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Lebensmittelbedingte Erkrankungsfälle

Warengruppe 86: Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt

2 Warengruppenübergreifende Untersuchungen

2.1 Lebensmittelbedingte Erkrankungsfälle

Abb. 1 Entwicklung der Probeeinsendungen und Probenzahlen seit 2004 Tab. 1 Feststellungen zu Einzelproben

Im Jahr 2010 wurden am Landes-amt für Verbraucherschutz Sach-sen-Anhalt im Zusammenhang mit Erkrankungen 144 Einzelproben von Lebensmitteln sowie 44 Einsendun-gen von Abstrichproben, die 82 Er-krankungsgeschehen zugeordnet werden konnten, untersucht. Gegen-über dem Vorjahr ist die Anzahl der Erkrankungsgeschehen damit weiter-hin leicht rückgängig.

Die Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Anzahl der lebensmittelbedingten Erkrankungsgeschehen und Proben-zahlen seit dem Jahr 2004.

Bei 60 (41,7 %) Einzelproben han-delte es sich um Rückstell- bzw. Be-schwerdeproben (z. B. Reste von verdächtigten Lebensmitteln), bei denen ein direkter Bezug zum Er-krankungsgeschehen angenommen werden konnte. 84 (58,3 %) der Ein-zelproben waren Verdachtsproben oder Vergleichsproben, die im Zu-sammenhang mit aufgetretenen Er-krankungen entnommen wurden, bei denen aber ein unmittelbarer Zusam-menhang zu einer Erkrankung nicht bestand. Insgesamt wurden 221 Teil-proben untersucht.

34,1 % der Erkrankungen, in deren Zusammenhang Lebensmittelproben zur Untersuchung eingingen, waren Einzelerkrankungen. In 31,7 % der bekannt gewordenen Erkrankungen waren zwei oder mehr Personen be-troffen. Nur 9,8 % der Erkrankungen waren Gruppenerkrankungen von gleich oder mehr als zehn Personen.

In 24,4 % der Fälle war die Anzahl der Erkrankten unbekannt.

Bei 6,1 % der Erkrankungsgeschehen ließen die Untersuchungsergebnisse einen ursächlichen Zusammenhang mit den beschriebenen Erkrankun-gen erkennen.

Erkrankungshäufung durch Cam-pylobacter jejuni in einer Kin-dertagesstätte nach Verzehr von kontaminierter Rohmilch

Nach dem Besuch eines landwirt-schaftlichen Betriebes mit Roh-

125 348

124 276

129 242

131 321

97 220

83 178

82 144

0 50 100 150 200 250 300 350

Anzahl Probeneinsendungen und Einzelproben

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

Erkrankungsgeschehen Einzelproben

Rückstell- und

Beschwerdeproben Verdachts- und

Vergleichsproben Tupferproben (Abstrichproben) Feststellungen bei Einzelproben mit kausalem Zusammenhang oder

möglichem kausalen Zusammenhang

Campylobacter - 2

-Noroviren 1 -

-Salmonellen - 1

-Verderb 2 -

-sonstige Feststellungen bei Einzelproben

Noroviren 1

(Tupfer von Behälter) - 6

Staphylococcus aureus/

Enterotoxin 1 - 1

Clostridium perfringens 1 3

-Bacillus cereus 4 3

-Rotaviren - - 1

sonstiges 2 -

-hohe Keimgehalte,

Verderb 2 5

-milchverkostung erkrankten insge-samt 21 Kinder.

In sieben der untersuchten Proben von erkrankten Kindern wurde kultu-rell Campylobacter jejuni nachgewie-sen. Zur Aufklärung wurden an drei aufeinanderfolgenden Tagen Tank-sammelmilch sowie jeweils zehn Einzelproben von frischmelkenden Kühen untersucht. In zwei Einzel-gemelken und in einer Tankmilch-probe wurden Campylobacter jejuni nachgewiesen.

Die weiterführende Untersuchung am Robert Koch-Institut (RKI) Wer-nigerode zeigte, dass die Isolate der Erkrankten identisch waren. Die Er-krankung wurde damit offensichtlich durch denselben Bakterienstamm verursacht. Der in der Tankmilch-probe nachgewiesene Stamm war dem Erkrankungsstamm sehr ähn-lich. Die in den Einzelgemelken nach-gewiesenen Stämme unterschieden sich zwar deutlich von den bei den Erkrankten nachgewiesenen, die epidemiologische Untersuchung

(retrospektive Kohortenstudie) be-legte jedoch, dass die Erkrankungen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Aufnahme der Rohmilch zurückzu-führen waren.

Noroviren im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Erkrankungen

Mit 14,6 % wurde der Verdacht auf Noroviren als häufigste Erkrankungs-ursachen geäußert.

Nach einem Erkrankungsgeschehen mit gastrointestinaler Symptomatik in zwei Kindertagesstätten wurden drei Rückstellproben der ausgege-benen Essen und fünf Tupferproben von relevanten Stellen der Küche mi-krobiologisch untersucht. In der Teil-probe Kartoffeln wurden Noroviren nachgewiesen.

