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Konzessionsvertragsrecht

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 88-91)

In Umsetzung des dritten Binnenmarktrichtlinien-pakets Energie (Richtlinie 2009/72/EG betreffend den Elektrizitätsbinnenmarkt sowie Richtlinie 2009/73/EG betreffend den Erdgasbinnenmarkt) wurde das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) erneut in einem beträchtlichen Umfang geändert. Das novellierte EnWG, das am 05.08.2011 in Kraft trat, sieht unter anderem Änderungen und Ergänzungen im Bereich der Entflechtung und Zertifizierung der Transportnetzbetreiber, der Kooperationspflichten der Transportnetzbetreiber, der Verbraucherrechte, der Neuausrichtung des Zähl- und Messwesens sowie der geschlossenen Verteilernetze vor.

Einen weiteren Kernpunkt des EnWG stellen die Änderungen im Konzessionsvertragsrecht durch Modifizierung des §  46 EnWG dar. Die Änderungen betreffen insbesondere das „Schicksal“

des Netzes im Rahmen eines Netzbetreiberwechsels, die zu erteilenden Auskünfte bei Auslaufen des Konzessionsvertrages sowie die Vorgaben an die Gemeinde im Zusammenhang mit ihrer Ent-scheidung über die Konzessionsvergabe.

Konzessionsverträge im Sinne des § 46 Abs. 2 Satz 1 EnWG stellen eine Vereinbarung zwischen Kommunen und Energieversorgungsunternehmen (Konzessionär) zur Nutzung der öffentlichen Ver-kehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem örtlichen Energieversorgungs-netz gehören, gegen Zahlung einer Konzessionsab-gabe dar. Sofern sich die Gemeinde nach Ablauf eines Konzessionsvertrages für einen neuen Konzessionär entscheidet, kommt es in der Regel zu einem Netz-betreiberwechsel. Der novellierte §  46 Abs.  2 Satz  2 EnWG stellt nunmehr klar, dass der neue Konzessionär gegenüber dem bisherigen Konzessionär einen Anspruch auf die Übereignung des Energiever-sorgungsnetzes hat. Aus der bisherigen Formulierung in § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG a.F., wonach die Anlagen im Rahmen eines Netzbetreiberwechsels zu „über-lassen“ waren, ergab sich nicht eindeutig, ob eine Verpflichtung zur Eigentumsübertragung bestand oder lediglich eine Verpflichtung zur Gebrauchs-überlassung (Verpachtung) ausreichte. Mit der neuen Formulierung wird für mehr Rechtssicherheit gesorgt.

Der Gesetzgeber möchte mit der Regelung ferner

gewährleisten, dass die benötigten Wegerechte für das Energieversorgungsnetz und das Eigentum hieran in einer Hand zusammengeführt werden können.

Der neue Konzessionär hat jedoch gemäß § 46 Abs.  2 Satz  3 EnWG weiterhin die Möglichkeit, mit dem bisherigen Konzessionär eine Besitzüber-lassung an dem Energieversorgungsnetz beispiels-weise durch einen Pachtvertrag zu vereinbaren.

Unklar ist allerdings, ob der neue Konzessionär dieses Recht auch dann verlangen kann, wenn der bisherige Konzessionär das Netz verkaufen möchte. Daneben ist nicht eindeutig, wie sich ggf. abweichende Ver-einbarungen in alten Konzessionsverträgen zu der Regelung in § 46 Abs. 2 Satz 3 EnWG verhalten.

Keine gesetzliche Klarstellung ist im Hinblick auf die sehr umstrittene Frage erfolgt, wie die wirtschaft-lich angemessene Vergütung für das zu überlassene Energieversorgungsnetz zu ermitteln ist. In der Gesetzesbegründung findet sich lediglich der (wenig aufschlussreiche) Verweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach das sogenannte Ertrags-wertverfahren unter bestimmten Voraussetzungen, auch im System der Anreizregulierung, eine geeignete Methode zur Wertbestimmung des Netzes darstelle;

allerdings seien auch andere Verfahren denkbar. Die ferner strittige Frage, wie der Umfang der Über-lassungspflicht im Hinblick auf die notwendigen Verteilungsanlagen ausgestaltet werden soll, wurde ebenfalls nicht näher gesetzlich geregelt. Umstritten ist die Überlassungspflicht insbesondere bei so genannten gemischt genutzten Anlagen, die nicht ausschließlich der Versorgung des Gemeindegebietes, sondern auch teilweise der Versorgung anderer Gebiete dienen.

Informationspflichten bei

auslaufenden Konzessionsverträgen In § 46 Abs. 2 Satz 4 EnWG wurde des Weiteren ein Informationsanspruch der Gemeinde anlässlich des Auslaufens des Konzessionsvertrages verankert.

