• Keine Ergebnisse gefunden

Kurzbeschreibungen und unterschiedliche Zugänge

Im Dokument Blue Globe Foresight (Seite 35-41)

2. Die drei untersuchten Beratungsprojekte

2.1. Kurzbeschreibungen und unterschiedliche Zugänge

Die drei im Rahmen dieser Studie untersuchten Beratungsprojekte hatten teilweise sehr un-terschiedliche Zugänge, um potentiell von Energiearmut betroffene Haushalte zu erreichen, wodurch es möglich war, sehr unterschiedliche Haushaltstypen und Ausprägungen von Energiearmut zu analysieren. Im Folgenden werden die unterschiedlichen Zielgruppen und Zugänge differenziert nach Projekten dargestellt.

2.1.1. VERBUND-Stromhilfefonds der Caritas Kurzbeschreibung

Seit der Gründung des VERBUND-Stromhilfefonds der Caritas im November 2009 werden einkommensschwache Haushalte, welche über die 36 Sozialberatungsstellen der Caritas in ganz Österreich ausgewählt werden, durch Energieeffizienzmaßnahmen unterstützt.

Das Projekt wirkt durch drei aufeinander abgestimmte Schritte:

30

1) Energieberatungen: EnergieberaterInnen in ganz Österreich betreuen die KlientInnen individuell in ihren Haushalten. Sie erfassen die „Energiefallen“ und geben Tipps zum Energiesparen. Gleichzeitig erheben sie den Bedarf für neue E-Geräte, die weniger Strom verbrauchen und leiten damit den Gerätetausch – die 2. Säule der Fondsleistungen – ein.

2) Gratis-Gerätetausch: Der Fonds bietet den Gratis-Tausch alter und nicht effizienter Elektrogeräte wie Kühlgeräte, Herde, Waschmaschinen und Boiler. Bosch-Siemens-Neff unterstützt als Kooperationspartner des VERBUND-Stromhilfefonds der Caritas diesen Gerätetausch.

3) Finanzielle Überbrückungshilfe für Stromrechnungen: Unabhängig vom Strom-lieferanten stützt der Fonds offene Stromrechnungen, sodass Ratenzahlungen ermöglicht und Stromabschaltungen vermieden werden.

Teil des Projekts ist auch die Zweitberatung nach einem Jahr, die eine Evaluierung der gesetzten Maßnahmen ermöglicht, um festzustellen, ob die Hilfe wirkt.

Seit Beginn des Projekts konnten insgesamt 2.410 Haushalte mit insgesamt 6.281 in den Haushalten lebenden Personen unterstützt werden. 1.632 Haushalte nahmen seit Beginn des Projekts die kostenlose Energieberatung in Anspruch. Im Zuge der Beratung wurden Energiespartipps und Informationen weitergegeben, aber auch schadhafte und alte Elektrogeräte identifiziert und zum Tausch ausgewählt. In 1.110 Haushalten wurde der Austausch eines stromfressenden Geräts veranlasst.

Zielgruppe des Projektes

Zielgruppe des VERBUND-Stromhilfefonds der Caritas sind Menschen, die sich finanziell in einer prekären Situation befinden und Schwierigkeiten haben, ihre Kosten für Energie zu decken.

Zugang zur Zielgruppe

Der Zugang erfolgt ausschließlich über die 36 Caritas-Sozialberatungsstellen. Die KlientInnen nehmen persönlich/telefonisch Kontakt zu den Sozialberatungsstellen der Caritas auf und entsprechend den in der Diözese üblichen Regularien nehmen sie den vereinbarten Termin/Kontakt aktiv wahr.

Bei der Beratung wird differenziert, was bestimmte Projekte leisten können und demnach werden die KlientInnen je nach Problemlage daraufhin zum VERBUND-Stromhilfefonds der Caritas oder zu anderen Stellen (z.B. die Ombudsstelle der Wien Energie) geschickt.

Auswahl der projektrelevanten Haushalte

Haushalte werden dann an den VERBUND-Stromhilfefonds der Caritas vermittelt, wenn es in den beratenen Haushalten: eine (unerwartet) hohe Energierechnung gibt, es beim Gespräch

31

über Missstände in der Wohnung (z.B. Kälte) oder Haushaltsgeräte (z.B. ineffizient) geht oder nach einer Stromabschaltung.

Die Sozialberatungsstellen vermitteln nur jene KlientInnen ins Projekt, die konkrete Bereitschaft äußern und auch entsprechend belastungsfähig sind. Ebenso wird versucht, mögliche sprachliche Barrieren im Vorfeld abzuklären.

