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1. Einleitung

1.2 Aktueller Stand der ärztlichen Weiterbildung

Deutschlandweit ist die Aus- und Weiterbildung im Bereich der Ultraschalldiagnostik uneinheitlich gestaltet [52, 55, 88]. Die diagnostische Güte der Ultraschalldiagnostik wird jedoch maßgeblich durch die Qualifikation und Erfahrung des Untersuchers bestimmt [65]. Es bestehen verschiedene Richtlinien und Empfehlungen, wie die sonographische Ausbildung organisiert werden kann. Im Rahmen der Facharztweiterbildung verpflichten die Richtlinien der ländereigenen Weiterbildungsordnungen. Darüber hinaus bestehen Ausbildungskonzepte der DEGUM und der EFSUMB. Bei den Facharztweiterbildungen Innere Medizin, Allgemeinmedizin und Radiologie umfassen die Mindestanforderungen lediglich abzuleistende Untersuchungszahlen. Sonographische Spezialdiagnostik (CEUS, Elastographie) wird ausschließlich als spezifischer Weiterbildungsinhalt der Facharztweiterbildung Innere Medizin und Gastroenterologie aufgeführt. Weitere qualitätssichernde Maßnahmen, wie mit einer Prüfung abzuschließende zertifizierte Kurse, werden nicht eingefordert. Für ein DEGUM Zertifikat des dreistufigen Qualifikationskonzeptes wird zusätzlich zu abzuleistenden Untersuchungszahlen ein Zeitraum aktiver Ultraschalldiagnostik und die Teilnahme an einem zertifizierten Grund- und Aufbaukurs vorausgesetzt. Ab Stufe II hat der Anwender zudem bei der Untersuchung erhobene pathologische Befunde nachzuweisen. Zusätzlich zu den erwähnten Aspekten formuliert die EFSUMB organspezifische Pathologien, die Anwender der drei Kompetenzstufen zu erkennen haben. Ab Stufe II wird die Kompetenz der CEUS eingefordert. Ein Logbuch dient der Dokumentation.

Ausbildungsanforderungen der Bundesärztekammer:

(Muster-)Weiterbildungsordnung und (Muster-)Logbücher

Auf Basis der Beschlüsse des Deutschen Ärztetages verabschiedet die Bundesärztekammer die (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO), in der Inhalte der Facharztausbildungen geregelt sind [15]. In Angelegenheiten der ärztlichen Weiterbildung sind schließlich die Landesärztekammern zuständig. Die (Muster-) Weiterbildungsordnung hat für die Landesärztekammern empfehlenden Charakter, die jeweiligen Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern orientieren sich jedoch stark an der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer.

Einleitung

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Die Bundesärztekammer erarbeitet zudem (Muster-) Logbücher für jedes Fachgebiet, in denen das Erlernte nachgewiesen werden muss. Eine Vergleichbarkeit der Ausbildung über Ländergrenzen hinweg soll so gewährleistet werden [16]. Die hier aufgeführten (Muster-)Logbücher beziehen sich noch auf die (Muster-)Weiterbildungsordnung 2003 in der Fassung vom 25.06.2010. Mit Inkrafttreten der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2018 in der Fassung vom 28.04.2020 werden diese von elektronischen Logbüchern abgelöst. Die jeweilige Implementierung obliegt den Landesärztekammern und ist bis dato (Stand 02.08.2020) noch nicht abgeschlossen.

Die folgende Tabelle zeigt die ultraschallbezogenen Ausbildungsinhalte und Richtzahlen der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2018 für die Fachgebiete Allgemeinmedizin, Innere Medizin (Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie) und Radiologie [15]. Bei den gelb hinterlegten Feldern sind keine Richtzahlen angegeben, bei den rot hinterlegten Feldern finden sich die Ausbildungsinhalte in den jeweiligen Fachgebieten nicht. Nicht aufgeführt sind echokardiographische und endosonographische Inhalte.

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Tabelle 1: Ultraschallbezogene Inhalte und Richtzahlen der Fachgebiete Allgemeinmedizin, Innere Medizin und Radiologie der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2018 in der Fassung vom 28.04.2020. (CW: Continuous-wave-Doppler; PW: Pulsed-wave-Doppler; CT: Computertomographie; MRT: Magnetresonanztomographie). Nach [15].

