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Konzepte der beruflichen Bildung und ihre Bedeutung für

3. Berufliche Bildung und die Lebenswelt der Heimerziehung als

3.1 Berufliche Bildung

3.1.2 Konzepte der beruflichen Bildung und ihre Bedeutung für

In diesem Abschnitt werden die tragenden didaktischen Säulen der berufli-chen Bildung – die Handlungs-, Kompetenz- und Lernfeldorientierung – er-läutert. Außerdem wird begründet, warum davon auszugehen ist, dass diese Konzepte das Lernen im Kontext von Deutungsleistungen unterstützen.

Handlungsorientierung

Zur Erreichung der Handlungsorientierung „muss die Berufsschule den Un-terricht an einer für ihre Aufgabe spezifischen Pädagogik ausrichten, die Handlungsorientierung betont“ (KMK, 2007, S. 10). Handlungsorientierung

„verzichtet auf das Prinzip der inhaltlichen Vollständigkeit eines Themenka-nons, sondern ist eher exemplarisch, nicht die Einverleibung von Begriffen, sondern ihr Nach-Schaffen und das Neu-Konstruieren von Gegebenheiten sind wesentlich. Vereinfacht gesagt, erweitert die Handlungsorientierung die Ganzheitlichkeit in der Betrachtung des Lernens und seines Umfeldes um das Modell der vollständigen Handlung als konstruktivistischer Prozess“

(Mayr, o. J., S. 1).

Handlungsorientiertes Lernen nach dem Modell der vollständigen Hand-lung beinhaltet sowohl kognitive als auch affektive Aspekte. Hilbert Meyer schreibt:

Handlungsorientierter Unterricht ist ein ganzheitlicher und schüleraktiver Unterricht, in dem die zwischen dem Lehrer und den Schülern vereinbarten Handlungsprodukte die Organisation des Unterrichtsprozesses leiten, so daß Kopf- und Handarbeit der Schüler in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden können. (Meyer, 1987, S. 402)

Er bezeichnet Unterricht dann als handlungsorientiert, wenn die folgenden drei Merkmale erfüllt sind (Friedrichs, Meyer & Pilz, 1984, S. 190):

1. Im handlungsorientierten Unterricht versuchen Lehrer und Schüler etwas mit Kopf, Herz, Händen, Füßen und allen Sinnen zu machen. Dabei können Handlungsergebnisse entstehen, die für den Lehrer und die Schüler einen sinnvollen Gebrauchswert haben.

2. An der Festlegung der Handlungsergebnisse und an der Gestaltung der Handlungsprozesse, die zu ihnen führen, sollen die Schüler beteiligt wer-den. Die Schüler sollen dabei schrittweise zu einer immer größeren Selbst-bestimmung bei der Festlegung der Handlungsziele geführt werden.

3. Im handlungsorientierten Unterricht soll versucht werden, den Klassen-raum zu verlassen und mit den Handlungsergebnissen in reale gesellschaft-liche Entwicklungen einzugreifen.

Zur Realisierung der von Hilbert Meyer beschriebenen Merkmale für einen handlungsorientierten Unterricht sind Deutungsleistungen im Zuge des Un-terrichtsgeschehens erforderlich, das heißt, der Unterricht bietet Lernenden einen Lernort, an dem Deutungsmuster erworben, verwendet und reflektiert

werden. Insbesondere das Unterrichtsgeschehen aus Sicht der Bildungsgang-forschung basiert, neben den Entwicklungsaufgaben, vor allem auf Sinnkon-struktionen (vgl. Meinert A. Meyer, 2007). Ihr wesentlicher Beitrag ist darin zu sehen, dass sie aufzeigt, was Bildung als biografischer Prozess für die nachwachsende Generation sein kann. Sie konzentriert sich dabei auf die Lernenden als sich entwickelnde Persönlichkeiten (vgl. Meinert A. Meyer, 2009). Meyer betont dabei:

Was Heranwachsende sagen und denken, ist aus der Perspektive der Bil-dungsgangforschung mehr als bedeutsam. […] Wir müssen akzeptieren, dass sich jede Generation ihre eigene Welt- und Selbstsicht schafft. Wir müssen als Lehrende akzeptieren, dass sich jede neue Generation ihre eigene Welt- und Selbstsicht schafft. Wir haben uns deshalb zu fragen, wie wir die inter-generationelle Kommunikation so gestalten können, dass die Heranwachsen-den darin unterstützt werHeranwachsen-den, ihre eigene Welt zu schaffen – selbstbestimmt, in Solidarität mit den Anderen und mit uns und angeregt durch das, was wir, die Erwachsenen, ihnen als unsere Welt- und Selbstsicht präsentieren können.