KlientInnen müssen dann bereit sein für einen BetreuerInnen-Wechsel (von SozialarbeiterInnen zu EnergieberaterInnen). Darüber hinaus müssen die KlientInnen Daten (z.B. Energierechnungen) hergeben und bereit sein, EnergieberaterInnen in ihre Wohnung zu lassen, was für einige eine Hemmschwelle darstellt.

Erreichung der Zielgruppe

Durch die Auswahlkriterien der Sozialberatungsstellen konnten sehr gezielt einkommens-schwache Haushalte erreicht werden, die besonders im Umgang mit Energie oder der Bezahlung der Energierechnung Probleme haben.

Grundsätzlich gibt es eine gewisse Hemmschwelle, sich hilfesuchend an die Caritas zu wenden. Das bedeutet, dass Menschen, die sich nicht dazu entscheiden, sich an die Caritas zu wenden (z.B. aus Scham), durch den VERBUND-Stromhilfefonds der Caritas nicht unterstützt werden können.

2.1.2. Stromspar-Check Kurzbeschreibung

Der kostenlose Stromspar-Check der Caritas Vorarlberg hilft Haushalten mit geringem Ein-kommen, den Stromverbrauch zu senken und Geld zu sparen. Das Projekt wurde in den Jahren 2011–2014 gemeinsam mit Caritas-PartnerInnen in der Schweiz und Deutschland gestartet und von der EU als INTERREG-Projekt gefördert. 20 aktive Freiwillige und fünf EnergieberaterInnen haben seit Projektbeginn ca. 300 Haushalte in Vorarlberg mindestens einmal besucht. PartnerInnen der Caritas Vorarlberg sind die Vorarlberger Kraftwerke (VKW) und das Energieinstitut Vorarlberg (EIV).

Vor Ort beraten freiwillige StromsparhelferInnen und EnergieberaterInnen über Energie-sparmaßnahmen. Ziel ist es, den Energiebedarf zu reduzieren, die Haushaltsbudgets zu ent-lasten und damit zu mehr Lebensqualität beizutragen. Unterstützt werden die jeweiligen Haushalte auch mit Energiesparartikeln (z.B. Energiesparlampen, Wasserkocher, wasser-sparende Duschköpfe, schaltbare Steckerleisten) im Wert von rund 70 €.

Das Projekt ist vor allem auf eine entsprechende Verhaltensänderung bei den Zielgruppen ausgerichtet. Die Haushalte werden mehrmals besucht (bis zu drei Besuchen pro Haushalt);

neben Energiethemen kann auch in anderen Problemlagen geholfen werden. Weitere Infor-mationen zum Projekt unter www.caritas-vorarlberg.at/stromsparcheck.

32 Zielgruppe des Projektes

Der Stromspar-Check richtet sich an einkommensschwache Haushalte, insbesondere an solche, die Transferleistungen aus dem Sozialsystem erhalten. Ein Hauptgrund für die Einführung des Angebots war, dass diese Bevölkerungsgruppen mit bestehenden Angeboten nur schwer erreicht werden konnten.

Im Stromspar-Check arbeiten nicht nur EnergieberaterInnen, sondern auch freiwillige StromsparhelferInnen mit. Das eröffnet Möglichkeiten, bei Bedarf auch soziale Angebote zu vermitteln.

Zugang zur Zielgruppe

Das Angebot wird Caritas-intern von den verschiedenen Fachbereichen (Sozialberatungsstellen, Flüchtlings- und Migrantenhilfe, Arbeitsprojekte, Menschen mit Behinderung,…) mitgetragen und bekannt gemacht. Die konkreten Zugänge sind sehr unterschiedlich: Kurze Vorstellung des Stromspar-Check in Schulungen, Empfehlungen in Beratungsgesprächen oder direkte in den einzelnen Stellen und Einrichtungen bis hin zu Beratungen in WGs. Die Frage ist: Wo und wie können die Personen mit Bewusstseins-bildung am besten erreicht werden?

Ferner besteht mit Gemeinden und anderen Sozialberatungsstellen in Vorarlberg Kontakt.

Sie machen gezielt ihre BürgerInnen/KlientInnen auf den Stromspar-Check aufmerksam.

Gutscheine für einen Stromspar-Check werden z.B. seit 2013 über mehrere größere Gemeinden an Personen ausgegeben, die einen Antrag auf Heizkostenzuschuss stellen.