Ausbildungsinhalte Allgemeinmedizin Gemeinsame Inhalte Innere

Farbduplex-Sonographie der Arterien und Venen

B-Modus-Sonographie der peripheren Arterien und Venen B-Modus-Sonographie des Abdomens und Retroperitoneums einschließlich der Nieren und ableitender Harnwege von Schilddrüse, Lymphknoten, Leber

Sonographische Spezialdiagnostik, z. B. kontrastmittelgestützte Sonographie, Elastographie, Minisonden

Ultraschalluntersuchungen des Abdomens und Retroperitoneums einschließlich Urogenitalorgane im Rahmen der Erst- und Verlaufsdiagnostik

Ultraschalluntersuchungen der Schilddrüse im Rahmen der Erst- und Verlaufsdiagnostik

Physikalische Prinzipien der Sonographie einschließlich B-Bildgebung, Doppler- und Farbduplexsonographie und Frequenzanalyse

Ultraschallsonden und typische Artefakte

Indikationen für die Anwendungen von Ultraschallkontrastmitteln Indikation, Durchführung und

Befunderstellung von

sonographischen Untersuchungen aller Organe und Organsysteme einschließlich Doppler-/

Duplexsonographie von Arterien und Venen

800

Bewertung und Vergleich der Aussagekraft bildgebender Verfahren für unterschiedliche diagnostische Fragestellungen, insbesondere Radiographie, Fluoroskopie, CT, MRT und Sonographie

Einleitung

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Die folgende Tabelle zeigt die jeweiligen Richtzahlen der (Muster-)Logbücher für die Fachgebiete Allgemeinmedizin, Innere Medizin (Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie) und Radiologie [10–13].

Tabelle 2: Richtzahlen für Ultraschalluntersuchungen der Logbücher nach der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2003 in der Fassung vom 25.06.2010. Bei den gelb hinterlegten Feldern sind keine Richtzahlen angegeben, bei den rot hinterlegten Feldern finden sich die Ausbildungsinhalte in den jeweiligen Fachgebieten nicht. Nach [10–13].

Ausbildungsinhalte Allgemeinmedizin Allgemeine Innere Abdomens und Retroperitoneums einschließlich Urogenitalorgane

500 500 500

Ultraschalluntersuchungen der

Schilddrüse 150 150 150

Doppler-Sonographie der Extremitäten versorgenden und der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße

Abdominelle Sonographien einschließlich der Duplexsonographien der abdominellen und retroperitonealen Gefäße sowie sonographische Interventionen

200

Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Sonographie einschließlich ihrer Befundung

Moderne Untersuchungsverfahren wie der kontrastverstärkte Ultraschall oder die Elastographie finden sich in den Logbüchern nicht, lediglich die Duplexsonographie hat als Weiterentwicklung der Ultraschallmethode Einzug in die jeweiligen Logbücher erhalten. Trotz der rasanten technischen Entwicklung und des stetig wachsenden Stellenwertes der Sonographie findet sich keine Aufwertung der Methode im Sinne eines differenzierteren und erweiterten Ausbildungsprofiles in der aktuellen (Muster-)Weiterbildungsordnung. Der Vergleich der (Muster-)Weiterbildungsordnung von 2003 (Stand: 28.06.2013) mit derjenigen von 2018 (Stand: 28.04.2020) zeigt sogar, dass die sonographischen Anforderungen im Bereich der Allgemeinmedizin herabgesetzt wurden. Wurde die Doppler-Sonographie der Extremitäten versorgenden und der extrakraniellen Hirn versorgenden Gefäße 2013 noch eingefordert, findet sich dieser Ausbildungsinhalt in der (Muster-)Weiterbildungsordnung von 2018 nicht mehr [14]. Bedenklich ist weiterhin, dass der Ausbildungsinhalt „Bewertung und Vergleich der Aussagekraft bildgebender Verfahren für unterschiedliche diagnostische Fragestellungen, insbesondere […] CT, MRT und Sonographie“ ausschließlich für die Radiologie eingefordert wird. Verfügt ein klinisch tätiger Arzt nicht über diese Kompetenz, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die sonographische Untersuchung eine weiterführende Diagnostik einleiten, welche vermeidbaren Patientenschaden zur Folge haben kann. Allenfalls als weitgefasste Entsprechung ist die Handlungskompetenz „Indikationsstellung und Befundinterpretation weiterer bildgebender Verfahren“ der internistischen Facharztausbildungen zu werten.

