten neben dem signifikanten Zusatznutzen der CEUS in der Nachsorge von Patienten mit Kolonkarzinom [3] die Verbesserung der Diagnostik von Schilddrüsenknoten mittels Strain-Elastografie [44] und die exzellente diagnostische Wertigkeit standardisierter Algorithmen der CEUS in der nichtinvasiven Diagnostik von hepatozellulären Karzinomen bei Hochrisikopatienten [67, 87].

An aktuellen Fragestellungen für abdomensonograpische Forschungsprojekte besteht zudem kein Mangel. Zu nennen sei beispielsweise das HIFU Verfahren als vielversprechende therapeutische Option bei malignen Raumforderungen der Leber, Niere und Bauchspeicheldrüse [47].

Diskussion

72

Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Forschungsaktivität und die Forschungsförderung seit Jahren unterentwickelt sind. Im Rahmen der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern böte sich der Sonographie die Möglichkeit, dies zu ändern. Stände Ultraschall im Zentrum eines Exzellenzclusters, würde dies einen großen Sprung hinsichtlich der Reputation und Weiterentwicklung des Forschungsfeldes bedeuten. Der Forschung würde so neben der Routinediagnostik genügend Raum geschaffen und zusätzliche Stellen für weiterführende Ausbildungsangebote ermöglicht.

Nach den richtungsweisenden Innovationen der Kontrastmittelsonographie und Elastographie ist es ruhig geworden um die abdominelle Ultraschallforschung.

Bestehen die benannten Defizite weiter, wird sich in naher Zukunft an dieser Situation nichts ändern.

73