Anmeldungen laufen über die Koordinationsstelle – oder im Fall von Stromhilfefonds-KlientInnen über die Sozialberatungsstelle. Im ersteren Fall erfolgt eine kurze Information und Abklärung – meist am Telefon.

Auswahl der projektrelevanten Haushalte

Meist ergibt sich über den Weg zum Stromspar-Check schon ein Bild vom Haushalt (Anmeldung bei einer Schulung für Konventionsflüchtlinge oder Langzeitarbeitslose, Kontakt über die Sozialabteilungen von Gemeinden oder die Schuldenberatung, Anmeldung im Zusammenhang mit dem Heizkostenzuschuss,…). Der Zugang wird bewusst niederschwellig gehalten.

Wenn sich bereits beim ersten Kontakt ergibt, dass jemand nicht in die Zielgruppe fällt, wird auf alternative Angebote hingewiesen (reguläre Energieberatung durch die Energieanbieter oder das Energieinstitut).

Erreichung der Zielgruppe

Die beratenen Haushalte lassen sich nicht schwerpunktmäßig einer einzigen Gruppe zurechnen. Betrachtet man die rd. 400 Anmeldungen seit 2011, ergibt sich ganz grob folgendes Bild:

33

• Rund 30% über die Fachbereiche und Beratungsstellen, WGs, Familienhilfe etc. der Caritas Vorarlberg

• Knapp 20% kamen über Schulungen für Langzeitarbeitslose, MigrantInnen, Konventionsflüchtlinge

• 15% über Kommunen (Antrag auf Heizkostenzuschuss, Sozialstellen,…)

• 5% über die Schuldenberatung

• Der Rest verteilt sich sehr bunt auf andere Beratungsstellen, Tischlein deck´ dich bis hin zu Weiterempfehlungen im Bekanntenkreis

2.1.3. Grätzeleltern Kurzbeschreibung

Engagierte BewohnerInnen, so genannte Grätzeleltern, unterstützen andere Menschen in ihrem Umfeld dabei, ihre Wohn- und Lebenssituation aktiv zu gestalten. Sie geben Wissen und Erfahrungen zu Fragen des Wohnens und Zusammenlebens weiter und bauen Brücken zu diversen Einrichtungen. Die Grätzeleltern besuchen Menschen in schwierigen Wohnsituationen auf Anfrage zuhause. Sie bieten niederschwellige Hilfe zur Selbsthilfe zu verschiedenen Themen – von Energiesparen über Schimmelbekämpfung bis zu wohnrechtlichen und sozialen Fragen. Mit dem Projekt sollen nachbarschaftliche und soziale Netzwerke gestärkt sowie Kompetenzentwicklung und soziale Teilhabe gefördert werden.

Die ehrenamtlich tätigen Grätzeleltern sind unterschiedlicher Herkunft, sie beraten kostenlos und wenn möglich auch muttersprachlich. Im Pilotprojekt waren 16 Grätzeleltern als MultiplikatorInnen tätig. Zwischen Oktober 2012 und Juni 2013 konnten insgesamt 136 Haushalte im Rahmen von 278 Hausbesuchen bzw. anderen Unterstützungsleistungen von den Grätzeleltern unterstützt und begleitet werden.

Zielgruppe des Projektes

Zielgruppen des Projekts Grätzeleltern sind Menschen in schwierigen Wohnsituationen, die von bestehenden Beratungsangeboten schwer erreicht werden bzw. zu diesen schwer Zugang haben. Dabei sollen vor allem BewohnerInnen in strukturschwachen Wohngebieten mit erhöhtem Sanierungs- und Betreuungsbedarf angesprochen werden, sowie Menschen, deren Zugang zu Beratungsangeboten aufgrund sprachlicher, kultureller oder anderer Barrieren eingeschränkt ist. Das gewählte Schwerpunktgebiet im südlichen Wiener Westgürtel ist im Vergleich zu anderen Gebieten in Wien durch einen hohen Anteil an historischer Bausubstanz mit Sanierungsbedarf gekennzeichnet sowie durch einen vergleichsweise hohen Anteil an BewohnerInnen mit Migrationshintergrund, mit geringem Einkommen und Ausbildungsgrad. Armut paart sich dabei häufig mit Energiearmut.