(Meinert A. Meyer, 2007, o. S.; Hervorhebung im Original)

Der Unterrichtsprozess gestaltet sich aus Sicht der Bildungsgangforschung als perspektivenreiche, aber auch konflikthafte Zusammenarbeit von Leh-renden und Lernenden, in der beide Seiten ihre Lernbiografien einbringen und an ihren Entwicklungsaufgaben arbeiten, sodass dem Zusammenspiel bei der Bearbeitung dieser Aufgaben eine große Bedeutung zukommt. Sinn-konstruktion auf phänomenologischer, kommunikativer und intergeneratio-neller Basis ergibt sich so als Zentrum der Bildungsgangforschung. Sinnkon-struktionen werden wesentlich von den jeweiligen Deutungsmustern Leh-render und Lernender gespeist. Dadurch werden Deutungsmuster zu einem wichtigen Gestaltungsfaktor des Lernortes Schule (vgl. Meinert A. Meyer, 2007). Diese Sichtweise wird für den Lernort Berufsschule übernommen.

Unterstützt werden Aneignungsprozesse in der beruflichen Bildung durch die Ausrichtung auf die Handlungskompetenz, unter der in der Handrei-chung der Kultusministerkonferenz für die Berufsschule „die Bereitschaft und Befähigung des Einzelnen, sich in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten“ (KMK, 2007, S. 10), verstanden wird. Zur Handlungskompetenz gehören die Fach-, Human- und Sozialkompetenz, die in Anlehnung an die Handreichung der KMK für die Berufsschule kurz dar-gestellt werden (vgl. ebd., S. 11).

Unter Fachkompetenz wird die Bereitschaft und Befähigung verstanden, auf der Grundlage fachlichen Wissens und Könnens Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbstständig zu lösen und das Ergebnis zu beurteilen. Humankompetenz bezeichnet die Bereitschaft und Befähigung, als individuelle Persönlichkeit die Entwicklungschancen, Anforderungen und Einschränkungen in Familie, Beruf und öffentlichem Leben zu klären, zu durchdenken und zu beurteilen, eigene Begabungen zu entfalten sowie Lebenspläne zu fassen und fortzuentwickeln. Sie umfasst Ei-genschaften wie Selbstständigkeit, Kritikfähigkeit, Selbstvertrauen, Zuver-lässigkeit, Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein. Zu ihr gehören insbe-sondere auch die Entwicklung von durchdachten Wertvorstellungen und die selbstbestimmte Bindung an Werte. Mit Sozialkompetenz ist die Bereitschaft und Befähigung gemeint, soziale Beziehungen zu leben und zu gestalten, Zuwendungen und Spannungen zu erfassen und zu verstehen sowie sich mit anderen rational und verantwortungsbewusst auseinanderzusetzen und zu verständigen. Hierzu gehört auch die Entwicklung sozialer Verantwortung und von Solidarität.

Bestandteil von Fach-, Human- und Sozialkompetenz sind außerdem die Methodenkompetenz, die kommunikative Kompetenz und die Lernkompe-tenz. Unter der Methodenkompetenz wird die Bereitschaft und Befähigung zu zielgerichtetem, planmäßigem Vorgehen bei der Bearbeitung von Aufga-ben und Problemen verstanden. Kommunikative Kompetenz meint die Be-reitschaft und Befähigung, kommunikative Situationen zu verstehen und zu gestalten. Hierzu gehört es, eigene Absichten und Bedürfnisse sowie die der Partner wahrzunehmen, zu verstehen und darzustellen. Lernkompetenz um-fasst die Bereitschaft und Befähigung, Informationen über Sachverhalte und Zusammenhänge selbstständig und gemeinsam mit anderen zu verstehen, auszuwerten und in gedankliche Strukturen einzuordnen. Zur Lernkompe-tenz gehört insbesondere auch die Fähigkeit und Bereitschaft, im Beruf und über den beruflichen Bereich hinaus Lerntechniken und Lernstrategien zu entwickeln und diese für das lebenslange Lernen zu nutzen.