Danach ist der aktuelle Konzessionär verpflichtet, der Gemeinde spätestens ein Jahr vor Bekanntmachung des Auslaufens des Konzessionsvertrages diejenigen Informationen über die technische und wirtschaft-liche Situation des Netzes zur Verfügung zu stellen,

die für eine Bewertung des Netzes im Rahmen einer Bewerbung um den Abschluss eines Konzessions-vertrages erforderlich sind. Die Bundesnetzagentur kann im Einvernehmen mit dem Bundeskartell-amt den Umfang der zur Verfügung zu stellenden Daten sowie das Datenformat näher festlegen. Ob und in welchem Umfang ein Auskunftsanspruch der Gemeinde nach dem alten Recht bestand, war in der Vergangenheit ebenfalls umstritten. Nach Ansicht des Gesetzgebers konnte jedoch bereits nach altem Recht aus dem Konzessionsvertrag als ungeschriebene Nebenpflicht ein entsprechender Informationsanspruch abgeleitet werden, so dass die neue Regelung lediglich der Klarstellung dient.

Die zur Verfügung gestellten Daten muss die Gemeinde in geeigneter Form veröffentlichen und im Rahmen der Bekanntmachung nach § 46 Abs. 3 EnWG einen ausdrücklichen Hinweis auf die Veröffentlichung geben. Die Veröffentlichung der Netzdaten kann auf der offiziellen Homepage der Gemeinde erfolgen, um sie hierdurch allen potentiellen Bewerbern in geeigneter Form zur Ver-fügung zu stellen. Auf der Grundlage der Daten sollen die interessierten Unternehmen entscheiden können, ob sie sich um die Konzession bewerben.

Schließlich ist die Gemeinde nach dem novellierten § 46 Abs. 3 Satz 5 im Rahmen ihrer Entscheidung über die Vergabe der Konzession an die Ziele des § 1 EnWG gebunden, wonach eine preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche Versorgung sicherzu-stellen ist. Wie diese Bindung im Auswahlverfahren umzusetzen ist, wird nicht näher konkretisiert. Die sachgerechten Kriterien müssen sich nach Ansicht des Gesetzgebers vor dem Hintergrund der Ent-flechtungsvorschriften auf Aspekte des Netzbetriebs beschränken. Die Gemeinden dürften jedoch nicht gehindert sein, neben den in § 1 EnWG genannten Zielen weitere Auswahlkriterien aufzustellen. n FPS Rechtsanwälte & Notare

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NOVELLIERUNG DES ENERGIEWIRTSCHAFTSGESETZES 2011

Änderungen im

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Gut gemeint, schlecht ausgeführt:

Unzureichender Kommissionsvorschlag

Die Kommission hatte 2009 im Rahmen des

„Small Business Act“ einen Gesetzesentwurf präsentiert, der verschärfte Sanktionen und strikte Fristen für öffentliche Auftraggeber vor-sah. Damit wollte sie verhindern, dass eigentlich leistungsfähige Betriebe unverschuldet in Liquidi-tätsschwierigkeiten geraten, weil sie zu lange auf ausstehende Forderungen warten müssen.

Eine Studie von Intrum Justitia weist jedoch die durchschnittliche Zahlungsdauer in Europa von öffentlichen und privaten Auftraggebern mit 63 beziehungsweise 55 Tagen etwa gleich aus.

Verzug ist also kein rein öffentliches Problem.

Gerade Kommunalpolitiker in Deutschland wissen genau, dass kleine und mittlere Unter-nehmen (KMU) das Rückgrat unserer Wirt-schaft bilden und Jobs, Ausbildungsplätze sowie Innovationen garantieren. Sie sind sich bewusst, dass sie eine Verantwortung für die Wirtschafts-förderung und die Stärkung der Wirtschaftskraft ihrer Region tragen.

Europäisches Parlament erreicht fair ausbalanciertes Gesetz In den Verhandlungen unter meiner Feder-führung wurde deshalb ein Kompromiss erarbeitet, der eine faire Balance zwischen strengen Vorgaben für öffentliche und private Auftraggeber findet, die nötige Flexibilität bei Vertragsverhandlungen sichert und positive Anreize fördert. Dazu haben auch wert-volle Erfahrungsberichte von Vertretern der Kommunen und des Handwerks beigetragen.

Auswirkungen auf die Kommunen Vorab, damit keine Missverständnisse auf-kommen: Wer fristgerecht zahlt – also die meisten Behörden und öffentlichen Unter-nehmen in Deutschland – kann beruhigt sein.