Zugang zur Zielgruppe

Erreicht werden sollen diese Zielgruppen über MultiplikatorInnen aus dem Gebiet bzw. aus den verschiedenen Communities. Die so genannten Grätzeleltern sind aufsuchend im

34

Rahmen von Hausbesuchen unterwegs und unterstützen andere Menschen in ihrem Umfeld dabei, ihre Wohn- und Lebenssituation aktiv zu gestalten. Sie bieten Hilfe zur Selbsthilfe, indem sie über Ansprüche und Möglichkeiten informieren, gemeinsam mit den Besuchten konkrete Handlungsoptionen entwickeln, bei deren Umsetzung unterstützen und zu professionellen Beratungsangeboten vermitteln. Die Kontakte für Hausbesuche entstehen dabei einerseits über die Bewerbung des Angebots in lokalen Einrichtungen und Vernetzungsplattformen, bezirksbezogenen Print- und Online-Medien, sowie andererseits über die Netzwerktätigkeit der Grätzeleltern selbst in ihren Communities, Nachbarschaften, sozialen Netzwerken und bei von ihnen in ihrem Alltag genutzten Einrichtungen (wie Kindergarten, Schule, Supermarkt, Deutschkurs, Beratungseinrichtungen, MigrantInnen- und Kulturvereine, religiöse Organisationen, usw.). Über die Bewerbung des Angebots durch das Projektteam fanden ca. 20% zum Projekt, während ca. 80% der Hausbesuche auf Initiative der Grätzeleltern direkt zustande kamen. Über Mundpropaganda in Communities und Nachbarschaften ergaben sich in weiterer Folge ebenfalls konkrete Anfragen für Hausbesuche. Die Bewerbung des Angebots wurde durch Folder, Plakate, mehrsprachige Flyer, sowie Visitenkarten unterstützt.

Die Zusammensetzung der Grätzeleltern ist – wie die der BewohnerInnen – vielfältig (in Hinblick auf Alter, Geschlecht, Ausbildung, Migrationshintergrund und Sprachen). Sie arbeiten ehrenamtlich, sind in interkulturell zusammengesetzten Tandems tätig und erhalten für ihre Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung. Die ehrenamtliche, aufsuchende und teilweise muttersprachliche Tätigkeit ermöglicht einen niederschwelligeren Zugang auch zu Gruppen, die von offiziellen Institutionen und bestehenden Beratungsangeboten kaum bzw.

schwer erreicht werden.

Auswahl der projektrelevanten Haushalte

Hilfesuchende Menschen, die sich mit Anfragen rund um Themen des Wohnens und Zusammenlebens an das Projekt wandten, wurden von den Grätzeleltern besucht. Der erste Kontakt fand in vielen Fällen bei den Grätzeleltern selbst statt. Bei Anfragen ans Projektteam wurden die Anfragen an die Grätzeleltern (z.B. je nach Muttersprache) weitergeleitet. Die Bandbreite möglicher Themen war sehr breit. Einzelne Fälle wurden vom Projektteam nicht angenommen, sondern aufgrund ihrer spezifischen Thematik gleich telefonisch an eine entsprechende Ansprechstelle weitervermittelt . Über die sozialen Netzwerke der Grätzeleltern wurde das Projekt in vielfältiger Weise weiterverbreitet. Bei Anfragen von außerhalb des vorab definierten Schwerpunktgebiets wurde vom Projektteam empfohlen, kurze Rücksprache zu halten. Prinzipiell wurden thematisch passende Anfragen allerdings immer entgegengenommen und bearbeitet.

Die Grätzeleltern gehen offen in die Haushalte und reagieren auf die vor Ort angetroffenen Bedürfnisse und Anliegen. Sie geben vielfältige lebensweltnahe Tipps und Unterstützungs-angebote – u.a. auch zum Thema Energiesparen. Wenn im Haushalt Zahlungs-schwierigkeiten mit Energierechnungen oder besonders hohe Energierechnungen oder

35

besonders alte Geräte oder Schimmel angetroffen wurden, wurde das Projektteam informiert und nach Möglichkeit eine professionelle Energieberatung in Auftrag gegeben.

Erreichung der Zielgruppe

Es konnten tatsächlich viele Menschen mit niedrigem Einkommen sowie viele Menschen mit Migrationshintergrund erreicht werden, die mit vielfältigen Hindernissen und Barrieren konfrontiert und damit in ihrer Handlungsfähigkeit häufig eingeschränkt sind. Viele der von den Grätzeleltern besuchten Menschen wohnen in großteils unsanierten Gebäuden und Wohnungen, viele sind von Energiearmut betroffen, darüber hinaus aber auch mit multiplen Bedarfs- und Problemlagen konfrontiert.

Im Dokument Blue Globe Foresight (Seite 35-41)