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Kreative Organisationsgestaltung und Berufliche Bildung in Freiheit - Ausbildung als

"Bildung"

1. Das Forschungsthema

Die Arbeit verfolgt das Ziel, die Entwicklungsschritte der Berufsbildungsstätte Voith (Ausbil-dungsstätte für die gewerblichen- und technischen Berufe Industriemechaniker, Zerspanungsmechaniker, Konstruktionsmechaniker, Technische Zeichner, Elektroniker und dem Förderlehrgang Voith), im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen Veränderungen, gesellschaftlichen Bedingungen und dem Anspruch einer entwicklungsbezogenen Begleitung und Förderung der jugendlichen Nachwuchskräfte reflektiert darzustellen. (Im September 2004 wurde der Förderlehrgang Voith mit verändertem Konzept durch die Private Sonderberufsfachschule und die Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme ersetzt.

Zielgruppe sind benachteiligte Jugendliche, die zur Ausbildungs- und Arbeitsplatzreife geführt werden.) Im Mittelpunkt stehen die Evaluationen der Möglichkeiten einer Bildung in Freiheit mit den Zielen die Individualität und Handlungsfähigkeit der Jugendlichen zu fördern, die fachlichen Kernqualifikationen zu vermitteln und die sozialen Grundlagen zur Mitgestaltung einer kreativen beruflichen Gemeinschaft (Organisationsgestaltung) zu schaffen.

2. Persönliche Motivation und Fragestellung

1999 stellte sich in Fachkreisen die Ausgangsfrage der Arbeit: Sind die Konzepte und Methoden der Berufsbildungen zukunftsfähig im Hinblick

- auf die Permanenz vielfältiger Veränderungen der beruflichen Praxisfelder,

- auf die veränderten Anforderungen durch die Neuordnungen der gewerblichen Berufe, die mit dem Ausbildungsjahr 2004/2005 in Kraft treten,

- auf die Notwendigkeit der verstärkten Orientierung an Bildung und Förderung der Persönlichkeiten

- auf die seit 2003 erlebbaren Auswirkungen der Umstrukturierungen innerhalb der Bundesagentur für Arbeit und dem damit verbundenen Wechsel der Zuständigkeiten für Maßnahmen zur Berufsvorbereitung an das Bildungsministerium.

Die Realisierung in der Praxis wurden im Wesentlichen den Mitarbeitern (v. a. den Ausbildern) „vor Ort„ übertragen. Der Alltag offenbarte allerdings schnell, dass die Umsetzung von Entwicklungsschritten, die sich an den von der Ausbildungsleitung (Personalleitung) formulierten Zielen orientierten, nicht nur umfassende strukturelle, organisatorische und methodische Neuorientierungen und Kompetenzen erforderte, sondern auch eine soziopsychologische Entwicklungsdimension enthielt. Ich erkannte, dass der persönlichen Beweglichkeit sowie Bereitschaft und Offenheit der AusbilderInnen, bzw.

pädagogischen MitarbeiterInnen für die neuen Aufgaben im Zusammenhang mit der Organisationsentwicklung eine Schlüsselfunktion zukam. Grundlegende Veränderungen waren nicht über hierarchische Strukturen und durch Anordnungen zu erreichen, sondern erforderten die prozessorientierte Zusammenarbeit und individuelle Lernbereitschaft von Personalleitung, Ausbildungsleitung, Fachausbildern, Wissenschaftlichen Lehrern und Auszubildenden.

Spezielles Ziel dieser Arbeit ist die interne und externe Bewusstmachung dieses Problemfeldes bei Ausbildungsleitung, Personalleitung und Fachöffentlichkeit.

Welches Persönlichkeitsprofil und welche fachlich-methodischen Kernqualifikationen braucht ein Fachausbilder für die (Mit-)Gestaltung einer gegenwarts- und zukunfts-orientierten Berufsbildung? (Forschungsfeld gewerblich-technischer Bereich)

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(Die vorgegebene Zielrichtung an die Berufsbildung Voith war, durch die verstärkte Orientierung an Bildung und durch die Förderung der Persönlichkeitsmerkmale die Berufsreife der Auszubildenden zu verbessern. Darüber hinaus erhofften sich die Verantwortlichen mittelfristig eine weitere messbare Steigerung der Lernergebnisse und Prüfungsleistungen der zukünftigen Facharbeiter und die Verbesserung der inhaltlichen Kompetenzen hinsichtlich des Betriebseinsatzes).