Das Gesetz hat vor allem auf den Auswirkungen, der es mit pünktlichen Zahlungen nicht so genau nimmt.

Die zentralen Eckpunkte sind:

ˆEine allgemeine Zahlungsfrist von 30 Tagen;

die Möglichkeit für Kommunen, sie auf 60 Tage zu verlängern, gibt ihnen genügend Flexibilität bei außergewöhnlichen Aufträgen.

Gleichzeitig wird exzessiver Verzug privater und öffentlicher Auftraggeber unterbunden.

ˆ Eine längere Zahlungsfrist für öffentliche Kranken-häuser (optional durch die Mitgliedsstaaten zu vereinbaren) verhindert eine Benachteiligung im Wettbewerb mit privaten Einrichtungen.

ˆEine pauschale Entschädigung für Beitreibungs-kosten in Höhe von 40 Euro ersetzt die unan-gemessene Staffelung nach der Auftragssumme, die von der Kommission vorgesehen war.

ˆDie im Kommissionsvorschlag enthaltene völlig überzogene Fünf-Prozent-Sanktion bei Zahlungsverzug für öffentliche Stellen ist ersetzt worden durch um einen Prozentpunkt erhöhte Verzugszinsen von acht Prozent für alle.

ˆDie Richtlinie wird auch für alle Institutionen der Europäischen Union gelten. Dies ist besonders interessant für die Empfänger der europäischen Strukturförderung.

ˆ Die verstärkte Nutzung von Abschlagszahlungen, alternative Streitschlichtungsmechanismen sowie die Veröffentlichung von Auftraggebern mit guter Zahlungsmoral setzen positive Anreize.

Fazit und Ausblick

Für die große Mehrheit der deutschen Kommunen ist es selbstverständlich, Rechnungen pünktlich zu bezahlen. Leider ist das bei den Ländern und dem Bund nicht immer selbstverständlich. Auch jetzt noch höre ich von vielen Beispielen, die zeigen, dass die Verschärfung der Zahlungsverzugsricht-linie dringend notwendig war. Indem die EU-Ab-geordneten mit überwältigender Mehrheit für das Gesetz stimmten, haben sie ein Zeichen gesetzt für eine bessere Zahlungsmoral und Entbüro-kratisierung in Europa. Jetzt sind die Mitglied-staaten am Zug. Die 27 Regierungen zeichneten sich während der Verhandlungen mit dem Parlament vor allem durch ihre Uneinigkeit aus – Deutschland und Österreich blieben leider bis zuletzt bei ihrer ablehnenden Haltung. Immerhin gehört Österreich – zusammen mit Spanien – nun zu den Staaten, die mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Gesetze zum Zahlungsverzug bereits reformieren. Dennoch müssen jetzt alle EU-Staaten die Regeln der Richt-linie bis spätestens zum 16. März 2013 umsetzen. n

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EUROPÄISCHE RICHTLINIE SORGT FüR FAIRNESS UND ENTBüROKRATISIERUNG

„Eine Frage der (Zahlungs-)moral“

Von Barbara Weiler, Mitglied des Europäischen Parlaments

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ie Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen stärken; administrative und finanzielle Auswirkungen europäischer Gesetzgebung auf die Kommunen umfassend berücksichtigen – das sind Kernpunkte sozialdemokratischer Binnenmarktpolitik, wie sie im SPD-Europamanifest verankert wurden. Die neue Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs, die uns im folgenden von Barbara Weiler, MdEP, erläutert wird, ist nach Wertung der Autorin ein konkretes Beispiel, bei dem diese Ziele ausgewogen erreicht werden konnten.

Barbara Weiler

UNSERE GESPRÄCHSPARTNERIN Barbara Weiler wurde am 17. September 1946 in Düsseldorf geboren. Die ausgebildete kaufmännische Angestellte war zwanzig Jahre in Industriebetrieben als Sachbearbeiterin, Chef-sekretärin und Prokuristin beschäftigt. Seit 1970 engagiert sie sich für die Sozialdemokratische Partei – zunächst auf kommunaler Ebene als Bürgervertreterin und Stadtverordnete in Willich, später in Bonn und Brüssel. 1987 wurde Barbara Weiler erstmals in den Deutschen Bundestag ge-wählt, 1994 in das Europaparlament. Dort war sie erst im Beschäftigungsausschuss tätig und arbeitet mittlerweile seit sieben Jahren im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. Ihre Schwer-punkte sind die Themen Zahlungsverzug, Reform des öffentlichen Auftragswesens, öffentlich-private Partnerschaften, alternative Streitschlichtung, Anerkennung von Berufsqualifikationen.

Barbara Weiler ist Mutter einer Tochter.

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