Kompetenzorientierung

2001 wurde von der Kultusministerkonferenz festgelegt, dass in Deutschland Schulunterricht in Zukunft kompetenzorientiert erfolgen soll. Dabei kommt der Handlungskompetenz eine wichtige Aufgabe zu (vgl. KMK, 2007). In

Bezug auf den Deutungsmustererwerb stellt sich die Frage, inwieweit ein auf Handlungskompetenz ausgerichtetes Unterrichtskonzept geeignet ist, den Erwerb von Deutungsmustern zu unterstützen. Zur Beantwortung dieser Frage wird zunächst an den Kompetenzbegriff von Weinert angeknüpft, der Kompetenzen definiert als „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Prob-leme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in va-riablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“

(Weinert, 2001, S. 27).

Die individuelle Ausprägung der Kompetenz einer Person wird von deren Fähigkeiten, Wissen, Verstehen, Können und Handeln, Erfahrung und Mo-tivation bestimmt (vgl. Kiper, Meyer & Topsch, 2003, S. 33). Kompetenzen befähigen eine Person, mithilfe ihres Wissens und ihrer Fertigkeiten auftre-tende Probleme und Aufgaben verantwortungsvoll zu bewältigen und ihre Handlungen zu reflektieren (vgl. Frey, 2006). Die Reflexion ermöglicht es, in Bezug auf das praktische Handeln neue Denkmuster zu entwickeln und Handlungsoptionen zu erweitern. Da Kompetenzen keine unveränderlichen Eigenschaften einer Person darstellen, können sie trainiert, ausgebaut, ver-tieft und erweitert werden (vgl. Terhart, 2007).

Für Hilbert Meyer ist die Kompetenz ein theoretisches Konstrukt, mit des-sen Hilfe zwischen der gezeigten Leistung und den zugrunde liegenden Tie-fenstrukturen unterschieden werden könne. Anstatt von „gezeigter Leistung“

werde auch von Performanz (aus dem Englischen für Verrichtung, Ausfüh-rung; Leistung)8 gesprochen, und anstelle von Kompetenz werde der Begriff

„Disposition“ verwendet. Man könne Kompetenzen ebenso wenig sehen, riechen oder fühlen wie das Lernen. Man sehe nur, was Menschen mithilfe ihrer Kompetenzen zustande bringen (vgl. H. Meyer, 2007, S. 147).

Die Oberflächenstrukturen zeigen die Performanz, die zum Beispiel mit-hilfe von Klassenarbeiten, Klausuren oder Testaufgaben ermittelt werden kann, das heißt, sie beziehen sich auf die Überprüfung der geplanten und vermittelten Lehr- und Lernhandlungen, während sich in den Tiefenstruktu-ren die den Lehr- und Lernhandlungen zugrunde liegenden Haltungen,

8 Verfügbar unter https://www.duden.de/node/109752/revision/109788.

stellungen, Sichtweisen, Motivationslagen und Interessenstrukturen wieder-finden. Bezogen auf die Facharbeiten der Studierenden liefert diese Unter-scheidung den Zugang zu den in den Facharbeitstexten vermuteten Deu-tungsmustern. Die von den Studierenden verfassten Texte können im ersten Schritt als Performanzen (Oberflächenstrukturen) bezeichnet werden; als Oberfläche liefern sie den Ausgangspunkt, um in die Tiefenstrukturen, die in den Texten vermutet werden, einzudringen und die Handlungsorientierun-gen aufzuspüren.

Da bei dem Kompetenzbegriff häufig eine begriffliche Unschärfe anzu-treffen ist, erfolgt zunächst eine Orientierung an bildungstheoretisch begrün-deten Kompetenztypologien, bei denen zwischen Kompetenzbereichen un-terschieden wird, die sich zum Beispiel nach fachlicher, methodischer, per-sonaler, sozialer, kommunikativer Kompetenz gruppieren lassen. Solche Kompetenzbereiche finden sich zum Beispiel auch in den Hamburger Bil-dungsempfehlungen. Dort wird von vier Kompetenzbereichen ausgegangen, die zusammen die berufliche Handlungskompetenz bilden (Behörde für So-ziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz, 2006, S. 15):

1. Ich-Kompetenz

Ich-Kompetenz meint, sich seiner selbst bewusst sein; den eigenen Kräften vertrauen; für sich selbst verantwortlich zu handeln; Unabhängigkeit und Ei-geninitiative entwickelt zu haben; sich in eine Frage, eine Tätigkeit, einen Sachverhalt vertiefen zu können; die Aufmerksamkeit lenken können, sich konzentrieren.

