• Keine Ergebnisse gefunden

Das Konzept des Umweltbundesamtes zur Risikoabschätzung und Erfahrungen im Vollzug des Gentechnikgesetzes (GenTG)

Im Dokument 60 01 (Seite 83-86)

Zusammenfassung des F+E Vorhabens FKZ 299 89 406

1. Das Konzept des Umweltbundesamtes zur Risikoabschätzung und Erfahrungen im Vollzug des Gentechnikgesetzes (GenTG)

Gemäß § 16 (4) des GenTG ist das Umweltbundesamt bei der Genehmigung von Freisetzungen als Einvernehmensbehörde und beim Inverkehrbringen mit einer Stellungnahme in das Genehmi-gungsverfahren eingebunden.

Das Umweltbundesamt ist die erste und bisher einzige am Vollzug des GenTG beteiligte Behörde, die ein Konzept zur Risikoabschätzung vorgelegt hat (Nöh 1996), um die Genehmigungsentschei-dungen beim Vollzug des GenTG nachvollziehbar und vergleichbar zu gestalten. Dieses „Konzept zur Risikoabschätzung von Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen“ aus dem Jahre 1995 beschreibt die schrittweise und fallbezogene Risikoabschätzung, die das Umweltbun-desamt im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Bewertungsverfahrens vornimmt.

Nach dem Stand der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnis werden insbesondere überprüft:

Eigenschaften des GVO

• die Überlebens-, Vermehrungs- und Ausbreitungsfähigkeit des transgenen Organismus und seiner Nachkommen,

• die Möglichkeiten, die veränderte Erbinformation weiterzugeben,

• genotypische und phänotypische Stabilität,

• Mutagenität, Toxizität oder Allergenität von Gen- und Stoffwechselprodukten

• Pathogenität,

• Positionseffekte durch Integration der Fremd-DNA.

Stellung im Ökosystem

• die Wechselbeziehungen mit anderen Organismen,

• Beteiligung an Stoff- und Energiekreisläufen (z.B. Stickstofffixierung).

Mögliche schädliche Wirkungen

• Beeinträchtigung der menschlichen, tierischen oder pflanzlichen Gesundheit (z.B. durch toxische, mutagene, allergene oder pathogene Wirkungen oder durch Bekämpfungsre-sistenzen),

• Beeinträchtigung von Sachgütern,

• Eingriff in bio-geochemische Stoffkreisläufe,

• Änderung von Organismenbeziehungen,

• Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt,

• Änderung des Ressourcenverbrauchs (z.B. Wasserverbrauch, Verstärkung von Boden-erosionsprozessen).

Ob und wie die einzelnen genannten Aspekte in die Risikoabschätzung einfließen, hängt vom Ein-zelfall ab.

Das vollständige Konzept liegt diesem Artikel als Anlage bei.

Das Konzept des UBA wurde zunächst für die Bewertung von Freisetzungen entwickelt und im September 1996 mit den anderen zuständigen Behörden Robert-Koch-Institut (RKI) und Biologi-sche Bundesanstalt (BBA) sowie externen Experten diskutiert. Auf dem Fachgespräch wurde deut-lich, dass noch für eine Reihe von Punkten Klärungsbedarf besteht, z.B. wie Prognoseunsicherhei-ten integriert werden können oder hinsichtlich der Übertragbarkeit des Konzeptes auf das Inver-kehrbringen von GVO (Nöh 1997). Dennoch hat das UBA seit nun etwa 5 Jahren dieses Konzept bei der Bewertung von Anträgen im Vollzug GenTG angewendet, wobei es sich gut bewährt hat.