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Ausbildungsanforderungen der DEGUM: Das dreistufige Ausbildungskonzept Für die Sicherung und Förderung der Ausbildungsqualität im Bereich des abdominellen Ultraschalls leistet die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin einen wesentlichen Beitrag. Mit über 10.000 Mitgliedern in Deutschland hat es sich die DEGUM zur Aufgabe gemacht, „die Qualität der Ultraschalldiagnostik in den jeweiligen Facharzt- und Schwerpunktausbildungen und in der klinischen Arbeit zu sichern“ [33]. Die Sektionen Chirurgie, Radiologie und Innere Medizin bieten hierfür ein dreistufiges Qualitätssystem für Ultraschallanwender an. Dieses umfasst die „Sicherstellung einer flächendeckenden Basisdiagnostik (Stufe I), eine spezialisierte Diagnostik in Kliniken und Praxen (Stufe II) sowie eine spezialisierte, wissenschaftlich orientierte Fachkompetenz für besondere Fragestellungen (Stufe III, Kursleiter)“ [27]. Aktuell listet die Website der DEGUM deutschlandweit 477 Ärzte der Stufe I, 197 der Stufe II und 88 der Stufe III im Bereich der Inneren Medizin [36].

Die Voraussetzungen für die Zertifizierung sind in der folgenden Tabelle dargestellt.

Einleitung

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Tabelle 3: Voraussetzungen für die Zertifizierung von Ultraschallanwendern. Aus den Anträgen für die Anerkennung der DEGUM Stufen I-III der Sektion Innere Medizin. (DEGUM: Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin; CA: Chefarzt).

Nach [30–32].

Stufe I Stufe II Stufe III

Mitgliedschaft in der DEGUM. DEGUM-Mitgliedschaft seit mindestens einem Jahr.

Urkunde DEGUM-Stufe II Innere Medizin (seit mindestens 2 Jahren).

Teilnahmebescheinigung eines Ultraschall-Dreiländertreffens in den letzten 2 Jahren vor Antragstellung.

CA-Bescheinigung über die laufende Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin oder Allgemeinmedizin oder Facharzturkunde Innere Medizin oder Allgemeinmedizin.

Facharzt-Urkunde Innere Medizin oder Allgemeinmedizin.

Ultraschallausbildung bei einem DEGUM-Ausbilder (Stufe II) oder (Kursleiter Stufe III) oder Hospitation von insgesamt 2 Wochen bei einem DEGUM-Ausbilder oder –Kursleiter.

CA-Bescheinigung über aktive Ultraschalldiagnostik in Innerer Medizin a. ganztägig mindestens 6 Monate oder b. begleitend mindestens 24 Monate.

CA-Bescheinigung über aktive Tätigkeit in der Ultraschalldiagnostik in Innerer Medizin über mindestens viereinhalb Jahre.

Nachweis von mindestens

6-jähriger aktiver

Ultraschalldiagnostik im Fachgebiet Innere Medizin (durch CA-Bescheinigung oder Zeugnisse).

Mindestens 800 eigenständig durchgeführte Sonographie, 400 eigene Untersuchungen pro Jahr (im Durchschnitt) in den 2 Jahren vor Antragstellung.

CA-Bescheinigung über mindestens 6000 eigenständig durchgeführte Sonographien oder 3000 Untersuchungen mit pathologischem Befund (jährlich mindestens 800 eigene Untersuchungen).

Nachweis von mindestens 10.000 persönlich durchgeführten Ultraschalluntersuchungen oder Untersuchungen von 5.000 Patienten mit pathologischen Befunden (durch CA-Bescheinigung, Controlling-Ausdruck oder Zeugnisse) Nachweis der Durchführung von mindestens 1.500 Sonographien oder Sonographien bei 750 Patienten mit pathologischem Befund jährlich (durch CA-Bescheinigung).

Nachweis regelmäßiger Ultraschallbesprechungen in der Klinik (durch CA-Bescheinigung). Tutoren- oder Referententätigkeit in DEGUM-zertifizierten Grund- und Aufbaukursen anerkannt.

oder Bescheinigung über Tutoren-/Referententätigkeit in diesen Kursen.

Teilnahmebescheinigung an einem medizindidaktischen Kurs.

Aktuelle Geräteausstattung und Dokumentationsmöglichkeiten.

Aktuelle Geräteausstattung und Dokumentationsmöglichkeiten.