2. Soziale Kompetenz

Soziale Kompetenz meint, soziale Beziehungen aufnehmen und so gestalten, dass sie von gegenseitiger Anerkennung und Wertschätzung geprägt sind; so-ziale und gesellschaftliche Sachverhalte erfassen; im Umgang mit anderen verantwortlich handeln; unterschiedliche Interessen aushandeln.

3. Sachkompetenz

Sachkompetenz meint, sich die Welt aneignen, die sachlichen Lebensberei-che erschließen; sich theoretisLebensberei-ches und praktisLebensberei-ches Wissen und Können (Fä-higkeiten und Fertigkeiten) aneignen und dabei urteils- und handlungsfähig werden; Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeit entwickeln.

4. Lernmethodische Kompetenz

Lernmethodische Kompetenz meint, ein Grundverständnis davon haben, dass man lernt, was man lernt und wie man lernt; die Fähigkeit, sich selbst Wissen zu beschaffen und Können anzueignen; Wichtiges von Unwichtigem zu un-terscheiden; die Bereitschaft, von anderen zu lernen.

Für Hilbert Meyer lautet die Kernidee der Kompetenzorientierung, dass die Schüler lernen sollen, in einem wachsenden Umfang selbstgesteuert zu ar-beiten. Dazu führt er aus (vgl. H. Meyer, 2007, S. 155 ff.):

 Jede einzelne Schülerin und jeder Schüler soll durch genaue Beachtung des erreichten Lernstandes individuell gefördert werden.

 Das Wissen und das Können der Schüler und Schülerinnen soll systema-tisch und gemeinsam weiterentwickelt werden.

 Die Lehrer und Lehrerinnen sollen mit Kompetenzstufenmodellen arbei-ten. In diesen Stufenmodellen werden unterschiedliche Niveaus festge-legt, welche die Schüler und Schülerinnen mit Wissen und Können errei-chen können.

Der Aspekt der Selbstregulation stellt auch den Kern dessen dar, was heute in Bezug auf schulisches Lernen als Lernkompetenz bezeichnet wird, also

„die Fähigkeit, sich selbstständig Sach- und Fachwissen anzueignen, dafür geeignete Methoden auszuwählen und die Zusammenarbeit mit den Mit-schülern zu organisieren“ (H. Meyer, 2007, S. 153). Bei der Methodenaus-wahl in Bezug auf die Zusammenarbeit stehen Entscheidungen an, die vor-herige Deutungen erforderlich machen bzw. die auf der Grundlage von Deu-tungen erfolgen. Die Folge sind Erfahrungen, aus denen Handlungsorientie-rungen resultieren und die Deutungsmuster entweder manifestieren oder mo-difizieren.

In dem Kontext der von Hilbert Meyer favorisierten Kompetenzstufenmo-delle ist vor allem das Modell der Handlungskompetenz von Matthias von Saldern (1999) von Interesse, weil es dem Kompetenzbegriff Niveaustufen hinzufügt. So gelangt man zu kompetenzorientierten Anforderungsstufen, mit denen sich das jeweilige Anforderungsniveau abschätzen lässt.

Das Stufenmodell unterstreicht, dass sich handlungsorientiertes Lernen auf verschiedenen, sich kontinuierlich steigernden Stufen vollzieht, wobei die einzelnen Kompetenzbereiche nicht voneinander getrennt betrachtet wer-den können, wohl aber in der Praxis je nach situativen Erfordernissen unter-schiedlich zu gewichten sind. Dazu ist anzumerken, dass vor allem für die Entwicklung der Sozial- und Persönlichkeitskompetenzen Rückgriffe auf Deutungsmuster erforderlich sind.