Meine Motivation diese Fragestellung zu diskutieren und der gegenwärtigen Ausbildungspraxis Alternativen für die Gestaltung, verbunden mit radikalen Veränderungsforderungen v. a. bezüglich der Rolle des Ausbilders und der Methodik gegenüberzustellen, erwuchsen aus den vielfältigen Wahrnehmungen und persönlichen Erfahrungen als pädagogischer Mitarbeiter der Berufsbildung Voith in Heidenheim. Das Hauptinteresse meiner Forschungen richtete sich auf die Offenlegung der Bewusstseinsentwicklungen, bzw. persönlichen Veränderungen der beteiligten Personen im Laufe des Prozesses (u. a. Ausbilder, Ausbildungsleitung, Jugendliche, Führungskräfte).

Denn ich schrieb den menschlichen Qualitäten eine zentrale Bedeutung für die Gestaltung der sozialen Prozesse (auch des wirtschaftlichen- und gesellschaftlichen Lebens) zu als Grundlage für den kreativen Umgang mit den neu angewandten Konzepten, Methoden und Instrumentarien. Meine Aufmerksamkeit richtete sich im Wesentlichen auf die Reflektion der Alltagsgestaltung durch die Person des Lern- und Entwicklungsbegleiters, bzw. der Führung einer Gruppe während der Prozessphasen, sowie der Möglichkeiten von Transformationen auf andere Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen und -initiativen.

3. Forschungsinteressen

Meine Forschungsinteressen zielten

- auf eine offene Diskussion über die Rolle der AusbilderInnen, bzw. der pädagogischen MitarbeiterInnen in der Berufsbildung,

- auf innovative und radikale Veränderungen von Organisationsgestaltungen, Konzepten und Methoden mit der Orientierung an dem Grundsatz Berufsausbildung als „Bildung„ zu gestalten,

- auf die Vertrauensbildung für die von mir vertretene Richtung einer Entwicklung bei Entscheidungsträgern und Führungskräften, u. a. durch Transparenz der Aktivitäten und dem Vergleich der Ergebnisse mit den gesetzten Zielen, d.h. durch die Darstellung meiner Forschungsergebnisse sowie der einzelnen Veränderungsphasen innerhalb der Berufsbildung Voith, Standort Heidenheim von 1999 bis 2004,

- auf die Fundierung und Durchdringung meiner Hypothesen durch die Auseinandersetzung mit den entsprechenden Theorien,

- auf die Erarbeitung eines konstruktiven Beitrags für die öffentliche Diskussion über notwendige Erneuerungen einer zukunftsorientierten Berufsbildung.

4. Entwicklungsplan (Analyse - Diagnose - Visionen und Ideen) - Orientierungen – Forderungen - Gestaltung von Zusammenarbeit

Der Entwicklungsplan wurde von der Ausbildergruppe erarbeitet. Die Wahrnehmung meiner Teilnehmenden Beobachtungen, die Beschreibungen der Erfahrungen und die Kritik an der gegenwärtigen Praxis durch die Gruppenmitglieder, die Offenlegung der Erwartungen an die Berufsbildung Voith durch die Führungskräfte und die Vertreter der Standortfirmen wurden als Ist-Stand (Analyse) festgeschrieben.

Danach führten die Ausbilder in mehreren „Round-table-Gesprächen„, mit Berücksichtigung mehrerer unter meiner Moderation, bzw. Leitung durchgeführten Gruppen- und Einzelinterviews, die Diagnose durch. Im Mittelpunkt stand die Offenlegung der Problemfelder. In diesen Prozess war der Ausbildungsleiter und der Personalleiter eingebunden.