Aktuelle Geräteausstattung und Dokumentationssystem.

Nachweis wissenschaftlicher Tätigkeit durch 10 Publikationen zu unterschiedlichen Themen der Sonographie, davon mindestens 5 in peer review-Zeitschriften.

Schriftliche Bürgschaft von einem DEGUM- Ausbilder (Stufe II) oder DEGUM-Kursleiter (Stufe III) der Sektion Innere Medizin.

Schriftliche Bürgschaften von zwei DEGUM-Kursleitern (Stufe III) der Sektion Innere Medizin.

Schriftliche Bürgschaften von drei DEGUM-Kursleitern Stufe III.

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Seit 2013 bieten die Sektionen Innere Medizin, Radiologie und Chirurgie ein zertifiziertes zweistufiges Kurssystem an, welches sich versteht als „Ergänzung, die Lücken bei der Ausbildung und Supervision im eigenen Krankenhaus schließt“ [24].

Für die Ausbildung in der Abdomensonographie finden Grund- und Aufbaukurse jeweils an mindestens drei aufeinanderfolgenden Tagen statt und umfassen 24 Unterrichtseinheiten à 45min. Zusätzlich zum Grund- und Aufbaukurs werden verschiedene Module wie die Kontrastmittelsonographie, die Sonographie der Schilddrüse, des Gastrointestinaltraktes und die Elastographie angeboten. Unter den Mitgliedschaften der ärztlichen Leiter der gastroenterologischen Abteilungen an deutschen Universitätskliniken nimmt die Zahl der DEGUM zertifizierten Ärzte zu [55].

Ausbildungsanforderungen der EFSUMB: Die „Minimum Training Recommendations“ der Ultraschalldiagnostik

Die European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB) besteht aus den 28 nationalen Ultraschallgesellschaften mit mehr als 19.000 Mitgliedern. Die Aufgaben der EFSUMB sind vielfältig. Neben der nationenübergreifenden Vernetzung von Ultraschallanwendern und -institutionen und der Ausrichtung des EUROSON Kongresses publiziert die EFSUMB auch Empfehlungen und Richtlinien zur sonographischen Ausbildung. In den „Minimum Training Recommendations for the practice of medical ultrasound in Europe“

werden drei Kompetenzlevel unterschieden. Stufe I deckt Kompetenzen ab, welche während der konventionellen postgradualen ärztlichen Weiterbildung erlangt werden sollten. Ein Ultraschallanwender der Stufe II sollte hingegen beinahe alle Pathologien in den relevanten Organsystemen erkennen und diagnostizieren können. Zudem sollen invasive Prozeduren durchgeführt und im Bereich Ultraschall geforscht werden. Das Kompetenzlevel III deckt sowohl spezialisierte Ultraschalluntersuchungen und invasive Verfahren als auch substanzielle Ultraschallforschung und -lehre ab. Differenziert beschrieben werden in den Publikationen sowohl Pathologien, welche die Anwender verschiedener Stufen zu erkennen haben, als auch organbezogene Untersuchungstechniken. Da der Ausbildungsprozess interindividuell unterschiedlich ist, soll ein Kompetenztest die Trainingsprogramme abschließen [40].

Einleitung

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Die folgende Tabelle zeigt die minimalen Trainingsanforderungen für Ultraschallanwender der Stufen I-III für gastrointestinalen Ultraschall.

Tabelle 4: Trainingsanforderungen für Ultraschallanwender der Kompetenzlevel I-III der EFSUMB. Nach: "Minimum Training Recommendations for the practice of medical ultrasound in Europe Appendix 5: Gastroenterological Ultrasound“ [40].

(EFSUMB: European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology)

Stufe I Stufe II Stufe III

5-10 Untersuchungen/ Woche unter

Supervision Nach Erlangen der Kompetenzstufe I:

Ein weiteres Jahr aktive Tätigkeit in der Ultraschalldiagnostik

Der Großteil der Arbeitszeit sollte gastrointestinalem Ultraschall gewidmet sein, neben der Anwendung umfasst dies Lehre und Forschung.

Gesamtzahl von mindestens 300

Untersuchungen Weitere 500 Untersuchungen Logbuch sollte Anwendung

verschiedener Techniken und

erreichte Kompetenzen

Absolvieren eines theoretischen Kurses und Eigenstudium geeigneter Fachliteratur

300 jährliche Folgeuntersuchungen