Die im Hamburger Bildungsplan für die Fachschule für Sozialpädagogik formulierten Standards für die praktische Ausbildung der Erzieher in Ham-burg übernehmen die von Matthias von Saldern formulierten Kompetenzbe-reiche und subsumieren sie unter dem Begriff der beruflichen Handlungs-kompetenz. Die berufliche Handlungskompetenz setzt sich danach aus den Kompetenzbereichen Fach-, Sozial-, Personal- sowie Methoden- und Lern-kompetenz zusammen (vgl. HIBB, o. J., S. 5 ff.). In dem Bildungsplan sind neben den angestrebten Kompetenzbereichen auch die einzelnen Lernfelder ausgewiesen (vgl. ebd., S. 9 ff.).

Thonhauser (1995) hat ein „Modell der professionellen pädagogischen Kompetenz“ entwickelt, das auf sieben Kompetenzfeldern basiert, wobei er betont, dass die einzelnen Bereiche nicht immer trennscharf voneinander ab-gegrenzt werden können. Sie liefern ihm die Basis des notwendigen Wissens und Könnens für das pädagogische Handeln.

In der Einheit einer Handlung sind die Bereiche selbstverständlich nicht von-einander isoliert, sondern wirken als mehr oder minder starke Komponenten zusammen. Die Kompetenzen haben jeweils eine kognitive, affektive und praktische Dimension. (Thonhauser, 1995, S. 126)

Bei den sieben Kompetenzbereichen handelt es sich um die Ich-Kompetenz, die Methodenkompetenz, die Theoriekompetenz, die soziale Kompetenz, die Wertekompetenz, die metatheoretische und die historische Kompetenz.

Mit der Kompetenz- und Handlungsorientierung sind nach Rosenthal Qualifikationserwartungen in Bezug auf die Lernleistungen von Schülern verbunden. Dazu gehören beispielsweise (vgl. Rosenthal, 2004, o. S.):

 Die Schüler können selbstständig planen, ihre Zeit einteilen und sich auf die Phasen der Leistungsbewertung vorbereiten.

 Sie können die Informationsbeschaffung (aus Expertenbefragung, Be-triebserkundung usw.) selbstständig vorbereiten, durchführen, auswerten.

 Sie können Objekte entwickeln, konstruieren, nacherfinden, Berechnun-gen und Kalkulationen vornehmen.

 Sie können Objekte gebrauchen und bedienen, Programme auswählen und Objekte sachgemäß warten und pflegen.

 Sie können über unterschiedliche Methoden (Szenarien, Fallmethode, Entscheidungsmatrix usw.) Probleme lösen und persönliche Ziele aufde-cken, artikulieren und an Kriterien überprüfen.

 Sie können kontrollieren und bewerten (beruflich verwertbare Interessen).

 Sie können kommunizieren und über technische Visualisierungen präsen-tieren.

Bezüglich der Relevanz für den Erwerb von Deutungsmustern kann festge-halten werden, dass sich die Kompetenzorientierung auf affektive und auf kognitive Aspekte stützt. Um diese zu erwerben, sind Deutungsleistungen erforderlich.

Lernfeldorientierung

Mit der Einführung des Lernfeldkonzepts fand ein weiterer didaktischer Per-spektivwechsel in der beruflichen Bildung statt. Anstelle der klassischen Fä-cheraufteilung erfolgte eine Ausrichtung nach Lernfeldern. „Lernfelder sind didaktisch begründete, schulisch aufbereitete Handlungsfelder. Sie fassen komplexe Aufgabenstellungen zusammen, deren unterrichtliche Bearbei-tung in handlungsorientierten Lernsituationen erfolgt“ (Bader, 2000, S. 42).

Das bedeutet, dass die fachlogische Struktur, wie sie in der klassischen Fä-cheraufteilung zu finden ist, durch eine handlungslogische Struktur in Form des Lernfeldes ersetzt wird. Die Fachsystematiken, wie zum Beispiel bei der Mathematik oder Geschichte, die sich an wissenschaftlichen Fachdisziplinen orientieren, treten als Strukturierungsprinzipien in den Hintergrund. Dage-gen treten berufsspezifische Aufgaben- und ProblemstellunDage-gen in Form von Handlungssituationen in den Vordergrund. Diese bilden den Ausgangspunkt für die Organisation der Lernprozesse, was aber nicht – wie häufig kritisiert wird – bedeutet, dass der Stellenwert der theoretischen Inhalte dadurch in seiner Bedeutung gemindert wird. Die theoretischen Inhalte werden als von der Praxis her gedachte Zusammenhänge behandelt, die fächerübergreifend integriert werden und sich nicht mehr an den Ordnungsschemata der Fach-systematik orientieren (vgl. Beer & Langenmayr, 2003, S. 29), sondern an der Komplexität der Praxis. Dazu werden im Unterricht Lernsituationen kon-struiert.