Für alle bislang bewerteten Anträge auf Freisetzungen ergab die Prüfung, dass unter den gewähl-ten Bedingungen der Freisetzung und den von den Behörden auferleggewähl-ten zusätzlichen Maßnah-men keine unerwünschten schädlichen Auswirkungen für die Umwelt zu erwarten waren. Dies be-deutet entweder, dass von dem GVO kein oder ein zu vernachlässigendes Risiko für die Umwelt ausging. In diesem Falle dienten Sicherheitsmaßnahmen lediglich dazu, die Freisetzung in Raum und Zeit zu begrenzen. Oder es standen in den Fällen, in denen durch die Vollzugsbehörden ein Risiko unerwünschter Wirkungen durch den GVO festgestellt wurde, geeignete Maßnahmen zur Verfügung, um dieses Risiko zu minimieren. Verstärkte Sicherheitsmaßnahmen können auch aus Vorsorgegründen zur Auflage gemacht werden.

Eine vom UBA in Auftrag gegebene kritische Analyse der Sicherheitsmaßnahmen kam allerdings zu dem Ergebnis, dass in vielen Fällen eine quantitative Bewertung der Effektivität von Sicher-heitsmaßnahmen nicht möglich ist, weil empirische oder wissenschaftliche Daten über die Wirk-samkeit der jeweiligen Maßnahmen fehlen. Ein Vergleich mit anderen EU-Mitgliedstaaten verdeut-lichte darüber hinaus, dass in Deutschland die Maßnahmen häufig niedriger ausfallen als in ande-ren EU-Staaten (Röver et al 2000), also im Vergleich geringere Schutzanforderungen gestellt wer-den.

In Anbetracht der inzwischen geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. Verabschiedung des Biosafety-Protokolls, Neufassung der EU-Freisetzungs-Richtlinie 2001/18/EU mit: Stärkung des Vorsorgeprinzips, Einbeziehung nicht nur von sofortigen und direkten, sondern auch von spä-teren oder indirekten Wirkungen bei der Risikoabschätzung, siehe Abschnitt 4) soll das UBA-Konzept zur Risikoabschätzung im Rahmen eines Forschungsvorhabens, das noch 2001 durch das UBA vergeben wird, überarbeitet und aktualisiert werden. Bei der Ableitung eines Vorschlages für die Anpassung des bestehenden UBA-Konzeptes für den Bereich der Freisetzung und des In-verkehrbringens von GVO sollen nachfolgende Aktivitäten unterschiedlicher Gremien und Organi-sationen einbezogen und ausgewertet werden:

Umsetzung der Empfehlungen in Bezug auf GVO der Gutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU) und des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung für glo-bale Umweltveränderungen (WGBU) (1999, 2000),

Auswertung und Beurteilung verschiedener Bewertungsansätze aus anderen Bereichen (z.B.

im Chemikalienbereich – Bewertung von Chemikalien und Pflanzenschutzmitteln, der Ökoto-xikologie, des Bodenschutzes und des Lebensmittelbereiches) im Hinblick auf ihre Eignung im Kontext Freisetzung und Inverkehrbringen von GVO (siehe z.B. Steinhäuser, 2001 a und b),

Auswertung und Beurteilung der Bewertungsansätze der OECD (z.B. substantielle Äquiva-lenz, concept of familiarity),

Auswertung und Umsetzung der relevanten im Rahmen der Biodiversitätskonvention gefass-ten Beschlüsse hinsichtlich Bewertungsansätzen (z.B. ökosystemarer Ansatz, Leitlinien zu gebietsfremden Organismen, Schutz von Bestäubern),

Einbeziehung naturschutzfachlicher Bewertungsmaßstäbe,

Umsetzung und Operationalisierung des Vorsorgegedankens im Sinne der neuen Freiset-zungs-Richtlinie, insbesondere hinsichtlich der Einbeziehung und Bewertung von Wissenslü-cken.

Darüber hinaus plant das UBA im Rahmen des UFOPLANs 2002 ein Forschungsvorhaben mit dem Titel „Analyse der Kriterien für das zu tolerierende Risiko zum Schutzgut Biodiversität“, das bei der Konzeptentwicklung berücksichtigt werden soll.

Die Auswertung der o.g. Bewertungsansätze und deren Umsetzung in ein aktuelles Risikokonzept besitzt nicht nur im Rahmen der Novellierung des GenTG, sondern auch für die Umsetzung des Biosafety-Protokolls hohe Relevanz.

Im Dokument 60 01 (Seite 83-86)