Nach den Informationen der zuständi-gen Überwachungsbehörde wurden in den betroffenen Kindertagesstätten bei 14 Personen Noroviren nachge-wiesen. Bei den Mitarbeitern der Kü-che verlief der Nachweis negativ. Ein Zusammenhang mit dem Verzehr der ausgelieferten Speisen konnte des-halb nicht ausgeschlossen aber auch nicht sicher bestätigt werden. Eine Aussage darüber, ob die Noroviren von der Küche durch Lebensmittel in die Kindertagesstätten eingebracht wurden oder umgekehrt durch zurück geführte Lebensmittelbedarfsgegen-stände, war nicht möglich.

In sieben überwiegend aus Einrichtun-gen der Gemeinschaftsverpflegung stammenden Probeneinsendungen konnte Norovirus-RNA in Tupferpro-ben aus dem Küchenbereich oder auf Rückstellprobenbehältnissen nach-gewiesen werden.

Krank durch Salmonellen

Der Verdacht auf Salmonellosen wird seit Jahren als eine der häufigsten Erkrankungsursachen genannt. 2010 wurde bei 11 % der Erkrankungsge-schehen der Verdacht auf Salmonel-leninfektionen geäußert.

Nur in einem Fall konnten Salmonel-len als mögliche Ursache der Erkran-kungen ermittelt werden. Nach dem Verzehr einer im Einzelhandel erwor-benen Grillhähnchenschenkelpfanne erkrankten vier Mitglieder einer

Familie ca. acht Stunden nach dem Verzehr der Hähnchenschenkel an Erbrechen und Durchfall. In der aus derselben Charge eingegangenen Vergleichsprobe wurde Salmonel-la ser. Ohio nachgewiesen. Aufgrund der Symptomatik der Erkrankungen konnte ein Zusammenhang zwischen dem Verzehr oder der Zubereitung der Grillhähnchenschenkelpfanne nicht ausgeschlossen werden.

Erkrankungen durch andere Ursachen:

• Nach Genuss eines Orangen-fruchtsaftgetränkes im Tetrapack aus dem Einzelhandel erkrankte eine Person mit Bauchkrämpfen und Übelkeit. Die zur Untersu-chung gebrachte Flüssigkeit der bereits angebrochenen Beschwerdeprobe fiel durch ihren lösemittelartigen Geruch auf. Im Vergleich zu den verschlossenen Verpackungen wurden erhöhte Gehalte an Ethanol und Ethyl-acetat (Essigsäureethylester, Essigester) ermittelt. Die Probe wies einen sehr hohen Gehalt an Hefen auf. Es war deshalb davon auszugehen, dass die erhöhten

Werte an Ethanol und Ethylacetat auf Verderbsprozesse durch Hefen zurückzuführen sind. Bei peroraler Aufnahme hoher Konzentrationen von Ethanol und Ethylacetat kann es zu Schleimhautreizungen kommen. Ein Zusammenhang zwischen dem Verzehr dieses Orangenfruchtsaftgetränkes und den beschriebenen Symptomen war daher nicht auszuschließen.

• Nach Genuss eines Grapefruit Direktsaftes aus dem Einzel-handel klagte eine Person über Bauchkrämpfe und Durchfall. Der Saft war am Vortag des Verzehrs geöffnet worden. Nach Eintritt der Beschwerdesymptomatik verwarf der Erkrankte die restliche Flüssigkeit und stellte daraufhin an der Verpackung Schimmel fest.

Der Schimmel aus der Verpa-ckung Grapefruit Direktsaft wurde zur Untersuchung eingesandt.

Im Rahmen der Untersuchung wurde Schimmel der Gattung Pinselschimmel nachgewiesen.

Gesundheitliche Beschwerden nach Verzehr derartig verdor-bener Lebensmittel sind nicht auszuschließen.

Campylobacter sind gebogene, spiralförmige begeißelte Stäbchen-bakterien, die sich korkenzieherartig bewegen. Ihr Wachstumsopti-mum liegt bei 42 °C. Aufgrund seiner höheren Körpertemperatur stellt Geflügel das Hauptreservoir für Campylobacter dar. Hauptinfektions-quellen sind unzureichend erhitztes oder kontaminiertes Geflügel-fleisch und -produkte, nicht pasteurisierte Milch, rohes HackGeflügel-fleisch und kontaminiertes Trinkwasser. Eine Übertragung ist jedoch auch durch den direkten Tierkontakt möglich. Die krankheitsauslösende Infektionsdosis ist mit ≥ 500 Keimen sehr niedrig. Die Inkubationszeit beträgt zwei bis fünf Tage, in Einzelfällen auch bis zu zehn Tagen.