Die Forderungen und Ideen wurden in die konkreten Aufgabenstellungen und organisatorischen Planungen der Entwicklungsschritte der Projektgruppe eingearbeitet:

- 3 - Phase 1 der Planung: von 1999 bis 2001 - Veränderung der Rolle des Ausbilders

- Neugestaltung des Bewertungs- und Beurteilungssystems

- Konzeptionelle Neuorientierung des betriebseigenen allgemeinbildenden Unterrichts - Schaffung der Funktion des Prozessbegleiters

- Arbeitsorganisatorische Veränderungen, d.h. verstärkte Projekt- und Prozessorientierung, mehr Gruppenarbeit, Visualisierung von Arbeitsprozessen und Präsentationen der Ergebnisse nach Lernphasen

Phase 2 der Planung: von 2001 bis 2003

- Identifikation mit der Ausbildungsphilosophie und dem Leitbild als „geistige„ Orientierung auf dem Weg zu einer lebendigen Organisation

- Schaffung von kultureller Umwelt

- Abbau von Hierarchien, bzw. formaler Organisation, und Gestaltung der Zusammenarbeit auf der Grundlage einer dynamischen und lernenden Gemeinschaft („new economie„) nach dem Grundsatz: „Von der überwachenden zu einer gegenseitig unterstützenden Führung„

- Erweiterung der Orientierung an Bildung und individueller Förderung der Persönlichkeiten aufgrund der „gelebten„ Veränderungen des Rollenverständnisses als Ausbilder und Lernbegleiter und den damit verbundenen konzeptionellen und methodischen Veränderungen

- Konzeptionelle und methodische Erneuerungen im Förderlehrgang Voith 2001 - 2002 und 2004 als Antwort auf die veränderten Rahmenbedingungen

5. Forschungverlauf

> Diagnosebeschreibung, Oktober 1999

Die Diagnosebeschreibung wurde durch die Fachausbilder, den Ausbildungsleiter und die Vertreter der Allgemeinbildung im Rahmen von 4 „Round-table Gesprächen„ erarbeitet. 16 Kollegen trugen dabei ihre Wahrnehmungen zum pädagogischen Konzept der Berufsbildung, der didaktisch-methodischen Gestaltung der Lernabschnitte, zu den strukturellen Gegebenheiten, den erlebten Missverständnissen in der Kommunikation zusammen. (Zusätzliche Daten erhielt ich aus Leitfaden-Interviews und Gesprächen mit Fachausbildern aus einzelnen Berufsfeldern).

> Entschluss zur Umsetzung „neuer Ausbildungswege„, November 1999

Nach der Entschlussfassung im November 1999 wurden die Ziele für den Entwicklungsplan von den16 Teilnehmern festgeschrieben.

> Entwicklungsbegleitung

Insgesamt begleitete ich 5 Azubigruppen durch Teilnehmende Beobachtung, Leitfaden-Inter- views und Gruppendiskussionen, bzw. -reflektionen während einzelner Lernabschnitte des veränderten Ausbildungsalltags. Das Interesse galt der Fragestellung, ob durch die „neuen Ausbildungswege“ der Fachausbilder im Hinblick auf die Ausbildungsziele (u. a. durch Zielge-spräche führen, Zwischenziele setzen, sich an den einzelnen Persönlichkeiten orientieren, Anbieten von offenen Themenstellungen) etwas erreicht, wahrnehmbar, und beschreibbar wird, was bisher weniger gut gelang. Eine der Gruppen (Industriemechaniker, 2. Ausbildungsjahr) galt als Kontrollgruppe. Sie wurde nach den herkömmlichen Ausbildungsprinzipien und -methoden geführt. Die verantwortlichen Ausbilder beteiligten sich weniger am Team-teaching und der Ausbilderkooperation „Neue Wege„. In der Projektgruppe wurden die im Zeitraum seit November 1999 aus den Erfahrungen des Ausbildungsalltags sich ergebenden Aufgaben ebenso wie die Rückmeldungen aus den Leitfaden-Interviews und den Gruppengesprächen wahrgenommenen und in die sich wandelnden Zielformulierungen eingearbeitet. Die Berufsbildung orientierte sich dabei an folgenden 9 Zielkriterien verbunden mit der Fragestellung:

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Welche Auswirkungen wurden hinsichtlich der Kriterien Individualität, Mündigkeit/Urteils-fähigkeit, Kreativität, Selbstmotivation, Prozessorientierung, Wertesystem/Soziales Ver-halten, Orientierungswissen, Methodische Fähigkeiten und Basale Kulturwerkzeuge bei den Azubis sicht- und erlebbar?

Die Erfahrungen von drei Ausbildern bezogen auf die Auswirkungen der Rollenveränderungen auf die Lernräume und die Azubis erfasste ich ebenfalls mit den Methoden der Teilnehmenden Beobachtung und Leitfaden-Interviews (Zeitraum Januar 2002 bis März 2004).