Anja Walter bezeichnet Lernsituationen als „Ergebnis einer didaktischen Aufbereitung erlebter Handlungssituationen aus dem beruflichen oder per-sönlichen Alltag von Lernenden, manchmal auch Lehrenden oder

Praxisan-leitenden. Die Situationen hatten für die Betroffenen eine besondere Bedeu-tung oder haben sie vor ein Handlungsproblem gestellt“ (Walter, 2011, S. 1).

Weil diese den Ausgangspunkt für die didaktische Bearbeitung bilden, muss es sich nach Auffassung von Walter um solche Lernsituationen handeln, die das Kriterium, beruflich bedeutsame Lernsituation zu sein, erfüllen. Dazu formuliert sie folgende Leitfragen (vgl. Walter, 2011, S. 1):

 Worum geht es in der Handlungssituation? Welche Phänomene liegen hier vor?

 Wie stellen sich die Phänomene aus den verschiedenen Perspektiven der Beteiligten dar?

 Was kann aus der Handlungssituation gelernt werden?

 Welches Wissen, Können und welche inneren Haltungen sind notwendig oder hilfreich, um in der jeweiligen Situation professionell zu handeln?

 Durch welche Aufgaben für die Schule und die Praxis können die Lernen-den professionelles Handeln lernen?

 Welche Materialien unterstützen das Lernen?

Wenn die Bewältigung von Lernsituationen nicht nur Wissen und Können, sondern auch eine innere Haltung erfordert, dann ist die innere Haltung als Ergebnis von Sinnkonstruktionen zu betrachten. Das heißt, für die Sinnkon-struktionen ihrer inneren Haltung greifen Lernende auf bereits erworbene Deutungsmuster zurück oder modifizieren sie und gelangen so zu neuen.

Zusammenfassung

Die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz zur Gestaltung der beruflichen Bildung fordern einen handlungsorientierten Unterricht, der auf Kompetenz-erwerb ausgerichtet ist, dabei die Komplexität und die Anforderungen der Praxis in den Blick nimmt und dafür das Lernfeldkonzept zugrunde legt. Das Fundament für die Entstehung neuer Denkmuster bzw. die Erweiterung von Handlungsoptionen liefern die Kompetenzen. Dazu erfolgt in den Hambur-ger Standards für die praktische Ausbildung der Erzieher an der Fachschule für Sozialpädagogik in den einzelnen Lernfeldern eine Beschreibung (Kon-kretisierung) in Bezug auf die zu erwerbenden Kompetenzarten (Dimensio-nen). Zudem werden die Ziele, Inhalte und Zeitrichtwerte als thematische Einheiten, die an den beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungsfeldern

orientiert sind, beschrieben (vgl. HIBB, o. J., S. 10 ff.). Die auf den Lernfel-dern fußenden Lernsituationen haben die Funktion, als exemplarische curri-culare Bausteine die Ziele des Lernfeldes abzudecken und die Vorgaben der Lernfelder in Lehr-Lern-Arrangements weiter für den Unterricht zu konkre-tisieren, um so zum Erwerb von Handlungskompetenz beizutragen.

Festgehalten werden kann, dass die zuvor beschriebene Strukturierung des Lernortes „Berufsschule und Unterricht“ in ihrer Zielsetzung sinnstrukturier-tes Handeln und Persönlichkeitsbildung didaktisch fest verankert hat, sodass guter Unterricht den Lernenden dazu verhilft, das eigene Selbstvertrauen durch die Auseinandersetzung mit den vereinbarten Aufgabenstellungen zu entwickeln und Wertorientierungen aufzubauen, um sich in einer zunehmend komplizierter werdenden Welt zu orientieren und einen eigenen Standpunkt zu den Schlüsselproblemen der Welt zu erarbeiten (vgl. H. Meyer, 2008, S.

21).

3.1.3 Das Anfertigen von Facharbeiten als sinnkonstruierende