Eine Infektion mit Campylobacter äußert sich durch meist krampfar-tige Bauchschmerzen, Durchfall und Fieber. Campylobacter überlebt sowohl Kühlung als auch Gefrieren. Dem Verbraucher kommt des-halb bei der Unterbrechung der Infektkette eine große Bedeutung zu. Bei der Speisenzubereitung ist die Küchenhygiene konsequent einzuhalten. Fleisch, insbesondere frisches oder tiefgefrorenes Ge-flügelfleisch ist gründlich durchzugaren. Rohmilch, die direkt vom Erzeuger abgegeben wird, ist abzukochen. Säuglinge, Kleinkinder sowie alte und abwehrgeschwächte Menschen sollten auf den Ver-zehr von rohen Lebensmitteln tierischer Herkunft verzichten. Kreuz-kontaminationen anderer Lebensmittel oder Bedarfsgegenstände sind durch gründliche Reinigung der Arbeitsflächen, Geräte und Hände mit heißem Wasser sowie getrennte Aufbewahrung und Zu-bereitung von anderen Lebensmitteln vermeidbar.

Sonstige Feststellungen

• Nach dem Verzehr von Schnitzel mit Ei und Brot in einem Backshop erkrankten zwei Personen ca.

neun Stunden nach Verzehr mit Übelkeit, Erbrechen und Fieber.

Es wurden eine geöffnete Schale mit Schnitzel und rohem Ei sowie Tupferproben zur Untersuchung eingesandt. Die Untersuchungen ergaben keinen Hinweis auf eine mögliche Erkrankungsursache.

Pathogene Keime konnten nicht nachgewiesen werden. Es fiel jedoch auf, dass sich in der geöffneten Originalverpackung drei rohe Eier und vier Schnitzel befanden. Die Eier hatten direkten Kontakt zur Panade der Schnitzel.

Auf der Eischale roher Eier werden regelmäßig Salmonellen nachge-wiesen. Somit besteht bei direktem Kontakt die Gefahr der Kreuzkon-tamination anderer Lebensmittel.

• Einige Stunden nach Verzehr von Kochschinken und geräucherter Rotwurst erkrankten zwei Perso-nen mit Übelkeit und Erbrechen.

Die Untersuchung der einge-gangenen Beschwerdeproben ergab keinen Hinweis auf eine mögliche Erkrankungsursache.

Pathogene Keime wurden nicht nachgewiesen. Bei der sensori-schen Prüfung fielen jedoch die graugrünlichen Verfärbungen des gepökelten Fleisches auf.

Als Ursache sind hauptsächlich mikrobielle Prozesse anzusehen.

Als Verursacher der sogenannten

inneren Vergrünungen gilt neben anderen Milchsäurebildnern vor allem Lactobacillus viridescens.

Beim Kochschinken kommt es nach dem Anschneiden und damit durch den Zutritt von Sauerstoff zur Entfärbung von Pigmenten im Inneren des Schinkens. Die Verfärbungen beruhen auf der schnellen Peroxidbildung durch die im Schinkeninneren überlebenden Keime. Meist treten keine weiteren Verderbserscheinungen auf. Beim äußeren Vergrünen kommt es zu grauen bis grünen Verfärbungen auf der Oberfläche des Schinkens.

Diese Erscheinungen werden durch Keime verursacht, die nachträglich auf den Schinken gelangt sind. Es gibt jedoch auch amikrobielle Verfärbungen, die sich im Schinkeninneren nach dem Anschneiden zeigen und häufig durch Nitritmangel bedingt sind. In ihrer Ausprägung ist eine Unterscheidung zu den mikrobiell bedingten Verfärbungen nicht möglich. Der nachgewiesene Gesamtkeimgehalt bestand in der Probe überwiegend aus Milch-säurebildnern. Es konnte daher nur vermutet werden, dass die Verfärbungen auf die Peroxidase-bildung durch Milchsäurebildner zurückzuführen sind.

• Aufgrund einer längere Zeit zurückliegenden Einzelerkrankung gelangte Thunfisch in Öl zur Unter-suchung. Die Probe entstammte einer Sterilkonserve und wurde

im Dienstleistungsbetrieb in einer Saladette in der Kühleinrichtung gelagert. Die Temperatur bei Entnahme betrug +18,9 °C. In der Probe wurden ein sehr hoher Gesamtkeimgehalt sowie hohe Gehalte an Enterobakterien, Hefen und Staphylococcus aureus sowie ein Histamingehalt von 6.533 mg/kg nachgewie-sen. Histamin als wichtigste Intoxikationsursache unter den biogenen Aminen entsteht beim Verderb durch Decarboxylierung von freien Aminosäuren durch z.

B. Enterobakterien. Durch eine strikte Einhaltung der Kühlkette bei Temperaturen unter 4 °C kann die Bildung biogener Amine verhindert werden. Die Verwendung von Thunfisch aus Großgebinden in Dienstleistungsbetrieben führt durch Rekontamination in Verbin-dung mit unzureichender Kühlung regelmäßig zu hohen Histaminkon-zentrationen. Temperaturen wie beispielsweise bei der Pizzaher-stellung zerstören das Toxin nicht.

Die Aufnahme von 100 mg Hista-min führt schon zu mittelschweren Vergiftungen. Histaminvergiftungen gehen in Abhängigkeit mit der aufgenommenen Menge einher mit Kopfschmerzen, Unwohlsein, Brechreiz, Kreislaufbeschwerden und allergischen Reaktionen. Bei empfindlichen Personen kann schon die Zufuhr kleiner Mengen Histamin zu Beschwerden führen.