Schaubild Bedingungsdreieck 1

> Organisationsentwicklung

- In der Projektgruppe der Ausbilder wurden in regelmäßigen Meetings (Zeitraum: seit No-vember 2000) über die im Zusammenhang mit der Gesamtentwicklung notwendigen ar-beitsorganisatorischen, bzw. methodischen „neuen Wege„ (Grundsatz: „Weniger Übungs-stücke - mehr Methode„) diskutiert, Erfahrungen offen gelegt und die jeweiligen Konsequenzen hinsichtlich der Rolle des Fachausbilders und wissenschaftlichen Lehrers (betriebseigene Allgemeinbildung) offen angesprochen und in die Ausbildungsgestaltung integriert. Im Allgemeinbilden den Unterricht (Kultur- und Sozialkunde) fanden mit Azubis verschiedener Berufsgruppen unter Anwendung der Methoden Gruppengespräche, Leit-faden-Interviews und Reflektionen zu den prozessorientierten Gruppenarbeiten und Pro-jekten, den Erfahrungen mit offenen Themenstellungen, dem „Lernen in Zusammenhängen„ und der Visualisierung von Arbeitsabläufen und -planungen statt. Die Jugendlichen führten Lerntagebücher.

- Durch die vielfachen Änderungen erkannten die beteiligten Ausbilder auch die Notwendigkeit einer ständigen Auseinandersetzung mit der Firmen- und Ausbildungsphilosophie und der Erneuerung des Leitbilds für die Berufsbildung Voith, Standort Heidenheim, die ab 2001 in den Meetings stattfand. Im Laufe der gesamten Entwicklungszeit erkannte die Projektgruppe, dass die personenorientierten Umorientierungen den Abbau von Hierarchien, bzw. von formaler Organisation erforderte und die Zusammenarbeit auf den Grundgedanken und Methoden einer lernenden dynamischen Gemeinschaft stattfinden muss. Während der Teilnehmenden Beobachtung, in Gruppengesprächen und durch die Leitfaden-Interviews fanden auch diese Themen die angemessene Aufmerksamkeit in den Auseinander-setzungen.

- Eine Arbeitsgruppe (5 Personen) erarbeitete von November 1999 bis Juli 2000 ein zeitge-mäßes Bewertungs- und Beurteilungssystem. Es basiert auf den geistigen Grundlagen der Begegnung und des Dialogs und wurde in drei Azubigruppen während einer einjährigen Pilotphase erprobt, ehe es zum Ausbildungsbeginn 2001 in der gesamten Berufsbildung eingeführt wurde. Im Juni 2004 wurde nach einer Reflektionsphase die Überarbeitung vorbesprochen, die ab September 2004 unter meiner Führung und Moderation mit allen Gruppen in Gang gesetzt wird.

- In den Jahren 2001/2002 und 2004 wurde die jeweilige Konzeption des Förderlehrgangs Voith radikal überarbeitet, um dem Anspruch der entwicklungsbezogenen Förderung der einzelnen Jugendlichen gerechter werden zu können, und sie durch gezieltere Begleitung auf dem Weg der Lebensorientierung, der Aneignung konkreter Fähigkeiten und Fertigkeiten als Vorbereitung auf einen Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatz zu unterstützen.

Der Prozess der teamorientierten Entwicklung wurde durch mich begleitet und dokumentiert.

- Seit 2000 entstanden vielfache Projekte und projektorientierte Gruppenarbeiten, welche die einzelnen Entwicklungsschritte erleb- und sichtbar machten. Exemplarisch wurden vier Aktionen wissenschaftlich begleitet und mit den Methoden der Teilnehmenden Beobachtung, Gruppenreflektionen und Leitfaden-Interviews ausgewertet. Auch hier lag der Schwerpunkt des Interesses auf der Wahrnehmung und Reflektion der Auswirkungen der Rollenveränderungen der Ausbilder auf die Lernräume und die Azubis (siehe Zielkriterien).

(Themenbereiche: Gestaltung einer Gartenanlage mit Terrasse, Vorbereitung der Sport- und Gesundheitstage 2001 bis 2004 und Theatralische Auseinandersetzungen mit

Anlage 2

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